Islas Ballestas + Llacas, Peru – Galapagos für Arme

Fünf Millionen Guano produzierende Vögel, oder weniger nett ausgedrückt, fünf Millionen stinkenden Kot ausscheidende Federviecher thronen dicht an dicht auf den wenigen unterhöhlten Inseln und Felsen, die Kiesstände werden von nicht weniger müffelnden Seelöwen belegt, und unter der Wasseroberfläche tummeln sich Delphine und Milliarden von Anchovis oder zumindest so viele, wie die Fangflotten der Fischmehlfabriken den Tieren übrig lassen. Einst waren es noch viel mehr Vögel, die sich hier drängten, aber der Fischmehlhunger der Welt, der das billige Tierprodukt zur perversen, aber schnellen und effektiven Aufzucht von Pflanzenfressern wie Rindern nutzt ist ungebrochen.

Die Inseln dürfen nicht betreten und können nur mit einer Bootstour besucht werden, doch kommen die Schnellboote bis auf wenige Meter an die Tiere heran. Zu den gefiederten Bewohnern gehören der peruanische Pelikan, Guanotölpel, Guanokormoran und Humboldt-Pinguin. Um die Mitte des 19. Jh. bescherten die Islas Ballestas in unmittelbarer Nachbarschaft des Reserva Nacionál de Paracas Peru beträchtliche Einnahmen. Der mineralienreiche Vogelmist galt als wertvollster Dünger der Welt. Heute ist Guano bis auf einen geringen Prozentsatz von Kunstdünger verdrängt.

„Galapagos für Arme“ werden die Ballestas-Inseln scherzhaft genannt. Ob sie einem Vergleich mit den ecuadorianischen Inseln tatsächlich standhalten, entzieht sich unserer Kenntnis, da wir Galapagos nicht besuchten. In jedem Fall geben sie einen lohnenswerten Ausflug ab. Touren starten täglich um 8 und 13 Uhr, die Vormittagstour ist wegen ruhigerer See und klarerer Sicht besser. Vor allem die Frühtour sollte am Vortag gebucht werden, das kann man in Paracas direkt besser als in Pisco. Die verschiedenen Agenturen an, die sich entlang der Straße aufreihen, bieten eine vierstündige Tour mit einem Holzboot für 30 Nuevo Soles pro Person an, doch der schaukelnde Verdränger fährt langsam und kann nicht so nah an die Küste heran. Die schnellen zweimotorigen Glasfiberboote benötigen nur je 30 Minuten Fahrzeit mit einer Stunde Aufenthalt an den Inseln. Die dafür genannten Preise variieren von 30 bis 50 PEN bei gleicher Leistung. Also buchen wir bei dem netten jungen Mann von der Paracas Dream Destinations Agentur zwischen Botica Alessandra und Restaurant Lluvia del Arena zum günstigsten Preis.

Auf der Bootsfahrt legen wir zunächst einen Stopp an der Kandelaber-Geoglyphe an der Nordseite der Paracas-Halbinsel ein. In einen Sandhang wurde eine über 170 m hohe, 45 m breite und bis zu 50 cm tiefe Figur in den Sand gekratzt. Niemand kennt Alter, Ursprung und Urheber des Kunstwerks, das erst 1902 entdeckt wurde. Es erinnert an einen dreiarmigen Kandelaber, andere Theorien sprechen von Ähnlichkeiten mit dem halluzinogenen San Pedro Kaktus oder einer Navigationshilfe für antike Segler, zumal die Bodenzeichnung nur vom Wasser aus gesehen werden kann. Früher hielt man die Nasca-Linien für einmalig, doch mittlerweile wurden noch andere Geoglyphen entdeckt. Für die Bootsfahrt braucht man eine wärmere Regenjacke und einen Kameraschutz wegen des Spritzwassers, eine windunempfindliche Kopfbedeckung gegen Vogeldung und Sonnenschutz. Fototipp: links sitzen, auch wenn die Bootskapitäne bemüht sind, allen Gästen gerecht zu werden.

Ein weiterer Abstecher in die peruanische Bergwelt am Nationalfeiertag des Pisco Sour führt uns zurück nach Pisco und San Clemente und von da Richtung Osten in die Anden. Die Inkaruine Tambo Colorado wirkt wenig interessant. Bei Pámpano verlassen wir die Hauptstraße Richtung Ayacucho und nehmen eine ebenfalls asphaltierte, wenn auch sehr enge Nebenroute nach Nordost gen Santa Inés. Um Höhenkrankheit vorzubeugen – wir kommen vom Meer – suchen wir uns im Weiler Llactas auf 3.150 m den Sportplatz als frühe Übernachtungsoption aus.

Der Mann mit einer Art Reifenwerkstatt nebenan schließt ganz schnell die Türe hinter sich, als ich ihn anspreche, doch der Schock über die ärmste Behausung, die ich je sah, war schon eingetreten. Eine Teekanne, ein Topf, eine Essschüssel, alles aus Blech; mehr war in dem schwarzen Loch nicht zu entdecken – weder Einrichtungsgegenstände noch Wechselkleidung. Der Mann und ich verstehen uns nicht, aber diesmal bin ich vorbereitet, dass wir unterschiedliche Sprachen sprechen. Auch bei einem alten Paar wenige Meter weiter habe ich kein Glück. Ein weiterer Greis mit den schwieligsten und vernarbtesten Händen, die ich je berührte, wird aufgetan. Er spricht neben Quechua auch Spanisch und meint verschmitzt, sonst wäre er ja kein Peruaner. Ob das seine Nachbarn auch so sehen? Sportplatz Llactas (ruhig, sicher, mit Plumpsklo): S 13°23’19.9’’ W 75°21’57.0’’

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