Exkurs: Der leuchtende Pfad, der niemanden erleuchtete

Der leuchtende Pfad – was so klingt wie eine neue chinesische Ausgabe der Zeugen Jehovas hat doch mehr mit beiden zu tun, als das auf Anhieb zu vermuten wäre. Und dabei kennzeichnet er doch das dunkelste Kapitel der jüngeren Geschichte Perus. Die Guerillaorganisation Sendero Luminoso wurde 1980 vom Philosophieprofessor Abimael Guzman in Ayacucho gegründet, einer der ärmsten Regionen Perus, von der schon Jahre zuvor immer wieder soziale Unruhen ausgegangen waren. 12 Jahre lang terrorisierte die radikale maoistisch ausgerichtete Truppe mit den eigenwillig-konservativen Moralvorstellungen Regierung, Polizei, Militär und Bevölkerung.

Mit Waffengewalt sollte der totale politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenbruch des Landes herbeigeführt werden. Polizeistationen und Kraftwerke wurden bombardiert, Brandanschläge auf Industriegebiete verübt, Hochspannungsmasten gesprengt, Aufstände und Generalstreiks angezettelt. Regierungs- und kirchenfinanzierte Hilfsprojekte wurden zerstört, touristische Einrichtungen und Universitäten sabotiert, Bürgermeister, Polizisten und andere Regierungsbeamte ermordet und unkooperative Bewohner massakriert. Nur wenig gesprochen wird über die Gräueltaten, die Sendero Luminoso an der andinen Bevölkerung verübte, für deren Selbstbestimmung sie doch angeblich kämpfte. Regelmäßig wurden Dörfer überfallen, den Bewohnern Essen, Kleidung, Geld, kurz das wenige, das sie besaßen, weggenommen für Eigenbedarf. Exekutionen und Strafgerichte wurden durchgeführt, bei denen Ehebrecher oder profitorientierte Geschäftsleute ausgepeitscht bzw. mit weniger Glück umgebracht wurden – erschossen oder um Kugeln zu sparen schlicht mit Steinen erschlagen. Neue Mitglieder wurden angeworben und bei ungenügender Anzahl zwangsrekrutiert – Männer wie Kinder.

Die peruanische Regierung schlug zurück und versuchte mithilfe neu erlassener Anti-Terror-Gesetze den Leuchtenden Pfad zum Erlöschen zu bringen. Polizei und Militär ging dabei mit ähnlicher Grausamkeit vor, folterten, bombardierten willkürlich Dörfer und durchsuchten Häuser. Landbewohner wurden aufgefordert, Fremde zu töten. In dem daraus entbrennenden Bürgerkrieg kamen fast 70.000 Menschen ums Leben bzw. verschwanden, 300.000 Campesinos (Landarbeiter) verließen das Hochland und bereicherten fortan Limas Armenviertel. Doch half alles nichts.

Erst 1992 konnte Präsident Fujimori die Festnahme Guzmans und kurz darauf der wichtigsten Führungsgeneräle für sich verbuchen. Guzman rief zum Frieden auf und die Aktivitäten von Sendero Luminoso kamen weitgehend zum Erliegen. Erst in den vergangenen Jahren flammten wieder Unruhen auf, 2009 wurden in der Nähe von Ayacucho 13 Armeeoffiziere getötet. Ansonsten aber ist Idealismus dem Pragmatismus gewichen und wie die meisten Guerillaorganisationen wandeln auch die Senderos heute auf den wenig leuchtenden Pfaden des Drogenhandels.

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