Cusco, Peru – Stadtrundgang: „Leute bin ich denn ein Kiosk…“

„…oder bin ich etwa ’ne Bank, oder seh’ ich aus wie ein Hotel, oder wie ein Kassenschrank?“ Was der einzige schwyzerdütsche Hit ist, der je die eidgenössischen Grenzen übersprang (soweit ich es erinnere), könnte als perfekte Beschreibung eines Gangs über die Plaza de Armas in Cusco gelten. Hier will jeder nur unser Bestes: unser Geld. Indígenas verkaufen Souvenirs und Cucso-Drucke, Restaurants winken mit ihren Speisekarten und an jeder Ecke will man mich massieren. Fliegende Händler offerieren Regenschirme oder Regenponchos, nicht dumm in dieser Jahreszeit. Falls man sich je sein Schicksal aus Cocablättern lesen lassen wollte, ist man hier richtig. Jeder Schuhputzer Cuscos bietet mir heute mindestens einmal an, meine schlammverkrusteten Wanderstiefel zu reinigen, was völlig sinnlos ist, wenn ich nach unserm Stadtrundgang auf dem mittlerweile unter Wasser stehenden Campingplatz durch zentimetertiefen Matsch zum Camper waten muss. Am dreistesten finde ich die anhänglichen Bettler, die unser Geld ohne Gegenleistung wollen, einfach aufgrund der Tatsache, dass wir mehr davon haben als sie. Was korrekt ist, und so wie sie aussehen, könnten sie es wohl wirklich brauchen.

Die Plaza de Armas, der zentrale Platz Cuscos, ist ein Spießrutenlauf für die Weichherzigen, aber ein pulsierend lebendiges Stück Jahrtausende alter Geschichte. Die unvermeidliche Kathedrale steht hier, deren kunstvolles Innere man für 25 PEN pro Person, satte 7 €, besichtigen kann. Es hätte mich interessiert, aber nachdem die katholische Kirche die Reichtümer der Inkas geraubt hat, braucht sie mein Geld nicht auch noch. An der angrenzenden Plazaseite steht La Iglesia de la Compañía de Jesús. Die Kirche von 1572 sollte nach dem Erdbeben von 1650 auf Wunsch der Jesuiten zur prunkvollsten Kirche der Stadt werden. Zwar beschwerte sich der Bischof beim Papst, dass doch die Kathedrale das glorioseste sakrale Bauwerk bleiben müsse. Bis jedoch die Entscheidung des Papstes zugunsten der Kathedrale Cusco erreichte, war es bereits zu spät. La Compañía de Jesús war fast fertig, und so stiehlt ihre barocke Fassade auch heute noch der Kathedrale die Schau.

Säulenarkaden und weitere Kirchen säumen die Plaza de Armas, und es gibt noch weitere Plazas mit weiteren Kirchen und weiteren Arkaden. Dazwischen wuseln Menschen und drängen sich zu viele Autos durch die engen Gassen, hie und da klebt eine Markthalle dazwischen, wo von harmlosen gewebten Armbändern und Schlüsselanhängern über Ziegenhufe bis Stierhoden so ziemlich alles feilgeboten wird. Cusco ist eine durchaus schöne und vor allem interessante Stadt, auch wenn man wohl an wenigen Plätzen auf diesem Kontinent Tourismus so in seiner Reinform erleben kann. Trotz Nebensaison scheint mancherorts die Anzahl der Besucher die der Einheimischen zu übersteigen.

Das Besondere an einem Cusco-Rundgang sind die alten Inkamauern, die überall, vor allem in den engen Fußgängergassen meterhoch reichen, bis sie weiter oben von Kolonialmauerwerk abgelöst werden. Ein sehr schönes Beispiel ist die Calle Hatunrumiyoc, wo man sogar einen zwölfeckigen Stein bewundern kann, der perfekt zwischen die umgebenden Steine eingepasst wurde. Biegt man am Ende dieser Gasse rechts ab findet man nach wenigen Häusern auf der rechten Seite das winzige gemütliche Familienrestaurant Manaq Pacha – ein Tipp von anderen Reisenden, abseits der Reiseführerempfehlungen, den wir gerne weitergeben. Hier kann man ein Almuerzo – Mittagsmenü – für nur 10 PEN bekommen, dazu in sehr guter Qualität und mit reichlich Auswahl bei Vor- und Hauptspeise.

In einer Stadt mit derart ausgeprägtem Tourismus ist auch Anbetung nicht kostenlos. Die meisten Kirchen verlangen Eintritt um die 10 PEN, nur die Kathedrale ist teurer, was sich schnell summiert. Alternativ kann man das Boleto Religioso für 50 PEN (14 €) erstehen, das die Tore aller Kirchen öffnet. Zur Messe wird zwar kein Eintritt verlangt, aber dafür verwehrt man Touristen den Zutritt, es sei denn sie mischen sich unauffällig unter die Menge und verzichten auf touristische Verhaltensweisen wie Fotografieren. Würde ich nicht schon seit vielen Jahren keine Kirchensteuer mehr bezahlen, ich müsste mich glatt beim Papst beschweren.

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