Cusco + Pisac, Peru – Der Unimog, das Bergefahrzeug

Die deutschsprachige Kolonie löst sich auf. Sie versucht es jedenfalls, und die Schwierigkeiten, die das bereitet, sind eingeplant. Die sieben Fahrzeuge mit drei Schweizern, drei in Deutschland lebenden Holländern, vier Österreichern und vier Deutschen stimmen ihren Abfahrtstermin aufeinander ab, sprich, sie fahren ab, wenn Arminius abfährt, und das ist heute. Es sind erstaunlich viele Fahrzeuge für Nebensaison auf diesem Campingplatz, auf dem mittlerweise Land unter herrscht. Die einzige andere nennenswerte Gruppe Welt- und Amerikareisender sind Franzosen, aber da die bevorzugt mit Straßenwohnmobilen (möglichst groß) unterwegs sind, stehen sie draußen auf der Straße vor der Tür. Sie wären nicht einmal mehr auf den Platz gekommen.

Es handelt sich um eine sechsköpfige Familie (in Frankreich ist Heimschulung erlaubt, mit guten Programmen unterstützt und von reisenden Familien gerne genutzt), und ein älteres Paar, das außer Französisch nichts spricht. Wir hatten sie bereits in Nasca getroffen. Obwohl ich die bei unseren westlichen Nachbarn häufiger gesehene Verhaltensweise, nicht ein Wort Englisch, Spanisch, oder eine andere Sprache zu sprechen oder zu lernen, nicht gerade als weltoffen gutheißen kann, bewundere ich doch den Mut, derart unbedarft durch fremde Länder zu reisen.

Den schweizerischen Landrover bekamen wir schon gestern mit Sandbrettern und Schieben heraus, genau wie heute das österreichische Wohnmobil, das auf halbwegs festem Grund steht. Mit unseren sechs und zwei weiteren Glasfibersandboards, die wir immer wieder vorlegen, geht das hervorragend. Sie sind flach, leicht, damit gut zu stauen, extrem biegsam, unzerstörbar und springen stets wieder in die ursprüngliche horizontale Form zurück (unsere sind von sandbleche.de). Leider klappt das System bei den beiden Campern, die ganz hinten in der Ecke im weichen Matsch stehen, nicht mehr. Wir müssen sie heraus winschen. Dazu aber muss erst Arminius seinen Platz verlassen und sich in Position bringen. Ob wir wohl durch den Schlamm kommen?

Wir reduzieren den Reifendruck, der Unimog setzt sich in Bewegung und schwebt geradezu über die nasse Wiese. Mit Winschseil und Bergegurt ziehen wir die anderen beiden aus 50 m Entfernung, ohne den Campingplatz komplett umzupflügen. Die Verwalterin ist erleichtert. Der Mercedes-Bus mit Vierradantrieb steht günstig und schafft es mit den Sandblechen alleine. Zurück bleibt nur ein weiterer Landrover, aber der befindet sich auf trockenem Grund. Geschafft! Nicht nur die Bergeaktion, sondern auch wir. In über 3.600 m Höhe immer wieder Seil abrollen, aufrollen, Bretter vorlegen ist kein Pappenstiel – danke an unsere aktiven Helfer. Die kritischen Stimmen der letzten Tage über Unimogs sind restlos verstummt, daher trifft sich das Bergungsteam einträchtig zu einem Abschiedsfoto.

Nach unserer gemeinschaftlichen Abreise schließt der Campingplatz Quinta Lala. Eine einfache Drainage in den Rasen zu legen würde helfen, auch bei Regen operieren zu können, aber das ist eben Südamerika. Danke auch an Ray und Jo für das Beisteuern einiger Bilder, wir selbst waren teils zu beschäftigt gewesen. Zusammen mit den beiden starten wir eine Rundfahrt um Cusco durchs sogenannte Heilige Tal, das die Inka bewohnten und wo es zahlreiche Ruinen gibt – leider alle geschleift von den Spaniern, sodass nicht allzu viel davon übrig blieb.

Ein weiteres Problem kommt hinzu: Peru versucht – zu Recht oder nicht – möglichst viel Geld mit den hochstilisierten Ruinen zu verdienen. Es ist nicht möglich, sich eine oder einige davon auszusuchen und zu besichtigen. Das Zauberwort heißt Boleto turistico. Für 130 Nuevo Soles (36 €) pro Person erkauft man sich das Recht, innerhalb von zehn Tagen die wichtigen und unwichtigen Sehenswürdigkeiten der Umgebung zu besuchen, Cuscos Museen sowie eine folkloristische Tanzveranstaltung. Wem das zu viel ist, der kann zwischen drei verschiedenen Teil-Boletos für je 70 PEN (gut 19 €) wählen: eines für die Museen, eines für die archäologischen Stätten im Heiligen Tal (Pisac, Ollantaytambo, Chinchero und Moray) und ein anderes für die Ruinen direkt an der Stadt (Sacsaywamán, Q’enqo, Pukapukara, Tambomachay). Teil-Boletos sind zwei Tage gültig.

Mit Überredungskunst gelingt es manchmal, eine einzelne Ruine für 35 bis 40 PEN (10 – 11 €) zu besuchen, das ist jedoch inoffiziell. Um es vorweg zu nehmen: Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hier aus den Fugen geraten. Ich hasse dieses (Un-)Wort, dennoch schleicht es sich in mein Hirn: Abzocke? Leider gibt es nur die Wahl: Boleto oder keine Ruine. Gerüchte gehen, dass man zeitig vor 7:00 Uhr (wenn die Wächter eintreffen) kostenlos rein kann.

Auf unserer Rundfahrt entgegen dem Uhrzeigersinn passieren wir zunächst Sacsaywamán. Man kommt zwar ohne Boleto nicht in die Anlage hinein, aber ein paar aus erstaunlich großen Blöcken zusammengesetzte Mauern kann man von außen sehen und mit einem Teleobjektiv fotografieren. Das gleiche gilt für die Zick-Zack-Mauern der kleinen Ruine Q’enqo. Die nächsten beiden sind relativ unspektakulär. Dazwischen kann man, vor allem in Yuncaypata, Häuser mit tierischen Stuckdekorationen und Keramikkühen auf den Strohdächern sehen. Pisac gehört wieder zu den interessanteren Inkastätten, die Größe und die Lage auf einem Berg machen es aus.

Die Sicht ist heute nicht gut, daher begeben wir und schnurstracks zum Club Royal Inka. Das ist ein Hotel mit riesiger Anlage, wo man im Garten für 20 PEN pP campen kann. Im Preis inbegriffen ist die Nutzung sämtlicher Einrichtungen: olympisches 50-m-Hallenbad (schließt um 16:00 Uhr), Teiche, Sport-, Picknick- und Grillplätze. Die grütze-graue Kühle lotst uns ins Schwimmbad, eine nette Abwechslung, obwohl Bahnenschwimmen auf 3.000 m Höhe recht Atmung anregend ist. Toiletten und warme Außenduschen sind weit weg vom Campingplatz, mit einem langen Kabel ergattert man Strom. Die Anlage ist mit den Jahren lateinamerikanisch heruntergekommen und wird ihrem hervorragenden Ruf nicht mehr gerecht, ist aber trotzdem besser als das meiste, was dieses Land zum Campen bietet. Club Royal Inka, Pisac, S 13°25’21.6’’ W 71°50’29.6’’

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