Sillustani, Peru – Die Begräbnistürme von Sillustani

Sie waren ein kriegerisches Volk, das seinen Adel so verehrte, dass es ihm Türme für die letzte Reise baute. Die Colla dominierten einst den Titicacasee, nach ihrer „Eingliederung“ wurden sie die südöstlichste Gruppe der Inka und führten die Tradition der Begräbnistürme auf höherem bautechnischem Niveau fort. Solche runden Türme finden sich überall in der Gegend. Die größten und am besten erhaltenen sog. Chullpas befinden sich in Sillustani auf einer hügeligen Halbinsel im Umayo-See. Je höher die Position eines Adeligen gewesen war, desto größer war der Turm, in dem er beigesetzt wurde. Ganze Familien fanden samt Hab und Gut und sogar Nahrungsmitteln in dem Bauwerk ihre letzte Ruhestätte.

Die älteren Grabtürme sind niedriger und aus unbehauenen Steinen recht grob zusammengezimmert. Die Inka-Baukünstler dagegen verwendeten passgenaue Blöcke, die sie bis zu 12 m hoch und sich nach oben verbreiternd aufmauerten und die sie teilweise mit erhabenen Steinreliefs aus Tiermotiven wie Eidechse oder Schlange verzierten. Die Grabbeigaben fielen lange vor Ankunft der Wissenschaft und des Tourismus Grabräubern zum Opfer. Der Eintrittspreis zu den Begräbnistürmen von Sillustani ist auf 10 PEN gestiegen. Dafür kann man auf dem Parkplatz hinter der Schranke (S 15°43’26.2’’ W 70°09’03.4’’) kostenlos campen, wenn man das Eintrittsticket vorher löst, wie wir es gestern Abend taten.

Auf dem Parkplatz treffen wir heute Silvia und Diego mit ihren beiden jungendlichen Kindern und ihrem MAN-Lkw auf Ein-Jahres-Südamerikareise. Die schweizerische Familie und wir beschließen, ein Stück gemeinsam zu reisen. Vorher aber besuchen wir eines der Häuser im Pukara-Stil am Weg zurück zur Hauptstraße. Die Ortsansässigen öffnen ihre Heime dem ausländischen Besucher und wissen genau, was der gemeine Tourist benötigt. Ein paar Lamas und Alpakas zum Fotografieren, dazu ein armes Baby-Guanako, das die nach uns eintreffende asiatische Busgruppe gar nicht erbaulich findet.

Wir konzentrieren uns aufs Innere: Eine Mauer mit einem kleinen Rundtor umschließt einen quadratischen Hof, der an drei Ecken kleine Adobe-Einraumhäuser beherbergt, die als Wohn- oder Lagerstatt dienen. In einer Ecke, die vielleicht sonst Gemüsegarten wäre, führt man uns den Gebrauch der traditionellen Feldwerkzeuge vor. Hier werden auch die Meerschweinchen unter freiem Himmel gezüchtet, allerdings besitzen sie ein eigenes kleines Haus als Unterstand. Das Bett im Wohnhaus besteht aus einem Gestell, einer Schilfgrasmatratze mit Lamafellauflagen und bunten selbstgewebten Decken, die man selbstverständlich kaufen kann. Genau wie die selbstgeknüpften Lamateppiche, deren Herstellungstechnik man uns prompt vorführt.

Die Kochstelle befindet sich im Freien, und zur touristischen Erbauung hat man die Früchte der lokalen Agrarprodukte ausgestellt: Quinoa, diverse, zum Teil spiralförmige Kartoffelsorten, Oca, eine ebenfalls stärkehaltige Knollenfrucht, und Chuño, eine Bitterkartoffel, die bis 4.500 m angebaut und im indigenen Gefriertrocknungsverfahren haltbar gemacht wird. Die Kartoffel wird nachts Frost ausgesetzt und am Tag in der warmen Sonne wieder getrocknet. So wird sie extrem leicht zu transportieren und jahrelang haltbar. Appetitlich sieht die schmutzige Schrumpfknolle allerdings nicht aus. Ein weiteres Kuriosum ist Arcilla, essbarer Lehm, der als Soße zu gekochten Kartoffeln serviert wird. Eintritt wird nicht verlangt, allerdings eine freiwillige Spende oder der Kauf eines Souvenirs erwartet. Wir entscheiden uns für letzteres, davon haben wenigstens auch wir etwas.

Auf dem Weg über das Altiplano Richtung Arequipa / Colca Canyon besorgen wir den Schweizern noch einen Internetstick, dessen Kauf man ihnen verwehrt hat. Auf dem Weg zu unserem vor ausgewählten Übernachtungsplatz an der Laguna Saralocha bei Santa Lucia (S 15°48’47.8’’ W 70°37’18.7’’) passieren wir die staatliche Forschungsstation für biotechnologische Kamelzucht. Was auch immer die da genau machen, die Anzahl der umherlaufenden Lamas und Alpakas lässt auf ein erfolgreiches Programm schließen.

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