Cañon de Colca, Peru – Bei Nacht und Nebel

Es gibt eine Abkürzung. Von der Straße PE 30A Juliaca-Arequipa in Richtung Colca Canyon geht von Imata eine kleine Schotterpiste nach Chucura, was die Kilometerzahl von hier halbieren würde. Zu zweit (mit dem schweizerischen MAN) ist man natürlich mutiger, trotzdem erkundige ich mich in Imata beim einzigen Mann, den ich finden kann, nach dem Straßenzustand. Der Mann sieht mich etwas verstört an, was schon Alarmglocken schrillen lässt, aber er meint, die Straße wäre „norrmall“ – ein hübscher peruanischer Ausdruck, den wir öfter zu hören bekommen, vor allem wenn es um Straßen geht. Also los geht’s. Nach nur wenigen Kilometern wirkt der Weg verdächtig unbefahren, wir müssen uns eine Furt durch einen Fluss suchen, da es auf Straßenhöhe nur eine Abbruchkante gibt. Wir kommen nicht weit, da endet die Piste in einer Wasserfläche: ein Stausee, der auf unseren Karten und Navigationssystemen nicht vermerkt ist.

Wir kehren zurück zur letzten Abzweigung, nehmen einen anderen Trail und finden schließlich hinter der Staumauer unsere alte Route wieder. Nach etlichen Kilometern versperrt uns eine Bake erneut den Weg – ein weiterer Stausee, wie wir erfahren. Was nun? Ein vorbeikommender Pick-up-Fahrer zeichnet uns den „einzigen Weg“, wie er versichert, in den Sand. Seine Angaben stellen sich als präzise heraus, allerdings fahren wir im Endeffekt genauso viele Kilometer Schotter, wie wir auf Asphalt gefahren wären, brauchen aber doppelt so lang.

Zumindest die Landschaft war es wert: hoher weiter Altiplano, riesige Ebene mit hohen Bergen und Gletschern an den Horizonten, endlose Lama- und Alpakaherden vermischt mit wilden Vikunjas und zahllose Flussdurchfahrten. Die Route ist kompliziert und wegen der Kilometerzahl nicht unbedingt sinnvoll, aber eben off-road bzw. bei Imata könnte man in der Nähe des ersten Stausees nicht allzu weit von der Straße entfernt einen ruhigen Übernachtungsplatz finden (in der Gegend von S 15°49’17.8’’ W 71°08°52.6’’). Zurück auf der Straße finden wir Diana und Rüdiger aus Weiden mit ihrem Landrover am Wegesrand, die später den Nachtplatz mit uns teilen werden. Kurz darauf kommen uns Alexandra und Markus entgegen, die beiden Radfahrer, die wir bereits auf einem Campingplatz in einem Weinort südlich von Lima getroffen haben.

Bei Yanque fahren wir in den Cañon de Colca ein, hier befindet sich die Kontrollstation, wo der Eintritt entrichtet werden muss. Auch hier muss man ein Boleto Turistico lösen, das mittlerweile unglaubliche 70 Nuevo Soles (knapp 20 €) pro Person kostet. Die spinnen, die Peruaner! Nicht mit mir. Den Latino-Tarif gibt es schon für 40 PEN (11 €). Dass in dem Fall Blondhaar und blaue Augen nicht gerade förderlich sind, dürfte klar sein. Doch die Dackelblick-Nummer zieht auch bei den hiesigen Machos. Eine gute Begründung, warum man den Ausländertarif nicht bezahlen möchte, muss sich schon jeder selbst suchen. Die Eintrittskarte gilt theoretisch für eine unbedeutende Ruine, das Valle de los Volcanes, wo man bei gutem Wetter mehrere Vulkane sehen kann, sowie den Cañon de Colca, in den man hinabsteigen kann.

Der Colca Canyon galt mit 3.191 m Tiefe eine Zeit lang als tiefste Schlucht der Erde, zumindest aber der westlichen Hemisphäre. Diesen Rang hat ihm der 150 m tiefere benachbarte Cañon del Cotohuasi abgelaufen. Der 100 km lange Colca Canyon ist zwar immer noch doppelt so tief wie der Grand Canyon in den Vereinigten Staaten, dennoch kein Vergleich mit dem. In Arizona schnitt sich der Colorado River von einer Ebene aus beeindruckende1.500 m in die Tiefe. In Peru schaut man rund 1.000 m zum Rio Colca hinunter, der sich ein V-förmiges Tal schuf, darüber ragen die Berge 2.000 m hoch. Trotzdem ist der Cañon de Colca ein schöner Anblick.

Hauptattraktion jedoch ist der Aussichtspunkt Cruz del Condor, wo man Kondore beobachten kann. Auf der Zufahrt von Süden gibt es keinen Kontrollposten doch werden am Miradór häufig die Eintrittskarten kontrolliert. Auf dem großen Asphaltparkplatz daneben soll Campen angeblich nicht erlaubt sein. Als wir hier eintreffen, ist die Dunkelheit bereits eingebrochen und dichter Nebel mit Sichtweiten unter 20 m hüllt uns ein. Schon aus Sicherheitsgründen würden wir keinen Meter weiter fahren, doch niemand vertreibt uns hier: S 15°36’45.0’’ W 71°54’14.5’’.

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