San Miguel + Pisagua, Chile – Die Chinchorro-Mumien

In Chile geht es geordnet zu: Man hupt nicht andauernd auf der Straße, bei Warteschlangen stellt man sich hinten an. Es gibt Verkehrszeichen, die die Vorfahrt regulieren, schöne deutsche „Vorfahrt gewähren“ und nicht ausschließlich die sinnlosen Stoppschilder, and die sich sowieso kein Mensch hält. Außerhalb der Städte sind gefährliche Stellen wie Kurven, Kreuzungen und Brücken nachts von Solarlaternen erhellt. Die Verkehrspolizei trägt Uniformen, die eine perfekte Kopie deutscher Polizeibekleidung des 20 Jh. in moosgrün/beige mit grüner Dienstmütze sind, wo sie ursprünglich herkommen. Und wenn dann noch ein dunkelblonder Einsneunzigmann drinsteckt, fühle ich mich vollends nach Hause versetzt.

Nicht ganz. Zwar sind die Menschen hier genauso wohlgenährt wie in den anderen Ländern der heutigen zivilisierten Welt. (Damit meine ich nicht die dralle Rundlichkeit der hier nicht vorhandenen Indígenas, sondern schlicht weißhäutige Fettleibigkeit.) Inklusive der Jugend. Nur dass hier die Schuluniformröcke wieder so kurz sind wie in Mexiko, sodass es fast an Folter grenzt, Mädchen dieses Formats derartige Kleidungsstücke tragen zu lassen. Und noch etwas erinnert mehr an ein Dritte-Welt-Land denn an ein Schwellenland, das kurz davor steht, eine Industrienation zu werden: das großzügige Verteilen von Müll – sei es am Strand, sei es aus dem Autofenster. Auch wenn es mittlerweile einige gute Ansatzpunkte für Umweltschutz gibt: Chile hat von jeher seine wirtschaftliche Entwicklung in den Vordergrund gestellt, auf Kosten der Umwelt und auch auf Kosten des Menschen.

Dagegen steht der Mensch im Mittelpunkt des Interesses des Archäologischen Museums San Miguel de Azapa im gleichnamigen Ort (S 18°30’58.9’’ W 70°10’53.0’’), oder zumindest menschliche Überreste. Der hier ausgestellte Sensationsfund sind die Mumien der Chinchorro-Indianer, deren Alter mittels der C 14-Methode auf 7810 +/- 180 Jahre ermittelt wurde. Die angewandte Mumifizierungstechnik war besonders kompliziert: Unter Zuhilfenahme von Holz, Stroh und Lehm wurde die Weichteile des Körpers neu nachgebildet. Das Museum gibt auch einen guten Überblick über die Lebensweise der Chinchorro. Es befindet sich 12 km östlich von Arica, Eintritt kostet 2.000 CLP pro Person.

Die Panamericana führt zunächst durch spannende Wüstenlandschaft nach Süden. Wo heute maximal Rinnsale laufen, haben sich in der Vorzeit mächtige Flüsse ihren Weg zum Pazifik gebrochen. Kilometerlange Rampen führen die 1.200 m hohen Wände zum Flussbett hinunter, über eine Brücke und wieder hinaus. Chile fördert ein Projekt „Kunst in der Wüste“, wo Bildhauer ihre Skulpturen in der Natur aufstellen können. So sieht man hin und wieder interessante Kunstobjekte im Nichts. Bei Cuya gibt es einen SAG-Posten, doch werden derzeit keine Lebensmittelkontrollen durchgeführt (S 19°09’37.2’’ W 70°10’49.0’’). Inzwischen nimmt der Wind zu. Immer stärker bläst er, fegt die Motorradfahrer fast von der Straße und lässt hunderte von Minitornados entstehen. Nachts dann schläft der Wind komplett ein.

Südlich von Tiliviche biegen wir von der PanAm zur Küste ab. 39 km sind es bis Pisagua, einem geschichtsträchtigen Dorf. Auf der Suche nach einem ruhigen Übernachtungsplatz – es ist Osterwochenende, und auch die Chilenen lieben campen – folgen wir der Beschilderung nach Pisagua Viejo, ein paar Ruinen, wo wir auf einer Anhöhe über dem Meer gut aufgehoben sind: S 19°33’21.7’’ W 70°12’10.5’’. Hübsch wäre auch: S 19°33’45.4’’ W 70’12’25.6’’. Im neuen Ort selbst gibt es eine Campingzone bei S 19°35’44.8’’ W 70°12’31.0’’.

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