Coquimbo, Chile – Fisch und nochmals Fisch

Was soll ich nur nehmen? Die Auswahl fällt schwer. Der Fischmarkt von Coquimbo gilt als einer der besten in Chile. Sämtliche Fischfilets und Shrimps kosten 4.000 CLP pro Kilo, 6,40 €, ganze Fische sind billiger. Da ich mich nicht entscheiden kann, nehme ich je eine Portion Adlerfisch, Seehecht und Reineta, eine Art Flunder, und die Shrimps. Meeresfrüchte für leckere Spaghetti gibt’s schon für unter 5 € das Kilo. Ich verlange ein halbes, erhalte aber 940 g zum Preis von einem Pfund. Ich beklage mich nicht, bin aber dankbar für unser 3*-Gefrierfach. Essen kann man am Markt in Restaurants oder man kauft sich an den Fischständen verschiedene Meeresfrüchtecocktails für je 1.000 Peso, 1,60 € – von zwei Bechern sind wir beide satt.

Zurück am Auto kommt der Parkplatzwächter mit einem Fischer und will uns Locos, „Verrückte“, verkaufen, das Dutzend Weichtiere für 8 €. Wir lassen uns die Zubereitung ganz genau erklären. Später stellen wir fest, dass wir Abaloneschnecken gekauft haben, die als äußerst schmackhaft gelten, aber vom Aussterben bedroht und deshalb stark reglementiert sind – was den stolzen Preis erklärt. Nun haben wir sie schon gekauft, also werden wir sie auch essen.

Coquimbo hat neben dem Fischmarkt zwei seltsame Bauwerke aufzuweisen: das gigantische moderne Betonkreuz des III. Jahrtausends und eine vom marokkanischen Königshaus finanzierte Moschee mit einem 40 m hohen Minarett. Leider ist der Tag heute so bewölkt, dass sich Fotos nicht lohnen. In ein paar Wochen werden wir nochmals vorbeikommen, vielleicht haben wir dann mehr Glück. Südlich von Copiapó beginnt die Halbwüste, es gibt deutlich mehr Niederschläge, was eben auch mehr Wolken bedeutet.

Der Parkplatz beim Fischmarkt befindet sich bei S 29°57’23.7’’ W 71°20’07.8’’. In Coquimbo gibt es außerdem einen Lider und einen Unimarc Supermarkt. In der größeren Schwesterstadt La Serena befindet sich ein großer Lider bei S 29°54’06.4’’ W 71°15’24.7’’ und ein Jumbo mit hervorragender Brotauswahl („Sonnen“, „Roggensauerteig“, „Muenster“ – es werden die deutschen Begriffe verwendet) und Weißwürsten bei S 29°54’58.6’’ W 71°15’32.6’’’. La Serenas Innenstadt wirkt scheinbar kolonial, wurde aber erst Mitte des 20. Jh. von einem Präsidenten so gestaltet, der seine Geburtsstadt „verschönern“ wollte. Die Laubbäume an der Plaza verfärben sich und werfen ihre Blätter ab – eine seltsame Herbststimmung ergreift uns.

Nach dem Einkauf stellen wir wieder einmal fest, dass die Selbstverständnisse südamerikanischer Nationen kranken. Schon die Peruaner, die sich als „Schweiz Südamerikas“ verstehen, konnten uns in diesem Punkt nicht überzeugen, wenn man vom sturen Festhalten an Regeln absieht und natürlich der weit spektakuläreren Berglandschaft. Im organisatorischen und wirtschaftlichen Standard haben die beiden Ländern nichts miteinander zu tun und kulinarisch auch nicht. Es gibt zwar ein paar elitäre Spitzenköche vor allem in Lima, aber der Durchschnittsperuaner isst sehr einfach und in keinem Land haben wir so schlecht eingekauft (außer Kartoffeln) wie dort.

Die Chilenen sehen sich zwar einigermaßen zu Recht als wirtschaftlich erfolgreichstes Land Südamerikas (sie haben halt Bodenschätze), aber zu Unrecht als effektivstes und fleißigstes Volk. Vielleicht stimmt der Vergleich mit Argentinien; mit den Ländern, die wir bislang kennen, hinkt er. In Chile dauert alles furchtbar lange und nirgendwo sonst haben wir das Prinzip der Arbeitsvermeidung – zumindest im einfachen Dienstleistungsbereich – so stark erlebt wie hier. Wir wollen unseren Arminius, der mit ockerfarbenem Salzstaub von den Salzstraßen bedeckt ist, kurz abspritzen lassen. Wieder will es keiner machen. An einer Tankstelle ist der Wäscher schon gegangen, an einer anderen heißt es „nein, nein, heute nicht mehr“ – schließlich ist es schon kurz nach vier. Vor acht oder halb neun beginnt aber keiner zu arbeiten. Der Chef entscheidet dann doch für Waschen. Chile erscheint mir als Land, das fleißigen Einwanderern noch echte Chancen bietet.

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