Archive for the ‘Mittelamerika’ Category

Granada, Nicaragua – Gigantisch, einmalig: der Nicaraguasee

Dienstag, September 6th, 2011

Die Emissionen des Vulkans ließen heute morgen tatsächlich etwas nach, sodass wir ohne größere Gesundheitsgefährdung zu einigen Aussichtspunkten und zum San Fernando Krater hoch laufen können, der mit seinem grünen Wald im Inneren so ganz anders aussieht. Der Santiago im Vergleich dazu hat kahle farbige Wände und ein Riesenloch, aus dem es mächtig dampft. (Zusatztipp für Reisende: Der Supermarkt Econo Market auf der Straße von Masaya nach Managua ca. 7 km nach dem Nationalpark in Richtung Managua hat nicht nur einen großen Parkplatz und vernünftige Auswahl, sondern auch ein offenes, gutes WiFi-Netz.)

Die Stadt Granada nur 30 km östlich liegt am Lago de Nicaragua, einem See der Superlative. Er ist der größte See Mittelamerikas mit 8100 km2 und damit 16-mal größer als der Bodensee. Er beherbergt die Insel Ometepe, die mit ihren zwei Vulkanen die Form einer Acht hat und die weltweit größte Insel in einem Süßwassersee darstellt. Damit nicht genug: Der Nicaraguasee ist das einzige Gewässer der Erde, in dem Süßwasserhaie leben. Man nimmt an, dass die Haie aus der Karibik über den San Juan Fluss in den See eingewandert sind und sich nach und nach an den mangelnden Salzgehalt gewöhnt haben.

Während der Nicaraguasee von zahlreichen Zuflüssen gespeist wird, fließt er über den mächtigen Rio San Juan ins Karibische Meer ab. Zwischen Nicaraguasee und Pazifik dagegen liegen nur wenige Dutzend Kilometer. Das machte Nicaragua in der Vergangenheit zu einer strategisch wichtigen Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik. Schon lange zeigte Nicaragua Interesse am Bau eines Kanals zur Verbindung der beiden Meere, die immer wieder scheiterten. Als 1848 der Goldrausch in Kalifornien begann, war diese Engstelle dennoch die schnellste Verbindung ins gelobte Land: Ab Atlantikhafen Greyton 190 km mit dem Dampfschiff über den Fluss und See, dann weiter mit der Kutsche; in San Juan del Sur ging es mit dem Schiff nordwärts an der Pazifikküste entlang. Der wohl berühmteste Passagier war Mark Twain, der anschließend die Schönheit der Route beschrieb.

1850 sicherten sich die USA vertraglich die Rechte am Kanalbau, ohne ihn jemals ernsthaft hier errichten zu wollen. Hauptgrund war, wie für alle anderen Investoren, dass Nicaragua in einer äußerst aktiven Erdbebenzone liegt und die Haltbarkeit eines Kanals keine günstige Prognose erhielt. Nur wenig später wurde der als sicherer geltenden Engestelle in Panama der Vorzug gegeben. Doch Nicaragua verfolgt seine Kanalbaupläne bis heute weiter. 1999 erließ es ein Gesetz zur Landenteignung. Prompt kam es zu Grenzkonflikten mit Costa Rica, dessen Grenzverlauf das südliche Ufer des Rio San Juan ist, nicht die Flussmitte. Erst zehn Jahre später konnte der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Streit beilegen. Er bestätigte die nicaraguanische Territoriumshoheit, sicherte aber Costa Rica ein unbefristetes kommerzielles Nutzungsrecht des Wasserweges zu.

Wie in den meisten Städten ist Campen in Granada schwierig. Das travellerbekannte Turicentro am See gewährt für 50 Córdoba pro Fahrzeug Eintritt und erlaubt Campen. Leider gibt es dazu eigentlich keine Möglichkeit. Die Einbahnstraße ist zu schmal zum Parken. Das Ganze ist eine einzige Restaurantmeile, man könnte höchstens vor einer der Fressbuden parken. Der angegebene Parkplatz am Ende der Turicentro-Straße liegt hinter einer Freiluft-Livediskothek. Abgesehen vom zu erwartenden Lärm würde man vermutlich auch in Europa nicht an einem Discoparkplatz campen. Der Betreiber selbst bezeichnet den Platz als absolut nicht sicher. Wir fahren ein Stück weiter an der Bootsanlegestelle vorbei, bis am Straßenrand ein breiter Seitenstreifen mit Seeblick auftaucht. Hier ist es genauso wenig bewacht wie im Turicentro, und kostenlos wäre es auch gewesen. Die größte Gefahr scheint von den wilden Mangobäumen auszugehen, denn die reifen Früchte fallen einfach ab, hoffentlich nicht auf unser Dach. Wir lesen ein paar vom Boden auf. Sie sind zwar klein, doch süßere und aromatischere Mangos haben wir nie gegessen.

Turicentro Granada, unbewacht, N 11°55’31.9’’ W 85°56’30.1’’, 50 NIO, oder kurz danach am See, kostenlos, an der Straße, N 11°54’50.4’’ W 85°56’00.3’’.

Volcán Masaya, Nicaragua – Wie fotografiere ich Qualm oder: Vulkane stinken

Montag, September 5th, 2011

In den Morgenstunden gesellt sich zu den brüllenden Affen und den vielen anderen unbekannten Geräuschen ein Vogel vom Typ „elektronischer Wecker“. „Tililit, tililit, tililit.“ Drei Mal, genau wie beim Wecker; nach einer genau bemessenen Pause: „Tililit, tililit, tililit.“ Kann nicht mal einer auf den Aus-Knopf drücken? Da mir keiner den Gefallen tut, muss auch ich einsehen, dass die Nacht vorüber ist. Geräuscherfinder müssen im Urwald studiert haben, diese Ähnlichkeiten können kein Zufall sein. Wir wollten sowieso aufstehen, um die Papageien nochmals bei Sonnenschein zu besuchen. Diesmal dürfen wir ohne Guide und ohne nochmals Eintritt zu bezahlen rein. Und siehe da, wenn man nicht wie ein Irrer durch den Wald hetzt, verscheucht man auch nicht alle Tiere und bekommt etwas zu sehen. Die Annäherung an den Chocoya-Brutplatz kann man an der Geräuschkulisse erkennen, Papageien sind ja nicht gerade für ihren lieblichen Gesang bekannt. Wie so ziemlich alle Papageien sind auch die grünen Elfenbeinsittiche monogam. Doch nicht nur das: Sie verbringen das ganze Leben zusammen, fliegen zusammen los, kehren gemeinsam zurück. Nicht ohne das jeweils lautstark anzukündigen.

Keine 30 km entfernt liegt der Nationalpark Volcán Masaya mit zwei Vulkanen und insgesamt fünf Kratern. Einer davon, der Santiago, ist der einzige permanent aktive Krater Nicaraguas. Aus seinem 450 m im Durchmesser großen Schlund entweichen permanent giftige Schwefel- und Salzsäuregase, hin und wieder spuckt er auch größere Brocken aus, weshalb das Auto am Parkplatz direkt am Kraterrand in Fluchtrichtung geparkt werden muss. Manchmal kann man Lava oder glühende Steine im Inneren sehen, vor allem während der geführten Nachtwanderungen, doch momentan ist die Oberfläche – vielleicht wegen der Regenzeit – stärker ausgekühlt und dunkel. Alleine die Rauch- und Gasproduktion ist schon enorm. Man soll sich aus gesundheitlichen Gründen maximal 20 Minuten oben aufhalten, lautet die Parkvorschrift, aber heute bleibt keiner freiwillig länger hier. Der Wind steht ungünstig und bläst uns den Qualm ins Gesicht. Die Augen beginnen zu tränen. Er dringt in die Lungen und löst Hustenreiz aus. Man kann den Rauch schmecken, ein seltsames Gemisch aus Schwefel, Batteriesäure und dem parfümierten Beigeschmack essigsaurer Tonerde, dann rinnt er die Kehle hinunter in den Magen. Der Kopf beginnt zu schmerzen. Alle Hirnzellen schreien im Chor „weg hier“.

Da die Sicht entsprechend vernebelt ist, halten wir es kurz, laufen nur an der Mauer am Rand des Santiago-Kraters entlang und die Stufen zum Aussichtspunkt am großen Kreuz über die lavasteingesprenkelte Umgebung und zum Masaya See. Die Wanderung zu ein paar weiteren Aussichtspunkten – die einzige, die man alleine unternehmen darf – verschieben wir auf morgen in der Hoffnung auf günstigeren Wind. In den Wänden des gasenden Kraters hausen und brüten Elfenbeinsittiche in äußerst giftiger Umgebung. Im Laufe der Zeit gewöhnten sich die Papageien an die Gase, die gleichzeitig einen äußerst effektiven Schutz gegen natürliche Feinde bieten.

Der Krater blickt auf eine lange Tradition künstlich herbeigeführter Tode zurück. Die hier lebenden Chorotega-Indianer sollen Jungfrauen in die Lava geworfen haben, um sie der Göttin des Feuers zu opfern und diese zu besänftigen. Die Spanier nutzten das Magmaloch, um Ungläubige und Verbrecher loszuwerden. Besonders perfide trieben es die Somoza-Diktatoren. Regimegegner wurden mit Hubschraubern über den Santiago geflogen und abgeworfen.

Auf den beiden Parkplätzen neben dem Besucherzentrum ein paar Kilometer unterhalb des Kraters mit mäßig interessantem Museum darf man campen. Pro Person 100 NIO Eintritt plus 50 NIO fürs Übernachten. Parque Nacionál Volcán Masaya, N 12°00’11.3’’ W 86°08’54.6’’.

Ticuantepe, Nicaragua – Papageien und Star-Wars-Frösche

Sonntag, September 4th, 2011

Das Lächeln verblasst. Schon in Honduras fanden wir die Menschen weniger fröhlich. In Nicaragua schauen sie uns einfach nur an, als wären wir das achte Weltwunder. Was sie keineswegs daran hindert, Fotos von Arminius zu machen oder auf den Truck zu klettern – ohne zu fragen, versteht sich. Gehen wir mit einem Lächeln in Vorlage, wird es zwar erwidert, aber es ist nur ein kurzes Aufleuchten. Dabei sind die Menschen nicht unfreundlich, eher gehört es zum guten Ton, etwas missmutig zu kucken. Grinst man weiter, schauen sie einen an wie: Was ist mit der los? Hat die was genommen? Ausnahmen gibt es natürlich immer.

Bewundern muss ich dagegen, wie viele Menschen laufen, und in welcher Geschwindigkeit. Gezwungenermaßen, sicherlich, mangels Fahrzeug. Dennoch: Leicht werden auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit oder zur Kirche mehrere Kilometer zurückgelegt. In billigen Plastiklatschen, über Stock und Stein, steile Berge hoch und runter. Dabei zeigt man sich äußerst praxisorientiert und transportiert ganz nebenbei noch einen Klafter Brennholz oder einen Sack Kaffeebohnen auf dem Kopf oder der Schulter, Erwachsene wie Kinder. In der freien Hand wird dabei die 1,5-Liter-Colaflasche getragen, ohne die keiner aus dem Haus geht. Das Baby hat Hunger? Kein Problem. Das Top wird ein wenig heruntergezerrt, das Kind angelegt, Stillen kann man auch unterwegs. Kein Grund, im Lauf innezuhalten.

Auf der anderen Seite gibt es dann die (Männer), die sonntagmorgens um 10 Uhr im Graben liegen und den Schlaf des Gerechten – oder vielmehr des Betrunkenen – schlafen. Wer weiß, ob sie noch von der Samstagabendsause übrigblieben oder heute Morgen frühzeitig anfingen? Bei der Insektendichte auf diesem Breitengrad halte ich den Straßengraben für einen eher ungemütlichen Ort. Das Alkoholproblem tauchte schon ab Mexiko verstärkt auf, insbesondere in Guatemala, scheint sich aber weiter nach Süden zu erstrecken. Und nicht nur sonntags.

Betrunkene Autofahrer gibt es tagsüber zum Glück wenige, und so kommen wir trotz sturzbachartigen Regens sicher an den Managua-See, zweitgrößter See Zentralamerikas, aber von den Abwässern der Hauptstadt verpestet. Das schöne an Managua ist, dass man nicht hinmuss, wenn man nicht möchte. Keines der in schlechter Qualität gebauten Kolonialhäuser konnte die zahlreichen Erdbeben überstehen, daher setzen sich Managuas Hauptattraktionen aus dem See und zahlreichen Museen zusammen. Wir biegen zwischen Managua und Masaya in Richtung Süden nach Ticuantepe ab, wo das El Chocoyero – El Brujo Naturreservat im Regenwald liegt. Die sieben Kilometer lange ungeteerte Zufahrtstraße besteht aus einem eigentümlichen schwarzen Dreck, der auch bei Regen nicht aufweicht und daher kaum schmierig und rutschig wird.

Leider ist das Erdreich nicht immun gegen Auswaschungen durch Wasserläufe. Quer stören sie weniger, aber längs mag ich sie nicht, wenn der Unimog mit einem Rag im eingefressenen Rinnsal in absurder Schräglage dahin kriecht. Und man weiß nie: Bleibt es so oder wird es noch schlechter? Umkehren geht nicht, die Straße ist einspurig. Dann gibt es da noch die Bäume, die bei Regen besonders tief hängen. Unempfindlich geworden, fahren wir meist einfach unten durch. Nur ein gut oberarmdicker Ast muss dann doch weichen, mit ihm ein Drittel der Baumkrone. Unsere eigene Machete mit finnischer Hochleistungsstahlklinge liegt seit neuestem für derartige Aktionen parat. Die eignet sich für weiches, wassergetränktes Holz sogar besser als eine Axt. Wir erreichen auf dem Stück einen Geschwindigkeitsdurchschnitt von 5,6 km/h.

Am Parkzugang bezahlen wir je 50 Córdoba pro Person für Eintritt und den Guide, ohne den man uns nicht rein lässt. Außer dass eine Familie mehr zu essen hat, halte ich diese Bestimmung für sinnlos, denn ohne den rasenden Führer hätten wir vielleicht mehr Tiere gesehen, den Weg findet man auch alleine. Die Hauptattraktion sind sowieso die Chocoyas, eine kleine Papageienart, die wir Elfenbeinsittiche nennen, die in Löchern in einer Lehmwand am Wasserfall El Chocoyero hausen. Es ist Nistsaison, daher sind alle zu Hause und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Zum Fotografieren regnet es leider zu stark.

Im Park gibt es (kostenpflichtige) Zeltplätze, jedoch dürfen wir auf dem Parkplatz vor der Haustür frei campen, bei tiefster Dunkelheit und beeindruckender Geräuschkulisse. Grillen und Zikaden veranstalten ein tropisches Konzert, dem ich wenig Romantisches abgewinnen kann. Das elektrische Sirren klingt, als ob man sich in dem Umspannwerk einer Kleinstadt befände. Was ist daran romantisch? Brüllaffen verteidigen ihr Revier, ihre schlechte Laune und was auch immer mit dem lautesten Geräusch der gesamten Tierwelt. Und dann sind da noch die Star-Wars-Frösche, so haben wir sie getauft. Erstaunlicherweise klingen sie, als würden sie sich gegenseitig mit futuristischen Laserkanonen beschießen. Doing, doing, doing-doing-doing, doing-doing. Nach einer Weile machen sie Pause, zum Nachladen wahrscheinlich. Doing, doing-doing-doing-doing-doing, doing-doing…
Riserva Natural El Chocoyero – El Brujo, N 11°58’46.0’’ W 86°15’26.7’’

Matagalpa, Nicaragua – Wo ist die Post?

Freitag, September 2nd, 2011

Zurück in Estelí versuchen wir, das Postamt zu finden. Interessante Entdeckung: acht von zehn Menschen kennen es nicht. Man schickt wohl keine Briefe oder Pakete. Leider gibt die Mehrheit ihr Unwissen nicht zu, woraus viele verschiedene Richtungsangaben resultieren. Ich vermute sogar, dass es ob der Unterschiedlichkeit der Aussagen zwei Postämter geben mag. Doch auch die wissenden 20 % bringen uns nur in die grobe Richtung, das „Feintuning“ stimmt nicht. Nach einer halben Stunde haben wir uns so weit angenähert, dass uns mit einer letzten Frage der entscheidende Coup gelingt und wir vor der Post stehen. Der Tarif für einen Europabrief ist schnell gefunden das Wechselgeld wird sorgfältig, wie meist in Mittelamerika, mit dem Taschenrechner errechnet. Aber mal ehrlich: Wer kann bei uns schon noch Kopfrechnen?

Als die Beamtin fast schon verzweifelt in ihren Briefmarken herumwühlt und erst zwei mal zwei, später nochmals zwei – zugegeben äußerst hübsche bunte – Marken herauswühlt, ohne den Rechner zu Rate zu ziehen, gehen meine Alarmglocken an. Ich zähle die Markenwerte zusammen und frage unschuldig, ob es ein Problem wäre dass weniger Marken auf dem Brief klebten als ich bezahlt habe. „Oh, das ist ein Fehler.“ Irgendwie ist es der Postfrau doch peinlich, und sie kramt noch eine Briefmarke heraus. Vorsichtshalber bitte ich sie, den Brief gleich abzustempeln. Man könnte ja eventuell die Marken wieder ablösen und den Brief in den Müll werfen. Aber die Dame meint, gestempelt würde nicht hier. Ob der Brief wohl ankommt?

Im Städtchen Matagalpa etwas abseits der Panamericana gibt es das Centro Girasol, wo man Kaffe, Kuchen, ein paar Souvenirs und hausgemachte Milchprodukte wie Joghurt, Frischkäse und Eis bekommt. (Erste südliche Einfahrt in die Stadt, großes Eckhaus auf der rechten Seite.)Alle Einnahmen kommen Familien mit behinderten Kindern zugute. Außerdem kann man für eine kleine Gebühr Karten mit Wegbeschreibungen für Themenwanderungen kaufen, z.B. Wandern auf den Spuren der Revolutionshelden oder Petroglyphen der Maya suchen. Es handelt sich um Tageswanderungen, die in Matagalpa starten und ggf. eine Übernachtung im Ort (Campen schwierig) nötig machen.

Ein weiteres schönes Wandergebiet ist die Selva Negra, der Schwarzwald nördlich der Stadt Richtung Jinotega. Zugang erfolgt über die Kaffeefinca gleichen Namens (von Deutschen gegründet), die Campen nicht gestattet. Uns werden alternativ zwei Betten für 15 US$ angeboten. Alternativ kann man für 3 US$ als Tagesgast wandern. Eine andere Möglichkeit ist Finca Esperanza Verde, die ebenfalls Kaffeeanbau und eine Ecolodge betreibt. Eine Anmeldung im Büro in San Ramón ist sinnvoll, da die Park- und Wendemöglichkeiten recht begrenzt sind. (Erste Parallelstraße nördlich zur Durchgangsstraße bis zum Ende der Sackgasse fahren.) Nach weiteren 15 km Schotterpiste, die letzten vier Kilometer besser nur mit Allradantrieb, werden wir in der Finca erwartet. Fürs Campen möchte man satte 7 $ pro Person, aber 7 $ fürs Auto tun es schlussendlich auch. Ein paar Wanderwege wurden ebenfalls angelegt. (N 12°56’23.4’’ W 85°46’48.4’’)

Estelí, Nicaragua – Iran? Contras? Da war doch was…

Donnerstag, September 1st, 2011

Allzu viel kann man im Naturreservat Miraflor auf eigene Faust nicht unternehmen. Für die meisten Wanderungen wird ein Guide vorausgesetzt, den man natürlich buchen kann. Das mag seinen Ursprung haben in Problemen mit Kriminalität, die es früher hier gab, die sich seit Einrichtung einer Polizeistation jedoch weit gebessert haben soll. Die Gegend um Estelí war früher schon Schauplatz der traditionsreichen Auseinandersetzungen zwischen Liberalen und Konservativen gewesen, die bereits im 19. Jahrhundert begannen.

Der liberale Freiheitskämpfer Augusto C. Sandino wurde schließlich 1934 vom Führer der von den USA eingerichteten Nationalgarde, Anastasio Somoza, umgebracht. Der schanzte sich 1936 durch Wahlbetrug ins Präsidentenamt, womit die die 50jährige Somoza-Diktatur begann. Nach der Ermordung Somozas übernahmen seine Söhne die Macht. Ernsthafter Widerstand regte sich nach 1972, als bei einem gewaltigen Erdbeben die Hauptstadt Managua zerstört wurde, tausende Menschen starben und hunderttausende obdachlos wurden. Die ausländischen Hilfsgelder flossen derweil in die Taschen der Somozas. Sowohl die Sandinisten als auch die demokratische Befreiungsunion formierten sich, doch wurden die Führer beider Organisationen getötet.

1978 und 79 schließlich eskalierte die Lage. Im ganzen Land begannen Generalstreiks, der Nationalpalast wurde vorübergehend besetzt und die Sandinisten nahmen Managua ein. Somoza floh in die USA, dennoch unterstützte US-Präsident Jimmy Carter die neue Menschenrechts- und Freiheitspolitik Nicaraguas. Sein Nachfolger Ronald Reagan dagegen sah darin kommunistische Tendenzen, baute die Konterrevolutionstruppe der Contras auf und finanzierte sie, um vor allem Anschläge gegen die Infrastruktur des gebeutelten mittelamerikanischen Landes zu führen und es weiter zu schwächen. Erst da suchte Nicaragua um Unterstützung Kubas und der Sowjetunion an. 1985 lehnte der US-Kongress weitere militärische Unterstützung für die Contras ab. Eigenmächtig beschaffte Reagan Geld durch den Verkauf von Waffen an den Iran zu überhöhten Preisen: Da haben wir sie, die Iran-Contra-Affäre.

1988 wurde ein Waffenstillstand zwischen Regierung und Contras vereinbart. Die Sandinisten brachten die am Boden liegende Wirtschaft nicht wieder auf die Füße, woraufhin sie die nächsten Wahlen gegen eine neue Koalition aus liberalen Oppositionsparteien verlor. Und dann geschah etwas, das zeigt, dass am Ende auch die Guten die Bösen sind. Zwischen Wahlniederlage und Machtübergabe plünderten sie 1990 das verbliebene Staatsvermögen und übertrugen sich Großgrundbesitz und Staatsunternehmen. Darunter hat das Land heute noch zu leiden. Zehn Jahre später – wir schreiben mittlerweile das Jahr 2000 nach Christus – geht diese Farce weiter. Ein Teil des inzwischen auseinander gebrochenen liberalen Parteienbündnisses stellt den Präsidenten Arnoldo Alemán. Der paktiert mit den Sandinisten und ändert – vielkritisiert zwar – die Verfassung, um die dauerhafte gemeinschaftliche Herrschaft über alle staatlichen Institutionen zu sichern.

Zwar wurde Alemán wegen seiner Finanzverbrechen 2002 zu 20 Jahren Haft verurteilt, sein Hausarrest aber nach nur drei Jahren von einem Gericht wieder aufgehoben. 2006 kamen die Sandinisten wieder an die Macht, und prompt wirft man Präsiden Ortega vor, sich persönlich zu bereichern. So weigerte sich die Regierung, den Verbleib von 1,1 Mrd. Unterstützungsgeldern aus einem Wirtschaftsabkommen mit Venezuela offenzulegen. Da wundert es nicht, dass zahlreiche internationale Geldgeber, darunter Deutschland und die EU, ihre Hilfsgelder an Nicaragua eingefroren oder eingestellt haben.

Estelí, Nicaragua – Amerika, nicht Afrika

Dienstag, August 30th, 2011

Nicaragua – ein Land, das so klingt als müsse man es in Afrika und nicht in Amerika suchen. Dabei markiert es die Mitte des Isthmus und bietet ein paar schöne und weniger positive Superlative: Es ist das flächenmäßig größte Land Mittelamerikas, obwohl nur gut ein gutes Drittel genutzt werden kann, der Rest ist unzugänglicher Regenwald – von Abholzung bedroht wie überall. Nicaragua gilt als das ärmste Land Zentralamerikas, ja sogar als zweitärmstes Land – nach Haiti – ganz Lateinamerikas. Gleichzeitig soll es das sicherste Reiseland der Kontinentalbrücke sein.

Doch der Tag beginnt mit Schwierigkeiten, die Einreise verzögert sich. Zunächst müssen wir feststellen, dass unsere elektronische Karte für Nicaragua nicht funktioniert. Doch unsere bewährte Kombination aus klassischer Kartennavigation, Schilder lesen, Intuition, Einheimische fragen und Autonavigationssystem ist uns so lieb geworden, dass wir auf letzteres ungern verzichten. GPS-Karten sind im Internet bei www.gpstravelmaps.com für sämtliche Garmin-Geräte herunterzuladen inkl. Installationsanleitung (z.B. Nicaragua für nicht ganz günstige US$ 49,95). Bei der Navigation funktionieren weder Adresseingabe noch Ortsuche, aber man kann in die Karte zoomen und einen Ort auf dem Touchscreen per Finger auswählen.

Als nächstes verweigert die Tankstellenkasse in El Paraiso sämtliche meiner Kreditkarten. (In Mexiko ist der Diesel am günstigsten, dann wird er nach Süden hin über Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua stets, wenn auch geringfügig teurer. In Honduras sind wir bei ca. 0,80 € pro Liter Diesel). Mein Bargeld reicht so kurz vor der Grenze nicht mehr aus. Dann kommt die Kassiererin auf die Idee eines Betraglimits bei Kartenzahlungen und rechnet die Summe auf zwei Mal ab. Unmittelbar vor dem Grenzübergang Los Manos (ca. 500 m) befindet sich im Übrigen eine steuerbegünstigte Tankstelle, die Kraftstoff zu günstigeren Preisen anbietet.

So weit kommen wir aber nicht mal. Die Zufahrtsstraße zur Grenze ist rechts und links mit wartenden Lkw zugeparkt, der einzige Fahrstreifen in der Mitte wird von einem liegengebliebenen Bus blockiert, der anscheinend nicht abgeschleppt werden kann. Mehr als eine Stunde vergeht, bis die parkenden Fahrzeuge auf einer Seite so weit vor oder zurück rangiert sind, dass sich eine Lücke zum Vorbeifahren am Hindernis ergibt. Von da an geht es zügig. An der Aduana gibt es einen Stempel in den Pass, der die Ausfuhr des Fahrzeugs bestätigt. Ich muss die Zöllnerin lediglich bitten, mir den Rest der an der letzten Grenze zusammen getackerten Papiere zurückzugeben und nur das honduranische Formular einzubehalten. Das ordentliche Formular aus El Salvador leistet stets gute Dienste als Vorlage, daher möchte ich es behalten. An der Migración erhalten wir einen Ausreisestempel, Kosten entstehen nicht.

Ein penetranter junger Grenzhelfer möchte 20 US$ für seine Dienste bei der Einreise, aber irgendwann kapiert auch er das simple, nur aus den zwei Buchstaben N und O bestehende Wort no. Irgendwie leuchtet mir der Sinn von Grenzhelfern nicht ein (außer, dass sie damit natürlich zum Familieneinkommen beitragen, was positiv zu bewerten ist). Wenn man kein Spanisch spricht, kann man sich auch mit ihnen nicht verständigen. Spricht man Spanisch, schafft man die Formalitäten auch alleine. Ob es wirklich eine Zeitersparnis gibt, ist dahingestellt. Kurz vor dem Verlassen honduranischen Territoriums gibt es noch eine Tierkontrolle, doch wir führen weder Haus- noch Schlachttiere mit uns. Die Geldwechsler bieten auch hier einen fairen Umtauschkurs Lempira zu Córdoba an (100 nicaraguanische Córdoba / NIO entsprechen derzeit 2,90 €).

Die Einreise beginnt mit einer Fahrzeugdesinfektion (68 NIO). Nicaragua verlangt für die zunächst gewährten 30 Tage Aufenthaltsdauer den Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung (12 US$ oder äquivalent). Die herumwuselnden Versicherungsvertreter sind offiziell, am besten erledigt man das gleich hier. Die Dame an der Aduana findet die salvadorianische Vorlage hilfreich und lässt sich auch so gerne helfen. Es wird nur das Kennzeichen überprüft, nicht einmal die Fahrgestellnummer, und wie immer von außen (!) ein Blick in die geöffnete Kabinentür geworfen, um die Angabe „Wohnmobil“ zu bestätigen. Auch diesmal kommen wir völlig ohne Fahrzeugdurchsuchung davon. Dieser komplette Vorgang ist kostenlos, nicht jedoch die Einreisekarte für den Reisepass an der Migración. Dafür sind mittlerweile 12 US$ pro Person (oder äquivalente NIO) fällig. Als letztes überprüft die Grenzpolizei die Richtigkeit und Vollständigkeit der Papiere, will je eine Kopie von Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief (wir führen eine hübsch gemachte farbige Kopie auf dokumentenähnlichem Papier mit uns), vergisst dann aber, diese einzusammeln. Auch hier gibt es bislang nichts zu mokieren über Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft mittelamerikanischer Grenzen, und zügig ging es auch noch.

Nach 40 km erreichen wir die Panamericana, einzige Durchgangsstraße in Nicaragua. Erste größere Stadt ist Estelí. Im Büro der UCA Miraflor (ggf. durchfragen) erkundigen wir uns nach Übernachtungsmöglichkeiten im Naturreservat Miraflor (kein Eintritt), wo es neben Wander- und Reitgelegenheiten (biologische) Landwirtschaft gibt. Man bestätigt uns, dass wir die Schotterstraße befahren können. Auf dem knapp 30 km langen Weg wird schnell klar, warum in der Regenzeit ein Allradfahrzeug gefordert wird. Reißende Bäche (es regnet gerade) von bis zu einem halben Meter Tiefe müssen durchquert werden. Doch die Lkw und umfunktionierten Schulbusse, die die Piste regelmäßig frequentieren, lassen das Abenteuer schon wieder lächerlich erscheinen. Die haben keinen Allradantrieb.

Die Finca Lindos Ojos ist nach Studium unseres Reiseführers sowieso unsere bevorzugte Übernachtungsoption gewesen. Sie wird uns auch bei UCA empfohlen, da die Platz zum Parken hätten. Mit der erhaltenen Karte und Erklärung finden wir den Weg leicht, nur sind die deutschen Besitzer heute nicht da. Das nicaraguanische Arbeiterpärchen, das auf dem Grundstück lebt, lässt uns hier problemlos campen: N 13°14’30.2’’ W 86°15’21.7’’, www.finca-lindos-ojos.com, 5 US$ pro Nacht.

El Paraiso, Honduras – Der Fußballkrieg

Montag, August 29th, 2011

Über Danlí (mit Supermarkt) erreichen wir El Paraiso kurz vor der nicaraguanischen Grenze. Nicht einer der früher (und teils heute noch) als extrem korrupt geltenden Polizisten Honduras’ wollte während unseres Aufenthalts etwas von uns, was auch daran liegen kann, dass wir die von Touristen meist befahrene Panamericana nicht einmal berührten. Die Menschen des Landes sind hilfsbereit und freundlich und vielleicht sogar ein bisschen lethargisch: Honduras ist das einzige zentralamerikanische Land, das nie einen Bürgerkrieg oder eine Revolution führte – trotz Militärdiktaturen. Aber ganz ohne Gewalt kommt auch dieses Land nicht aus. Großgrundbesitzer schickten Todesschwadronen gegen Gewerkschaftsangehörige oder Bauernaktivisten. Und auch das Militär schreckte vor Menschenrechtsverletzungen nicht zurück.

Einen unfreiwilligen Krieg musste Honduras aber doch führen: den sogenannten Fußballkrieg gegen El Salvador. In den 1960er Jahren wanderten immer mehr salvadorianische Landarbeiter nach Honduras aus und nahmen schließlich an Landbesetzungen teil, da sie im sehr dicht besiedelten Heimatland kein ausreichendes landwirtschaftliches Auskommen hatten. 1969 vertrieb Honduras schließlich die illegalen Besetzer, kurz vor den Qualifikationsspielen zur Fußballweltmeisterschaft der beiden Länder. Während das Hinspiel in Tegucigalpa äußerst friedlich verlief, wurden honduranische Fans beim Rückspiel in San Salvador tätlich angegriffen. Daraufhin kam es in Tegucigalpa zu Plünderungen salvadorianischer Läden.

El Salvador machte militärisch mobil, während Honduras die Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) um Vermittlung bat. Diese scheiterte an der sturen Haltung El Salvadors, das auf Landzuteilung an seine Kleinbauern pochte. Am 14. Juli schließlich startete das kleine Land eine großangelegte Luftoffensive gegen das völlig überraschte Honduras, und seine Artillerie eroberte einen etwa zehn Kilometer breiten Grenzstreifen. Zwei Tage dauerte es, bis Honduras aufgerüstet hatte und die Angreifer zurückschlug. Am 18. Juli, nach genau 100 Stunden, endete der Krieg nach intensiver Vermittlung der OEA mit etwa 2000 Toten und 6000 Verletzten. Ein Friedensvertrag wurde 1980 unterzeichnet, die Bauern durften nicht nach Honduras zurückkehren.

In El Paraiso waren während der gewaltsamen Auseinandersetzungen sogar 200 salvadorianische Fallschirmjäger eingedrungen. Heute ist es still um das unscheinbare Städtchen mit dem vielversprechenden Namen „Das Paradies“. In einem völlig heruntergekommenen, verfallenen Freibad südlich des Ortes fragen wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Nach einem Blick auf den Truck und einer ausgedehnten Überlegungszeit, wie viel man aus den Touristen herauspressen könnte, will der Verwalter völlig überzogene 200 HNL. Gier birgt die Gefahr, dass man gar nichts bekommt. Jörg setzt sich ins Auto und fährt einfach wieder davon. Auf der anderen Seite des Ortes war uns eine Pizzeria mit großem Grundstück aufgefallen. In dem ausgesprochen ordentlich wirkenden Restaurant willigt man unserem Begehren schnell ein. Ich ändere meine Taktik: Statt nach Gebühren zu fragen, erkundige ich mich nach dem Abendessen. Die Pizzas sind riesig, eine mittelgroße statt zwei mit Vorspeise hätte für uns beide ausgereicht, aber kalt sind sie auch am nächsten Tag noch lecker. Bei der Abrechnung legt man uns keinen schriftlichen Beleg vor, daher können wir nicht nachvollziehen, warum wir weniger bezahlen als laut Speisekarte errechnet. Zum Weiterempfehlen: Mi Pequeño Jardín, El Paraiso, N 13°53’04.1’’ W 86°33’15.4’’.

Zamorano, Honduras – Wurst und Käse statt Camping

Sonntag, August 28th, 2011

Knappe 500 Höhenmeter auf weniger als zwei Kilometer – das ist der Weg, den wir von Monika und Jörg heute wieder ins Dorf runterfahren müssen. Erneut benötigen wir eineinhalb Stunden. Weitere, umfangreiche Rodungsarbeiten sind notwendig, da sich die Zweige im Verlauf von zwei Tagen wieder senken, an anderen Stellen sind Äste halb abgebrochen und blockieren uns die Durchfahrt.

Endlich in Zamorana angekommen haben wir kein Glück bei der landwirtschaftlichen Universität. Man will uns auf dem gesamten Gelände nicht campen lassen. Auch nicht beim Hotel, das die Uni betreibt. Wir dürften nur hier übernachten, wenn wir uns ein Zimmer mieten, das zudem recht teuer ist. Schade, wir hätten uns die Kaderschmiede des gesamten Kontinents für Agraringenieure und -ökonomen morgen gerne angesehen. So besuchen wir nur kurz den Supermarkt, wo neben regulären Artikeln Brot, Milch- und Fleischprodukte der hauseigenen Marke Zamorana verkauft werden, die teils auch in anderen honduranischen Supermärkten erhältlich sind. Doch Auswahl und Preis hier sind unschlagbar. Die Agrarhochschule soll sich zu 30 % aus dem Verkauf der Molkerei- und Metzgereiprodukte finanzieren.

Nur wenige Kilometer östlich von Zamorana finden wir für 100 Lempira Unterschlupf im Eco Parque Zamorana (N 14°01’13.0’’ W 86°58’58.1’’), der mit ökologisch höchstens den sparsamen Einsatz von Swimmingpoolchemikalien gemeinsam hat. Doch zum Campen ist es weiträumig und ruhig – öko hin oder her.

Parque Nacional La Tigra, Honduras – Fast wie Jurassic Park

Samstag, August 27th, 2011

Zum Eingang des Nationalparks ist es ein knapper Kilometer, doch den hätten wir mit dem Unimog nicht geschafft. Hier sind einfach zu viele Bäume im Weg. Rodungsarbeiten hätten uns bei der Parkverwaltung sicher nicht beliebt gemacht. Die winzige Ausbuchtung neben dem Eingangsweg ist auch nicht ideal zum Campen. Die 10 US$ Eintritt pro Person (können auch in HNL bezahlt werden) mögen dem Erhalt des Parks dienen, sind aber happig in Bezug auf das Gebotene. Am Eingang gibt es eine Orientierungskarte für die wenigen Wanderwege. Die Beschilderung ist lange nicht so gut wie behauptet, auch die Kilometerangaben scheinen nicht immer zu stimmen.

Beliebteste Routen sind die Durchquerung des Parks zum anderen Besucherzentrum und der Weg zu einem Wasserfall. Wir entscheiden uns für letzteren, der an einem schönen Aussichtspunkt beginnt. Zunächst wirkt es wie eine Wanderung durch lichten deutschen Wald, nur mit anderen Pflanzen. Je näher man dem Wasserfall kommt, desto dschungelartiger und morastiger wird es. Seltsame Pflanzen wuchern hier, es ist beinahe wie in Jurassic Park. Bei der Wildbeobachtung haben wir heute kein Glück, doch der dichte dunkle Nebelwald und der nicht üppige, aber 40 m hohe Wasserfall sind hübsch.

Am Abend dürfen wir Cabaña-Jörgs selbstgemachte Fruchtweine probieren (die und leckere Marmelade verkauft er auch zu guten Preisen) und ihren Geschichten aus 13 Jahren Honduras lauschen. So hält er die Regenzeit (die in diesem Jahr eher trocken und heiß ausfiele) für die schönste Zeit, Zentralamerika zu bereisen. Während der Trockenperiode gebe es so viele Waldbrände, dass die Sicht getrübt würde – abgesehen vom Gestank.

Die größten Fahrzeuge, die je den Weg zu ihnen bzw. zum Nationalpark gefunden haben, seien ein Pick-up Camper mit Anhänger und ein kleiner Sandkipper gewesen, der allerdings auf dem Weg nach unten ohne Last dann doch Probleme mit der Höhe hatte. Damals sei aber die Straße noch besser gewesen. Ein größeres Wohnmobil habe es einmal probiert, aber nicht geschafft. Seitdem kommen höchstens zum Camper umgebaute Land Rover oder ähnliches hoch. Ein Unimog, nein, der sei noch nie hier oben gewesen. Wir können Euch jedoch versichern: Derzeit ist die Durchfahrt für Fahrzeuge bis 2,30 m Breite und 3,45 m Höhe frei geschlagen.

Pulhapanzak / Tegucigalpa / El Rosario, Honduras – Wie man einen Unimog durch den Nebelwald bringt

Freitag, August 26th, 2011

Pulhapanzak soll der schönste Wasserfall Honduras’ sein mit seinen 42 m Fallhöhe. Und tatsächlich, es sind wirklich schöne Kaskaden des Rio Lindo, die man auf kleinen Spaziergängen von verschiedenen Aussichtspunkten aus bewundern kann. Baden ist hier besser in der Trockenzeit. Pulhapanzak ist nicht weit vom Lago de Yojoa entfernt und kostet 50 Lempira Eintritt pro Person. Auf dem schattigen Parkplatz dürfte man für zusätzliche 50 HNL pP Campen (Cataratas de Pulhapanzak, N 15°01’29.8’’ W 88°00’05.2’’). Die CA 5 nach Süden befindet sich derzeit in Ausbau, um die Serpentinen zu entschärfen, und ist teils schon in gutem Zustand. In Siguatepeque lohnt ein Zwischenstopp am Restaurant und Hotel Granja D’Elia direkt am Highway. Der angegliederte Supermarkt verkauft Produkte aus eigener Herstellung (Brot, Gemüse, Obst) und (teure) importierte Leckereien. Im Restaurant soll man gut italienisch essen können. Der Parkplatz wäre groß genug zum Campen, aber uns ist es direkt an der Straße zu laut. Stattdessen fahren wir durch bis Tegucigalpa, der Landeshauptstadt. Allzu viel sehen wir von der 1-Millionen-Metropole nicht, da wir sie auf Hauptstraßen durchqueren.

Die meisten Reisenden kommen irgendwann zu dem Schluss, die mittelamerikanischen Staaten zügig zu bereisen, da es hier kaum etwas gibt, das man nicht woanders schon so oder ähnlich gesehen hätte. Vermutlich ist das richtig. Außerdem ist es jeden Abend eine Herausforderung, einen Übernachtungsplatz zu finden. Wir nahmen uns trotzdem vor, jedem Land eine Chance zu geben. Heute ist ein Nationalpark dran. Honduras besitzt recht viele davon, doch die meisten ähneln sich, da sie die verbliebenen Reststücke Nebelwalds schützen, und sie besitzen keinerlei Infrastruktur. Wir suchen uns den vermeintlich zugänglichsten, Parque Nacional La Tigra bei Tegucigalpa aus und fahren über Valle de Angeles nach El Rosario. Im Dorf wird es langsam eng, doch solange der Bus noch vor uns fährt, kann nichts passieren. Der bleibt dummerweise am Dorfplatz stehen. Wo geht’s weiter?

Ein sehr europäisch aussehender Pick-up Fahrer weist mir den Weg und fragt anschließend auf Deutsch: „Ist das Euer Auto?“ Ist es. Er bietet an, ihm hinterherzufahren, er wohne dort oben. „Ihr seid doch nicht etwas Jörg und Monika mit den Cabañas Mirador El Rosario aus meinem Reiseführer?“ Sind sie. Welch ein Zufall. „Wir suchen eine Möglichkeit zum Campen“, bemerke ich. Cabaña-Jörg bietet großzügig an, bei ihm vor der Tür zu campen. Genial. Da er sich anscheinend um seine Gäste kümmern muss, die er vom Bus abgeholt hat, lasse ich die sonst üblichen Fragen unter den Tisch fallen: Können wir diese Straße mit DIESEM Fahrzeug benutzen, mit DIESER Breite und vor allem DIESER Höhe? Ein Fehler. Cabaña-Jörg hat ja unseren Unimog gesehen. Dachten wir.

Ein extrem schmaler Schotterweg in sehr schlechtem Zustand führt über steile Serpentinen den Berg hoch. Der Pfad ist definitiv nicht für Unimoggröße gedacht, aber dank des sensationell kleinen Wendekreises kommen wir ganz gut hoch. Ausweichstellen gibt es fast keine und zum Glück keinen Gegenverkehr. Nach einer knappen halben Stunde sind wir oben. Cabaña-Jörg haben wir mittlerweile aus den Augen verloren, doch eine alte Frau zeigt uns die Richtung, in die das weiße Auto entschwunden ist. Es seien nur noch zwei Minuten. Aus zwei Minuten wird eine ganze Stunde für wenige hundert Meter. Im Nebelwald gibt es Bäume, und die hängen tief. Zu tief.

Ich versuche Jörg – meinen Mann – zwischen einer Mauer und einem kräftigen Ast durchzulotsen – ohne Erfolg. Rollentausch: Jörg versucht mich durch die gleiche Stelle zu bugsieren, geht auch nicht. Inzwischen taucht Cabaña-Jörg immer mal auf, ohne die Situation ändern zu können. Der unglückliche Ast lässt sich auch von unten nicht hochstemmen. Schließlich klettert Jörg-Ehemann aufs Kabinendach, liftet den Ast hoch und kriecht übers Dach, während ich langsam weiterfahre. Jetzt die Kupplung schnipsen lassen…lieber nicht. Das hat erst mal geklappt, doch das war nur die erste Hürde. Mittlerweile taucht Cabaña-Jörg mit einer Machete auf, die er uns vorübergehend überlässt. Und so hackt uns Jörg-Ehemann auf dem Dach hockend den Weg frei, entlaubt, entastet und entwaldet, während ich den Unimog durch den Busch manövriere. Halbe Baumkronen landen auf der Motorhaube und versperren mir die Sicht. Nach einer Stunde sind wir durch den grünen Tunnel vor der Haustür angelangt und sind beide fix und fertig.
Campen vor der Haustür bei Monika und Jörg in den Bergen, Cabaña Mirador El Rosario, N 14°13’13.1’’ W 87°04’46.0’’

Lago de Yojoa, Honduras – Von Glücksspielern, dem Lempira, Schlaglöchern und Polizisten

Donnerstag, August 25th, 2011

Über Gracias Lempira gibt es vor allem zwei Dinge zu berichten: In der Kolonialzeit spielten die Herrschaften gerne Würfel um hohe Summen. Gracias’ Bürgermeistersgattin spielte falsch und betrog einen armen Kirchendiener um sein Geld. Als dieser das merkte, ohrfeigte der die Dame so stark, dass die in Ohnmacht fiel. Wieder erwacht, hetzte sie die Umstehenden auf den Mann, der bei der Statue der heiligen Jungfrau in der Kirche Schutz suchte. Das half ihm nichts, er wurde vom Mob an Ort und Stelle gesteinigt. Eines der Geschosse verwundete die Stirn der Jungfrau. Der Schaden widersetzte sich später mehreren Reparaturversuchen selbst in Spanien. Die erzürnten Priester hielten am Tag nach dem Lynchmord eine Messe und verfluchten die Bewohner. Anschließend streuten sie Salz auf die Straßen und verließen die Stadt, die daraufhin für Jahrhunderte nicht mehr auf die Füße kam. Selbst das Erdbeben von 1915, bei dem Teile von Gracias zerstört wurden, geht auf den Fluch zurück, so sagt man. Erst seitdem ein Missionar den Fluch aufhob, gehe es mit der Stadt wieder voran.

Die andere interessante Begebenheit bezieht sich auf Lempira. Das ist so etwas wie der guatemaltekische Quetzal. Lempira ist nicht nur Name einer Stadt, sondern der Landeswährung; er ist historische Persönlichkeit und nationales Identifikationssymbol. Lempira ist die Geschichte vom armen, einfachen Bauernjungen, der die Weltmacht Spanien zwei Jahre lang auf- und in Atem hielt. Der junge Widerstandskämpfer kontrollierte 30.000 Rebellen und ein Gebiet von 500 km2. Erst 1539 konnte Lempira nach vielen gewonnenen Schlachten in einem Hinterhalt von den Spaniern getötet werden.

Meine Reiseliteratur behauptet, die Straßen in Honduras sind gut, Schlaglöcher gibt es selten und Polizeikontrollen nur vereinzelt. Sagen wir es mal so: Die Anzahl der Schlaglöcher übertrifft bei weitem die der Einwohner des Landes (immerhin 8 Mio.). Etliche davon sind so tief, dass man problemlos eine Fischzucht darin eröffnen könnte. Auch die Anzahl der Polizeikontrollen übersteigt unsere Erwartung, doch meist winkt man uns durch. Wenn dann einmal doch nicht, bewährt sich meine Strategie: zulabern. Schlag sie mit ihren eigenen Waffen! Genauso wie ich aus einem minutenlangen Vortrag auf eine einfache Frage hin („Wie komme ich nach…“) die eine, für mich interessante Information herausfiltern muss, schütte ich die Beamten mit wichtigen und unwichtigen Information zu. Als wäre ich begeistert, mein bruchstückhaftes Spanisch anwenden zu können, erzähle ich nicht nur, wo wir gerade herkommen, was die Polizisten wissen wollten, sondern auch, dass wir aus Deutschland sind, was wir bereits im Land gesehen haben, wo wir jetzt hinfahren und was wir künftig besichtigen wollen. Dabei zähle ich sämtliche Städte und Sehenswürdigkeiten auf, die mir gerade einfallen, was nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen muss. Vielleicht füge ich noch hinzu, wie schön das Land und wie freundlich die Menschen sind, das zwingt den stärksten Officer in die Knie. Dabei ist darauf zu achten, die Sonnenbrille abzusetzen, damit blaue Augen ausreichend zur Geltung kommen. Doch an dem Punkt hat der Beamte längst resigniert und lässt uns weiterfahren.

12 km vor La Esperanza enden die Schlaglöcher, weil die Straße aufhört und in eine raue getrocknete Schlammpiste übergeht. Doch solange der Tieflader noch hinter uns fährt (die Strecke wäre ein fristloser Kündigungsgrund für jeden europäischen Trucker) und uns „Schulbusse“ oder die in El Salvador und Honduras geläufigeren Busse im Coaster-Format (ca. 25 Sitze) entgegenkommen, müssen wir uns keine Gedanken machen. Die CA 5 ist zur Abwechslung eine gute Straße. Schnell erreichen wir den Lago de Yojoa, den größten Binnensee des Landes, der zwar nicht riesig, aber hübsch ist und gut zum Vogelbeobachten. Wir entscheiden uns für die Honduyate Marina, wo wir für 100 HNL direkt am See Campen können (N 14°51’29,5’’ W 87°57’16,9’’)

Gracias Lempira, Honduras – Willkommen in der Bananenrepublik

Mittwoch, August 24th, 2011

Morgens ist das Wetter zuverlässig schön, und so können wir tatsächlich in die Täler und auf die Vulkane El Salvadors und bis nach Guatemala schauen. Die Abfahrt vom Berg El Pital ist gigantisch: Auf 9,4 km fährt man 1214 Höhenmeter tiefer. Das ergibt ein Gefälle von 13 % – im Durchschnitt, wohlgemerkt. Nur ein paar Kilometer nördlich auf der CA 4 befindet sich der Grenzübergang El Poy nach Honduras. In El Salvador geht alles so schnell und kostenlos, dass es und fast Leid tut, das Land zu verlassen. Selbst der Geldwechsler bietet einen hervorragenden Umtauschkurs US$ zu Lempira an, handeln ist da natürlich nicht mehr drin.

Haben uns die Salvadorianer mit ihrer Effizienz und Professionalität im ganzen Land höchst erstaunt, erfüllt Honduras fast alle unsere Erwartungen in Bezug auf einen zentralamerikanischen Grenzübergang. Fast, muss man fairerweise sagen. Auch hier treten keine Tramitadores, Grenzhelfer, in Erscheinung, für deren Aufdringlichkeit Honduras sonst besonders berüchtigt ist. Die Grenze El Poy wird zwar von Lkw rege genutzt, aber lukrative Touristen gibt es vermutlich zu wenige abseits der Panamericana. Auch die Passabfertigung geht schnell. Wir füllen ein Einreiseformular aus, das im Pass verbleibt, und bezahlen 3 US$ pro Person, dann geht es zur Aduana, wo die Fahrzeugpapiere ausgestellt werden. Hier füllen die Beamten sämtliche Formulare selbst aus. Was entgegen meiner Erwartungen nicht zur Beschleunigung des Vorgangs führt. Im Gegenteil. Vielleicht haben wir auch Pech und nicht die hellste Beamtin im Kader erwischt. Mehrere dutzend Male legt sie die Papiere von einer Seite auf die andere und wieder zurück. Dabei wirft sie etwa 50 % davon auf den Boden, hebt alles wieder auf und lässt es erneut fallen. Dabei geht das Einreisepapier aus dem Pass fast verloren. Schließlich trifft sie eine mutige Entscheidung und tackert das Zettelchen an ein Blatt im Pass fest.

Mein Reiseführer behauptet, dass honduranische Absolventen der mindestens sechs Schuljahre Lesen, Schreiben und das kleine Einmaleins beherrschen. Nach zehn Jahren Ausbildung könnten die Schüler ein paar Worte Englisch und sich mit einem normal gebildeten Erwachsenen unterhalten. Ich gestehe der Zöllnerin zu, dass sie die erste Hürde vermutlich genommen hat. Obwohl das mit dem Lesen so eine Sache ist. Trotzdem ihr das salvadorianische Papier in Spanisch vorliegt, hat sie Probleme, die richtigen Zeilen zu finden. Leider möchte sie sich nicht helfen lassen. Zwischendurch muss sie sich zur Stärkung und Erhaltung ihrer Figur ein paar Süßigkeiten hineinstopfen. Als dann alles in den Computer übertragen werden muss, wird es noch putziger: Das Land Deutschland ist nicht auffindbar und unseren Fahrzeugtyp gibt es auch nicht.

Kaum sind die umfassenden Probleme gemeinschaftlich gelöst, hat die Bank auch schon zur Mittagspause geschlossen, wo wir die Gebühren bezahlen müssen. Auf eineinhalb Stunden Wartezeit kommt es ja nicht an. Außerdem befindet sich die Bank auf der linken und nicht auf der rechten Seite, wie die Dame behauptet hat, aber wir wollen nicht kleinlich sein. Rechts, links, was macht das schon! Wenigstens bekomme ich noch heraus, dass die Behörde von sämtlichen Dokumenten und Stempeln jeweils drei (!) Kopien benötigt und lasse mir alle Papiere aushändigen, um das schon mal zu erledigen. Nachdem ich auf der Bank 635 Lempira (nur bar, nur in Landeswährung, 100 Lempira / HNL entsprechen derzeit ca. 4 €) gezahlt habe, übernimmt eine andere Beamtin und der Rest ist schnell erledigt. Nach dreieinhalb Stunden will der Zöllner an der Schranke noch einen Blick in die Kabine werfen, verzichtet aber hineinzugehen.

Dann sind wir wieder unterwegs auf den fürs mittelamerikanische Hochland so typischen Berg- und Talstraßen. Auch die Bettler sind wieder da, das hatten wir seit Mexiko nicht mehr, in Guatemala nur vereinzelt. Besonders Kinder spannen gerne Schnüre über die Straße, um Autos zum Anhalten zu bringen. Laut hupen und weiterfahren hilft in jedem Fall. Eine Verkehrskontrolle stoppt uns dann doch, doch dank Touristenbonus dürfen wir einfach weiterfahren. In der Stadt Gracias Lempira suchen wir uns ein Schwimmbad mit angegliedertem kleinen Hotel. Nach kurzer Überlegung genehmigt uns die Chefin das Campen. Ob und wie viel wir bezahlen, überlässt sie uns. Wir halten 100 Lempira für angemessen. (Balneario Villas de Ada, an der Umgehungsstraße, beschildert)

El Pitál, El Salvador – Berg ohne Aussicht und noch mehr Hilfsbereitschaft

Montag, August 22nd, 2011

Suchitoto liegt am Lago de Suchitlán, auch bekannt als Embalse de Cerrón Grande, dem größten See des Landes. Obwohl die Stadt bis in die beginnenden 90er Jahre hinein wegen des Bürgerkriegs fast völlig verlassen war, hat sie sich inzwischen zur Kulturhauptstadt und Lieblingsziel der Touristen gemausert. Suchitoto war im 16. Jahrhundert für 15 Jahre vorübergehend Hauptstadt, als San Salvador Angriffe ortsansässiger Indianerstämme hinnehmen musste. Der See ist eingebettet in eine liebliche grüne Landschaft mit Inseln, Bergen und Vulkanen. In einer neuen Hafenanlage (1 $ Parken, 0,50 $ pP) mit Restaurants, Schwimmbad und Kunstgewerbeläden kann man Bootsausflüge auf dem See buchen. Wir halten die Preise (ab 20 $ für 30 min) für völlig überzogen. Campen könnte man hier auch, doch der Parkplatz ist fürchterlich schief und das nivellieren schwierig (Puerto Turistico San Juan, N 13°56’45.6’’ W 89°00’58.9’’).

Und auch hier wieder: Polizisten, die ich nach dem Weg frage, begrüßen mich mit Handschlag, genau wie ein Regierungsbeamter. Die Abkürzung nach Aguilares ist gut befahrbar, erfahren wir, und so entfliehen wir der Hitze auf 250 m üNN in die Berge. In San Ignacio kurz vor der honduranischen Grenze im Norden erkundigen wir uns vorsichtshalber noch einmal über El Pital, mit 2730 m höchster Berg des Landes. Die Beschilderung ist zwar in El Salvador weit besser als in Guatemala, wenn auch nicht immer vollständig. Der befragte Pick-up Fahrer bejaht alles: Die Straße führe auf den Berg, wir könnten mit Arminius hochfahren und Campen sei möglich in Miramundo. Zwei Minuten später ist derselbe rote Pick-up plötzlich vor uns – er muss wohl eine Abkürzung genommen haben – und weist uns den Weg. Da wir im Laufe der Strecke auf einen Waldweg in die Berge einbiegen, diskutieren wir natürlich: Sind wir sicher? Wohin lockt uns der Mann? Ich halte ihn für vertrauenswürdig, lege aber vorsichtshalber mein handliches Hackebeilchen bereit.

Nach 13 km taucht das Hotel Miramundo auf, dessen Einfahrtshöhe nicht ausreichen würde, doch wenig weiter gibt es besagten Campingplatz. Der Fahrer verabschiedet sich artig, er wollte gerne helfen. Was ist nur mit den Salvadorianern los? Kann man das noch überbieten? Das Camping ist zwar nur ein Hangzeltplatz, doch gegenüber liegt ein ebenes Parkareal, was beides zum Hotel Ventana del Cielo gehört. Für 5 $ die Nacht können wir hier stehen, Wasser und Strom könnte man auch organisieren. Ein zweiter Zeltplatz ein Stück zurückverlegt hat ebenfall begrenzte Einfahrthöhe. (N 14°20’30.2’’ W 89°06’54.0’’)

Von hier oben auf 2250 m Höhe soll man den besten Blick des Landes haben: Man soll nicht nur fast ganz El Salvador überblicken können, sondern bis nach Guatemala und zu den Vulkanen Pacaya und Agua schauen können. Davon kann im Moment keine Rede sein, nachmittags ziehen stets Wolken und Gewitter auf, doch am Morgen ist das Wetter meist klar.

San Salvador + Suchitoto, El Salvador – Danke Deutsche Schule

Sonntag, August 21st, 2011

Freundliche, lustige, hilfsbereite Menschen allerorten: An der Tankstelle stehen drei Menschen um mich herum und geben mir drei verschiedene Anweisungen, wie die kleine Straße, die auf den Vulkan San Salvador hochführt, zu finden ist. Geduldig lächelnd befrage ich sie der Reihe nach immer wieder, um den gemeinsamen Nenner oder die wahrscheinlichste Variante zu finden. Ein junger Mann spricht Deutsch, da er die Deutsche Schule besucht, wie er erzählt. Er bietet sich an, mit seinem Vater vorauszufahren und uns den Weg zu zeigen, was wir gerne annehmen.

Der Eintritt in den Park kostet 1 $ pro Person und Fahrzeug. Der Parkplatz ist fürchterlich klein und eng, aber wir werden hineinbugsiert. Ein Rundweg am Kraterrand auf 1839 m Höhe führt zu mehreren Aussichtspunkten mit Einblick in den gigantischen Krater: 1,5 km im Durchmesser und 543 m tief, mit einem weiteren kleinen Krater in der Mitte. Man kann in El Boquerón, wie er genannt wird, hinabsteigen, doch das Abseilen scheint mehr ein Fall für Spezialisten zu sein. Übernachten darf man hier nicht, und wegen der vielen Wolken haben wir keine Aussicht auf die Hauptstadt San Salvador.

Mit fast drei Millionen Einwohnern mit Metrobereich hat sie besonders viele Elendsviertel. Wir fahren schnell weiter auf die Ostseite, wo der größte und tiefste Kratersee El Salvadors liegt. Der Lago de Ilopango ist zum größten Teil verbaut, doch im Turicentro Apulo hat man Zutritt – für 1 $ pro Person und Auto, versteht sich. Turicentros scheinen Schwimmbäder gemein zu haben, Campen könnte man hier auch. Doch das heftig hereinbrechende Gewitter vermiest uns auch hier die Aussicht, und somit steuern wir ein anderes Ziel an. El Salvador ist so klein, das man problemlos an einem Tag verschiedene Attraktionen anfahren kann.

Kurz vor Suchitoto entdecken wir ein Schild zum Turicentro Las Americas, dem wir freudig folgen. Wie erwartet finden wir ein Schwimmbad vor. Die Anlage ist in privater Hand und heruntergekommen. Campen dürfen wir natürlich, für insgesamt 15 $ die Nacht. Den Phantasiepreis handle ich auf 6 $ herunter, auch wenn dazu erst mehrere der sieben Besitzer konsultiert werden müssen. Benutzung des Schwimmbads ist inkludiert, doch ist die Brühe recht trüb. (Turicentro Las Americas, Suchitoto, N 13°52’20.7’’ W 89°02’14.6’’)

Colón, El Salvador – Schwimmbad statt Pazifik

Samstag, August 20th, 2011

Entlang des attraktiven Kratersees Lago de Coatépeque geht es kurz auf die Panamericana, dann weiter auf dem gut ausgebauten, größtenteils asphaltierten Straßennetz nach La Libertad an der Pazifikküste. Ein wenig Strand soll es heute zur Abwechslung sein. Da La Libertad weder in Sicherheitsfragen noch anderweitig als besonders vorbildlich gilt, schwingen wir uns Richtung Westen nach El Zonte, einem bekannten Surferstrand, wo Baden aufgrund der hohen Wellen vermutlich nicht möglich wäre. Die Bäume an der Strandzufahrt hängen sowieso zu tief, und so fahren wir weiter bis Los Cobanos, wo wir wissen, dass der Strand aufgrund vorgelagerter Steine geschützt ist. Im Ort gibt es so gar keine Möglichkeit zum Campen. Doch der intelligenteste der Schlepper, die uns abfangen, bietet uns den Parkplatz vor „seinem“ Restaurant mit Strandzugang an. Wir essen erst mal in Zentralamerika typisches Grillhähnchen mit einem halben Zentimeter dicken Tortillas (das ist neu und speziell salvadorianisch, sonst sind die Dinger pappdünn), finden aber weder den dunklen Strand, das vom Regen braune Wasser, noch den windarmen Parkplatz zwischen Mauern sehr einnehmend.

Wir fahren zurück und versuchen es östlich von La Libertad an der Costa del Sol. Vielleicht erwischen wir den falschen Strand, doch hier sieht alles aus, als ob es nicht nur bessere, sondern viel bessere Tage gesehen hätte. Fast alle vergammelten, verlassenen, zum Verkauf stehenden Grundstücke besitzen mehrere Swimmingpools, die völlig zugewuchert sind. Eine Übernachtungsmöglichkeit gibt es hier nicht für uns. Die späte Stunde ermuntert nicht zu weiteren Experimenten. Bei Colón in der Nähe San Salvadors gibt es ein staatliches Freizeitbad. Ein salvadorianisches Paar hatte uns unterwegs darauf hingewiesen. Wir hoffen, dort für die Nacht unterzukommen.

Pünktlich um 18 Uhr stehen wir vor lange verschlossenen Toren. Mangels Alternative schreien und hupen wir so lange, bis wir die gewünschte Aufmerksamkeit besitzen. Der Angestellte kann über unser Begehren nicht entscheiden, das ist ein Fall für El Jefe. Da kommt er schon, in Handtuch und Badkleidung. Als wäre nichts normaler lässt er das Tor wieder aufschließen, entschuldigt sich, dass er 10 $ Eintritt für uns beide und das Auto nehmen muss (ich verzichte auf Diskussionen, ich bin froh dass wir rein dürfen) und keine Uniform anhat. Er bietet und sofortige Schwimmbadbenutzung an. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen, und schon befinden wir uns im großen erfrischenden Pool, in dem man richtig schwimmen kann, und lassen uns unter dem künstlichen Wasserfall massieren. Sogar das Licht wird extra für uns eingeschaltet, da es schon dunkelt. Dass das Gelände 24 Stunden von (echten) Soldaten bewacht ist, wird uns mehrfach versichert, aber das saubere kühlende Nass ist uns jetzt wichtiger.

(Turicentro Los Chorros, Colón, N 13° 41’45.7’’ W 89°19’18.0’’)

Cerro Verde, El Salvador – Zwei Vulkane und 1300 Stufen

Freitag, August 19th, 2011

In El Salvador spricht man spanisch (obwohl erstaunlich viele Menschen englisch verstehen), die Landeswährung ist der US$. Der Colón gilt zwar weiter, ist aber nicht mehr im Umlauf. Die Parkverwaltung des Cerro Verde Vulkans will 10 $ Eintritt inkl. Parken für uns zwei für je 24 Stunden. Grundregel für Zentralamerika, die besonders in El Salvador gilt: handeln! Selbst im Nationalpark. Wir bleiben einen Tag und zwei Nächte für 15 statt 20 $. Allzu viel kann man alleine hier nicht unternehmen. Man kann in wenigen Minuten zum alten Hotel gehen, das bei einem Erdbeben 2001 eingestürzt ist. In der noch heilen ehemaligen Cocktaillounge werden heute Kunstgewebe und Süßigkeiten verkauft. Die schöne Aussichtsterrasse zum Vulkan Izalco steht auch noch. Ein etwa 45minütiger Ausflug auf dem Naturlehrpfad zum Gipfel des Cerro Verde und durch das Orchidarium muss von einem Ranger geführt werden – Parkregeln.

Die Wanderungen zu den anderen beiden Vulkanen, dem Izalco und dem Santa Ana werden von Rangern und bewaffneter Polizei begleitet. Sie starten jeweils um 11 Uhr und dauern vier bis viereinhalb Stunden inkl. Pause auf dem Gipfel. Man bezahlt pro Person 1 $ für den Guide, für den Santa Ana kommen noch weitere 7 $ Eintritt auf anderes Parkgelände hinzu. Dieser Vulkan hatte 2005 seinen Kegel abgesprengt, nach 100 Jahren Ruhe Asche und Steine in die Luft gespuckt und zwei Menschen getötet, doch er ist wieder freigegeben. Trotzdem finden die Wanderungen nicht immer statt. Eine lärmende Schulgruppe aus 39 Teenagern, Lehrern, zwei Japanern und zwei Kanadiern will auf den Izalco, und so besteht für uns sowieso keine Wahl.

Der Izalco ist nicht ganz einfach zu besteigen und gehört mit 8 km Wegstrecke in die Kategorie „anstrengend“. Zunächst steigt man 1300 Stufen durch dichten Wald vom Cerro Verde (2030 m) zu einem Sattel hinab, um dann den 1910 m hohen Izalco zu erklimmen. Der Weg besteht teils aus scharfkantigen Steinen, teils aus loser Vulkanasche. Während des Aufstiegs wird es immer heißer. Nicht nur weil die Sonne auf den vegetationslosen Berg brennt. Die Steine sind heiß, aus vielen Löchern dampft es. Oben angekommen kann man in den nicht allzu tiefen Krater hinabsteigen. Die Sicht ist mit den vielen Wolken heute nicht gut, nur einen kurzen Blick erhaschen wir auf den Cerro Verde und den Santa Ana mit seinem Kratersee, der nicht zugänglich ist. Beim Abstieg benutzt man Rinnsale feinen Lavasands, die einen halb laufen, halb rutschend zügig nach unten bringen. Dann warten „nur“ noch 1300 Stufen bergauf.

Cerro Verde, El Salvador – Grenzübertritt nach El Salvador

Donnerstag, August 18th, 2011

El Salvador ruft uns. Das kleinste Land Mittelamerikas (so groß wie Hessen) wartet mit weiteren Superlativen auf: Es ist gleichzeitig am dichtesten besiedelt (mit 7,3 Mio. hat es 1,3 Mio. mehr als Hessen), es gilt als eines der ärmsten  mit einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt (täglich werden 12 Menschen umgebracht). Die indigene Bevölkerung wurde besonders im 20. Jahrhundert (!) strategisch bis auf etwa 1 % ausgerottet (mehr trauen sich nicht zuzugeben, indigen zu sein), ab den 80er Jahren wütete ein 12jähriger grausamer Bürgerkrieg, dessen Rebellen heute arbeitslos und immer noch bereit sind, eine der eine Million illegal kursierenden Waffen einzusetzen. Was will man in einem solchen Land? Ist es wirklich so furchtbar? Wir werden es berichten.

Die letzten Tage brachten wir noch einmal bei Beatriz und Bill zu, um unsere Website auf den neuesten Stand zu bringen und Wasser aufzutanken. Heute Morgen fahren wir zum Grenzübergang Valle Nuevo – Las Chinamas an der CA 8. Auf guatemaltekischer Seite brüllen erstmals selbsternannte Grenzhelfer, die sich anbieten, gegen Gebühr die Formalitäten zu erledigen. Was angesichts der simplen Ausreiseprozedur lächerlich wirkt: Fahrzeug austragen lassen, Stempel in den Pass, und Kosten entstehen auch keine. Nach der Flussbrücke auf salvadorianischer Seite gibt es keine Helfer. Auch so benötigen wir nur eine Stunde, um alles hinter uns zu bringen. Und das auch nur, weil ich so lange brauche, das Formular mit den nicht geläufigen technischen Ausdrücken in Spanisch auszufüllen. Die Angaben auf dem Formular werden oberflächlich überprüft, z.B. die Fahrgestellnummer, und ein Blick in die Kabine stellt sicher, dass es sich tatsächlich um ein Wohnmobil handelt. Für den Inhalt unserer Kabine interessiert sich wiederum niemand, auch die im Reiseführer angekündigte Drogenkontrolle findet nicht statt. Wir werden zur Aduana geschickt, wo wir die Fahrzeugimportpapiere bestätigt bekommen und zur Migracion, wo unser Pass registriert wird. Einen Stempel gibt es nicht, es zählt der Ausreisestempel Guatemalas. Die Aufenthaltsgenehmigung gilt für 90 Tage, die fürs Fahrzeug nur 60 Tage und darf keinesfalls überschritten werden, worauf wir mehrfach hingewiesen werden. Das Ganze kostet keine Centavo – der erste kostenlose Grenzübertritt!

Waren die Guatemalteken schon freundlich, überschlagen sich die Salvadorianer fast. Nicht nur an der Grenze werden wir mit Handschlag begrüßt, auch von wildfremden Menschen, denen wir auf der Straße eine Frage stellen. Es ist fast so, als müsse man jeden wertvollen Touristen einzeln begrüßen.

Im Cerro Verde Nationalpark kommen wir eine Viertelstunde zu spät an. Die Parkverwaltung ist bereits um 17 Uhr gegangen, doch die Schranken sind noch offen, da noch Gäste da sind. Es dauert nicht lang, da sind wir umringt von Polizei, die den Park bewacht. Wie in Zentralamerika oft üblich sind sie schwer bewaffnet und tragen soldatenartige Uniformen mit Springerstiefeln. Erst wollen sie uns nicht hier campen lassen, es wäre keine Verwaltung und kein Vorgesetzter mehr da, den sie fragen könnten. Weiter unten an der Zufahrtstraße gebe es einen Campingplatz. Doch nachdem wir zu bedenken geben (Hundeblick vorausgesetzt), dass der Weg dahin möglicherweise zu schmal für unser Fahrzeug ist und einer der umstehenden um Hilfe gebetenen Besucher mit einem anderen Polizeioffizier telefoniert hat, dürfen wir plötzlich bleiben. Hier oben auf dem Vulkan Cerro Verde in 2000 m Höhe ist es im Gegensatz zu weiten Teilen El Salvadors kühl, neblig und regnerisch, aber wenn sich die Wolken kurz verziehen, sind die Aussichten auf die anderen Vulkane und einen See fantastisch. An guten Tagen soll man sogar bis zum Pazifischen Ozean sehen können.

Nationalpark Cerro Verde: N 13°49’36.5’’ W 89°37’27.5’’

Quiriguá, Guatemala – Stelen zwischen Bananen

Samstag, August 13th, 2011

Quiriguá ist eine weitere berühmte Mayastätte. Nicht so sehr wegen ihrer wenigen, kaum freigelegten Gebäude, sondern vielmehr wegen der höchsten Steinstelen dieses Kulturkreises, die kunstvoll gebildhauert wurden – und das ohne Einsatz von Metallwerkzeug. Denn die Maya kannten weder Metalle noch das Rad.

Gestern Nachmittag starteten wir von Tikal aus über die mittlerweile sehr gut ausgebaute CA 13 in die Nähe der Karibikküste. Am Rio Dulce gibt es dank einer Brücke keine Wartezeiten. Der Fluss ergießt sich in den schmalen Itzabal-See, der wiederum bei Livingston ins Karibische Meer mündet. Da wir gut vorankamen, fuhren wir durch bis Quiriguá an der CA 9. Obwohl die Tore zur Ruinenstadt eine Stunde nach Ende der Öffnungszeit bereits geschlossen waren, sind die Wachmänner stets da. Unser Wunsch, die Ausgrabung am nächsten Morgen zu besuchen und die Nacht auf dem gesicherten Gelände zu campen, schien nur zu verständlich. Schon öffneten sich die Tore für uns, bezahlen mussten wir nichts. Im Gegenteil: Die Männer boten uns sogar an, ihre Dusche und Toilette mitzubenutzen. Nach Besichtigung derselben verzichteten wir zwar, eine nette Geste war es trotzdem. (N 15°16’25,6’’ W 89°02’31,9’’)

Für 80 Quetzal Touristentarif schauen wir uns heute die Stelen an. Die rechteckigen Steinmonumente zeigen auf zwei gegenüberliegenden Seiten den jeweiligen Herrscher, auf den anderen beiden Seiten finden sich die Datumseinträge des Mayakalenders, anhand derer das Jahr der Fertigstellung eindeutig abgelesen werden kann. Hieroglyphentexte erzählen von der Beziehung des Herrschers zu den Göttern und von wichtigen historischen Ereignissen. So zum Beispiel wie Herrscher Donnerhimmel im Jahr 738 Achtzehn Kaninchen, den Herrscher Copáns im heutigen Honduras, gefangen nahm und am nächsten Tag opferte. Eine Stele in Copán dagegen berichtet, wie Achtzehn Kaninchen heroisch im Kampf gegen Donnerhimmel fiel. Die Wahrheit bleibt im Nebel der Geschichte verborgen. Die größte Stele ist über zehn Meter hoch und wiegt 65 Tonnen. In späteren Jahren setzte man stattdessen Zoomorphe. Das sind drei bis vier Meter lange liegende Steinquader, die in die Gestalt von mythischen Tieren gebracht wurden (z.B. eine Schildkröte) und die ebenfalls mit Symbolen und Schriftzeichen übersät Geschichten erzählen.

Quiriguá befindet sich inmitten eines kleinen Reststücks Regenwald. Weit und breit drum herum fielen sämtliche Bäume und damit auch die meisten Tierarten Plantagen zum Opfer, deren einzige Aufgabe es ist, in Monokulturbauweise unseren Hunger zu stillen: unseren Hunger nach Bananen.

Tikal, Guatemala – Von Affen und Pyramiden

Freitag, August 12th, 2011

Das große mächtige Tikal beeinflusste während seiner langen wechselhaften Geschichte die gesamte Mayawelt. Bauern ließen sich hier bereits 600 v. Chr. nieder, erste Bauwerke datieren von 200 v. Chr. Im Jahr 292 AD errang Tikals Herrscher Große Pranke einen wichtigen militärischen Sieg mit erstmalig eingesetzten Speerwerfern und dominierte für die nächsten 180 Jahre die Region als einzige Großmacht seiner Zeit. In dem Königreich lebten zwischen 300.000 und 500.000 Menschen und pflegten wirtschaftliche Beziehungen bis nach Teotihuacán in Mexiko. Eine Kriegsniederlage ließ den Fortschritt Tikals stagnieren, doch ab 682 erfuhr das Reich eine Renaissance, aus deren intensiver Bautätigkeit die meisten der heute zu bewundernden Gebäude stammen. Der letzte in Stein gemeißelte Datumseintrag stammt von 879. Was zum Niedergang Tikals wie der ganzen Mayawelt führte, liegt nach wie vor im Dunkeln. Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Hinweise auf eine 200jährige Trockenperiode, die möglicherweise die Bewohner der Großstädte zur Abwanderung zwang.

Der Reiz Tikals heute liegt in den beeindruckenden hohen Pyramiden, die den Urwald überragen und von denen manche über Holztreppen bestiegen werden können; in den vielen, teilweise freigelegten großen und kleinen Gebäuden und in der Größe der Anlage. Besonders reizvoll ist, dass die antike Stadt mitten im Tropendschungel liegt, der nicht gerodet wurde. Stattdessen legte man Pfade durch den Regenwald an, die die Gebäudegruppen miteinander verbinden und auf denen man Wildtiere beobachten kann. Tikal gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eingebettet in einen Nationalpark, der die noch intakte Flora und Fauna schützt.

Die eigentümlichsten Pflanzen sind Ceiba-Bäume, die den Maya heilig waren. Charakteristisch für das Hartholz ist sein hoher Stamm, dessen kräftige Äste sich erst ganz oben in der Krone waagrecht abspalten und die Träger für allerlei Orchideen, Bromelien, Moose und Flechten sind. In den Bäumen und an den herunter hängenden Lianen turnen Brüll- und Klammeraffen. Auf dem Boden staksen hellblaue Petén-Truthähne herum, ein Graufuchs saust in die Ruinen. In den Wipfeln zanken sich kleine Papageien und verschiedene Tukanarten mit riesigen Schnäbeln. Über dem Ganzen schweben Königsgeier. Die Mücken decken hier ein interessant breites Größenspektrum ab und finden DEET 30 (das stärkste Repellent) nicht immer allzu abschreckend.

Am frühen Morgen ist die Ruinenstätte am schönsten zu besichtigen. Dann liegt noch Nebel über der Anlage und die Stimmen der zahlreichen Touristen in vielen Sprachen sind noch stumm: Spanisch, auch aus dem Süden des Kontinents, Französisch, Italienisch und reichlich Deutsch. Außerdem ist es am Morgen noch nicht ganz so heiß, denn einige Stunden muss man schon für den Besuch einplanen. Von den hohen Tempeln hat man eine wunderschöne Aussicht über scheinbar endlosen Regenwald und die wenigen die Baumkronen überragenden Bauwerke. Der Besuch der Mayastadt ist absolut lohnenswert, wenn auch mit 150 Quetzal pro Person nicht ganz billig. Auch die Guides lassen sich gut bezahlen, wenn man einen möchte.

Tikal, Guatemala – Nicht nur heile Welt

Donnerstag, August 11th, 2011

Der kurzfristige Entschluss, die Ruinenstätte Tikal zu besuchen, beschert uns einen langen Fahrtag über buckelige Straßen. Doch Guatemala hat selbst dem Betrachter hinter der Windschutzscheibe einiges zu bieten. Viele Bergdörfer haben Markttag, der mangels anderer ebener Flächen auf der Straße stattfindet. Die Fahrbahn verengt sich auf Arminiusbreite. Was bei Gegenverkehr passiert, müssen wir zum Glück nicht herausfinden. Markttage sind Festtage für Hunde. Die meisten Indígenas besitzen Hunde und lieben sie auch, doch ihnen fehlt das Geld, sie zu füttern. So laufen die Hunde frei herum und besorgen sich ihr Fressen selbst, sind aber mitnichten Straßenhunde. Ein besonders dreistes Exemplar schnappt sich einen Brocken Fleisch von einem Markttisch und erntet dafür einen kräftigen Tritt in sein Hinterteil. Das Fleischstück, das sich mittlerweile in den Zähnen des Hundes und im Straßendreck befunden hat, landet wieder auf dem Verkaufstisch.

Immer wieder zeigen sich Hinweise, dass Guatemala trotz aller Freundlichkeit und Fröhlichkeit eben nicht die heile Welt ist, die sich der Tourist erträumt. Die meisten Pkw – mehr noch als in Mexiko – wurden mit verdunkelten Scheiben ausgestattet, inklusive der Frontscheibe. Das macht zwar nächtliches Fahren zum Blindflug, schützt aber eventuell die Insassen vor dem beliebt gewordenen Carjacking, dem Autoraub auf offener Straße. Besonders Einzelfahrer neuerer Modelle werden mit Waffengewalt zum Aussteigen und zur Übergabe des Automobils gezwungen. Auch viele Lkw-Fahrer versuchen sich und ihre Ladung mit dunklen Scheiben zu schützen – das hilft vielleicht auch gegen die Sonne. Wobei fast alle Trucker einen mit einer Pump Gun ausgestatteten Beifahrer dabeihaben, manche lassen sich sogar von einem separaten Fahrzeug mit zwei Schusswaffen tragenden Sicherheitsleuten begleiten.

Im Norden des Landes stehen verhältnismäßig viele Polizei- und Militärkontrollen. Wir als Ausländer aber bleiben völlig unbehelligt, meist winkt man uns einfach zu. Lediglich an der Grenze zum Bezirk El Petén gibt es eine Lebensmittelkontrolle, die bei uns sehr oberflächlich durchgeführt wird. Auf Nachfrage erfahre ich, dass Äpfel, Aprikosen, Pfirsiche und Trauben beschlagnahmt werden. Darauf kann man sich jedoch nicht verlassen, je nach Quarantänevorschriften können auch Eier, Hühner und andere Frucht- und Gemüsesorten betroffen sein.

Überall entlang der Straße sind Mauern oder Felsen bunt bemalt. Im September werden Präsidentschaftswahlen stattfinden. Zur Unterscheidung schmücken sich die Parteien mit charakteristischen Farben, was besonders bei einer Analphabetenrate von rund 30 % sinnvoll ist. Da der Präsident eine einzige vierjährige Amtszeit zur Verfügung hat, entstehen Parteien, finanziert von reichen Kandidaten, für diese eine Wahl und verschwinden dann wieder von der Bildfläche. Geworben wird vor allem auf tausenden von Plakaten mit entschlossenen (Männer) und lächelnden (Frauen) Gesichtern und markigen Sprüchen.Unter dutzenden von Menschen, die gerne den Beruf „Präsident“ in ihren Lebenslauf schreiben würden, sind ein Millionär, der sein Geld angeblich mit Drogen macht, ein Arzt, ein Universitätsdekan und eine geschiedene Präsidentengattin, die ihre Wahlkampfkampagne mit abgezapften Steuergeldern finanzieren soll. Sandra Torres’ Kandidatur jedoch wurde diese Woche in letzter Instanz für verfassungswidrig erklärt, da weder ein Amtsinhaber noch sein Ehegatte (die Scheidung liegt erst drei Monate zurück) für eine weitere Regierungsperiode kandidieren darf, um Machtkonzentration zu vermeiden. Eine politische Karriere oder Vorerfahrung ist nicht zwingend notwendig.

Einer der aussichtsreichsten Kandidaten dürfte Otto Pérez Molina sein. Der Ex-Militärgeneral wird von vielen Guatemalteken (Ladinos) präferiert, obwohl seine Einheiten während des Bürgerkrieges für mehrere Massaker (an Indígenas) verantwortlich zeichnen. Obwohl das Militär nicht besonders beliebt ist, verspricht er die starke Hand, die Ordnung und Sicherheit ins Land bringt und die Todesstrafe wieder mehr anwenden wird. Bei den letzten Wahlen war Otto Pérez seinem Widersacher Alvaro Colom bei der Stichwahl nur knapp unterlegen.

Ebenfalls bei den letzten Wahlen angetreten war die wohl interessanteste Kandidatin. Damals war Rigoberta Menchú Tum mit nur 3 % der Stimmen abgeschlagen auf dem sechsten Platz gelandet. Die Nobelpreisträgerin hatte ein hartes Leben mit grausamen Erfahrungen. Sie wurde 1959 in einem Dorf fernab jeglicher Zivilisation geboren. Noch als Kind musste sie als Erntehelferin auf die Kaffee- und Zuckerrohrplantagen an der Karibikküste wechseln, da die Ernteerträge ihrer Familie als Einkommen nicht ausreichten. Spanisch lernte sie erst während ihrer Zeit als Dienstmädchen in der Hauptstadt. Später trat die Quiché-Indígena der Bauernvereinigung CUC bei, die von ihrem Vater gegründet worden war und die sich gegen den Raub des Agrarlands durch Großgrundbesitzer und Militärs wehrte. In der schlimmsten Phase des Bürgerkriegs zu Beginn der 80er Jahre ging sie in den Untergrund. Nachdem ihre Eltern und ein Bruder vom Militär gefoltert und ermordet worden waren, floh sie nach Mexiko. Ihre dort erschienene Biographie „Leben in Guatemala“ (1983) machte sie weltbekannt. Ihr unermüdlicher Kampf für die Rechte ihres unterdrückten Volks brachte ihr 1992 den Friedensnobelpreis ein. Nach ihrer Rückkehr nach Guatemala setzte sie sich auch weiterhin für Menschenrechte ein und tritt nun zum zweiten Mal zu den Präsidentschaftswahlen an.

Auf dem Weg ins karibische Tiefland verändern sich die Menschen: Hier leben Garífuna, Nachkommen schwarzer afrikanischer Sklaven und Karibikindianer, die weniger als 1 % der Bevölkerung ausmachen. Im Ort Sayaxché gibt es keine Brücke. Wir müssen den Rio de la Pasión mittels Fähre überqueren. Gestern soll eine gesunken sein, eine Überdachung ragt noch aus dem Wasser. Der seitlich von zwei Außenbordmotoren angetriebene Schwimmponton wirkt einigermaßen kenterresistent, auch wenn nur wenige Lkw pro Fahrt mitgenommen werden. Die Wartezeit, bis wir an der Reihe sind, wirft uns im engen Zeitplan zurück. Wir wissen nicht, ob wir in Tikal nach den offiziellen Öffnungszeiten noch aufs Gelände kommen, um zu übernachten. Nachdem wir den Lago de Petén Itzá, einen großen hübschen See, passiert haben, erhalten wir einen weiteren Rückschlag. Als es zu gewittern beginnt, hakt sich unser Scheibenwischergestänge aus. Jörg muss in strömendem Regen Werkzeug holen gehen. Um 17:45 fliegen wir schließlich mit einer Viertelstunde Reserve in Tikal ein. Auf einer Wiese campiert man hier für 50 GTQ pP. Toiletten und kalte Duschen sind vorhanden (N 17°13’29,4’’ W 89°36’40,2’’).

Guatemala – Verspätungen

Donnerstag, August 11th, 2011

Arminius wird auch weiterhin ausführliche Reiseberichte und Fotoreportagen aus allen Ländern und von allen Abenteuern veröffentlichen. Doch möchten wir alle Leser um Verständnis bitten, dass die Veröffentlichungen schubweise und nicht täglich erfolgen. In Mittelamerika gibt es nicht immer Internetverbindung, und das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben.

Lanquin, Guatemala – Naturwunder: Flusstunnel mit Bad und Fledermaushöhle

Mittwoch, August 10th, 2011

Die größten Chancen auf eine Quetzalbeobachtung habe man morgens zwischen 5 und 6 Uhr. Wir stellen den Wecker auf 4:30 Uhr. Doch auch die Frühwanderung ändert nichts an unserer Quetzallosigkeit. Der Vogel bleibt verborgen. Ich öffne meine Geldbörse und siehe da, schon habe ich einen Quetzal.

Über die angenehme Kleinstadt Cobán, früher große Enklave der Deutschen (Führung über Kaffeeplantage Finca Dieseldorff 30 GTQ pP), die sogar einmal einen deutschen Bürgermeister hatte, fahren wir nach Lanquin. Auf den letzten 20 km verwandelt sich die kurvige Bergstraße plötzlich in eine Schotterpiste. Die folgenden zehn Kilometer von Lanquin nach Semuc Champey sind kaum schlechter, nur noch enger. Für die besonders steilen Stücke spendierte man zwei Betonstreifen, die freundlicherweise Lkw-Spurbreite besitzen. Die Hängebrücke mit den etwas morsch wirkenden Holzplanken ist stabiler als auf den ersten Blick erkennbar und absolut Unimog-tauglich.

Semuc Champey ist ein Naturwunder der ganz besonderen Art und eines der schönsten des Landes. Der mächtige Fluss Rio Cahabón zwängt sich mit enormer Geschwindigkeit unter eine natürliche Kalksteinbrücke, aus der er knapp 300 m später wieder hervor schießt. Ein kleiner Nebenfluss ergießt sich zum Teil über die Brücke. Glasklares Wasser fließt in kleinen Wasserfällen über üppig grün bewachsene Felsen in türkisblaue, angenehm temperierte Pools. Ihre Farbe erhalten sie durch Kalziumkarbonat, das aus dem Kalkstein gewaschen wird. Wanderwege führen zum Teil über Holztreppen zum Beginn und Ende des Tunnels, zu den herrlichen Badepools sowie einem Aussichtspunkt oberhalb des Geländes. Der Zutritt kostet 10 Quetzal fürs Auto und 50 pro Tourist. Für je weitere 50 dürfte man campen, doch wir haben noch etwas anderes vor.

Eineinhalb Kilometer vor Lanquin aus Cobán kommend weist ein Schild zu den Grutas de Lanquin. Aus dem angeblich 100 km langen Höhlensystem schießt ein Fluss, der später in den Rio Cahabón mündet. Über einen Zugang kann man baden. Ein paar hundert Meter der Höhle können besichtigt werden. Die hohen Steinstufen sind überzogen mit einem schmierseifenartigen Belag und können ansatzweise als gefährlich bezeichnet werden. Sicher gibt es interessantere Höhlen und besser hergerichtete. Die wenigen Glühbirnen zum Beispiel beleuchten die Szenerie nur spärlich. Dennoch gibt es riesige Hohlräume sowie große Stalaktiten und Stalagmiten. Wobei die nicht der eigentliche Grund für den Besuch sind, sondern die Höhlenbewohner.

Jeden Abend fliegen Hunderttausende von Fledermäusen aus dem engen Eingangsloch, um sich auf Nahrungssuche zu begeben. Ab etwa 17 Uhr verlassen einzelne Tiere den Bau, der Hauptstrom setzt von 18:30 bis 19 Uhr ein. Man kann dem Spektakel von außerhalb der Höhle zusehen, der Wärter lässt aber heute die Eingangsbeleuchtung bis um sieben an, sodass man dem Massenaufbruch auch von innen folgen kann. Die Fledermäuse sind wahre Flugkünstler mit unglaublichen Geschwindigkeiten. Ihr Flug hat mit den trägen Bewegungen von Vögeln nichts zu tun. Haarscharf rasen sie an unseren Köpfen vorbei, von ihrem Radarsystem zielgenau gesteuert. Als der Wächter das Licht löscht erstirbt auch der Generatorlärm. Hier werden wir noch einmal 10 GTQ fürs Auto und 30 pro Person los. Das Campen wurde uns freiwillig angeboten und kostet nichts extra.

Grutas de Lanquin: N 15°34’44,8’’ W 89°59’23,8’’
Semuc Champey: N 15°32’11,0’’ W 89°57’16,4’’ (bereits vor der Brücke gibt es zwei Hotels mit kleinen Parkplätzen, wo man evtl. campen könnte)
In Lanquin am Ortsausgang Richtung Cahabón Campen auf einem kleinen Stellplatz der El Retiro Lodge möglich, 25 GTQ pP, Shuttle-Service nach Semuc Champey erhältlich: N 15°34’52,4’’ W 89°58’32,1’’

Biotopo Mario Dary Rivera, Guatemala – Der unsichtbare Quetzal

Dienstag, August 9th, 2011

Der Quetzal ist schon eine Geschichte für sich. Federschmuck der Maya, Wappentier Guatemalas und Landeswährung zugleich – der außergewöhnlich schöne Vogel hat viele Aufgaben zu erfüllen. Das scheue Tier bewohnt die Nebelwälder vom mexikanischen Chiapas bis nach Panama, doch in Guatemala wurde es zum Nationalsymbol. Die seltene bedrohte Spezies besitzt ein schillerndes Äußeres: bläulich-grünes Federkleid mit grüner Kopfhaube, blutrotem Brustfleck und grünen Schwanzfedern, die bis zu einem Meter lang werden können. Der Vogel liebt die feucht-kühlen Höhenlagen, die stark durch Abholzung wie die daraus resultierende Klimaänderung bedroht sind. Zumindest als erwachsenes Tier ernährt es sich ausschließlich vegetarisch von wilden Avocados und anderen Früchten.

Innerhalb des Nebelwaldschutzgebiets im Bezirk Baja Verapaz wurde ein Quetzal-Biotop mit Namen Biotopo Mario Dary Rivera eingerichtet. Hier soll der extravagante, schwer zu beobachtende Vertreter der Trogon-Familie leben. In dem Naturschutzgebiet wurden zwei Wanderwege eingerichtet. Der kurze hat zwei Kilometer. Auf dem langen läuft man über viele steile Stufen – sehr viele – innerhalb von vier Kilometern von gut 1600 auf rund 1900 m Höhe und wieder hinunter, für einen wenig spektakulären Aussichtspunkt addiert man einen halben Kilometer. Generell muss man sagen, dass es in Guatemala überall hervorragend ausgebaute Wanderwege gibt in ganz unterschiedlichen Klimazonen. Das vermissten wir in Mexiko etwas, wo sich Wanderungen ohne ortskundigen Führer fast auf Pyramidenklettern beschränken.

Eine costaricanische Führerin erklärte mir vor einigen Jahren den Unterschied zwischen Regen- und Nebelwald. Im Regenwald regne es. Im Nebelwald regne es auch. Wenn aber nicht, dann habe es Nebel. Das kann ich bestätigen. Dichte Wolken ziehen herein und verfinstern den dunklen üppigen Wald noch weiter. Danach beginnt es zu gießen. Man kann kaum etwas erkennen zwischen den Guaruma- und Avocadobäumen, Bambusstauden, Baumfarnen, Bromelien und Orchideen. Die aber blühten bereits gegen Ende der Trockenzeit. Und so ergeht es uns wie den meisten Guatemalteken, ja den meisten Menschen dieser Welt: Wir haben noch nie einen Quetzal gesehen. Das ändert sich auch nach der Wanderung nicht.

Um ins Quetzal-Reservat zu gelangen fuhren wir heute morgen ein drittes Mal durch Guatemala City – diesmal von Südost nach Nord – in Richtung Cobán, nicht zu verwechseln mit der honduranischen Ruinenstätte Copán. Pro Person zahlten wir 50 Quetzal Eintritt und 20 fürs Campen. Für Zelte wurden recht hübsche Plätze eingerichtet, wir jedoch passten nicht einmal auf den Parkplatz, da die Durchfahrt zu niedrig ist. Hilfsbereit und flexibel wie die Guatemalteken nun mal sind, öffnete man uns das Tor des Personaleingangs und ließ uns im Hinterhof parken. Nicht der allerschönste Platz, aber sicher verschlossen und zugleich Ausgangspunkt der Wanderung. Es gibt allerlei Getier wie Insekten und Schlangen, daher empfehlen sich lange Kleidung und festes Schuhwerk. Einige Mücken und sämtliche Bremsen zeigen sich von Moskitorepellent unbeeindruckt.
Quetzal-Biotop Mario Dary Rivera: N 15°12’50,4’’ W 90°13’04,4’’

Ciudád de Guatemala, Guatemala – Arm und reich

Montag, August 8th, 2011

Beatriz und Bill besitzen zwei Holzhäuschen auf einem kaum bebauten Hanggrundstück außerhalb Guatemala Citys mit Traumblick auf die Stadt und den südlich davon gelegenen Amatitlán-See. Auf dem Grundstück bauen sie auch etwas Kaffee an. Nachdem wir gestern das sonntägliche Programm mit besuch der Mutter, Geschwistern, Kindern und Enkeln miterlebten, verschaffen wir und heute einen Eindruck von der Stadt. Ciudád de Guatemala ist wie so viele Hauptstädte in Entwicklungsländern: sehr dicht besiedelt, smogbelastet, mit Müllproblemen und Wasserversorgung kämpfend. Elendsviertel reihen sich an moderne Wohn- und Geschäftsgebiete, neue Einkaufsmalls erstrahlen in Hochglanz. Trotz kolonialer Vergangenheit gibt es selbst im historischen Viertel kaum ein Gebäude, das älter als 100 Jahre ist. Für Museumsfans hat die Stadt jedoch einiges zu bieten.

Der Mangel an Arbeitsplätzen lässt den Dienstleistungssektor anschwellen, der auch ungelernten Kräften Stellen bietet. So gibt es hier, ähnlich wie in Mexiko, das klassische Dienstmädchen, das spätestens mit 15 nach der Schule zu arbeiten beginnt. Doch der Job ist nicht so schlecht bezahlt, sodass Familien von den Gehältern der Töchter existieren können. Entzückend ist hier, dass es die Dienstmädchenuniform, ein helles Blusenkleid mit weißem Kragen und manchmal weißer Schürze noch gibt – ich fühle mich 100 Jahre zurückversetzt.

Ciudád de Guatemala, Guatemala – Die Deutschen in Guatemala: eine unbekannte Geschichte

Samstag, August 6th, 2011

Während man normalerweise dazu tendieren würde, die engen überfüllten stickigen und chaotischen Hauptstädte Mittelamerikas zu meiden, fahren wir innerhalb von zwei Tagen gleich zwei Mal durch Guatemala Stadt: gestern von West nach Süd, heute von Süd über das Zentrum nach Südost. Und das alles nur, um Beatriz und Bill zu besuchen. Das sind die beiden, die wir an unserem zweiten Tag in Guatemala kennenlernten bei unserem Einkauf in Huehuetenango. Bill heißt mit Nachnamen Kähler, und das ist gar nicht mal so ungewöhnlich in diesem Land.

Die Geschichte der Deutschen in Guatemala beginnt 1828 mit der Einwanderung von Carl Rudolf Friedrich Klee. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zu einer der wichtigsten und erfolgreichsten Persönlichkeiten des Landes. Bald besaß er das größte Exportunternehmen und wurde zum Konsul einiger Hansestädte ernannt. Bills Urgroßvater kam Mitte des 19. Jahrhunderts an, die Haupteinwanderungswelle startete ab 1873. Der damalige Präsident öffnete ausländischem Kapital die Türen und förderte Kaffeeanbau. Mit Vergünstigungen lockte er Immigranten nach Guatemala, mehrheitlich Deutsche. Die Kehrseite der Medaille ist, dass er kommunalen Landbesitz der indianischen Bevölkerung ohne Entschädigung enteignete und die Ländereien an ausländische Investoren verkaufte. Zusätzlich verpflichtete er Indígenas per Gesetz zur Zwangsarbeit für den personalintensiven Kaffeeanbau, der bald darauf zu blühen begann, zum wichtigsten Exportgut wurde und fast ausschließlich in den Händen Deutscher lag.

Der Zweite Weltkrieg wurde auch hier für die Deutschen ein bitteres Kapitel. Auf Druck der USA erklärte Guatemala Deutschland den Krieg und trotz Sympathien der damaligen Regierung für Hitler, Mussolini und Franco musste der Präsident deutsche Landbesitzer enteignen. Galt es doch in erster Linie, die US-eigene Bananeinteressen zu wahren. Nutznießer waren demzufolge hauptsächlich US-Firmen. Die Mehrheit der Deutschen wurde des Landes verwiesen und musste fliehen, viele davon nach Mexiko. Die meisten von ihnen erhielten auch nach dem Krieg ihr Land nicht zurück, so wie Bills Familie, nur einige wenige Glückliche schafften es. Von diesem Schlag erholte sich die deutsche Gemeinde nicht, obwohl heute wieder geschätzte 3000 Deutsche und 2000 Deutschstämmige in Guatemala leben.

Und doch ist der deutsche Einfluss ungebrochen. Vor allem in den Gegenden Xela / Quetzaltenango und Cobán, aber auch andernorts finden sich erstaunlich viele Menschen mit hellen Augen und nicht immer dunklen Haaren. Die Guatemalteken selbst halten die Deutschen für die größte und wichtigste Einwanderergruppe und Deutsch für die zweitwichtigste Weltsprache nach Englisch. Kein Wunder, schließlich ist Deutschland größter Handelspartner für Exportprodukte in Übersee. Bill besitzt neben seinem guatemaltekischen immer noch einen deutschen Pass, der ihm das Reisen derart erleichtert, dass er mit seinem BMW Motorrad bereits bis nach Feuerland und über Brasilien und Venezuela zurück düste. Außerdem sammelt er alte deutsche Motorräder. Auch nach so vielen Generationen spricht er noch etwas Deutsch, seine Tochter sogar richtig gut, und die Enkelkinder besuchen die Deutsche Schule. An eine Rückkehr nach Europa denkt jedoch niemand.

Volcán Pacaya, Guatemala – Heißer Vulkan

Freitag, August 5th, 2011

Nach dem Abschied von Petra und Klaus – die beiden fahren für weitere sechs Monate zurück nach Mexiko, wir dagegen weiter nach Süden – schauen wir bei der Touristenpolizei vorbei, um aktuelle Informationen über den Vulkan Pacaya einzuholen. In früheren Jahren ist es bei Bergwanderungen immer wieder zu Überfällen auf Touristen gekommen, doch das scheint vorbei zu sein, seit ein bewachter Nationalpark eingerichtet wurde und die Touristenpolizei hier dauerhaft präsent ist. Allerdings erstaunen uns die hilfsbereiten Beamten mit ihrer eindringlichen Warnung vor dem direkten Weg zum Pacaya über Santa Maria de Jesús. Die Straße gelte nicht als sicher, dort komme es immer wieder zu bewaffneten Überfällen, auch auf Busse.

Also nehmen wir den mehr als doppelt so langen Weg, der zudem durch Guatemala City führt. Die Zwei-Millionen-Hauptstadt (mit Einzugsgebiet) ist nicht gerade ein Touristenmagnet, aber ein Verkehrsknotenpunkt. Knapp 40 km südlich von Guatemala Stadt, 7 km abseits der CA 9, werden wir in der Nähe des Dorfes San Vicente de Pacaya am Kassenhäuschen gestoppt. Hier sind als Ausländer 50 Quetzal Eintritt pro Person zu entrichten und wir erfahren, dass man uns ohne Guide nicht auf den Vulkan lässt. Der Führer schlägt unabhängig von der Gruppengröße nochmals mit 150 GTQ zu Buche und wir müssen ihn die letzten 5,5 km durch zwei Weiler auf anfangs asphaltierter, später schlechter enger Schmutzstraße mitnehmen. Er ist wohl vorrangig dafür da sicherzustellen, dass man nicht zu weit auf die qualmende Spitze läuft, in einen Spalt fällt oder in eine der als gefährlich eingestuften heißen Höhlen geht. Manche der Saunagrotten sind dennoch zugänglich. Wir dürfen ohne Aufpreis auf dem Parkplatz, wo der Wanderweg beginnt, übernachten.

Der mit einem offiziellen Ausweis ausgestattete staatlich lizenzierte Führer veranschlagt drei Stunden für die Wanderung: eineinhalb hoch, eine halbe Stunde Aufenthalt und eine runter. Er läuft aber schneller, wenn man es zulässt. Beruhigenderweise läuft auch ihm der Schweiß. Für Auf- und Abstieg sind je ca. 3 km und je 400 Höhenmeter zurückzulegen. Der Volcán Pacaya, einer der aktivsten Mittelamerikas, ist einfach und sicher zu besteigen. Seit 1565 werden Eruptionen registriert, in letzter Zeit jährlich. Die halbwegs zuverlässige Windrichtung bietet jedoch meist Schutz. Auf 2250 m ist Schluss, die letzten 300 m zum Gipfel kann man nicht hochgehen. Überall dampft es hier aus vielen Löchern, das Gestein ist teils heiß. Im unteren Bereich befindet sich die flüssige Lava etwa 15 m unter der Erdoberfläche, oben nur noch 10 m. Ein mehrere Meter tiefer Spalt kommt der Glut noch näher. Die Temperatur beträgt hier um die 500° C und unser Führer röstet an einem Stock ein paar Marshmallows. In der Nacht haben wir von unserem Vogelnest am Berg aus einen 5*-Blick auf Guatemala City und eine ruhige Nacht wie lange nicht mehr (N 14°23’58,1’’ W 90°36’54,9’’).

Antigua, Guatemala – Die unglücklichen Hauptstädte Guatemalas

Donnerstag, August 4th, 2011

La Antigua Guatemala bedeutet „das alte Guatemala“, womit das meiste – fast – schon gesagt ist: Es ist alt und es war einst die Hauptstadt des Landes. Die dritte um genau zu sein. Die erste, Ixmiché, wurde von Pedro de Alvarado niedergebrannt, nachdem er seine ehemaligen Verbündeten, die Cakchiqueles-Indianer, vernichtend geschlagen hatte. Alvarado war zusammen mit Hernán Cortés in die neue Welt gekommen. Während letzterer das mexikanische Hochland eroberte, wurde Alvarado die Aufgabe zugeteilt, Mittelamerika zu unterwerfen. Seine Hauptstadt wurde 1527 Santiago de Goathemala, das heutige Ciudad Vieja. Doch das Glück war Pedro nicht hold: Er hatte zwischenzeitlich geheiratet und seine Frau aus Spanien nachkommen lassen. Kurz darauf kam er bei einem Beutezug in Mexiko ums Leben. Der Stadtrat von Santiago übertrug seiner Witwe die Regierungsgeschäfte und machte damit Doña Beatriz de la Cuerva zur ersten Frau in Amerika in diesem Amt. Unglücklicherweise währte ihre Regierungszeit nur einen einzigen Tag. Nach einem mehrtägigen Unwetter wurde die Stadt von Schlammlawinen überrollt und Doña Beatriz ertrank in den Fluten.

Die neue Hauptstadt, heute Antigua, wurde um einige Kilometer verlegt und 1443 offiziell gegründet. Für 230 Jahre schienen Pestepidemien, Erdbeben und Ascheregen dem Machtzentrum nichts anhaben zu können, es stand jedes Mal neuer und schöner wieder auf. Mitte des 18. Jahrhunderts lebten 50.000 Menschen hier. Doch bei einem verheerenden Erdbeben 1773 wurde die Kapitale völlig zerstört und ein letztes Mal verlegt, wo heute Guatemala Stadt steht. Antigua indessen wurde nie ganz verlassen und knapp 100 Jahre später mit dem gezielten Wiederaufbau begonnen, 1976 allerdings von einen erneuten Erdbeben zerstört.

Antigua ist die propere Vorzeige-Kolonialstadt Guatemalas, zweites wichtiges Touristenzentrum neben dem Lago Atitlán, doch wurden nicht alle Gebäude restauriert. Die Kathedrale wurde nur zum Teil, andere Kirchen gar nicht wiederaufgebaut. Der Palacio de los Capitanes Generales mit seinem Arkadengang dagegen erstrahlt bereits in neuem Glanz. Von hier aus wurde ganz Mittelamerika 200 Jahre lang regiert. Der an der begrünten Plaza gegenüberliegende Palacio del Noble Ayuntamiento, heute Rathaus und Museum, blieb aufgrund seiner soliden Bauweise weitgehend unbeschadet. Die wieder 50.000 Bürger umfassende Stadt ist überschaubar, die drei umliegenden Vulkane verleihen ihr ein hübsches Ambiente. Die touristische Infrastruktur mit Hotels, Geschäften, Cafés, Sprach- und Tanzschulen ist perfekt. Unter den Restaurants befindet sich seit 1969 sogar ein bayerisches, wo wir mittags für viel Geld Weizenbier, Leberkäse (recht gut) und Weißwürste konsumieren, die mit dem Original nur ansatzweise etwas zu tun haben. Am Abend entscheiden wir uns für unser Abschiedsessen mit Petra und Klaus für das Wiener, wo es unter anderem Bratwürste und günstiges Schnitzel mit Kartoffelsalat gibt. Der Kaiserschmarrn ist zwar zwei Crèpes mit Obstfüllung, aber trotzdem nicht schlecht.

Antigua, Guatemala – Vom Wasser, Schulbussen und Trachten

Mittwoch, August 3rd, 2011

Wasser! So viel und doch so wenig. Durch den täglichen Niederschlag in der Regenzeit scheint Wasser im Überfluss vorhanden zu sein. Doch wird so viel Schlamm aus den Bergen hinuntergespült, dass selbst sonst saubere Quellen nur noch eine trübe Brühe sind. Dazu kommt, dass viele Tiere ertrinken, die dann irgendwo im Wasserlauf liegenbleiben. Neben Leichengift bilden Amöben eine Gefahrenquelle. Diese winzigen Süßwasserlebewesen breiten sich bei Überschwemmungen auch ins Grundwasser aus. Ernsthafte Durchfallerkrankungen, die schwer zu behandeln sind, gehören noch zu dem Harmlosen, das sie verursachen können. Das Wasser aus dem Fass unseres Campgrounds erscheint und genauso wenig vertrauenswürdig wie das der freiwilligen Feuerwehr. Die schlammige Brühe möchte man einfach nicht in seinen Tank füllen. Die Stadtverwaltung bietet ihren Bewohnern kostenlos gefiltertes Trinkwasser an, doch der Druck reicht nicht aus, unseren Tank zu befüllen. Zum Glück erklärten sich Freunde von Patti bereit, uns ihr Regenwasser zur Verfügung zu stellen, das scheint uns noch die sauberste Lösung zu sein. Tessa war mittlerweile auch eingetroffen, doch schon wieder ist Abschied angesagt. Wir wollen heute noch nach Antigua, um Petra und Klaus einzuholen, die einen Tag früher gefahren sind.

Auf der Panamericana erstaunen uns immer wieder die Busse, die das Haupttransportmittel im Land darstellen. Es handelt sich durchgängig um ausrangierte US-Schulbusse, die liebevoll restauriert und bunt bemalt wurden. Doch anscheinend wurde noch mehr verändert: Die Busse rasen nicht nur in atemberaubender Geschwindigkeit bergab und legen sich dabei gefährlich in die Kurve. Auch an steilen Steigungen lassen sie heftig schwarz qualmend so manchen modernen abgasgeregelten Pkw hinter sich. Dafür können Schulbusse einfach nicht gedacht zu sein! Das scheint die Guatemalteken wenig zu stören und mit ihrem eher gedrungenen Körperbau kommen sie mit den eng stehenden Kindersitzen auch gut klar, die bei uns hochgewachsenen Mitteleuropäern mittlere Bandscheibenschäden hervorrufen.

Genau so bunt wie die Schulbusse sind die bereits erwähnten Trachten, die von den allermeisten Frauen, jedoch nur noch von wenigen Männern getragen werden. Interessant ist, dass sich Farben und eingewebte Muster von Rock (corte) und Bluse (huipil) in jedem Dorf unterscheiden. Die Männer haben ihre bunten Hosen, den kontrastfarbigen Lendenschurz sowie das nicht minder farbenfrohe Hemd bzw. die in manchen Regionen vorherrschende Kastenjacke (den spanischen Offiziersjacken nachempfunden) meist durch praktische und billige einfache Hemden und Hosen ersetzt. Aber auch viele Frauen können sich oftmals die aufwändigen Huipiles, deren komplizierte Herstellung bis zu sechs Monate dauern kann, nicht mehr leisten und greifen auf importierte Einheitsware aus chemisch gefärbten Kunststoffen statt pflanzengefärbter Baumwolle zurück. Damit geht ein Stück Kulturgut verloren, das mindestens 500 Jahre alt ist. Viele Historiker glauben nämlich, dass erst die spanischen Conquestadores die Indígenas zwangen, unterschiedliche Farben und Webmuster zu verwenden, damit sie sie besser den einzelnen Dörfern zuordnen konnten. Doch heute ist es für die Ureinwohner Guatemalas ein wichtiges Stück Identität und Tradition, das mit Stolz getragen wird.

In Antigua treffen wir auf Petra und Klaus auf dem Parkplatz gegenüber dem Busbahnhof. Trotz der unmittelbaren Stadtnähe ist man weit weg von der Straße und mitten im Grünen. Das bewachte und abgeschlossene Gelände kostet pro Tag und Nacht je 50 GTQ pro Fahrzeug, also 100 für 24 Stunden. Entgegen Berichten anderer Reisender fanden wir auch Parque Ecológico Florencia 10 km außerhalb von Antigua offen, wo man für 30 GTQ pP campen kann. Der Parkplatz an der Touristenpolizei zwei Blöcke südlich des Marktes steht dagegen zu diesem Zweck nicht mehr zur Verfügung. Auch die früher angebotenen Spaziergänge auf den Hügel Cerro de la Cruz und zum Friedhof in Polizeibegleitung finden nicht mehr statt, doch gelten diese Routen mittlerweile als sicher. Einen Guide kann man sich an der Touristeninformation am Parque Central buchen, wenn man sich gar nicht alleine traut.

Parqueo gegenüber Busbahnhof, N 14°33’34,7’’ W 90°44’32,0’’

Panajachel, Guatemala – Guatemala: ein Kurzportrait

Sonntag, Juli 31st, 2011

Viele Länder Mittel- und Südamerikas sind in Europa wenig bekannt. Daher hier ein kurzer Abriss über Guatemala:

Guatemala markiert zusammen mit Belize die nordwestliche Grenze Mittelamerikas und stößt dort noch an Mexiko, im Südosten an Honduras und El Salvador. In diesem Teil des Kontinents sind alle Länder klein, wenn auch Guatemala mit 109.000 km2 zu den Größeren gehört. Mit knapp 13 Mio. Einwohnern hat es jedenfalls die meisten Einwohner. Es grenzt sowohl an den Pazifik als auch in einem schmalen Korridor an das Karibische Meer. Die Küstengebiete sind feuchttropisch und teils von Regenwald bedeckt, das Hochland, das sich von Nordwest nach Südost einmal quer durchzieht und bis zu 4220 m hohe Gipfel besitzt, bietet ganzjährig mildes Klima und ist am dichtesten bewohnt. Knapp 60 % der Bevölkerung sind europäischer oder europäisch-indigener Abstammung und werden hier als Ladinos statt Mestizen bezeichnet, 40 % sind Indigene, meist Mayas, und nur eine kleiner Minderheit ist asiatischen Ursprungs oder stammt von den Kariben ab, die ihre Wurzeln in Afrika haben. Amtssprache ist Spanisch, die rund 65 % als Muttersprache lernen. Insgesamt werden 53 verschiedene indigene Sprachen und Idiome gesprochen, 21 sind Maya-Dialekte. Sieben davon, darunter das weit verbreitete Quiché mit 2 Mio. Anwendern, sind offiziell anerkannt. Guatemala gilt als Entwicklungsland, in dem der Großteil der Bevölkerung arm ist und sich das Vermögen des Landes in den Händen nur weniger (Ladinos) befindet. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt pro Einwohner 5.200 US$ jährlich. Export von Textilien und Kaffee, daneben Zucker, Baumwolle, Bananen, Tabak, Kautschuk, ätherische Öle, Kardamom und Fahrrädern spielt eine große Rolle, wird aber aufgehoben von den zahlreichen Importen, darunter auch Nahrungsmittel. Seit den 1990er Jahren spielen Tourismus und Überweisungen im Ausland lebender Guatemalteken ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die wechselhafte Geschichte Guatemalas beginnt 300 n. Chr. mit den Maya. Ab 1524 eroberten die Spanier das Hochland, von denen eine Unabhängigkeit erst 1821 erfolgte. Es dauerte jedoch weitere 20 Jahre (Zentralamerikanische Konföderation), bis der unabhängige Staat Guatemala entstand. Danach begannen die Turbulenzen erst richtig: 30 Jahren Konservativismus, während denen das Establishment den kolonialen Status Quo zu wahren suchte, folgen 70 Jahre nicht allzu positive Liberalisierung und ein Ausverkauf des Landes an die USA. Ab 1944 beginnt das erste Jahrzehnt Demokratie in Guatemala, die den US-Amerikanern ein Dorn im Auge war, sollten sie doch ihrer Wirtschaftsprivilegien (die Rede ist von Bananenanbau) enthoben werden. Auf betreiben der USA, die die junge Demokratie völlig zu Unrecht des Kommunismus beschuldigte, wurde 1954 der Präsident gestürzt und durch einen Diktator ersetzt, der sämtliche sozialen Reformen rückgängig machte und die Wirtschaftsinteressen der USA wieder stärkte. Das endete 1960 jedoch in einem Bürgerkrieg, der offiziell erst 1996 für beendet erklärt wurde. Er forderte 200.000 Todesopfer und eine Million Flüchtlinge. Während dieser Zeit wurde and der indigenen Bevölkerung ein regelrechter Genozid verübt. Ganze Landstriche wurden flächendeckend bombardiert. Immer wieder beuteln Erdbeben, Hurrikane und Vulkanausbrüche den instabilen Staat. Die heute unabhängige demokratische Republik hat neben Armut und Ungerechtigkeit, Völkerkonflikten, Menschenrechtsverletzungen, Korruption und einer langsamen uneffektiven Bürokratie auch mit Schwerkriminalität zu kämpfen. Fast zeitgleich mit dem Ausbruch des Drogenkriegs in Mexiko kam begannen auch in Guatemala Zusammenstöße zwischen Regierung und Drogenkartellen.

Panajachel, Guatemala – Aufdringliche Verkäufer

Freitag, Juli 29th, 2011

Panajachel ist ein äußerst geschäftiger Touristenort, was er seiner Lage am Lago Atitlán zu verdanken hat. In den Straßen drängen sich die Besucher, bevorzugt Neuzeithippies, die vermutlich einen Scheck von Papa in der Tasche haben, da hier nichts billig ist. Bootsfahrten, Ausflüge, geführte Wandertouren werden von den Ladinos, den Abkömmlingen der spanischen Kolonialisten, eifrig zu gesalzenen Preisen angepriesen. Auch die nicht minder werbenden Restaurants scheinen fest in Ladinohand zu sein. Die Indígenas dagegen, auch hier alles Nachfahren der Maya, sind billige Arbeiter oder bieten ihr Kunsthandwerk an Ständen bzw. als fliegende Händler an.

Frauen, Kinder und manchmal auch Männer offerieren Ketten aus bunten Perlen, geflochtene Armbänder, und vor allem die wunderschönen knallbunten Handwebarbeiten, die sich in den Trachten der Frauen wiederfinden: den schlichteren wadenlangen geraden Röcken, den aufwändigen, teils zusätzlich bestickten Blusen, Huipiles genannt, deren Herstellung Monate dauern kann, und den Tüchern, in denen sie Lasten oder ihre Babys herumschleppen – gerne auch beim Fahren auf den beliebten Motorrollern. Die Jungs bieten oft Schuhputzservice an, allerdings sollte man sich vom mitleiderregenden Blick nicht zu sehr einnehmen lassen, manchmal hat der Bub vorher schnell sein Handy weggesteckt.

Vor allem am Hafen und in der Haupteinkaufsstraße Calle Santander vergeht keine Minute, ohne dass etwas feilgeboten wird. Selbst wenn man sich zum Essen niedersetzt, wird man pausenlos angesprochen. Entweder man flieht ganz schnell aus dieser Stadt oder findet sich damit ab, permanent zum Kauf gedrängt zu werden. Es mag ein wenig nerven, trotzdem fasziniert uns dieses lebendige, fröhliche, pulsierende Guatemala. Die Schattenseiten – außer der weitverbreiteten Armut unter den Indígenas – haben wir bislang nicht kennengelernt. Und dann offenbaren sich doch einige günstige Dinge: Mittagessen kann man im Straßenrestaurant ab 1,50 €, auf dem täglichen Markt gibt es Obst und Gemüse zu Spottpreisen und eine Fahrt mit dem TukTuk, einem überdachten motorisierten Dreirad, kostet 5 Quetzal pro Person.

Am Nachmittag treffen wir Patti, die mitten in der Stadt in bester Lage ein Gästehaus mit Appartements betreibt, die sie kurz- oder langfristig vermietet (www.alegre-apartments.com). Patti ist eine Freundin von Tessa, als diese noch in Guatemala wohnte. Tessa hatten wir im mexikanischen Pátzcuaro kennengelernt und in San Miguel de Allende besucht. Wir erwarten sie in wenigen Tagen hier am See. Patti engagiert sich außerdem für ein Projekt, das sie vor Jahren zusammen mit ein paar anderen Leuten gegründet hat: www.mayanfamilies.org engagiert sich für Bildung, Gesundheit und Ernährung der indigenen Bevölkerung, aber auch für deren Haustiere oder Straßenhunde.