Archive for the ‘USA’ Category

Hemet, Kalifornien – Schnee in Südkalifornien

Freitag, März 11th, 2011

Jörg kann in Steves Werkstatt ein paar Kleinigkeiten schweißen, während uns Virginia mit pochierten Eiern zum Frühstück, dicken Sandwiches zu Mittag und abends Chilibohnen mästet. Trevis arbeitet intensiv an seinem Pick-up-Truck, damit er ihn für unseren nachmittäglichen Ausflug fertig bekommt. Auf einem Off-Road-Trail fahren wir in die San Jacinto Mountains bis auf über 2000 m Höhe, wo es im Vergleich zum Tiefland ausnehmend kühl ist und sogar noch Schnee liegt. Der Pfad ist eng zwischen vielen Bäumen, nichts was wir mit Arminius unbedingt machen wollten.

Das Künstlerdorf Idyllwild ist ein hübsches, wenn auch teures Bergressort mit gut ausgebauter touristischer Infrastruktur. Durch dichten Hochwald, der selbst im Sommer Kühlung verspricht, geht es hinauf bis an den Fuß des knapp 2500 m hohen Tahquitz oder Lily Rock, einem einzeln stehenden Granitblock, der bei Wanderern und Kletterern sehr beliebt ist.

Hemet, Kalifornien – Rinderbraten und Vietnamkrieg

Donnerstag, März 10th, 2011

Nachdem wir Camilles Gastfreundschaft für eine ganze Woche in Anspruch genommen und endlich alles erledigt haben, verlassen wir die Küste. Doch ein weiterer Besuch steht auf unserem Programm: Steve und Virginia in Hemet sind weitere Freunde von Malcolm aus Colorado. Virginia serviert uns ein ganz unamerikanisch selbstgemachtes Abendessen mit auf der Zunge schmelzendem Rinderbraten, Kartoffelpüree, Bohnen und Brownies. Steve hat eine Maschinenwerkstatt und einen Werkstatttruck, mit dem er und Sohn Travis stationär und mobil so ziemlich alles reparieren, was nicht mehr funktioniert. Der Vietnamveteran zeigt uns unglaubliche Bilder aus dem Krieg, die er mutig mit seiner kleinen versteckten Kamera geschossen hat.

Immer wieder fallen wir mit Arminius auf. Wir werden beobachtet. Ein Nachbar aus Hemet sieht uns am Nachmittag am Erdbeerstand vor der Stadt. Später findet er den Unimog vor Steves und Virginias Haus wieder. Er zählt eins und eins zusammen und fragt den völlig perplexen Steve, wie die Erdbeeren geschmeckt haben.

 

Irvine, Kalifornien – Das glückliche Ende eines Versicherungsfalls

Mittwoch, März 9th, 2011

Die Prozedur in der Bank ist ein wenig umständlich und langwierig, aber freundlich wie stets. Ich muss zwei verschiedene Ausweise vorlegen und einen Fingerabdruck vorlegen. Dann endlich halte ich das Geld aus dem Versicherungsschaden vom Death Valley National Park in der Hand, bar und ohne Gebühren. Der Scheck war pünktlich bei Camille eingetroffen. Wir decken uns mit Dingen ein, von denen wir nicht sicher sind, wie gut sie in Mexiko und zu welchen Preisen erhältlich sind: Jeans, Sommerwanderschuhe und andere Kleinigkeiten. Am Abend trifft dann endlich das letzte erwartete Paket mit einem neuen Satz Visitenkarten ein.

Costa Mesa, Kalifornien – Studentenhaarschnitt

Dienstag, März 8th, 2011

Mein Friseurbesuch lässt sich nicht länger hinauszögern. Camille hat die großartige Idee, es bei einer Friseurschule zu versuchen und ich bekomme einen Termin bei Paul Mitchell The School in Costa Mesa. Paul Mitchell war ein bekannter und äußerst erfolgreicher britischer Hairstylist, der später in den USA eine Haarsalonkette eröffnete, ein Unternehmen für Haarpflegeprodukte gründete und 1989 in Los Angeles verstarb. Ein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland kennt man in den USA nicht. Will man einen Beruf erlernen, der nicht zwangsweise ein Universitätsstudium erfordert, geht man, je nach Geldbeutel, auf ein privates oder staatliches College. Es gibt hochdotierte Colleges, die unseren Hochschulen entsprechen, und solche mit geringerem Renommee. Man kann hier Lehrer werden (mit Bachelorabschluss) oder auch Friseur. Die private Paul Mitchell Friseurschule verlangt für ihren 11-monatigen Lehrgang satte 21.000 $, dazu müssen die Studenten für rund 2.000 $ ihr eigenes Handwerkszeug erstehen – von Paul Mitchell Systems natürlich. Nach nur wenigen Wochen Grundausbildung üben sich die Schüler an lebenden Probanden.

Ich bin heute einer davon. Obwohl ich nur einen unerfahreneren Phase-1-Schüler gebucht habe, was sich ggf. in etwas langsamerem Service auswirkt (Phase 2 wäre etwas teurer gewesen), bekomme ich eine Friseuranwärterin, die schon sieben Monate dabei ist. Diverse Dozenten patrouillieren auf und ab, überwachen, beraten und helfen. Die Kleidervorschrift für alle Schüler und Lehrer ist schwarz-weiß, und die teure und stylische Aufmachung des Instituts setzt sich in den kurzen Kleidern und hohen Stiefeln vieler Schülerinnen fort. Am Ende zahle ich 40 $ plus Trinkgeld für Haare färben und schneiden und ein Ergebnis, das nicht schlechter ist und wenig länger dauert als anderswo. Die verwendeten Produkte sind hervorragend, teuer und entsprechen neuester Technologie, und niemand versucht einem irgendetwas aufzuschwatzen. Für unerschrockene Kunden eine super Idee.

Irvine, Kalifornien – Der Wunschtraum ewiger Jugend

Montag, März 7th, 2011

Wir warten immer noch auf ein paar Pakete, Bestellungen, die wir tätigten. In der Zwischenzeit räumen wir unsere Winterdecken und -bekleidung im Austausch gegen die Sommervariante um. Wer braucht noch Wollpullover? Es hat jetzt konstant 25 – 30° C, auch wenn es sich nachts fühlbar abkühlt. Wir stehen vor Camilles Haus und immer wieder halten neugierige Menschen an, um uns anzusprechen. In Kalifornien trifft noch weit mehr die Beobachtung zu, dass es in den USA wenig mehr als zwei Körpertypen gibt: Die fast magersüchtig dünnen, völlig durchtrainierten Sportfreaks, deren Lebensinhalt in der (natürliche, oft aber auch plastisch-chirurgischen) Jungerhaltung ihres Körpers liegt. Das andere Extrem bilden die fettleibigen Fast-Food-Konsumenten, die ein völlig bewegungsfreies Leben führen. Insbesondere in Kalifornien fehlt, was wir als normal oder durchschnittlich bezeichnen würden.

Los Angeles, Kalifornien – Echte und Möchtegernstars in Hollywood

Sonntag, März 6th, 2011

Einmal in der Gegend, kommt man an einem Besuch Los Angeles’ nicht vorbei. Da die einzelnen Stadtteile und damit Attraktionen wie schon erwähnt völlig verstreut sind, entscheiden wir uns für den Klassiker: Hollywood. Camille chauffiert uns und ihre Freundin Theresa aus Chicago, die wir ebenfalls bereits in Utah kennengelernt haben und die extra herübergeflogen ist. Am Hollywood Boulevard steht Graumanns Chinese Theater. Auf dem Platz davor verewigten sich auf Betonplatten zahlreiche Stars mit ihren Hand- und Fußabdrücken und einem Spruch für Sid Graumann, dem Gründer des Chinesischen Theaters, das heute Kino und Restaurant beherbergt. Hier beginnt auch der Walk of Fame. In den Bürgersteig wurden zu beiden Seiten bislang 2400 Bronzesterne eingelassen, die Stars, Sternchen und andere Berühmtheiten des gesamten Showbusiness ehren.

Das ganze ist eine einzige Showarena. Möchtegern-Artisten führen ihre Künste als Musiker oder Rap Dancer vor und versuchen dabei, möglichst viel Geld aus den Zuschauern herauszupressen. Andere stehen als Darth Vader aus der Star Wars Saga oder Tom Cruise als Top Gun-Marineflieger als Fotomodelle – gegen Gebühr natürlich – zur Verfügung. Und dann gibt es da noch die völlig durchgeknallten, die vermutlich denken, sie sind Paris Hilton oder Britney Spears, die sich so kleiden, bewegen und verhalten und scheinbar unbeeindruckt umher flanieren – in der Hoffnung, irgendeiner nimmt ihnen diese Nummer ab.

Am Hollywood Boulevard gibt es ein mehrstöckiges Einkaufzentrum, von dessen oberen, offenen Stockwerken man den berühmten Hollywood-Schriftzug an den Hügeln der Stadt besonders gut fotografieren kann. Im Griffith Park kann man den ganzen Berg hoch wandern bis hin zu den großen weißen Buchstaben. Von hier oben aus hat man zudem einen hervorragenden Blick über fast ganz Los Angeles.

Irvine, Kalifornien – Das ausgeraubte Paket

Samstag, März 5th, 2011

Aus Deutschland ließen wir uns privat ein Paket an Camilles Adresse schicken. Das Paket ist da, aber Inhalte fehlen. Bei näherer Untersuchung stellen wir fest, dass es aufgeschlitzt und wieder säuberlich verklebt wurde. Gestohlen wurden natürlich nur „wertvolle“, wieder verkäufliche Sachen: Bremsbeläge und hochwertige Polier- und Reinigungsmittel. Ob das ein Versicherungsfall für die Post ist?

Irvine, Kalifornien – Kaliforniens wild gewordene Polizei

Freitag, März 4th, 2011

Die kalifornische Polizei scheint allgemein etwas hyperreaktiv zu sein. Camille erzählt, dass sie zu Trainingszwecken mit 13 weiteren Freunden auf ihrem Fahrrad unterwegs war. Sie fuhren einen steilen Berg hoch, auf dessen Kuppe sich ein Stoppschild befindet. In den USA gibt es keine Rechts-vor-Links-Regelung. An Nebenstraßenkreuzungen findet man meist eine 4-Way-Stop– bzw. All-Way-Stop-Regelung. Alle aufeinandertreffenden Straßen sind mit einem Stoppschild gekennzeichnet. Man fährt an die Kreuzung, hält an der Haltlinie an (was streng zu beachten ist) und fährt in der Reihenfolge der Ankunft an der Linie weiter ungeachtet der beabsichtigten Richtung. Immer schön der Reihe nach.

Natürlich verleitet diese Regelung zum Überfahren der Haltlinie wenn weit und breit kein anderes Fahrzeug in Sicht ist. Umso mehr, wenn man Radfahrer ist, hinter sich einen Pulk weiterer Radler hat, die dann alle gezwungen wären, mehrfach am steilen Berg halten und wieder anfahren zu müssen. Also fuhren die 14 Biker im Schritttempo über die verkehrsfreie Kreuzung, als sie hinter sich das unmissverständliche Aufheulen einer Polizeisirene hörten. Der Sheriff, der sich im Kreuzungsbereich versteckt gehalten hatte, ließ die ganze Gruppe anhalten und stellte jedem von ihnen einen Strafzettel aus über – man lese und staune – 487 $ pro Radfahrer. Das hat sich doch gelohnt.

Die Sportfreunde gehen nun gemeinschaftlich vor Gericht. Nicht, um ihre offensichtliche Schuld abzustreiten, sondern um eine geringere Strafe oder stattdessen gemeinnützige Arbeitsstunden einzuklagen.

Los Angeles, Kalifornien – Der Moloch

Donnerstag, März 3rd, 2011

Der Kompass steht weiter auf Süd. Wir fahren nach Solvang, einem Städtchen, das wie aus Dänemark ausgestanzt und in Kalifornien wieder eingepflanzt wirkt. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dänischen Einwanderern gegründet, was sich nicht nur in den vielen Anderson- und Petersen-Namensschildern widerspiegelt. Der einmal begonnene südskandinavische Baustil wurde bis heute konsequent weitergeführt. Entsprechende Souvenirshops und Restaurants dürfen da nicht fehlen. Santa Barbara dagegen wirkt wie aus einem mexikanischen Bilderbuch. Die hier befindliche Wetterscheide macht sich unmittelbar in steigenden Temperaturen bemerkbar.

Weiter geht es auf der Panamericana nach Malibu, einem dieser Strandbäder für Reiche und Prominente. Dann kämpfen wir uns durch Los Angeles, mit 15 Mio. Einwohnern nach New York City der größte Ballungsraum der USA. Eigentlich handelt es sich um eine dicht gepackte Ansammlung einer Unzahl von Ortschaften, für die man stellvertretend den Namen einer Stadt herausgepickt hat. Sechs-, sieben-, bis 12-spurige Autobahnen durchschneiden den Moloch. Das hervorragend ausgebaute Schnellstraßennetz galt lange Zeit als vorbildlich. Leider hatten die Stadtplaner wenig vorausschauend einseitig auf den Individualverkehr gesetzt. Nachdem vor rund 20 Jahren das System kollabierte und wegen der konstanten Erdbebengefahr vom Bau mehrstöckiger Autobahnen abgesehen werden musste, fand man sich mit einer ganztägigen, nicht enden wollenden Rushhour ab. Um der bedrohlichen Smoggefahr entgegenzuwirken, gibt es in Kalifornien strengere Vorschriften als andernorts bezüglich der Emissionen. So findet man in Los Angeles eine überdurchschnittliche Anzahl an Hybridfahrzeugen.

Dank Lissy ist die Navigation durch unzählige Autobahnkreuze entspannt und schließlich erreichen wir unversehrt Irvine. Wir besuchen Camille, die super-sportliche Iron-Woman, die wir beim Wandern in Grand Staircase – Escalante kennengelernt haben.

Santa Maria, Kalifornien – Gestörte Nachtruhe

Mittwoch, März 2nd, 2011

Auf dem Weg zum Strandausgang müssen wir erneut einen Bach durchqueren. Nur dass der heute vielmehr Wasser führt als gestern. Er sieht tief aus, und auf der Wasseroberfläche kräuseln sich schon Wellen. Die Flut liegt nicht lange zurück und drückt noch in die Flussmündung hinein. Der nächtliche Regen hat den Bach zusätzlich anschwellen lassen. An beiden Uferseiten stehen mehrere Fahrzeuge, darunter auch vier Ranger-Pick-ups. Die Fahrer tun so, als wären sie schwer beschäftigt: Sie essen Pausenbrote oder beobachten die Gegend, scheinbar uninteressiert am Fluss. Jörg sieht sich das Gewässer kurz an und fährt einfach los. Als wir ohne Probleme durch sind, setzt urplötzlich reger Verkehr ein und alle überqueren den Bach. Die haben wohl nur auf den ersten Deppen gewartet, der sich traut, den Fluss zu durchfahren.

Will man sich in den Staaten Freunde oder zumindest nicht unnötig Feinde schaffen, sollte man stets positiv sein. Der gemeine Amerikaner liebt seine Heimat und ist überzeugt, dass es das schönste Land der Welt ist und dass sie das beste System haben. Nichts wird ihn vom Gegenteil überzeugen, warum also Energie darauf verschwenden? Nachdem ich den netten Kassierer überzeugt habe, dass ich, selbst wenn ich wollte, keine Wal-Mart-Kreditkarte bekommen würde, da wir Reisende sind, und nicht mal amerikanische, fragt er, ob es denn in unserem Land keine Wal-Marts gebe. Der Verkäufer ist überdurchschnittlich gebildet, denn als ich andeute, dass es eine zeitlang Wal-Marts gegeben habe, diese aber nicht erfolgreich waren, weiß er sofort, dass wir aus Deutschland sind. Wie uns Kalifornien gefalle? Ich liebe die Landschaft, insbesondere die Küste, das Klima und die Menschen. Der Mann hört, was er hören will und ist’s zufrieden.

Kurz nach Mitternacht donnert es an die Türe, zum Glück sind wir zufällig wach. Es ist der Sicherheitsdienst, der uns mitteilt, auf diesem Wal-Mart-Parkplatz dürfe man nicht übernachten. Das steht leider, wie sonst in solchen Fällen, nicht dran. Da es lediglich einen Hinweis auf „Privatgelände“ gibt, scheint dieses Problem öfter vorzukommen und der Wachmann überreicht uns einen vorgedruckten Zettel mit den Parkregeln. Der nächste Truck-Stopp ist um die Ecke, so müssen wir wenigstens nicht weit fahren. Und die zahlreichen quakenden Frösche im nahen Teich übertönen fast die laufenden Motoren, Kompressoren und Generatoren der Lkw.

Pismo Beach, Kalifornien – Der große Sandspielkasten

Dienstag, März 1st, 2011

Trader Joe’s hat eine Erwähnung verdient unter all konkurrierenden Supermärkten. Das ist der amerikanische Aldi, d.h. die Aldi-Stiftung ist Inhaberin von Trader Joe’s. Sein Konzept unterscheidet sich wohltuend von dem amerikanischer Ketten, hat aber wenig mit dem deutschen Billig-Discounter gemein. Das Sortiment ist unamerikanisch klein, es gibt völlig verschiedene Artikel als in den sich ähnelnden anderen Supermärkten, oft steht nur die Eigenmarke im Regal, dafür zu günstigen Preisen. Es gibt zahlreiche Feinkostspezialitäten und es wird viel auf europäische Waren gesetzt. Das Käseregal ist ein Traum, günstiger als anderswo, aber Importlebensmittel sind nie ein Schnäppchen. Das Brot gilt als Geheimtipp, Milchprodukte entsprechen ansatzweise europäischen Ansprüchen und sind ausnehmend günstig. (Unschlagbar die Milch: bester Preis bisher mit 99 ct für einen knappen Liter.) allerdings variieren die Trader Joe’s Preise je nach Standort. Für den eher kleinen Laden nimmt die Alkoholabteilung, insbesondere der Wein, erstaunlich viel Raum ein. Auch hier: gute Preise, es gibt helles und dunkles Weizenbier als Import oder sogar als günstigere Eigenmarke. Besonders auffällig ist die Auswahl an Biowaren, an der Kasse werden nur Papiertüten verteilt (eine Ausnahme im Plastikland). Die Einrichtung soll das Image unterstreichen und altmodisch-europäisch wirken oder jedenfalls so, wie sich ein Amerikaner European Style vorstellt: Alle Regale sind rustikal aus Holz, was den Bio-Touch unterstreicht. An der Kasse gibt es keine Laufbänder, sondern die in Hawaiihemden gekleideten Kassierer müssen die Waren aus dem Einkaufswagen altmodisch auf eine Ablage stapeln – eine moderne Scannerkasse ist es dennoch. Die altehrwürdige Wirtschaftszeitung Handelsblatt bringt Trader Joe’s auf den Punkt: „Die Produktauswahl ist begrenzt – eine Mischung aus ein bisschen Öko, ein bisschen Gourmet und ein bisschen Discount. Kurzum alles, was der standesbewusste, linksliberale Amerikaner braucht.“ (Tobias Moerschen: Handelsblatt.com: Trader Joe’s: Aldi für Ökos und Intellektuelle 13. Juni 2006).

Der Rest des Tages gehört Pismo Beach. Auf Höhe des North Beach Campgrounds gibt es eine große Kolonie Monarchfalter, die in den Eukalyptusbäumen überwintert. Pismo Beach ist der einzige Strand an der gesamten Westküste, wo man mit dem Fahrzeug an den Strand und sogar campen darf. An der Zufahrt zur Oceano Dunes State Vehicular Recreation Area zahlt man 5 $ Tageseintritt oder 10 $ für zwei Tage, was die Übernachtung einschließt. Dann kann man (mit Allradfahrzeugen) mehrere Kilometer am festen breiten Strand entlang fahren und ebenso durch die ausgedehnten weichen Dünen. Meine Heldentat für heute besteht darin, Arminius kurzfristig – wenn auch nicht tief – an einer Düne zu versenken. Immerhin versammle ich auf diese Art ein paar Zuschauer.

Im hinteren Bereich des Strandes stellt man sich einfach weit genug (Flut!) von der Wasserlinie entfernt irgendwohin und campt. Ein alter Dodge Militär-Ambulanzwagen aus der 40er Jahren tuckert vorbei. Man kann am Strand spazieren gehen, Muscheln und Sanddollar sammeln oder Vögel beobachten. Sanddollar sind stachellose Verwandte der Seeigel mit dem Aussehen flacher Scheiben, die in lustigen Schleifen über den Strand kriechen. Die Skelette der toten Exemplare zeigen auf der Oberseite ein wunderschönes Muster, darunter das fünffache Blütenblatt ihrer ehemaligen Atmungsorgane. Winzig kleine Seeregenpfeifer rasen wie Derwische in irrwitziger Geschwindigkeit an der Wasserlinie entlang. Sie halten höchstens an, um eine Strandkrabbe umzudrehen und aufzupicken. Mit ihrer auffälligen Renn-Stopp-Technik jagen sie Insekten und Wirbellose. Ein junger Ranger schenkt uns eine große Venusmuschelschale, die er aus einem gesperrten Bereich bringt. Das sollte er zwar nicht tun, dachte aber, wir freuen uns. Tun wir! Das Ganze bringt Riesenspaß, und wir sind auch noch fast alleine hier.

Morro Bay, Kalifornien – Das putzige Treiben der Seeotter

Montag, Februar 28th, 2011

Morro Rock ist nicht nur das Wahrzeichen der Bucht und des Ortes mit dem Namen Morro Bay. Der 176 m hohe, weithin sichtbare kegelförmige Fels markiert auch den Beginn Südkaliforniens. In der von einer Sandbank geschützten, nur über einen Kanal mit dem Meer verbunden Bucht pausieren die auch in Kalifornien seltenen Seeotter. Die kleinsten und vermutlich possierlichsten aller Meeressäuger hängen einfach ab, und selbst dabei gelingt es ihnen noch, allerliebst auszusehen. Sie liegen auf dem Rücken, das pelzige runde Köpfchen mit den Knopfaugen ruht auf dem Bauch, genau wie die gefalteten Vorderpfoten. Auch die Hinterflossen werden möglichst aus dem Wasser gehalten. Das größte Tier der Gruppe ist munter. Es dreht eine Seitwärtsrolle nach der anderen und wickelt sich dabei in Seetang ein. Den Kelp benutzen die Tiere als Anker, damit sie beim Schlafen nicht abtreiben. Die Fellpflege ist intensiv: Der Otter „kratzt“ sich, wäscht sich den Kopf, putzt seine Füße. Das Schauspiel wird höchstens übertroffen von einer Mutter, die mit ihrem Baby herein schwimmt. Sie schlägt Rollen, Purzelbäume und dreht Pirouetten, und das Junge macht ihr geflissentlich alles nach.

Während wir die Otter beobachten, versucht ein Erdhörnchen, meine Jeans zu fressen. Das ist nicht weiter schlimm, denn die muss eh bald ausgemustert werden. Als der Ziesel dann versucht, mit seinen spitzen Zähnen gezielt die Saumnaht aufzutrennen, wird es mir doch zu bunt und ich versuche ihn zu verscheuchen – mit mäßigem Erfolg. Um mich herum in den Steinen am Ufer wuselt es nur so vor eigentlich niedlichen Hörnchen. Wenn es aber zu viele werden, bekommt man fast den Eindruck, in einen Hitchcock-Thriller geraten zu sein.

Nebenan hat ein Kanadareiher einen riesigen Fisch gefangen. Diese Reiherart wird über 1,20 m groß und besitzt einen beeindruckenden Schnabel, aber diese Beute ist locker 25 cm lang. Der Vogel hält den Fisch minutenlang dekorativ im Schnabel, bis er zu dem Schluss kommt, ihn zu verschmähen und freizulassen. Da waren wohl die Augen größer als der Mund oder der Fisch größer als der Schlund.

Im Montana des Oro State Park in Los Osos machen wir noch unsere tägliche Wanderung hinaus ans Meer, wo heute unglaublich viele Wale vorbeiziehen, bevor wir uns abends bei John und Virginia treffen. Das sind Freunde von Camille, die wir beim Wandern in Utah getroffen haben und die wir in wenigen Tagen besuchen werden. Die beiden bieten geführte Kajak- und Fahrradtouren an und päppeln nebenbei Wildtiere auf, die ihnen zugeteilt werden – von Hirschen über Pumas so ziemlich alles. Im Moment leben hier zwei lustige Opossums, die als wahrhaftige Allesfresser nicht schwer zu pflegen sind.

Big Sur, Kalifornien – Die schönste Küste Kaliforniens

Sonntag, Februar 27th, 2011

Die Küstenstraße verläuft traumhaft im bereich von Big Sur, was soviel wie „großer Süden“ bedeutet. Von den Serpentinen hoch über den Klippen hat man einen großartigen Blick auf den heute wörtlich Stillen Ozean. Es ist die Zeit der Grauwale. Die Mütter kehren mit ihren Kälbern so langsam aus ihrer mexikanischen Kinderstube zurück nach Norden, während einige späte trächtige Kühe noch nach Süden unterwegs sind. Immer wieder ist nur wenige hundert Meter vor der Küste ein Blas zu entdecken, oft ganze Gruppen.

Pfeiffer Beach gilt als einer der attraktivsten Strände dieser Gegend. Zu erreichen ist er über eine enge kurvige Straße, die nicht für Motorhomes zugelassen ist. Wir dürfen, denn wir fragen vorher. Die 5 $ Eintritt müssen wir trotzdem bezahlen, da es kein State Park ist, doch der Interagency Jahrespass wird auch nicht anerkannt, obwohl es sich um nationales Eigentum handelt. Die weitläufige geschützte Bucht mit Felsdurchbrüchen und mündenden Flüsschen ist einen Spaziergang wert. Im Sommer ist das ein vermutlich überaus beliebter Platz.

Unweit davon liegt linker Hand die Henry Miller Library, die mehr sein möchte als eine Bücherei und kostenlosen Kaffee, Tee und WiFi-Zugang bietet. Der berühmte, nichtsdestoweniger umstrittene amerikanische Schriftsteller Henry Miller machte mit seinem Buch „Big Sur oder die Orangen des Hieronymus Bosch“ die Gegend erst bekannt. Er schrieb einst über Big Sur: „Das Angesicht der Erde, wie der Schöpfer es beabsichtigte auszusehen“.

Zehn Meilen südlich am Julia Pfeiffer Burns State Park, liegt eine Bucht wie aus dem Bilderbuch: feiner Sand, türkisblaues Wasser, schützende Felsen, ein Wasserfall, der erst auf den Strand plätschert und dann ins Meer fließt, grüne Bäume, bunte Blumen. In ihrem Testament verfügte eine reiche Bankenerbin, die dem Staat Kalifornien dieses Stückchen Erde hinterließ, neben der Benennung nach einer Pionierin, dass es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde, dass aber gleichzeitig der Strand gesperrt bleibe, damit jeder Besucher den Anblick genießen kann. Auf Höhe von Hearst Castle, dem Traumschloss eines früheren Medienzars, das man für viel Geld ansehen könnte, glaube ich, einer Fata Morgana zu erliegen: Auf einer Weide läuft etwas Vierbeiniges herum, nicht Kuh, nicht Pferd, und Streifen trägt es auch noch. Irgendein Witzbold hat eine Herde Zebras importiert.

Am Ende der Big Sur Coast, kurz vor San Simeon, liegen an der Elephant Seal Rookery hunderte von See-Elefanten am Strand. Die zahlreichen Parkplätze sind mit Bohlenwegen miteinander verbunden und nur mit Zäunen vom Strand getrennt, wo man – ohne Eintritt, aber auch ohne Rangerführung – dem bellenden, schreienden, geifernden, jaulenden, jammernden, fauchenden, kopulierenden, rülpsenden, niesenden und pupsenden Treiben der See-Elefanten zusehen kann.

Carmel, Kalifornien – Das kalifornische Kennzeichen-Phänomen

Samstag, Februar 26th, 2011

In der Monterey Bay liegen ein paar hübsche historische Strandorte, wo sich viele reiche Menschen niedergelassen haben. Monterey wurde 1770 als Missionsstation gegründet. Das zugehörige Gebäude, die Royal Presidio Chapel, kann auch heute noch besichtigt werden. Sie soll die kleinste Basilika der Welt sein. Ab 1775 war Monterey Hauptstadt des zuerst spanischen, dann mexikanischen und ab 1846 amerikanischen Kaliforniens, bis sie 1854 von Sacramento abgelöst wurde. Hübsch ist auch die Fisherman’s Wharf mit allem was dazugehört: Restaurants, Souvenirshops, Booten und bellenden Seehunden, wenn auch kein Vergleich mit San Francisco.

Auf einem Parkplatz fotografiert eine füllige ältliche Blondine im rosa Pullover und mit unvorteilhaft engen Stretch-Sporthosen Arminius. Sie ignoriert mich, obwohl ich eindeutig zugehörig daneben stehe. Dann lehnt sie sich lasziv an Arminius’ Kotflügel und räkelt sich in sexy Posen, während ihr Mann sie ablichtet. Ich trete ungefragt zur Seite – nicht dass ich noch störe. Manchmal – aber nur manchmal – sind sie schon ein wenig eigen, die Amis.

Über einen Scenic Drive am Meer entlang, wo es immer wieder Aussichtspunkte mit Seehunden und -löwen gibt, gelangt man in den Nebenort Pacific Grove. Die Hauptattraktion hier sind die von Oktober bis März überwinternden Monarchfalter, die eine auffällige orange- oder gelb-schwarze Zeichnung besitzen. An nur wenigen Stellen in der Stadt hängen sie in Trauben an Bäumen und warten, dass die Sonne sie wärmt. Erst ab ca. 13° C können sie fliegen. Meist um die Mittagszeit flattern sie alle los. Das Besondere an der Migration der Amerikanischen Monarchen ist, dass während eines Jahres mehrere Generationen Schmetterlinge geboren werden und sterben – ihre Lebenszeit beträgt nur einige Wochen. Aber nur die im Herbst geschlüpfte Generation fliegt aus Kanada zu ihren Überwinterungsgründen in Kalifornien und Mexiko. Woher sie das wohl wissen?

Der dritte Ort auf der Halbinsel heißt Carmel. Carmel – da war doch irgendwas… Genau, Filmschauspieler Clint Eastwood bekleidete für einige Jahre das Bürgermeisteramt. Auch dieser teure Künstlerort besitzt eine spanische Missionsstation von 1770 – sehr hübsch. Davor aber sehen wir uns den Ort an und folgen dazu dem Scenic Drive. Von der Restriktion 20 Fuß Länge maximal fühlen wir uns nicht angesprochen. Am schönen schneeweißen Sandstrand wollen wir einen Spaziergang machen. Kaum haben wir am Straßenrand eingeparkt, hält die uniformierte kalifornische Legislative hinter uns – diesmal mit einem Auto. Der Officer ist freundlich, findet aber, dass wir nicht sein dürfen, wo wir sind. Nach einem abschätzenden Blick stimmt er sogar mit uns überein, dass die 20-Fuß-Längenbeschränkung nicht auf uns zutrifft. Aber wir seien höher als siebeneinhalb Fuß. Was stimmt, aber wir haben beide kein Schild gesehen. Wir entschuldigen uns und fragen, ob wir problemlos wieder aus der Straße raus fahren können. Können wir, aber – ich traue meinen Ohren kaum – wir könnten in Kalifornien nicht mit diesen Kennzeichen herumfahren. Nicht schon wieder. Gespannt lauschen wir dem belehrenden Vortrag des Polizisten, bis wir an der Reise sind und ihm erklären, dass wir Deutsche und Reisende mit eigenem Fahrzeug sind, die mit selbigem auch wieder aus den USA ausreisen werden und ganz bestimmt kein US-Kennzeichen brauchen. Nun, der Mann hat einen Führerschein und darf sogar ein Polizeiauto fahren, daher kriegt er es ein wenig schneller mit, dass wir vermutlich Recht haben.

Dennoch macht mich der Vorfall nachdenklich. Das kann kein Zufall sein. Sind kalifornische Offizielle dermaßen auf die illegale Einwanderungsproblematik getrimmt, dass sie weiße Elefanten sehen? Sind Touristen mit eigenem Fahrzeug eine in Kalifornien bislang unbekannte Rasse? Inzwischen schließe ich nicht aus, dass es an uns liegt. Man hält uns anscheinend für Amerikaner. Sollte die amerikanische Flagge, die auf unserem Dachgepäckträger gegenüber der deutschen weht, Schuld sein? Sollten wir die typisch amerikanischen Baseballkappen absetzen? Oder ist es unser mittlerweile perfektionierter amerikanischer Knödelakzent? Den nächsten werde ich fragen.

Am Abend erreichen wir den besonders schönen, kaum besiedelten Küstenabschnitt, der sich Big Sur nennt. Im gleichnamigen State Park gönnen wir uns einen Campingplatz für 35 $ inmitten von Küstenmammutbäumen. Wir wollen die Parks dieser Gegend besuchen und können so zumindest die 10 $ Eintrittsgeld für morgen einsparen. Vor allem aber ist wildes Campen auch hier nicht erlaubt und Verstecken auf der engen Küstenstraße unmöglich. Im Allgemeinen tendieren wir dazu, Konflikte mit der Obrigkeit zu vermeiden. In Kalifornien ganz besonders.

Pinnacles National Monument, Kalifornien – Bewegung in der Erde

Freitag, Februar 25th, 2011

Der Niederschlag, der mehr einem Wolkenbruch denn einem Landregen ähnelt, wird nur unterbrochen von einer herein schneienden E-Mail. Die State Farmer’s Insurance ist der Meinung, der eingereichte Kostenvoranschlag entspricht dem Schaden. Wir sollen eine Adresse nennen, an die sie die Zahlung schicken können. Wenn wir den GfK-Schaden selbst reparieren und den Kratzer nur auspolieren, kommen wir bei der ganzen Sache gar nicht mal so schlecht weg.

Wir verlassen die Panamericana heute für einen Abstecher ins Binnenland zum Pinnacles National Monument. Auf dem Weg dahin beruhigt sich das Wetter und wir können die schöne grüne Hügellandschaft genießen, hinter der, nur wenige hundert Meter entfernt, die San Andreas Verwerfung liegt. Die Spalte zieht sich auf 1100 km Länge von Mexiko bis ins nördliche Kalifornien. Hier stoßen die pazifische und die nordamerikanische Kontinentalplatte zusammen. Erstere driftet Richtung Norden, letztere nach Westen. An vielen Stellen klappt das reibungslos, doch oft verhaken sich die Platten. Wenn die Spannung zu groß wird, entlädt sie sich in einem Erdbeben. Davon gibt es tausende pro Jahr, die meisten nicht einmal fühlbar. Doch manchmal, wie im Jahr 1906 bei sogenannten San-Francisco-Beben, gibt es einen gewaltigen Versatz: Sechs Meter waren es damals, bei einem vorangegangenen Beben 1857 sollen es sogar bis zu neun Meter gewesen sein. Im Durchschnitt beträgt die Gegenbewegung sechs Zentimeter pro Jahr. Die San Andreas Verwerfung gehört zum geologisch aktiven Ring of Fire rund um den Pazifik, ist allerdings eine der wenigen Stellen, wo Kontinentalplatten and Land und nicht unter Wasser zusammenstoßen.

Der Hwy # 25 überquert mehrfach den Kontinentalspalt, was sich nur durch ein kleines Rütteln im Auto bemerkbar macht, da die Straße nicht permanent neu geteert werden kann. Die Pinnacles waren ursprünglich ein Vulkan. Zwei Drittel davon sind vor etwa 2 Mio. Jahren auf der Höhe von Los Angeles abgebrochen und nach Norden gedriftet, wo wir sie heute besuchen können, der Rest liegt 315 km südöstlich. Während der Zeit war die Erosion nicht untätig. Sie hat Türme und Säulen geschaffen, die dem Park seinen Namen gaben. Viele davon sind allerdings während der zahlreichen Erdbeben eingestürzt und haben eine Schlucht fast völlig eingehaust. Die Attraktion in diesem Park ist die Wanderung durch das dunkle höhlenartige Labyrinth, wo an lichten Stellen immer wieder Sonne eindringt. Feste Schuhe und eine Taschenlampe, besser noch eine Stirnlame, sind für den 3,5 km langen Weg nötig. Auf dem Berg angekommen sieht man die interessanten Pinnacles und einen kleinen Stausee, der in den 30er Jahren angelegt, aber nie genutzt wurde. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Wochen läuft das Reservoir über und beschert den Höhlen kleine Wasserfälle, künstliche erzeugte „Regenschauer“ und nasse Füße. Zurück geht es über den Rim Trail oberhalb der Schlucht. Die Höhlen oder Teile davon können zeitweise gesperrt sein, wenn der hier ansässige Indianerstamm sie nutzt.

Santa Cruz, Kalifornien – Das seltsame Verhalten der Elefanten des Meeres

Donnerstag, Februar 24th, 2011

Das Silikon Valley ist ein flacher Landstrich zwischen San José und Palo Alto, übersät von unscheinbaren Flachbauten. Anfang der 70er Jahre wurden hier erstmal Mikroschaltkreise auf Silikonplättchen hergestellt, was die Entwicklung von Computern, wie wir sie heuten kennen, erst möglich machte. Bis heute ist Silikon Valley Standort moderner High-Tech- und Computerindustrie. Gleich dahinter schließt sich die hochrangige private Stanford University an. Dann sind wir wieder auf dem Highway No. 1, nur diesmal nehmen wir die Küstenstraße Richtung Süden. Das Wetter ist nach vier Tagen Sonne wieder unangenehm, typisch für diese Pazifikgegend.

Trotzdem stoppen wir im Año Nuevo State Park, das ein von den See-Elefanten zurückerobertes Habitat schützt. See-Elefanten sind die größten Robben der Welt. Die nördlichen See-Elefanten, die die Westküste Nordamerikas besiedeln, werden bis zu fünf Meter lang und 2,7 Tonnen schwer. Weibchen sind erheblich kleiner mit ca. drei Meter und unter einer Tonne Gewicht. Ihren Namen haben die Meeressäuger von dem Rüssel, den die Männchen mit ihren von Kämpfen vernarbten Brüsten im Laufe ihres Lebens entwickeln und der bei der nördlichen Art besonders lang wird. Bis zu 30 cm können es sein, dank höherer Durchblutung in der Paarungszeit sogar noch länger. Die noch größeren südlichen See-Elefanten leben in Südamerika.

Nach Massenschlachtungen im 19. Jahrhundert zur kommerziellen Nutzung ihres Trans galten sie vor etwa 100 Jahren als ausgerottet Eine kleine Kolonie jedoch hatte überlebt und langsam breitet sich die Art – wenn auch genetisch einseitig – wieder aus. Zweimal im Jahr verbringt jeder See-Elefant mehrere Wochen ohne zu Fressen und zu trinken von seinen Fettreserven lebend an Land – daher sind diese Kolonien eher geruchsneutral. Im Sommer gehen die sonst einzelgängerischen Tiere zum Fellwechsel an den Strand, Weibchen und Männchen, Jung- und Alttiere allerdings zeitlich versetzt. Von Dezember bis März treffen sich alle Individuen zu Geburt und Paarung am Strand. Die restliche Zeit verbringen sie auf See, wo sie fressen und im Wasser schwebend schlafen. Die Männchen schwimmen bis hoch nach Alaska, wo Pazifik und Nordpolarmeer zusammenstoßen, die Weibchen begeben sich weit hinaus in den Pazifik ans Kontinentalschelf. Ihre Diät besteht aus Fischen und Tintenfischen.

Um ein Alphabulle zu werden, also einen Harem zu erobern, muss ein Männchen im Allgemeinen größer sein als seine Konkurrenten, was er selten vor seinem 13. Lebensjahr erreicht. Seine durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 14 Jahre. Weibchen werden um die 20 Jahre alt. Sie gebären je ein Junges, das sie vier Wochen lang säugen mit ihrer mayonnaiseartigen Milch, die 55 % Fett enthält. In der Zeit vervierfacht der Heuler sein Gewicht auf rund 400 kg, während das Muttertier mindestens im gleichen Maße Gewicht abbaut. Am Ende des Monats sind die beiden nur noch durch ihre Fellfarbe – das Jungtier ist zunächst dunkel – zu unterscheiden. Dann robbt die Mutter ohne Vorwarnung ins Wasser, schwimmt davon und überlässt das Junge sich selbst. Manch Babys finden noch eine Ersatzmutter, die ihren eigenen Nachwuchs verloren hat und saugen sich kugelrund bis zur Bewegungsunfähigkeit. Man nennt sie dann Super-Heuler. Nach ihrem Verlassenwerden bleiben die Heuler noch mehrere Wochen liegen und wechseln ihr Fell ins Silbergraue, bis sie plötzlich die Eingebung erhalten, Schwimmen und Fressen wäre eine gute Idee. In kleinen Tidenpools und im Flachwasser bringen sie sich selbst das Schwimmen und Tauchen bei, bis sie der Meinung sind, es zu können und machen sich auf den Weg nach Alaska oder ans Kontinentalschelf. Ihre Überlebensrate indessen beträgt nur 50 %, ganze 30 % kehren im nächsten Jahr wieder. Nachdem sie der Gefahr entronnen sind, von paarungswütigen Bullen zerquetscht zu werden und ihre zweimonatige Fastenkur überstanden haben, warten vor der Küste weiße Haie und Orcas auf ihre Lieblingsnahrung.

Am Eingang des Año Nuevo müssen wir die üblichen 10 $ Eintritt pro Fahrzeug zahlen, der am gleichen Tag für alle kalifornischen State Parks gilt. Um zu den Großrobben zu gelangen, muss man an einer Führung mit einem Ranger teilnehmen, die 7 $ pro Person kostet und etwa zweieinhalb Stunden dauert. Die Wanderung (ca. 5 km) bringt uns bis auf wenige Meter an die Tiere heran. See-Elefanten interessieren sich nicht für Menschen. Allerdings walzen die Bullen völlig ungeniert alles nieder, was ihnen im Weg ist – man sollte besser zur Seite treten. Meist aber liegen die lebenden U-Boote völlig bewegungslos herum. Die Heuler heulen hin und wieder, wie es von ihnen erwartet wird, die Weibchen beschweren sich lauthals, mit aufgerissenem Maul schreiend über was auch immer, und die Bullen geben markerschütternd tiefe, mechanisch klackernde Laute von sich. Aber nur, um einem zu nahe kommenden Konkurrenten Überlegenheit zu signalisieren. Ansonsten bewegen sich die schwanzflossengetriebenen Meeressäuger höchstens, um sich zur Kühlung (!?) mit Sand zu bewerfen.

Vallejo, Kalifornien – Fast fertig

Mittwoch, Februar 23rd, 2011

Alles ist dicht, alles funktioniert, wir räumen zusammen. Scott macht uns eine ausgesprochen faire Rechnung. Dann hilft er uns noch, einen Kostenvoranschlag wegen des Kratzers aus Death Valley für die Versicherung zu bekommen. Scott ist eine großartige Hilfe. Er repariert nicht wirklich selbst, könnte aber zur Not jemanden organisieren. Wenn man aber wie Jörg selbst schrauben kann, ist es perfekt: Wir dürfen bei ihm stehen, seine Werkzeuge bei Bedarf benutzen und er besorgt alles Nötige. Eine gute Adresse!

Vallejo, Kalifornien – Licht am Horizont

Dienstag, Februar 22nd, 2011

Das Schweißen war nicht erfolgreich, der Riss im Ölfiltergehäuse hat sich eher vergrößert. Scott hat aber von einem passenden Motor, den er erst kürzlich verkauft hat, den Filter zurückholen können, freundlicherweise ist sogar ein funktionierender Öldruckgeber dran. Der überholte Anlasser kommt ebenfalls zurück, damit wir wieder ein Ersatzteil haben. Jörg nutzt die Chance, Öl in Achsen, Differentialen und Splitgetriebe auszutauschen, da Scott die entsprechenden Öle besorgt hat, und die Räder mal wieder zu rotieren.

Vallejo, Kalifornien – Materialfehler

Montag, Februar 21st, 2011

Eigentlich hätten wir erst heute bei Scott in Vallejo aufschlagen sollen, aber wegen der Ölproblematik reisten wir gestern schon an. Heut macht sich Scott auf die Suche nach Ersatzteilen für uns. Er bringt unser Ölfiltergehäuse zu einem Schweißer, der sich auch auf Aluminiumgussschweißen versteht, aber der hat nicht viel Hoffnung. Er hält den Riss für einen seltenen Materialfehler, vielleicht zutage getreten durch die Waschbrettfahrt, vielmehr wohl unglücklicher Zufall.

San Francisco, Kalifornien – Begegnung der unheimlichen Art: Die Fahrradpolizistin

Sonntag, Februar 20th, 2011

San Francisco ist eine der ältesten Städte der Vereinigten Staaten. Sie wurde 1776 als spanische Missionsstation errichtet. Im Jahr 1906 fielen 80 % aller Gebäude einer Feuersbrunst zum Opfer, die einem schweren Erdbeben gefolgt war. Die Stadt wurde nicht aufgegeben und zählt heute 780.000 Einwohner, mit Umland fünf Millionen. San Francisco unterscheidet sich wesentlich von anderen amerikanischen Städten. Ihre Lage in einer Bucht, ihr nicht den Jahreszeiten folgendes Klima (es ist tatsächlich sonnig-warm heute), ihre gewachsene Innenstadt, eine der größten Chinatowns in den USA, die berüchtigte Gefängnisinsel Alcatraz, Pier 39 mit seinen Restaurants, Souvenirgeschäften und den auf Schwimmpontons dösenden Seelöwen kreieren ein ganz besonderes Flair.

Bei unserem letzten Besuch in Frisco 2007 verbrachten wir mehrere Tage hier, daher lassen wir es diesmal entspannt angehen. Von unserem Baumarktparkplatz aus – die Strategie bewährt sich – fahren wir zu DEM Wahrzeichen San Franciscos: der Golden Gate Bridge. Vom Aussichtspunkt auf der Südseite hat man einen prima Blick auf die Hängebrücke. Dann fahren wir auf die Nordseite, wo ebenfalls ein Viewpoint eingerichtet wurde. Von hier sieht man das 1937 errichtete Bauwerk in einem interessanten spitzen Winkel und man hat einen guten Blick auf Alcatraz und die Stadt. Es gibt noch einen dritten, besseren Aussichtspunkt, wenn man die Conzelman Road hochfährt.

Doch zwischen uns und dem Fotovergnügen steht erst mal eine Fahrradpolizistin. Sie radelt heran, dreht eine Runde, baut sich vor uns auf, studiert unsere Kennzeichen – sowohl das amtliche deutsche als auch die „Ziernummernschilder“ an unserem Dachgarten – und signalisiert dann, die Fahrertüre zu öffnen. Kein Guten Tag, keine Vorstellung, ihre einleitenden Worte lauten: „Sie können mit diesem Nummernschild nicht in Kalifornien herumfahren.“ „Nein? Wieso?“ Wenn man durch Kalifornien fahre, brauche man ein kalifornisches Kennzeichen, klärt sie uns auf. „Seit wann? Das haben wir noch nie gehört.“ Das sei schon immer so, meint sie. Es entspinnt sich eine mindestens zehnminütige, sinnlose und völlig unverständliche Diskussion, in deren Verlauf sie uns nacheinander mehr oder weniger direkt beschuldigt, Diebe, Waffenschmuggler, Drogentransporteure und Menschenhändler zu sein. Mit unserem Pass, Visum und Fahrzeugpapieren kann sie auch nicht allzu viel anfangen. Ob wir ein Bett in der Kabine haben und kochen könnten (Geht die das was an?). Wenn sie einen Strafzettel an die oben hängenden Nummernschilder schickt, was dann passieren würde (Woher soll ich das wissen? Aber kein Wort davon, dass die Schilder da oben nicht erlaubt wären.). Sie fragt, wo die (amerikanischen und kanadischen) Kennzeichen an unserem Dachgepäckträger her sind. „Die haben wir geschenkt bekommen.“ „Von wem“, fragt sie. „Von Leuten, die wir auf unserer Reise getroffen haben.“ „Von welchen Leuten? Wie haben Sie sie kennen gelernt?“, insistiert sie. Die denkt, wir haben sie geklaut.

Und so geht es weiter. Wo wir in die USA eingereist seien, ob man uns da nicht über die Kennzeichenpflicht aufgeklärt habe, und ob man uns an der Grenze denn nicht gründlich durchsucht habe. „Nein, die Beamten waren nett und freundlich und haben uns weiterfahren lassen.“ Das sei ja völlig unverantwortlich, wettert sie, in SO einem Fahrzeug könne man ja Tonnen von Waffen schmuggeln oder Drogen oder gar Menschen!!! Hat die zu viele schlechte Filme geguckt? Ob wir noch nie von Polizisten angehalten und kontrolliert worden seien, will sie wissen. Nein, und wenn waren es stets nur nette Fragen persönlichen Interesses gewesen, keine offizielle Kontrolle. Ihr Weltbild gerät ins Wanken.

Jörgs Aggressivitätslevel steigt zusehends. Seine Antworten werden immer pampiger. Bei mir ist es noch schlimmer. Ich versuche verzweifelt, Contenance zu wahren. Ich bemühe mich redlich, die Beamtin nicht wissen zu lassen, was ich von ihrer offensichtlichen Neurose und insbesondere ihrem mangelnden Fachwissen halte. Am besten, ich sage überhaupt nichts. Was nicht einfach ist. Tief durchatmen, bis zehn zählen, hilft nichts. Weitermachen, 20, 30,… Da fängt sie schon wieder mit ihren dämlichen kalifornischen Kennzeichen an. Jörg hat mittlerweile einen roten Kopf, um Gelassenheit bemüht, aber der Seismograph weist jetzt ganz deutlich auf eine bevorstehende Eruption hin. Dann endlich merkt es auch die behelmte Fahrradpolizistin. Jörg solle sich beruhigen, wir plauderten ja nur. Plaudern? Hatte ich mir immer ganz anders vorgestellt.

Sie lenkt jetzt ein und versucht, Interesse für unser Fahrzeug und unsere Reise vorzuheucheln. Bis sie wohl die Rückspultaste an ihrem implantierten Kassettenrekorder gefunden hat, auf re-play drückt und die Leier mit den kalifornischen Kennzeichen erneut beginnt. Vielleicht beinhaltet ihre Neurose eine Männerphobie? Vielleicht sollte ich doch etwas sagen? „Wir haben das Fahrzeug doch gar nicht importiert.“ „Neeeiiin?“, entweicht es ihrem Mund. „Und wenn man es nicht importiert und nicht länger als 12 Monate im Land ist, braucht man auch keine amerikanischen Kennzeichen.“ Aber wir seien ja auf dem Landweg eingereist, da sei das völlig anders als wenn man das Fahrzeug verschiffe, zweifelt sie noch immer. „Nein“, erkläre ich bestimmt, „das spielt keine Rolle. Wenn man nicht importiert, bekommt man auch kein Kennzeichen. Und wenn man keinen Wohnsitz in den Vereinigten Staaten hat, kann man gar nicht importieren.“, behaupte ich. Sie scheint nicht überzeugt, aber ansatzweise nachdenklich. Vielleicht wägt sie auch ab, ob es besser wäre, sich auf der anderen Seite der Fahrerkabine nicht noch einen Feind zu schaffen. Ihr Überlebensinstinkt siegt. Wer weiß schon, welche Waffen in DEM Fahrzeug gelagert sind? (Und ich bin bereit sie zu zücken!) Sie wünscht uns halbherzig gute Fahrt und tritt in die Pedale. Schade, ich hatte sie doch noch nach ihrem Namen, Dienstgrad, Dienststelle und Vorgesetzten fragen wollen.

Während ich beim Losfahren noch darüber nachdenke, ob ich Kalifornien vorbehaltlos in mein Herz schließen werde, verkündet ein Schild an der Conzelman Road: „No RVs and Busses.“ Bei derartigen Vorschriften geht es meist um die Fahrzeuggröße und da unsere Grundfläche nicht mehr Raum beansprucht als ein durchschnittlicher Stellplatz betrifft uns dann meist nicht. Was aber, wenn die radelnde Furie einen Rappel bekommt und den Berg hoch schnauft? Ich will gar nicht darüber nachdenken. Wir treten besser den Rückzug an. Außerdem haben wir ein ganz anderes Problem: Unser Motor verliert langsam Öl. Das Filtergehäuse scheint einen Riss zu haben. Das ist gar nicht gut, denn unser Öldruckgeber gab gestern seinen Geist auf. In Kombination ist das ungefähr so, als würde man mit einem Fallschirm, den man nicht selbst zusammengelegt hat, aus dem Flugzeug springen. Vielleicht geht es gut, vielleicht auch nicht. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Quäntchen Öls auf das ökologisch-reine Straßenpflaster San Franciscos tropft. Und wenn das der zweiradbetriebene Arm des Gesetzes zu Gesicht bekommt…oh Gott, Kalifornien praktiziert dank Arnies Engagement immer noch die Todesstrafe. Nichts wie weg.

Sacramento, Kalifornien – Kaliforniens Hauptstadt ohne Arnie

Samstag, Februar 19th, 2011

Sacramento ist nicht nur attraktive Hauptstadt Kaliforniens, sondern bietet echte Geschichte. 1838 vom Schweizer Johann August Sutter als Klein Helvetien gegründet, entwickelte sich die Stadt rasch und zählt heute 470.000 Einwohner. Obwohl die Kapitale nicht gleichzeitig Zentrum des Wirtschaftslebens ist, hat sich die Stadt besser entwickelt als die meisten vergleichbaren Beispiele. Die historische, teils restaurierte und teils wieder aufgebaute Altstadt Old Town Sacramento ist ein belebter Stadtteil im Westernstil mit Shops und Kneipen nicht nur für Touristen. Das weiße Kapitol als Regierungssitz gilt als eines der schönsten seiner Art in den Vereinigten Staaten. Hier hat bis vor kurzem Arnie Arnold Schwarzenegger residiert. Im Januar beendete der Republikaner seine zweite und nach Gesetz letzte Amtszeit und übergab sein Amt an den Demokraten Gerry Brown, der früher bereits einmal Gouverneur Kaliforniens gewesen war.

Wir setzen unsere Fahrt nach San Francisco fort, doch der Regen nimmt wieder zu. Unser letzter Besuch in Frisco war im August von wenigen Jahren. Damals hieß es, der Sommer ist die schlechteste Jahreszeit, im Winter ist alles besser. Bis jetzt sieht es nicht danach aus, aber die Vorhersage für morgen lässt hoffen.

Redding, Kalifornien – Obstbaumblüte statt Schnee

Freitag, Februar 18th, 2011

Im Armeeshop in Medford kaufen wir uns neue steuerfreie Hosen zu sehr günstigen Preisen, bevor wir uns weiter auf den Weg nach Süden machen. Unsere alten lösen sich dank der Faser fressenden Wäschetrockner so langsam auf. Die I 5 ist für uns die schnellste Verbindung in Richtung San Francisco. Für eine Interstate hat sie einen sehr schönen Verlauf durch die Ausläufer der Kaskaden, vorbei am 4317 m hohen kegelförmigen Mt. Shasta, der irgendwie an den Kilimandscharo erinnert, nur weit mehr Schnee trägt. Der Shasta Lake ist ein idyllisch gelegener Stausee, doch es treibt uns weiter bis unter die Schneegrenze, die erst bei 370 m Höhe endet. Wir steigen noch weitere 200 Höhenmeter ab, um ganz sicher zu gehen. In Redding, der ersten größeren Stadt in Kalifornien, blühen zu unserer Erleichterung wieder Ostbäume.

Medford, Oregon – Neugierige Fragen

Donnerstag, Februar 17th, 2011

Das Geräusch tropfenden Regens wird allmählich ersetzt durch etwas viel Leiseres. Gegen Morgen dann rutschen Platten zu schwer gewordenen Schnees lautstark über die abgerundeten Dachkanten der Kabine. Über Nacht sind 15 cm nassen pappigen Schnees gefallen. Bäume stürzen um unter dem Gewicht, Steine lösen sich von den Bergen und purzeln auf die Straße. Wir sind froh, endlich auf der I 5 anzukommen, wo sich die weißen Flocken langsam wieder verflüssigen und sich sogar der Regen irgendwann verzieht.

Oregon hat, im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten, keine Sales Tax, Mehrwertsteuer. Daher bleiben wir heute Nachmittag in Medford, der einzigen größeren Stadt in der Nähe, um einige Besorgungen zu machen und vor allem vollzutanken. Wie immer erregen wir überall Aufmerksamkeit. US-Amerikaner kommen relativ unverblümt zur Sache. „Was zum Teufel ist das denn?“, lautet die stets gleiche, anscheinend wichtigste Frage zum Fahrzeug. Gleich dahinter rangiert, manchmal nur als einzige Frage quasi im Vorbeifahren aus dem Autofenster gebrüllt: „What’s your mileage? Wie viel verbraucht das Fahrzeug?“ Als Antwort erwidert man, wie viele Meilen das Vehikel mit einer Gallone Kraftstoff fahren kann – mit der Angabe x Liter pro 100 km kann hier niemand etwas anfangen. Obwohl Benzin und Diesel noch immer um einiges günstiger sind als in Europa und die großen amerikanischen Autos wahre Spritfresser sind, scheint der Verbrauch dennoch ein wichtiges Thema zu sein. Unsere Antwort, 12 Meilen pro Gallone, ruft regelmäßig Erstaunen vor, brauchen manche ihrer größeren Pick-ups fast das Doppelte. German Engineering ruft immer wieder Bewunderung hervor.

Eine weitere, von wildfremden Menschen oft unverblümt gestellte Frage ist, woher man so viel Geld für eine derartige Reise hat. Die Antwort, 15 Jahre hart in der Wüste gearbeitet, dabei sein Geld nicht ausgeben gekonnt und stattdessen gespart zu haben, scheint befriedigend zu sein. Das entspricht so ziemlich dem American Dream: Hart arbeiten, Geld verdienen, etwas aus sich machen, das geht in Ordnung und ist irgendwie besser als erben oder im Lotto gewinnen.

Man sollte diese neugierigen, sehr direkten Fragen nicht als unhöflich oder offensiv empfinden, das ist eben die amerikanische Mentalität.

Myrtle Point, Oregon – Durch Regenwald zur Pazifikküste

Mittwoch, Februar 16th, 2011

Im nördlichen Teil der Redwood Parks sollte man unbedingt die beiden Küstenaussichtspunkte Klamath River Overlook bei Requa und Point St. George in Crescent City anfahren. Die Blicke auf den Pazifik mit seinen herantosenden Wellen sind immer spektakulär. Eine der schönsten Straßen im Park ist die Howland Hill Road, die die über den Redwood Highway # 199 auf die # 101 zurückführt. Der leider nur für Pkw – und Arminius gerade so eben – geeignete schmale Waldweg führt durch majestätischen, Ehrfurcht gebietenden Baumbestand, der mit seinem dichten Unterwuchs aus Farnen und Rhododendren wie verzaubert wirkt. Hier unten ist es ziemlich dunkel und der Regen tröpfelt nur spärlich durchs 100 m hohe immergrüne Nadeldach.

Wir bleiben auf der # 101 und fahren nach Norden an der Oregon-Küste entlang, der nachgesagt wird, noch schöner zu sein als die kalifornische Küste. Ich versuche es mir vorzustellen, was wegen des anhaltenden Regens nicht ganz einfach ist. Wenn immer mal wieder die Sonne durchbricht, wechselt der Pazifik seine Farbe von tristem Grau zu lichtem Türkis. Von vielen Aussichtspunkten kann man beobachten, wie die Wellen sich an den vorgelagerten schwarzen Felsen brechen.

Das Wetter verheißt im Moment nichts wirklich Gutes. Über Hwy # 42 planen wir zur I 5 nach Kalifornien zurückzufahren. An der # 42 ist Land unter. Flüsse sprudeln über, Weideland hat sich in Sumpf verwandelt. Mit Mühe finden wir einen einigermaßen trockenen Übernachtungsplatz.

Redwood National Park, Kalifornien – Drei uralte Verwandte

Dienstag, Februar 15th, 2011

Ganz im Norden Kaliforniens sind vier weitere Parks zu den Redwood National and State Parks zusammengefasst. Zahlreiche Aussichtspunkte, befahrbare Waldwege und Wandermöglichkeiten laden zu Aktivitäten ein. Wir beschränken unser Ausflugsprogramm etwas wegen des mit wenigen Unterbrechungen strömenden Regens. Die Rangerin im Besucherzentrum des eintrittsfreien Parks aber freut sich: „Wir sind ganz aufgeregt“, sagt sie, „es ist der erste Regen seit fünf Wochen“.

Und der Winter ist nun mal Regenzeit. Das ist es, was der Regenwald benötigt und was den Küstenmammutbäumen erst ihr enormes Höhenwachstum ermöglicht – bis zu 30 cm im Jahr können es sein. Im trockenen Sommer bezieht er seine Feuchtigkeit aus Küstennebeln. Außer einer voranschreitenden Klimaänderung und dem Menschen haben diese Bäume kaum Feinde. Tannin und andere Gifte in der Rinde verhindern Pilzbefall. Die bis zu 30 cm dicke Rinde macht das Eindringen von Insekten nahezu unmöglich und das darin gespeicherte Wasser macht den Baum unempfindlich gegen Waldbrände. Frühere, mittlerweile eingestellte Maßnahmen zur Bekämpfung natürlicher, periodisch auftretender Brände hatten das Gegenteil bewirkt: Totes Material sammelte sich übermäßig am Boden und führte zu weit verheerenderen Feuern. Einzig Wind kann die Nadelbäume, die zu Dinosaurierzeiten die ganze Nordhalbkugel bedeckten, umwerfen.

Es gibt noch zwei weitere Redwood-Arten, die beide in separaten, ganz eingeschränkten Habitaten leben. Der Riesenmammutbaum in der westlichen Sierra Nevada wird mit weniger als 100 m nicht ganz so hoch, gilt dafür mit bis zu 12 m Stammdurchmesser als massigster Baum der Welt und wird sogar über 3000 Jahre alt. Über den Urweltmammutbaum weiß man nur wenig mehr als dass er wesentlich kleiner ist als seine Verwandten. Er galt als seit Jahrmillionen ausgestorben, bis in den 40er Jahren ein Waldarbeiter in China einen Restbestand des lebenden Fossils entdeckte.

Einen sehr schönen Spaziergang durch alte Redwood-Bestände kann man am Lady Bird Johnson Grove an der Bald Hills Road unternehmen. Auch am Drury Scenic Parkway, der für einige Meilen parallel zum Hwy # 101 verläuft, gibt es schöne große Bäume. Der Coastal Drive Rundweg ist nicht ganz so spannend, erlaubt aber zwischendurch Blicke auf das Meer.

Die Versicherung des Pick-up-Fahrers, der im Death Valley unsere Kabine geschrammt hat, ruft heute an und zeigt sich entgegenkommend. Sie werden den Schaden übernehmen und benötigen Fotos davon sowie den Kostenvoranschlag einer Reparaturwerkstatt. Wieder etwas zu erledigen.

Eureka, Kalifornien – Hello Mary-Lou aus Männerkehlen

Montag, Februar 14th, 2011

Der angekündigte Regen hat uns an unserem Nachtstellplatz oberhalb der Klippen schon bald eingeholt. Leider hat sich auch ein stürmischer Wind aufgemacht, der uns, obwohl wir in Längsrichtung zum Sturm stehen, immer wieder durchschüttelt. Am Morgen verlassen wir die Lost Coast und folgen dabei weiter der Mattole Road. Vom vielen Schalten und Kurbeln am Lenkrad kann man hier dicke Arme bekommen.

Die eher unattraktive Stadt Eureka bildet das Zentrum der hiesigen Forstindustrie. Wir werden mehrfach angesprochen von Leuten, die schon einmal in Deutschland waren, deutsche Wurzeln haben oder sogar ein paar Worte deutsch sprechen. Dass der eine oder andere der Meinung ist, man solle die Redwood Forests fällen und nutzen wie ein Getreidefeld, mag erst einmal erschrecken. Zumal wenn es noch heißt, dass es nicht schlimm wäre, wenn es 1000 Jahre dauere, bis sie nachwachsen. (Die Frage lautet wohl eher, ob sie es überhaupt tun würden.) Die Menschen der Stadt leben jedoch vom Holz fällen und verarbeiten und fürchten vielleicht schlicht Arbeitslosigkeit. Und durch besondere Weitsicht scheint sich die menschliche Rasse im Allgemeinen ja nicht auszuzeichnen.

Wir sind mit unseren Erledigungen fertig und wollen eigentlich weiterfahren, kommen aber nicht weit. Doyle, ebenfalls mit deutschen Wurzeln, hält uns an und lädt uns in ein Cafe ein. Er bietet uns an, bei ihm über Nacht zu stehen, er lebt in einem Wohnwagen und hat Platz auf dem Grundstück. Trotz strömenden Regens grillen wir Steaks im Freien. Doyle singt in einem 30 Mann starken a cappella Männerchor Barbershop-Musik. Wir dürfen bei der Probe zuhören, aber viel mehr als das eher moderne „Hello, Mary-Lou“ aus den 50ern erkennen wir nicht, aber es ist schöner, anspruchsvoller Harmoniegesang. Dann setzen wir uns wieder bei Doyle in den Garten unters Vordach bis spät in die Nacht.

Avenue of the Giants, Kalifornien – Die höchsten Bäume der Erde

Sonntag, Februar 13th, 2011

Um 8:00 Uhr hält ein weißer Pick-up auf dem Platz. Ihm entsteigt eine Rangerin mit resoluter Figur und ebensolchem Auftreten. Eine kurze Diskussion entspinnt sich mit unserem Nachbarn, bevor Geld gegen ein Stück Papier getauscht wird. Dann klopft es an unsere Tür. Wir hätten unerlaubt in einem State Park gecampt. In Kalifornien dürfe man nicht auf einem Parkplatz kampieren, man müsse immer einen Campingplatz benutzen. Die Campinggebühr in diesem Park betrage 35 $, und die möchte sie jetzt kassieren. Damit hätten wir heute in den State Parks freien Eintritt. Alternativ könne sie uns einen Strafzettel ausstellen. Wir halten es für unangebracht, sich mit einem amerikanischen Law Enforcement Officer anzulegen und zahlen den saftigen Übernachtungspreis.

Nur zwei Kilometer weiter verkündet ein Schild, dass wir den State Park verlassen. Da haben wir wohl gestern Abend in der Dunkelheit nicht darauf geachtet. Der nächste staatliche Campground, den wir unter die Lupe nehmen, hat Plumpsklos, keine Hook-ups oder auch nur Duschen und kostet ebenfalls 35 $, ein weiterer mit definitiv unbenutzbaren Plumpsklos 25 $. Das scheinen hier die üblichen Tarife zu sein. Ein klein wenig erinnert mich das an das südliche British Columbia, das uns auch nicht ganz so überzeugt hat.

Wir kurven weiter am Meer entlang und an Zedernalleen, durch das durch ein Lied bekannt gewordene, recht touristische Mendocino, bis der Highway No. 1 in einem Bogen die Küste verlässt und bei Legget schließlich sein nördliches Ende findet. Wir bleiben nur kurz auf dem gut ausgebauten anschließenden Hwy # 101 und biegen hinter Garberville in die Avenue of the Giants genannte Nebenstraße im Humbold State Park ein. Dies ist der südlichste einer ganzen Kette von Parks, die die wenigen Restbestände der Redwoods im nördlichen Kalifornien schützen.

Die zu Deutsch Küstenmammutbaum genannte Art bildet mit bis zu 113 m die höchsten Bäume der Erde, mit zu den ältesten zählen sie auch. Manche Exemplare haben schon vor Christi Geburt ihre Wurzeln geschlagen. Sie wachsen ausschließlich in einer Zone gemäßigten Regenwalds zwischen Oregon und Santa Cruz in Kalifornien. Aus allen anderen Gebieten haben sich die Bäume, die zu Dinosaurierzeiten die gesamte Nordhalbkugel bedeckten, seit der letzten Eiszeit zurückgezogen, da es ihnen zu trocken und zu heiß geworden ist. Weil ihr dauerhaftes, witterungsresistentes Holz von höchstem Interesse für die Forstindustrie ist, wurden seit der weißen Besiedlung die ursprünglichen 8000 km2 auf weniger als vier Prozent reduziert. Das hatte erhebliche Auswirkungen nicht nur für die Bäume selbst, sondern für das gesamte Ökosystem. Wie in Kanada auch machte man sich nicht allzu viele Gedanken über Wiederaufforstung, sondern überließ den entblößten Boden der Erosion. Pflanzen- und Tierarten zogen sich zurück, Flüsse versandeten mit angeschwemmtem Erdreich und Fischlaichgründe verschwanden in solchem Ausmaß, dass der Lachsbestand drastisch zurückging. Erst dann wurden von Seiten der Regierung Maßnahmen ergriffen, die Restwälder zu retten und Wiederaufforstung zu betreiben. Mit Erfolg, verlautet es.

Ein besonders schöner Abschnitt im Humboldt State Park ist die Mattole Road # 211, die nach Westen abzweigt. Statt wieder zurückzufahren, folgen wir der engen holprigen Nebenstraße, die in steilen Auf- und Abstiegen über zahlreiche Höhenzüge bis an die einsame Küste führt, die passend Lost Coast heißt.

 

Jenner, Kalifornien – Schon wieder Verbrechersuche

Samstag, Februar 12th, 2011

Wir wollen die Küste in Richtung Norden erkunden, solange Scott mit dem Anlasser beschäftigt ist. Unser Weg führt durch Napa Valley, das wichtigste Weinanbaugebiet Kaliforniens. Zugegeben: Ich liebe Wein und ich mag Weinkellereien, auch wenn ich kein ausgesprochener Anhänger kalifornischer Reben bin, aber das hier ist der Albtraum. Auf der einzigen Durchgangsstraße kriecht der Verkehr im Schneckentempo, auf den Parkplätzen vor den Weinkellern drängen sich dutzende, manchmal weit mehr als 100 Autos, in den Gärten der Wineries versammeln sich volksfestartige Mengen zum Essen und Trinken, und Schlangen bis aus den Gebäuden hinaus bilden sich an den Weinproben. Vielleicht ist das Wochenende nicht ganz der ideale Zeitpunkt für einen Besuch im Napa Valley. Flucht ist die einzige Lösung, nur geht das nicht so schnell.

Über schmale Nebenstraßen und viele Berge kämpfen wir uns durch bis zum Meer. Auf dem legendären Highway Number One reisen wir langsam weiter. Die Straße windet sich in zahlreichen Serpentinen hinauf und hinunter. Von den Klippen hat man immer wieder grandiose Ausblicke auf den mächtigen Pazifischen Ozean, der so scheinbar ruhig daliegt und sich doch in tosenden Wellen an vorgelagerten Felsen und Kliffs bricht. Wir beobachten an einer geschützten Flussmündung Seehunde, die scheinbar spielerisch im Wasser umher gleiten. Immer mal wieder taucht der Blas eines Wals auf. Am Straßenrand wachsen exotische weiße Calla-Blumen. Zum Abend hin finden wir einen Schotterplatz neben der Straße, der groß genug ist, ruhig zu stehen. Wir holen Kameras und Fernglas heraus, um auf den Sonnenuntergang zu warten.

Zwei Sheriffautos hintereinander rasen an uns vorbei. Wenig später kreist der Sheriffhubschrauber über und unter uns, immer und immer wieder, genau über dem Gebiet, wo wir stehen. Als es dunkler wird, schaltet er seine Suchscheinwerfer ein. Hundestaffeln bellen, wir hören Megaphondurchsagen. Erst kurz vor dem Verschwinden des allerletzten Tageslichts dreht der Helikopter ab. Wir werden ein mulmiges Gefühl nicht los und entschließen uns, trotz der Dunkelheit weiter zu fahren. Schon hinter der nächsten Kurve steht das Polizeiaufgebot. Wir halten kurz an, um die Lage zu checken, da wir ja eigentlich über Nacht bleiben wollten. „Da oben geht etwas vor sich“, meint der sehr nette Officer und deutet den Hang hoch, ohne mehr sagen zu können, wollen oder dürfen. Er bestätigt, dass es auf jeden Fall besser ist, das Gebiet zu verlassen. Vorsichtshalber legen wir ein gutes Stück zurück, doch das dauert, denn es ist stockfinster und eine Haarnadelkurve reiht sich an die nächste. Wir sind froh, spät am Abend einen geräumigen Platz neben der Straße zu finden, wo sich schon ein Pick-up-Caravan postiert hat. Wir gesellen uns dazu.

Vallejo, Kalifornien – Bei Expeditions-Scott in Vallejo

Freitag, Februar 11th, 2011

Der schnellste Weg an die kalifornische Pazifikküste führt über die I 80. Auf dem nur 2200 m hohen Donner Summit überqueren wir die Sierra Nevada. Der Highway ist perfekt geräumt, aber links und rechts von uns sausen Skifahrer die sonnigen Hänge hinunter und Lifte bringen sie wieder hinauf. Wir lassen sogar Lake Tahoe aus. Der See in wunderschöner alpiner Umgebung erinnert mich an den Starnberger See. Wir waren vor wenigen Jahren hier, nur diesmal ist es uns einfach zu winterlich. Die vielen gesperrten Straßen machen das Reisen nicht einfacher. Außerdem haben wir heute noch eine Verabredung. Am Westrand der Sierra Nevada können wir im Sonnenschein draußen ein Mittagspicknick halten. Noch weiter unten wird alles grün: Die Bäume tragen Blätter, das Gras ist frisch und die Mandelbäume am Straßenrand blühen rosa.

Die ersten Slums kündigen Vallejo an. Die Stadt gehörte sicher noch nie zum Besten, was Kalifornien zu bieten hat, aber seit der 08er Krise hat sich viel zum Negativen entwickelt. In einem Industriegebiet liegt Scotts Firma Expedition Imports. Er hat in den USA einen guten Namen für Fahrzeug- und Ersatzteilhandel von Expeditionsfahrzeugen, darunter natürlich Unimog. Wir haben einen leicht schwächelnden Anlasser, der bei milden Temperaturen bestens funktioniert, aber bei Kälte nicht mehr so recht will. Scott soll ihn „runderneuern“ lassen. In der Zwischenzeit stellt er uns einen neu entwickelten Anlasser mit höherem Drehmoment zur Verfügung, den wir behalten oder ihm zurückgeben können, nachdem der alte wieder hergerichtet ist. Und das alles ohne Geld, ohne Sicherheit. Scott vertraut einfach darauf, dass wir wiederkommen.

Reno, Nevada – Zwei Besuche, drei Stunden und vier Verkäufer später: Lissy bekommt Gesellschaft

Donnerstag, Februar 10th, 2011

In Reno angekommen decken wir uns mit Lebensmitteln, vor allem aber mit Diesel und Bier ein. In Kalifornien ist alles teurer. Wir haben beschlossen, unsere gebrochene Tachowelle vorerst nicht zu ersetzen, außerdem dauert die Ersatzteilbeschaffung zu lange. Alternativ wollen wir uns ein zweites Navigationssystem zulegen, das eine plakative Geschwindigkeitsanzeige besitzen und im Sichtbereich des Fahrers angebracht werden soll. Nehmen wir eine andere Marke als das bereits in unserem Besitz befindliche Tomtom namens Lissy haben wir vielleicht sogar den Vorteil, anderes Kartenmaterial vor allem für abgelegene Gebiete zu erhalten als wir bereits besitzen.

Wir versuchen unser Glück in einem Elektronikmarkt. Es wird uns zwei Besuche und drei Stunden kosten, ein neues Navigationsgerät zu erstehen. In der gleichen Zeit verschleißen wir vier Verkäufer. Die lächeln vielleicht etwas freundlicher als bei uns zu Hause, sind aber nicht kompetenter. Fragen, die hinausgehen über „Was kostet dieses Gerät?“ oder „Welche Farbe ist hübscher?“ werden meist mit einem Lächeln quittiert und resultieren im spurlosen Verschwinden des Verkäufers. Die Frage „Kann man dieses Gerät nur mit zwölf Volt oder auch mit 24 V betreiben?“ wird als Zumutung betrachtet und man wird vom Angestellten auf seinen Geisteszustand hin taxiert. 24 V – wo gibt’s denn so was. Die hilfreiche Antwort lautet: „Ja, man kann es mit zwölf Volt betreiben.“ Die Bitte, eine Packung zu öffnen, da dem Stecker im Normalfall zu entnehmen ist, mit welchen Stromspannungen das Ladekabel operiert, wird freundlich ignoriert.

Auf die Frage, welches Kartenmaterial für das Garmin-Gerät erhältlich ist, heißt es erst mal: „Da sind die USA drauf.“ Mein Insistieren bringt Verkäufer Nummer drei (Typ: junger hektischer Computerfreak) dazu, wild aber oberflächlich im Internet zu surfen und festzustellen, dass eine Weltkarte erhältlich ist. Bevor ich Details erfahre, ist die Seite schon wieder zu. Auf erneutes Drängen hin erfahre ich: „Ja, man kann aus dem Internet Karten herunterladen.“ Nein, so was. Da wäre ich von alleine nicht drauf gekommen. Nee Jungs, ihr kriegt mich nicht aus der Ruhe. Ich kann auch lächeln und die Frage fünf Mal wiederholen. Wo ist Verkäufer Nummer vier?

Da kommt sie, und wir haben endlich Glück. Sie ist aus einer anderen Abteilung und hat so gar keine Ahnung, was von echtem Vorteil ist. Sie ist bereit, im Internet nochmals nach der Weltkarte zu schauen und öffnet sogar einen Karton, damit wir einen Blick auf den Stecker werfen können. Natürlich arbeitet das Teil auch mit 24 V. Verwirrung gibt es nur nochmals, als sich herausstellt, dass das Gerät aus dem Angebot mit Zusatzleistungen nicht im Regal steht, sondern weggeschlossen ist (damit man es nicht finden kann?). Aber wen stört es schon, nochmals von der Kasse zurück zur Verkäuferin (Nr. 4) zu laufen und wieder zur Kasse? Das mach ich doch mit einem Lächeln…

Der Abend wird dann noch wahrhaftig lustig. Chas und seine Frau Vanessa haben uns zum Essen in ein lokales Restaurant eingeladen. Chas hatte unsere Website schon vor Monaten entdeckt und war seitdem in Kontakt mit uns. Er kommt mit seinem Unimog 1250 Doka von 1991 auf den Parkplatz vor dem Restaurant gefahren. Zusammen erregen wir doppelt so viel Aufmerksamkeit als sonst. Eine alte Mercedes S-Klasse von 1984 fährt auf den Hof. Es entsteigt ein sehr dicker, aber unglaublich aufgeweckter und sympathischer Mann. „Was geht hier vor?“, fragt er. „Ist das ein geheimes Mercedes-Treffen?“ Ja, es wird ein lustiger Abend.