Lillooet, British Columbia – Perfektionsgetarnte Jäger mit Pfeil und Bogen

In der Nacht pustet der Wind einen Wetterwechsel verheißend über die Bergrücken. Am Morgen hat es noch einmal 24° mit Sonnenschein, aber rings um Merritt sind die Wolken kreisförmig an den Bergspritzen hängen geblieben. Trotzig ziehen wir Shorts an, aber die Freude hält nicht lange an Innerhalb einer halben Stunde plumpst die Temperatur auf 9°, die Sonne wechselt sich mit Gewitter- und Regenschauern ab. Noch einmal zwängen wir uns auf engen Wegen durch den Wald, über Berge und durch Täler, schlittern im Schlamm, bewerfen uns mit Dreckklumpen, treffen Jäger und Angler, und manchmal auch lange niemanden. Ein Pärchen mit Tarnanzügen und einem tarnfarbenen Quad nimmt ihrem mit Tarnpulloverchen gekleideten Yorkshire Terrier mit auf die Jagd mit tarngemusterten Compoundbögen. Wir genießen das BC-Offroad-Gefühl, das sich dem Durchschnittstouristen kaum erschließt. Immer wieder setzt sich trockene Steppe gegen den Wald durch, wo außer blassgrünen Salbeibüschen kaum etwas anderes wächst. An anderen Stellen hingegen ist der Wald so feucht, dass lindgrüne Moosbüschel tote Äste überwuchern. Wir teilen uns die Wege wieder mit den Kühen, die zu deren Territorium gehören. Bei Ashcroft erreichen wir Asphaltstraße. Die terrassenförmigen Berge kleiden sich nur noch braun ohne einen Schimmer von gelb. Im Tal fließt der Thompson River durch den Black Canyon. Die Schlucht macht ihrem Namen alle Ehre, denn ihre Wände sind kohlrabenschwarz. Über Cache Creek gelangen wir auf dem Hwy # 99 nach Lillooet. Vor gut 150 Jahren war der Ort während des hiesigen Goldrauschs eine der größten Städte nördlich von San Francisco. Davon ist heute gar nichts mehr zu merken. Selbst die deutsche Bäckerei schließt schon nachmittags, sodass wir nicht einmal Brot oder Kuchen kaufen können. Hinter Lillooet tauchen plötzlich imposante, finstere Berge auf, es blitzt und donnert um uns herum und die dunklen Regenwolken machen uns glauben, es sei mitten in der Nacht.

Der Stromerzeuger BC Hydro betreibt einige Rastplätze und kostenlose Campgrounds, einen davon am Seton Lake südlich von Lillooet, wo trotz des langen Feiertagswochenendes wenig los ist. Gerade als wir einparken lichtet sich in einem Dreieck zwischen den Bergen ein winziger Streifen blauer Himmel. Nach einer halben Stunde strahlt die Sonne, der Regenbogen verblasst langsam und die frische dicke Schneeschicht auf den Gipfeln glitzert. Viel zu früh im Jahr, meinen die Kanadier um uns herum. Wir entschließen uns zu einem gemeinsamen Abendessen, Lagerfeuer und Bier, um den heutigen Jagderfolg der Gruppe zu feiern. Die Frau hat ihren ersten Hirsch geschossen. Wir bekommen Hirschsteaks und Elchburger mit auf den Weg und revanchieren uns mit selbstgepflückten Bioäpfeln.

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