Archive for Februar, 2011

Morro Bay, Kalifornien – Das putzige Treiben der Seeotter

Montag, Februar 28th, 2011

Morro Rock ist nicht nur das Wahrzeichen der Bucht und des Ortes mit dem Namen Morro Bay. Der 176 m hohe, weithin sichtbare kegelförmige Fels markiert auch den Beginn Südkaliforniens. In der von einer Sandbank geschützten, nur über einen Kanal mit dem Meer verbunden Bucht pausieren die auch in Kalifornien seltenen Seeotter. Die kleinsten und vermutlich possierlichsten aller Meeressäuger hängen einfach ab, und selbst dabei gelingt es ihnen noch, allerliebst auszusehen. Sie liegen auf dem Rücken, das pelzige runde Köpfchen mit den Knopfaugen ruht auf dem Bauch, genau wie die gefalteten Vorderpfoten. Auch die Hinterflossen werden möglichst aus dem Wasser gehalten. Das größte Tier der Gruppe ist munter. Es dreht eine Seitwärtsrolle nach der anderen und wickelt sich dabei in Seetang ein. Den Kelp benutzen die Tiere als Anker, damit sie beim Schlafen nicht abtreiben. Die Fellpflege ist intensiv: Der Otter „kratzt“ sich, wäscht sich den Kopf, putzt seine Füße. Das Schauspiel wird höchstens übertroffen von einer Mutter, die mit ihrem Baby herein schwimmt. Sie schlägt Rollen, Purzelbäume und dreht Pirouetten, und das Junge macht ihr geflissentlich alles nach.

Während wir die Otter beobachten, versucht ein Erdhörnchen, meine Jeans zu fressen. Das ist nicht weiter schlimm, denn die muss eh bald ausgemustert werden. Als der Ziesel dann versucht, mit seinen spitzen Zähnen gezielt die Saumnaht aufzutrennen, wird es mir doch zu bunt und ich versuche ihn zu verscheuchen – mit mäßigem Erfolg. Um mich herum in den Steinen am Ufer wuselt es nur so vor eigentlich niedlichen Hörnchen. Wenn es aber zu viele werden, bekommt man fast den Eindruck, in einen Hitchcock-Thriller geraten zu sein.

Nebenan hat ein Kanadareiher einen riesigen Fisch gefangen. Diese Reiherart wird über 1,20 m groß und besitzt einen beeindruckenden Schnabel, aber diese Beute ist locker 25 cm lang. Der Vogel hält den Fisch minutenlang dekorativ im Schnabel, bis er zu dem Schluss kommt, ihn zu verschmähen und freizulassen. Da waren wohl die Augen größer als der Mund oder der Fisch größer als der Schlund.

Im Montana des Oro State Park in Los Osos machen wir noch unsere tägliche Wanderung hinaus ans Meer, wo heute unglaublich viele Wale vorbeiziehen, bevor wir uns abends bei John und Virginia treffen. Das sind Freunde von Camille, die wir beim Wandern in Utah getroffen haben und die wir in wenigen Tagen besuchen werden. Die beiden bieten geführte Kajak- und Fahrradtouren an und päppeln nebenbei Wildtiere auf, die ihnen zugeteilt werden – von Hirschen über Pumas so ziemlich alles. Im Moment leben hier zwei lustige Opossums, die als wahrhaftige Allesfresser nicht schwer zu pflegen sind.

Big Sur, Kalifornien – Die schönste Küste Kaliforniens

Sonntag, Februar 27th, 2011

Die Küstenstraße verläuft traumhaft im bereich von Big Sur, was soviel wie „großer Süden“ bedeutet. Von den Serpentinen hoch über den Klippen hat man einen großartigen Blick auf den heute wörtlich Stillen Ozean. Es ist die Zeit der Grauwale. Die Mütter kehren mit ihren Kälbern so langsam aus ihrer mexikanischen Kinderstube zurück nach Norden, während einige späte trächtige Kühe noch nach Süden unterwegs sind. Immer wieder ist nur wenige hundert Meter vor der Küste ein Blas zu entdecken, oft ganze Gruppen.

Pfeiffer Beach gilt als einer der attraktivsten Strände dieser Gegend. Zu erreichen ist er über eine enge kurvige Straße, die nicht für Motorhomes zugelassen ist. Wir dürfen, denn wir fragen vorher. Die 5 $ Eintritt müssen wir trotzdem bezahlen, da es kein State Park ist, doch der Interagency Jahrespass wird auch nicht anerkannt, obwohl es sich um nationales Eigentum handelt. Die weitläufige geschützte Bucht mit Felsdurchbrüchen und mündenden Flüsschen ist einen Spaziergang wert. Im Sommer ist das ein vermutlich überaus beliebter Platz.

Unweit davon liegt linker Hand die Henry Miller Library, die mehr sein möchte als eine Bücherei und kostenlosen Kaffee, Tee und WiFi-Zugang bietet. Der berühmte, nichtsdestoweniger umstrittene amerikanische Schriftsteller Henry Miller machte mit seinem Buch „Big Sur oder die Orangen des Hieronymus Bosch“ die Gegend erst bekannt. Er schrieb einst über Big Sur: „Das Angesicht der Erde, wie der Schöpfer es beabsichtigte auszusehen“.

Zehn Meilen südlich am Julia Pfeiffer Burns State Park, liegt eine Bucht wie aus dem Bilderbuch: feiner Sand, türkisblaues Wasser, schützende Felsen, ein Wasserfall, der erst auf den Strand plätschert und dann ins Meer fließt, grüne Bäume, bunte Blumen. In ihrem Testament verfügte eine reiche Bankenerbin, die dem Staat Kalifornien dieses Stückchen Erde hinterließ, neben der Benennung nach einer Pionierin, dass es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde, dass aber gleichzeitig der Strand gesperrt bleibe, damit jeder Besucher den Anblick genießen kann. Auf Höhe von Hearst Castle, dem Traumschloss eines früheren Medienzars, das man für viel Geld ansehen könnte, glaube ich, einer Fata Morgana zu erliegen: Auf einer Weide läuft etwas Vierbeiniges herum, nicht Kuh, nicht Pferd, und Streifen trägt es auch noch. Irgendein Witzbold hat eine Herde Zebras importiert.

Am Ende der Big Sur Coast, kurz vor San Simeon, liegen an der Elephant Seal Rookery hunderte von See-Elefanten am Strand. Die zahlreichen Parkplätze sind mit Bohlenwegen miteinander verbunden und nur mit Zäunen vom Strand getrennt, wo man – ohne Eintritt, aber auch ohne Rangerführung – dem bellenden, schreienden, geifernden, jaulenden, jammernden, fauchenden, kopulierenden, rülpsenden, niesenden und pupsenden Treiben der See-Elefanten zusehen kann.

Carmel, Kalifornien – Das kalifornische Kennzeichen-Phänomen

Samstag, Februar 26th, 2011

In der Monterey Bay liegen ein paar hübsche historische Strandorte, wo sich viele reiche Menschen niedergelassen haben. Monterey wurde 1770 als Missionsstation gegründet. Das zugehörige Gebäude, die Royal Presidio Chapel, kann auch heute noch besichtigt werden. Sie soll die kleinste Basilika der Welt sein. Ab 1775 war Monterey Hauptstadt des zuerst spanischen, dann mexikanischen und ab 1846 amerikanischen Kaliforniens, bis sie 1854 von Sacramento abgelöst wurde. Hübsch ist auch die Fisherman’s Wharf mit allem was dazugehört: Restaurants, Souvenirshops, Booten und bellenden Seehunden, wenn auch kein Vergleich mit San Francisco.

Auf einem Parkplatz fotografiert eine füllige ältliche Blondine im rosa Pullover und mit unvorteilhaft engen Stretch-Sporthosen Arminius. Sie ignoriert mich, obwohl ich eindeutig zugehörig daneben stehe. Dann lehnt sie sich lasziv an Arminius’ Kotflügel und räkelt sich in sexy Posen, während ihr Mann sie ablichtet. Ich trete ungefragt zur Seite – nicht dass ich noch störe. Manchmal – aber nur manchmal – sind sie schon ein wenig eigen, die Amis.

Über einen Scenic Drive am Meer entlang, wo es immer wieder Aussichtspunkte mit Seehunden und -löwen gibt, gelangt man in den Nebenort Pacific Grove. Die Hauptattraktion hier sind die von Oktober bis März überwinternden Monarchfalter, die eine auffällige orange- oder gelb-schwarze Zeichnung besitzen. An nur wenigen Stellen in der Stadt hängen sie in Trauben an Bäumen und warten, dass die Sonne sie wärmt. Erst ab ca. 13° C können sie fliegen. Meist um die Mittagszeit flattern sie alle los. Das Besondere an der Migration der Amerikanischen Monarchen ist, dass während eines Jahres mehrere Generationen Schmetterlinge geboren werden und sterben – ihre Lebenszeit beträgt nur einige Wochen. Aber nur die im Herbst geschlüpfte Generation fliegt aus Kanada zu ihren Überwinterungsgründen in Kalifornien und Mexiko. Woher sie das wohl wissen?

Der dritte Ort auf der Halbinsel heißt Carmel. Carmel – da war doch irgendwas… Genau, Filmschauspieler Clint Eastwood bekleidete für einige Jahre das Bürgermeisteramt. Auch dieser teure Künstlerort besitzt eine spanische Missionsstation von 1770 – sehr hübsch. Davor aber sehen wir uns den Ort an und folgen dazu dem Scenic Drive. Von der Restriktion 20 Fuß Länge maximal fühlen wir uns nicht angesprochen. Am schönen schneeweißen Sandstrand wollen wir einen Spaziergang machen. Kaum haben wir am Straßenrand eingeparkt, hält die uniformierte kalifornische Legislative hinter uns – diesmal mit einem Auto. Der Officer ist freundlich, findet aber, dass wir nicht sein dürfen, wo wir sind. Nach einem abschätzenden Blick stimmt er sogar mit uns überein, dass die 20-Fuß-Längenbeschränkung nicht auf uns zutrifft. Aber wir seien höher als siebeneinhalb Fuß. Was stimmt, aber wir haben beide kein Schild gesehen. Wir entschuldigen uns und fragen, ob wir problemlos wieder aus der Straße raus fahren können. Können wir, aber – ich traue meinen Ohren kaum – wir könnten in Kalifornien nicht mit diesen Kennzeichen herumfahren. Nicht schon wieder. Gespannt lauschen wir dem belehrenden Vortrag des Polizisten, bis wir an der Reise sind und ihm erklären, dass wir Deutsche und Reisende mit eigenem Fahrzeug sind, die mit selbigem auch wieder aus den USA ausreisen werden und ganz bestimmt kein US-Kennzeichen brauchen. Nun, der Mann hat einen Führerschein und darf sogar ein Polizeiauto fahren, daher kriegt er es ein wenig schneller mit, dass wir vermutlich Recht haben.

Dennoch macht mich der Vorfall nachdenklich. Das kann kein Zufall sein. Sind kalifornische Offizielle dermaßen auf die illegale Einwanderungsproblematik getrimmt, dass sie weiße Elefanten sehen? Sind Touristen mit eigenem Fahrzeug eine in Kalifornien bislang unbekannte Rasse? Inzwischen schließe ich nicht aus, dass es an uns liegt. Man hält uns anscheinend für Amerikaner. Sollte die amerikanische Flagge, die auf unserem Dachgepäckträger gegenüber der deutschen weht, Schuld sein? Sollten wir die typisch amerikanischen Baseballkappen absetzen? Oder ist es unser mittlerweile perfektionierter amerikanischer Knödelakzent? Den nächsten werde ich fragen.

Am Abend erreichen wir den besonders schönen, kaum besiedelten Küstenabschnitt, der sich Big Sur nennt. Im gleichnamigen State Park gönnen wir uns einen Campingplatz für 35 $ inmitten von Küstenmammutbäumen. Wir wollen die Parks dieser Gegend besuchen und können so zumindest die 10 $ Eintrittsgeld für morgen einsparen. Vor allem aber ist wildes Campen auch hier nicht erlaubt und Verstecken auf der engen Küstenstraße unmöglich. Im Allgemeinen tendieren wir dazu, Konflikte mit der Obrigkeit zu vermeiden. In Kalifornien ganz besonders.

Pinnacles National Monument, Kalifornien – Bewegung in der Erde

Freitag, Februar 25th, 2011

Der Niederschlag, der mehr einem Wolkenbruch denn einem Landregen ähnelt, wird nur unterbrochen von einer herein schneienden E-Mail. Die State Farmer’s Insurance ist der Meinung, der eingereichte Kostenvoranschlag entspricht dem Schaden. Wir sollen eine Adresse nennen, an die sie die Zahlung schicken können. Wenn wir den GfK-Schaden selbst reparieren und den Kratzer nur auspolieren, kommen wir bei der ganzen Sache gar nicht mal so schlecht weg.

Wir verlassen die Panamericana heute für einen Abstecher ins Binnenland zum Pinnacles National Monument. Auf dem Weg dahin beruhigt sich das Wetter und wir können die schöne grüne Hügellandschaft genießen, hinter der, nur wenige hundert Meter entfernt, die San Andreas Verwerfung liegt. Die Spalte zieht sich auf 1100 km Länge von Mexiko bis ins nördliche Kalifornien. Hier stoßen die pazifische und die nordamerikanische Kontinentalplatte zusammen. Erstere driftet Richtung Norden, letztere nach Westen. An vielen Stellen klappt das reibungslos, doch oft verhaken sich die Platten. Wenn die Spannung zu groß wird, entlädt sie sich in einem Erdbeben. Davon gibt es tausende pro Jahr, die meisten nicht einmal fühlbar. Doch manchmal, wie im Jahr 1906 bei sogenannten San-Francisco-Beben, gibt es einen gewaltigen Versatz: Sechs Meter waren es damals, bei einem vorangegangenen Beben 1857 sollen es sogar bis zu neun Meter gewesen sein. Im Durchschnitt beträgt die Gegenbewegung sechs Zentimeter pro Jahr. Die San Andreas Verwerfung gehört zum geologisch aktiven Ring of Fire rund um den Pazifik, ist allerdings eine der wenigen Stellen, wo Kontinentalplatten and Land und nicht unter Wasser zusammenstoßen.

Der Hwy # 25 überquert mehrfach den Kontinentalspalt, was sich nur durch ein kleines Rütteln im Auto bemerkbar macht, da die Straße nicht permanent neu geteert werden kann. Die Pinnacles waren ursprünglich ein Vulkan. Zwei Drittel davon sind vor etwa 2 Mio. Jahren auf der Höhe von Los Angeles abgebrochen und nach Norden gedriftet, wo wir sie heute besuchen können, der Rest liegt 315 km südöstlich. Während der Zeit war die Erosion nicht untätig. Sie hat Türme und Säulen geschaffen, die dem Park seinen Namen gaben. Viele davon sind allerdings während der zahlreichen Erdbeben eingestürzt und haben eine Schlucht fast völlig eingehaust. Die Attraktion in diesem Park ist die Wanderung durch das dunkle höhlenartige Labyrinth, wo an lichten Stellen immer wieder Sonne eindringt. Feste Schuhe und eine Taschenlampe, besser noch eine Stirnlame, sind für den 3,5 km langen Weg nötig. Auf dem Berg angekommen sieht man die interessanten Pinnacles und einen kleinen Stausee, der in den 30er Jahren angelegt, aber nie genutzt wurde. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Wochen läuft das Reservoir über und beschert den Höhlen kleine Wasserfälle, künstliche erzeugte „Regenschauer“ und nasse Füße. Zurück geht es über den Rim Trail oberhalb der Schlucht. Die Höhlen oder Teile davon können zeitweise gesperrt sein, wenn der hier ansässige Indianerstamm sie nutzt.

Santa Cruz, Kalifornien – Das seltsame Verhalten der Elefanten des Meeres

Donnerstag, Februar 24th, 2011

Das Silikon Valley ist ein flacher Landstrich zwischen San José und Palo Alto, übersät von unscheinbaren Flachbauten. Anfang der 70er Jahre wurden hier erstmal Mikroschaltkreise auf Silikonplättchen hergestellt, was die Entwicklung von Computern, wie wir sie heuten kennen, erst möglich machte. Bis heute ist Silikon Valley Standort moderner High-Tech- und Computerindustrie. Gleich dahinter schließt sich die hochrangige private Stanford University an. Dann sind wir wieder auf dem Highway No. 1, nur diesmal nehmen wir die Küstenstraße Richtung Süden. Das Wetter ist nach vier Tagen Sonne wieder unangenehm, typisch für diese Pazifikgegend.

Trotzdem stoppen wir im Año Nuevo State Park, das ein von den See-Elefanten zurückerobertes Habitat schützt. See-Elefanten sind die größten Robben der Welt. Die nördlichen See-Elefanten, die die Westküste Nordamerikas besiedeln, werden bis zu fünf Meter lang und 2,7 Tonnen schwer. Weibchen sind erheblich kleiner mit ca. drei Meter und unter einer Tonne Gewicht. Ihren Namen haben die Meeressäuger von dem Rüssel, den die Männchen mit ihren von Kämpfen vernarbten Brüsten im Laufe ihres Lebens entwickeln und der bei der nördlichen Art besonders lang wird. Bis zu 30 cm können es sein, dank höherer Durchblutung in der Paarungszeit sogar noch länger. Die noch größeren südlichen See-Elefanten leben in Südamerika.

Nach Massenschlachtungen im 19. Jahrhundert zur kommerziellen Nutzung ihres Trans galten sie vor etwa 100 Jahren als ausgerottet Eine kleine Kolonie jedoch hatte überlebt und langsam breitet sich die Art – wenn auch genetisch einseitig – wieder aus. Zweimal im Jahr verbringt jeder See-Elefant mehrere Wochen ohne zu Fressen und zu trinken von seinen Fettreserven lebend an Land – daher sind diese Kolonien eher geruchsneutral. Im Sommer gehen die sonst einzelgängerischen Tiere zum Fellwechsel an den Strand, Weibchen und Männchen, Jung- und Alttiere allerdings zeitlich versetzt. Von Dezember bis März treffen sich alle Individuen zu Geburt und Paarung am Strand. Die restliche Zeit verbringen sie auf See, wo sie fressen und im Wasser schwebend schlafen. Die Männchen schwimmen bis hoch nach Alaska, wo Pazifik und Nordpolarmeer zusammenstoßen, die Weibchen begeben sich weit hinaus in den Pazifik ans Kontinentalschelf. Ihre Diät besteht aus Fischen und Tintenfischen.

Um ein Alphabulle zu werden, also einen Harem zu erobern, muss ein Männchen im Allgemeinen größer sein als seine Konkurrenten, was er selten vor seinem 13. Lebensjahr erreicht. Seine durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 14 Jahre. Weibchen werden um die 20 Jahre alt. Sie gebären je ein Junges, das sie vier Wochen lang säugen mit ihrer mayonnaiseartigen Milch, die 55 % Fett enthält. In der Zeit vervierfacht der Heuler sein Gewicht auf rund 400 kg, während das Muttertier mindestens im gleichen Maße Gewicht abbaut. Am Ende des Monats sind die beiden nur noch durch ihre Fellfarbe – das Jungtier ist zunächst dunkel – zu unterscheiden. Dann robbt die Mutter ohne Vorwarnung ins Wasser, schwimmt davon und überlässt das Junge sich selbst. Manch Babys finden noch eine Ersatzmutter, die ihren eigenen Nachwuchs verloren hat und saugen sich kugelrund bis zur Bewegungsunfähigkeit. Man nennt sie dann Super-Heuler. Nach ihrem Verlassenwerden bleiben die Heuler noch mehrere Wochen liegen und wechseln ihr Fell ins Silbergraue, bis sie plötzlich die Eingebung erhalten, Schwimmen und Fressen wäre eine gute Idee. In kleinen Tidenpools und im Flachwasser bringen sie sich selbst das Schwimmen und Tauchen bei, bis sie der Meinung sind, es zu können und machen sich auf den Weg nach Alaska oder ans Kontinentalschelf. Ihre Überlebensrate indessen beträgt nur 50 %, ganze 30 % kehren im nächsten Jahr wieder. Nachdem sie der Gefahr entronnen sind, von paarungswütigen Bullen zerquetscht zu werden und ihre zweimonatige Fastenkur überstanden haben, warten vor der Küste weiße Haie und Orcas auf ihre Lieblingsnahrung.

Am Eingang des Año Nuevo müssen wir die üblichen 10 $ Eintritt pro Fahrzeug zahlen, der am gleichen Tag für alle kalifornischen State Parks gilt. Um zu den Großrobben zu gelangen, muss man an einer Führung mit einem Ranger teilnehmen, die 7 $ pro Person kostet und etwa zweieinhalb Stunden dauert. Die Wanderung (ca. 5 km) bringt uns bis auf wenige Meter an die Tiere heran. See-Elefanten interessieren sich nicht für Menschen. Allerdings walzen die Bullen völlig ungeniert alles nieder, was ihnen im Weg ist – man sollte besser zur Seite treten. Meist aber liegen die lebenden U-Boote völlig bewegungslos herum. Die Heuler heulen hin und wieder, wie es von ihnen erwartet wird, die Weibchen beschweren sich lauthals, mit aufgerissenem Maul schreiend über was auch immer, und die Bullen geben markerschütternd tiefe, mechanisch klackernde Laute von sich. Aber nur, um einem zu nahe kommenden Konkurrenten Überlegenheit zu signalisieren. Ansonsten bewegen sich die schwanzflossengetriebenen Meeressäuger höchstens, um sich zur Kühlung (!?) mit Sand zu bewerfen.

Vallejo, Kalifornien – Fast fertig

Mittwoch, Februar 23rd, 2011

Alles ist dicht, alles funktioniert, wir räumen zusammen. Scott macht uns eine ausgesprochen faire Rechnung. Dann hilft er uns noch, einen Kostenvoranschlag wegen des Kratzers aus Death Valley für die Versicherung zu bekommen. Scott ist eine großartige Hilfe. Er repariert nicht wirklich selbst, könnte aber zur Not jemanden organisieren. Wenn man aber wie Jörg selbst schrauben kann, ist es perfekt: Wir dürfen bei ihm stehen, seine Werkzeuge bei Bedarf benutzen und er besorgt alles Nötige. Eine gute Adresse!

Vallejo, Kalifornien – Licht am Horizont

Dienstag, Februar 22nd, 2011

Das Schweißen war nicht erfolgreich, der Riss im Ölfiltergehäuse hat sich eher vergrößert. Scott hat aber von einem passenden Motor, den er erst kürzlich verkauft hat, den Filter zurückholen können, freundlicherweise ist sogar ein funktionierender Öldruckgeber dran. Der überholte Anlasser kommt ebenfalls zurück, damit wir wieder ein Ersatzteil haben. Jörg nutzt die Chance, Öl in Achsen, Differentialen und Splitgetriebe auszutauschen, da Scott die entsprechenden Öle besorgt hat, und die Räder mal wieder zu rotieren.

Vallejo, Kalifornien – Materialfehler

Montag, Februar 21st, 2011

Eigentlich hätten wir erst heute bei Scott in Vallejo aufschlagen sollen, aber wegen der Ölproblematik reisten wir gestern schon an. Heut macht sich Scott auf die Suche nach Ersatzteilen für uns. Er bringt unser Ölfiltergehäuse zu einem Schweißer, der sich auch auf Aluminiumgussschweißen versteht, aber der hat nicht viel Hoffnung. Er hält den Riss für einen seltenen Materialfehler, vielleicht zutage getreten durch die Waschbrettfahrt, vielmehr wohl unglücklicher Zufall.

San Francisco, Kalifornien – Begegnung der unheimlichen Art: Die Fahrradpolizistin

Sonntag, Februar 20th, 2011

San Francisco ist eine der ältesten Städte der Vereinigten Staaten. Sie wurde 1776 als spanische Missionsstation errichtet. Im Jahr 1906 fielen 80 % aller Gebäude einer Feuersbrunst zum Opfer, die einem schweren Erdbeben gefolgt war. Die Stadt wurde nicht aufgegeben und zählt heute 780.000 Einwohner, mit Umland fünf Millionen. San Francisco unterscheidet sich wesentlich von anderen amerikanischen Städten. Ihre Lage in einer Bucht, ihr nicht den Jahreszeiten folgendes Klima (es ist tatsächlich sonnig-warm heute), ihre gewachsene Innenstadt, eine der größten Chinatowns in den USA, die berüchtigte Gefängnisinsel Alcatraz, Pier 39 mit seinen Restaurants, Souvenirgeschäften und den auf Schwimmpontons dösenden Seelöwen kreieren ein ganz besonderes Flair.

Bei unserem letzten Besuch in Frisco 2007 verbrachten wir mehrere Tage hier, daher lassen wir es diesmal entspannt angehen. Von unserem Baumarktparkplatz aus – die Strategie bewährt sich – fahren wir zu DEM Wahrzeichen San Franciscos: der Golden Gate Bridge. Vom Aussichtspunkt auf der Südseite hat man einen prima Blick auf die Hängebrücke. Dann fahren wir auf die Nordseite, wo ebenfalls ein Viewpoint eingerichtet wurde. Von hier sieht man das 1937 errichtete Bauwerk in einem interessanten spitzen Winkel und man hat einen guten Blick auf Alcatraz und die Stadt. Es gibt noch einen dritten, besseren Aussichtspunkt, wenn man die Conzelman Road hochfährt.

Doch zwischen uns und dem Fotovergnügen steht erst mal eine Fahrradpolizistin. Sie radelt heran, dreht eine Runde, baut sich vor uns auf, studiert unsere Kennzeichen – sowohl das amtliche deutsche als auch die „Ziernummernschilder“ an unserem Dachgarten – und signalisiert dann, die Fahrertüre zu öffnen. Kein Guten Tag, keine Vorstellung, ihre einleitenden Worte lauten: „Sie können mit diesem Nummernschild nicht in Kalifornien herumfahren.“ „Nein? Wieso?“ Wenn man durch Kalifornien fahre, brauche man ein kalifornisches Kennzeichen, klärt sie uns auf. „Seit wann? Das haben wir noch nie gehört.“ Das sei schon immer so, meint sie. Es entspinnt sich eine mindestens zehnminütige, sinnlose und völlig unverständliche Diskussion, in deren Verlauf sie uns nacheinander mehr oder weniger direkt beschuldigt, Diebe, Waffenschmuggler, Drogentransporteure und Menschenhändler zu sein. Mit unserem Pass, Visum und Fahrzeugpapieren kann sie auch nicht allzu viel anfangen. Ob wir ein Bett in der Kabine haben und kochen könnten (Geht die das was an?). Wenn sie einen Strafzettel an die oben hängenden Nummernschilder schickt, was dann passieren würde (Woher soll ich das wissen? Aber kein Wort davon, dass die Schilder da oben nicht erlaubt wären.). Sie fragt, wo die (amerikanischen und kanadischen) Kennzeichen an unserem Dachgepäckträger her sind. „Die haben wir geschenkt bekommen.“ „Von wem“, fragt sie. „Von Leuten, die wir auf unserer Reise getroffen haben.“ „Von welchen Leuten? Wie haben Sie sie kennen gelernt?“, insistiert sie. Die denkt, wir haben sie geklaut.

Und so geht es weiter. Wo wir in die USA eingereist seien, ob man uns da nicht über die Kennzeichenpflicht aufgeklärt habe, und ob man uns an der Grenze denn nicht gründlich durchsucht habe. „Nein, die Beamten waren nett und freundlich und haben uns weiterfahren lassen.“ Das sei ja völlig unverantwortlich, wettert sie, in SO einem Fahrzeug könne man ja Tonnen von Waffen schmuggeln oder Drogen oder gar Menschen!!! Hat die zu viele schlechte Filme geguckt? Ob wir noch nie von Polizisten angehalten und kontrolliert worden seien, will sie wissen. Nein, und wenn waren es stets nur nette Fragen persönlichen Interesses gewesen, keine offizielle Kontrolle. Ihr Weltbild gerät ins Wanken.

Jörgs Aggressivitätslevel steigt zusehends. Seine Antworten werden immer pampiger. Bei mir ist es noch schlimmer. Ich versuche verzweifelt, Contenance zu wahren. Ich bemühe mich redlich, die Beamtin nicht wissen zu lassen, was ich von ihrer offensichtlichen Neurose und insbesondere ihrem mangelnden Fachwissen halte. Am besten, ich sage überhaupt nichts. Was nicht einfach ist. Tief durchatmen, bis zehn zählen, hilft nichts. Weitermachen, 20, 30,… Da fängt sie schon wieder mit ihren dämlichen kalifornischen Kennzeichen an. Jörg hat mittlerweile einen roten Kopf, um Gelassenheit bemüht, aber der Seismograph weist jetzt ganz deutlich auf eine bevorstehende Eruption hin. Dann endlich merkt es auch die behelmte Fahrradpolizistin. Jörg solle sich beruhigen, wir plauderten ja nur. Plaudern? Hatte ich mir immer ganz anders vorgestellt.

Sie lenkt jetzt ein und versucht, Interesse für unser Fahrzeug und unsere Reise vorzuheucheln. Bis sie wohl die Rückspultaste an ihrem implantierten Kassettenrekorder gefunden hat, auf re-play drückt und die Leier mit den kalifornischen Kennzeichen erneut beginnt. Vielleicht beinhaltet ihre Neurose eine Männerphobie? Vielleicht sollte ich doch etwas sagen? „Wir haben das Fahrzeug doch gar nicht importiert.“ „Neeeiiin?“, entweicht es ihrem Mund. „Und wenn man es nicht importiert und nicht länger als 12 Monate im Land ist, braucht man auch keine amerikanischen Kennzeichen.“ Aber wir seien ja auf dem Landweg eingereist, da sei das völlig anders als wenn man das Fahrzeug verschiffe, zweifelt sie noch immer. „Nein“, erkläre ich bestimmt, „das spielt keine Rolle. Wenn man nicht importiert, bekommt man auch kein Kennzeichen. Und wenn man keinen Wohnsitz in den Vereinigten Staaten hat, kann man gar nicht importieren.“, behaupte ich. Sie scheint nicht überzeugt, aber ansatzweise nachdenklich. Vielleicht wägt sie auch ab, ob es besser wäre, sich auf der anderen Seite der Fahrerkabine nicht noch einen Feind zu schaffen. Ihr Überlebensinstinkt siegt. Wer weiß schon, welche Waffen in DEM Fahrzeug gelagert sind? (Und ich bin bereit sie zu zücken!) Sie wünscht uns halbherzig gute Fahrt und tritt in die Pedale. Schade, ich hatte sie doch noch nach ihrem Namen, Dienstgrad, Dienststelle und Vorgesetzten fragen wollen.

Während ich beim Losfahren noch darüber nachdenke, ob ich Kalifornien vorbehaltlos in mein Herz schließen werde, verkündet ein Schild an der Conzelman Road: „No RVs and Busses.“ Bei derartigen Vorschriften geht es meist um die Fahrzeuggröße und da unsere Grundfläche nicht mehr Raum beansprucht als ein durchschnittlicher Stellplatz betrifft uns dann meist nicht. Was aber, wenn die radelnde Furie einen Rappel bekommt und den Berg hoch schnauft? Ich will gar nicht darüber nachdenken. Wir treten besser den Rückzug an. Außerdem haben wir ein ganz anderes Problem: Unser Motor verliert langsam Öl. Das Filtergehäuse scheint einen Riss zu haben. Das ist gar nicht gut, denn unser Öldruckgeber gab gestern seinen Geist auf. In Kombination ist das ungefähr so, als würde man mit einem Fallschirm, den man nicht selbst zusammengelegt hat, aus dem Flugzeug springen. Vielleicht geht es gut, vielleicht auch nicht. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Quäntchen Öls auf das ökologisch-reine Straßenpflaster San Franciscos tropft. Und wenn das der zweiradbetriebene Arm des Gesetzes zu Gesicht bekommt…oh Gott, Kalifornien praktiziert dank Arnies Engagement immer noch die Todesstrafe. Nichts wie weg.

Sacramento, Kalifornien – Kaliforniens Hauptstadt ohne Arnie

Samstag, Februar 19th, 2011

Sacramento ist nicht nur attraktive Hauptstadt Kaliforniens, sondern bietet echte Geschichte. 1838 vom Schweizer Johann August Sutter als Klein Helvetien gegründet, entwickelte sich die Stadt rasch und zählt heute 470.000 Einwohner. Obwohl die Kapitale nicht gleichzeitig Zentrum des Wirtschaftslebens ist, hat sich die Stadt besser entwickelt als die meisten vergleichbaren Beispiele. Die historische, teils restaurierte und teils wieder aufgebaute Altstadt Old Town Sacramento ist ein belebter Stadtteil im Westernstil mit Shops und Kneipen nicht nur für Touristen. Das weiße Kapitol als Regierungssitz gilt als eines der schönsten seiner Art in den Vereinigten Staaten. Hier hat bis vor kurzem Arnie Arnold Schwarzenegger residiert. Im Januar beendete der Republikaner seine zweite und nach Gesetz letzte Amtszeit und übergab sein Amt an den Demokraten Gerry Brown, der früher bereits einmal Gouverneur Kaliforniens gewesen war.

Wir setzen unsere Fahrt nach San Francisco fort, doch der Regen nimmt wieder zu. Unser letzter Besuch in Frisco war im August von wenigen Jahren. Damals hieß es, der Sommer ist die schlechteste Jahreszeit, im Winter ist alles besser. Bis jetzt sieht es nicht danach aus, aber die Vorhersage für morgen lässt hoffen.

Redding, Kalifornien – Obstbaumblüte statt Schnee

Freitag, Februar 18th, 2011

Im Armeeshop in Medford kaufen wir uns neue steuerfreie Hosen zu sehr günstigen Preisen, bevor wir uns weiter auf den Weg nach Süden machen. Unsere alten lösen sich dank der Faser fressenden Wäschetrockner so langsam auf. Die I 5 ist für uns die schnellste Verbindung in Richtung San Francisco. Für eine Interstate hat sie einen sehr schönen Verlauf durch die Ausläufer der Kaskaden, vorbei am 4317 m hohen kegelförmigen Mt. Shasta, der irgendwie an den Kilimandscharo erinnert, nur weit mehr Schnee trägt. Der Shasta Lake ist ein idyllisch gelegener Stausee, doch es treibt uns weiter bis unter die Schneegrenze, die erst bei 370 m Höhe endet. Wir steigen noch weitere 200 Höhenmeter ab, um ganz sicher zu gehen. In Redding, der ersten größeren Stadt in Kalifornien, blühen zu unserer Erleichterung wieder Ostbäume.

Medford, Oregon – Neugierige Fragen

Donnerstag, Februar 17th, 2011

Das Geräusch tropfenden Regens wird allmählich ersetzt durch etwas viel Leiseres. Gegen Morgen dann rutschen Platten zu schwer gewordenen Schnees lautstark über die abgerundeten Dachkanten der Kabine. Über Nacht sind 15 cm nassen pappigen Schnees gefallen. Bäume stürzen um unter dem Gewicht, Steine lösen sich von den Bergen und purzeln auf die Straße. Wir sind froh, endlich auf der I 5 anzukommen, wo sich die weißen Flocken langsam wieder verflüssigen und sich sogar der Regen irgendwann verzieht.

Oregon hat, im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten, keine Sales Tax, Mehrwertsteuer. Daher bleiben wir heute Nachmittag in Medford, der einzigen größeren Stadt in der Nähe, um einige Besorgungen zu machen und vor allem vollzutanken. Wie immer erregen wir überall Aufmerksamkeit. US-Amerikaner kommen relativ unverblümt zur Sache. „Was zum Teufel ist das denn?“, lautet die stets gleiche, anscheinend wichtigste Frage zum Fahrzeug. Gleich dahinter rangiert, manchmal nur als einzige Frage quasi im Vorbeifahren aus dem Autofenster gebrüllt: „What’s your mileage? Wie viel verbraucht das Fahrzeug?“ Als Antwort erwidert man, wie viele Meilen das Vehikel mit einer Gallone Kraftstoff fahren kann – mit der Angabe x Liter pro 100 km kann hier niemand etwas anfangen. Obwohl Benzin und Diesel noch immer um einiges günstiger sind als in Europa und die großen amerikanischen Autos wahre Spritfresser sind, scheint der Verbrauch dennoch ein wichtiges Thema zu sein. Unsere Antwort, 12 Meilen pro Gallone, ruft regelmäßig Erstaunen vor, brauchen manche ihrer größeren Pick-ups fast das Doppelte. German Engineering ruft immer wieder Bewunderung hervor.

Eine weitere, von wildfremden Menschen oft unverblümt gestellte Frage ist, woher man so viel Geld für eine derartige Reise hat. Die Antwort, 15 Jahre hart in der Wüste gearbeitet, dabei sein Geld nicht ausgeben gekonnt und stattdessen gespart zu haben, scheint befriedigend zu sein. Das entspricht so ziemlich dem American Dream: Hart arbeiten, Geld verdienen, etwas aus sich machen, das geht in Ordnung und ist irgendwie besser als erben oder im Lotto gewinnen.

Man sollte diese neugierigen, sehr direkten Fragen nicht als unhöflich oder offensiv empfinden, das ist eben die amerikanische Mentalität.

Myrtle Point, Oregon – Durch Regenwald zur Pazifikküste

Mittwoch, Februar 16th, 2011

Im nördlichen Teil der Redwood Parks sollte man unbedingt die beiden Küstenaussichtspunkte Klamath River Overlook bei Requa und Point St. George in Crescent City anfahren. Die Blicke auf den Pazifik mit seinen herantosenden Wellen sind immer spektakulär. Eine der schönsten Straßen im Park ist die Howland Hill Road, die die über den Redwood Highway # 199 auf die # 101 zurückführt. Der leider nur für Pkw – und Arminius gerade so eben – geeignete schmale Waldweg führt durch majestätischen, Ehrfurcht gebietenden Baumbestand, der mit seinem dichten Unterwuchs aus Farnen und Rhododendren wie verzaubert wirkt. Hier unten ist es ziemlich dunkel und der Regen tröpfelt nur spärlich durchs 100 m hohe immergrüne Nadeldach.

Wir bleiben auf der # 101 und fahren nach Norden an der Oregon-Küste entlang, der nachgesagt wird, noch schöner zu sein als die kalifornische Küste. Ich versuche es mir vorzustellen, was wegen des anhaltenden Regens nicht ganz einfach ist. Wenn immer mal wieder die Sonne durchbricht, wechselt der Pazifik seine Farbe von tristem Grau zu lichtem Türkis. Von vielen Aussichtspunkten kann man beobachten, wie die Wellen sich an den vorgelagerten schwarzen Felsen brechen.

Das Wetter verheißt im Moment nichts wirklich Gutes. Über Hwy # 42 planen wir zur I 5 nach Kalifornien zurückzufahren. An der # 42 ist Land unter. Flüsse sprudeln über, Weideland hat sich in Sumpf verwandelt. Mit Mühe finden wir einen einigermaßen trockenen Übernachtungsplatz.

Redwood National Park, Kalifornien – Drei uralte Verwandte

Dienstag, Februar 15th, 2011

Ganz im Norden Kaliforniens sind vier weitere Parks zu den Redwood National and State Parks zusammengefasst. Zahlreiche Aussichtspunkte, befahrbare Waldwege und Wandermöglichkeiten laden zu Aktivitäten ein. Wir beschränken unser Ausflugsprogramm etwas wegen des mit wenigen Unterbrechungen strömenden Regens. Die Rangerin im Besucherzentrum des eintrittsfreien Parks aber freut sich: „Wir sind ganz aufgeregt“, sagt sie, „es ist der erste Regen seit fünf Wochen“.

Und der Winter ist nun mal Regenzeit. Das ist es, was der Regenwald benötigt und was den Küstenmammutbäumen erst ihr enormes Höhenwachstum ermöglicht – bis zu 30 cm im Jahr können es sein. Im trockenen Sommer bezieht er seine Feuchtigkeit aus Küstennebeln. Außer einer voranschreitenden Klimaänderung und dem Menschen haben diese Bäume kaum Feinde. Tannin und andere Gifte in der Rinde verhindern Pilzbefall. Die bis zu 30 cm dicke Rinde macht das Eindringen von Insekten nahezu unmöglich und das darin gespeicherte Wasser macht den Baum unempfindlich gegen Waldbrände. Frühere, mittlerweile eingestellte Maßnahmen zur Bekämpfung natürlicher, periodisch auftretender Brände hatten das Gegenteil bewirkt: Totes Material sammelte sich übermäßig am Boden und führte zu weit verheerenderen Feuern. Einzig Wind kann die Nadelbäume, die zu Dinosaurierzeiten die ganze Nordhalbkugel bedeckten, umwerfen.

Es gibt noch zwei weitere Redwood-Arten, die beide in separaten, ganz eingeschränkten Habitaten leben. Der Riesenmammutbaum in der westlichen Sierra Nevada wird mit weniger als 100 m nicht ganz so hoch, gilt dafür mit bis zu 12 m Stammdurchmesser als massigster Baum der Welt und wird sogar über 3000 Jahre alt. Über den Urweltmammutbaum weiß man nur wenig mehr als dass er wesentlich kleiner ist als seine Verwandten. Er galt als seit Jahrmillionen ausgestorben, bis in den 40er Jahren ein Waldarbeiter in China einen Restbestand des lebenden Fossils entdeckte.

Einen sehr schönen Spaziergang durch alte Redwood-Bestände kann man am Lady Bird Johnson Grove an der Bald Hills Road unternehmen. Auch am Drury Scenic Parkway, der für einige Meilen parallel zum Hwy # 101 verläuft, gibt es schöne große Bäume. Der Coastal Drive Rundweg ist nicht ganz so spannend, erlaubt aber zwischendurch Blicke auf das Meer.

Die Versicherung des Pick-up-Fahrers, der im Death Valley unsere Kabine geschrammt hat, ruft heute an und zeigt sich entgegenkommend. Sie werden den Schaden übernehmen und benötigen Fotos davon sowie den Kostenvoranschlag einer Reparaturwerkstatt. Wieder etwas zu erledigen.

Eureka, Kalifornien – Hello Mary-Lou aus Männerkehlen

Montag, Februar 14th, 2011

Der angekündigte Regen hat uns an unserem Nachtstellplatz oberhalb der Klippen schon bald eingeholt. Leider hat sich auch ein stürmischer Wind aufgemacht, der uns, obwohl wir in Längsrichtung zum Sturm stehen, immer wieder durchschüttelt. Am Morgen verlassen wir die Lost Coast und folgen dabei weiter der Mattole Road. Vom vielen Schalten und Kurbeln am Lenkrad kann man hier dicke Arme bekommen.

Die eher unattraktive Stadt Eureka bildet das Zentrum der hiesigen Forstindustrie. Wir werden mehrfach angesprochen von Leuten, die schon einmal in Deutschland waren, deutsche Wurzeln haben oder sogar ein paar Worte deutsch sprechen. Dass der eine oder andere der Meinung ist, man solle die Redwood Forests fällen und nutzen wie ein Getreidefeld, mag erst einmal erschrecken. Zumal wenn es noch heißt, dass es nicht schlimm wäre, wenn es 1000 Jahre dauere, bis sie nachwachsen. (Die Frage lautet wohl eher, ob sie es überhaupt tun würden.) Die Menschen der Stadt leben jedoch vom Holz fällen und verarbeiten und fürchten vielleicht schlicht Arbeitslosigkeit. Und durch besondere Weitsicht scheint sich die menschliche Rasse im Allgemeinen ja nicht auszuzeichnen.

Wir sind mit unseren Erledigungen fertig und wollen eigentlich weiterfahren, kommen aber nicht weit. Doyle, ebenfalls mit deutschen Wurzeln, hält uns an und lädt uns in ein Cafe ein. Er bietet uns an, bei ihm über Nacht zu stehen, er lebt in einem Wohnwagen und hat Platz auf dem Grundstück. Trotz strömenden Regens grillen wir Steaks im Freien. Doyle singt in einem 30 Mann starken a cappella Männerchor Barbershop-Musik. Wir dürfen bei der Probe zuhören, aber viel mehr als das eher moderne „Hello, Mary-Lou“ aus den 50ern erkennen wir nicht, aber es ist schöner, anspruchsvoller Harmoniegesang. Dann setzen wir uns wieder bei Doyle in den Garten unters Vordach bis spät in die Nacht.

Avenue of the Giants, Kalifornien – Die höchsten Bäume der Erde

Sonntag, Februar 13th, 2011

Um 8:00 Uhr hält ein weißer Pick-up auf dem Platz. Ihm entsteigt eine Rangerin mit resoluter Figur und ebensolchem Auftreten. Eine kurze Diskussion entspinnt sich mit unserem Nachbarn, bevor Geld gegen ein Stück Papier getauscht wird. Dann klopft es an unsere Tür. Wir hätten unerlaubt in einem State Park gecampt. In Kalifornien dürfe man nicht auf einem Parkplatz kampieren, man müsse immer einen Campingplatz benutzen. Die Campinggebühr in diesem Park betrage 35 $, und die möchte sie jetzt kassieren. Damit hätten wir heute in den State Parks freien Eintritt. Alternativ könne sie uns einen Strafzettel ausstellen. Wir halten es für unangebracht, sich mit einem amerikanischen Law Enforcement Officer anzulegen und zahlen den saftigen Übernachtungspreis.

Nur zwei Kilometer weiter verkündet ein Schild, dass wir den State Park verlassen. Da haben wir wohl gestern Abend in der Dunkelheit nicht darauf geachtet. Der nächste staatliche Campground, den wir unter die Lupe nehmen, hat Plumpsklos, keine Hook-ups oder auch nur Duschen und kostet ebenfalls 35 $, ein weiterer mit definitiv unbenutzbaren Plumpsklos 25 $. Das scheinen hier die üblichen Tarife zu sein. Ein klein wenig erinnert mich das an das südliche British Columbia, das uns auch nicht ganz so überzeugt hat.

Wir kurven weiter am Meer entlang und an Zedernalleen, durch das durch ein Lied bekannt gewordene, recht touristische Mendocino, bis der Highway No. 1 in einem Bogen die Küste verlässt und bei Legget schließlich sein nördliches Ende findet. Wir bleiben nur kurz auf dem gut ausgebauten anschließenden Hwy # 101 und biegen hinter Garberville in die Avenue of the Giants genannte Nebenstraße im Humbold State Park ein. Dies ist der südlichste einer ganzen Kette von Parks, die die wenigen Restbestände der Redwoods im nördlichen Kalifornien schützen.

Die zu Deutsch Küstenmammutbaum genannte Art bildet mit bis zu 113 m die höchsten Bäume der Erde, mit zu den ältesten zählen sie auch. Manche Exemplare haben schon vor Christi Geburt ihre Wurzeln geschlagen. Sie wachsen ausschließlich in einer Zone gemäßigten Regenwalds zwischen Oregon und Santa Cruz in Kalifornien. Aus allen anderen Gebieten haben sich die Bäume, die zu Dinosaurierzeiten die gesamte Nordhalbkugel bedeckten, seit der letzten Eiszeit zurückgezogen, da es ihnen zu trocken und zu heiß geworden ist. Weil ihr dauerhaftes, witterungsresistentes Holz von höchstem Interesse für die Forstindustrie ist, wurden seit der weißen Besiedlung die ursprünglichen 8000 km2 auf weniger als vier Prozent reduziert. Das hatte erhebliche Auswirkungen nicht nur für die Bäume selbst, sondern für das gesamte Ökosystem. Wie in Kanada auch machte man sich nicht allzu viele Gedanken über Wiederaufforstung, sondern überließ den entblößten Boden der Erosion. Pflanzen- und Tierarten zogen sich zurück, Flüsse versandeten mit angeschwemmtem Erdreich und Fischlaichgründe verschwanden in solchem Ausmaß, dass der Lachsbestand drastisch zurückging. Erst dann wurden von Seiten der Regierung Maßnahmen ergriffen, die Restwälder zu retten und Wiederaufforstung zu betreiben. Mit Erfolg, verlautet es.

Ein besonders schöner Abschnitt im Humboldt State Park ist die Mattole Road # 211, die nach Westen abzweigt. Statt wieder zurückzufahren, folgen wir der engen holprigen Nebenstraße, die in steilen Auf- und Abstiegen über zahlreiche Höhenzüge bis an die einsame Küste führt, die passend Lost Coast heißt.

 

Jenner, Kalifornien – Schon wieder Verbrechersuche

Samstag, Februar 12th, 2011

Wir wollen die Küste in Richtung Norden erkunden, solange Scott mit dem Anlasser beschäftigt ist. Unser Weg führt durch Napa Valley, das wichtigste Weinanbaugebiet Kaliforniens. Zugegeben: Ich liebe Wein und ich mag Weinkellereien, auch wenn ich kein ausgesprochener Anhänger kalifornischer Reben bin, aber das hier ist der Albtraum. Auf der einzigen Durchgangsstraße kriecht der Verkehr im Schneckentempo, auf den Parkplätzen vor den Weinkellern drängen sich dutzende, manchmal weit mehr als 100 Autos, in den Gärten der Wineries versammeln sich volksfestartige Mengen zum Essen und Trinken, und Schlangen bis aus den Gebäuden hinaus bilden sich an den Weinproben. Vielleicht ist das Wochenende nicht ganz der ideale Zeitpunkt für einen Besuch im Napa Valley. Flucht ist die einzige Lösung, nur geht das nicht so schnell.

Über schmale Nebenstraßen und viele Berge kämpfen wir uns durch bis zum Meer. Auf dem legendären Highway Number One reisen wir langsam weiter. Die Straße windet sich in zahlreichen Serpentinen hinauf und hinunter. Von den Klippen hat man immer wieder grandiose Ausblicke auf den mächtigen Pazifischen Ozean, der so scheinbar ruhig daliegt und sich doch in tosenden Wellen an vorgelagerten Felsen und Kliffs bricht. Wir beobachten an einer geschützten Flussmündung Seehunde, die scheinbar spielerisch im Wasser umher gleiten. Immer mal wieder taucht der Blas eines Wals auf. Am Straßenrand wachsen exotische weiße Calla-Blumen. Zum Abend hin finden wir einen Schotterplatz neben der Straße, der groß genug ist, ruhig zu stehen. Wir holen Kameras und Fernglas heraus, um auf den Sonnenuntergang zu warten.

Zwei Sheriffautos hintereinander rasen an uns vorbei. Wenig später kreist der Sheriffhubschrauber über und unter uns, immer und immer wieder, genau über dem Gebiet, wo wir stehen. Als es dunkler wird, schaltet er seine Suchscheinwerfer ein. Hundestaffeln bellen, wir hören Megaphondurchsagen. Erst kurz vor dem Verschwinden des allerletzten Tageslichts dreht der Helikopter ab. Wir werden ein mulmiges Gefühl nicht los und entschließen uns, trotz der Dunkelheit weiter zu fahren. Schon hinter der nächsten Kurve steht das Polizeiaufgebot. Wir halten kurz an, um die Lage zu checken, da wir ja eigentlich über Nacht bleiben wollten. „Da oben geht etwas vor sich“, meint der sehr nette Officer und deutet den Hang hoch, ohne mehr sagen zu können, wollen oder dürfen. Er bestätigt, dass es auf jeden Fall besser ist, das Gebiet zu verlassen. Vorsichtshalber legen wir ein gutes Stück zurück, doch das dauert, denn es ist stockfinster und eine Haarnadelkurve reiht sich an die nächste. Wir sind froh, spät am Abend einen geräumigen Platz neben der Straße zu finden, wo sich schon ein Pick-up-Caravan postiert hat. Wir gesellen uns dazu.

Vallejo, Kalifornien – Bei Expeditions-Scott in Vallejo

Freitag, Februar 11th, 2011

Der schnellste Weg an die kalifornische Pazifikküste führt über die I 80. Auf dem nur 2200 m hohen Donner Summit überqueren wir die Sierra Nevada. Der Highway ist perfekt geräumt, aber links und rechts von uns sausen Skifahrer die sonnigen Hänge hinunter und Lifte bringen sie wieder hinauf. Wir lassen sogar Lake Tahoe aus. Der See in wunderschöner alpiner Umgebung erinnert mich an den Starnberger See. Wir waren vor wenigen Jahren hier, nur diesmal ist es uns einfach zu winterlich. Die vielen gesperrten Straßen machen das Reisen nicht einfacher. Außerdem haben wir heute noch eine Verabredung. Am Westrand der Sierra Nevada können wir im Sonnenschein draußen ein Mittagspicknick halten. Noch weiter unten wird alles grün: Die Bäume tragen Blätter, das Gras ist frisch und die Mandelbäume am Straßenrand blühen rosa.

Die ersten Slums kündigen Vallejo an. Die Stadt gehörte sicher noch nie zum Besten, was Kalifornien zu bieten hat, aber seit der 08er Krise hat sich viel zum Negativen entwickelt. In einem Industriegebiet liegt Scotts Firma Expedition Imports. Er hat in den USA einen guten Namen für Fahrzeug- und Ersatzteilhandel von Expeditionsfahrzeugen, darunter natürlich Unimog. Wir haben einen leicht schwächelnden Anlasser, der bei milden Temperaturen bestens funktioniert, aber bei Kälte nicht mehr so recht will. Scott soll ihn „runderneuern“ lassen. In der Zwischenzeit stellt er uns einen neu entwickelten Anlasser mit höherem Drehmoment zur Verfügung, den wir behalten oder ihm zurückgeben können, nachdem der alte wieder hergerichtet ist. Und das alles ohne Geld, ohne Sicherheit. Scott vertraut einfach darauf, dass wir wiederkommen.

Reno, Nevada – Zwei Besuche, drei Stunden und vier Verkäufer später: Lissy bekommt Gesellschaft

Donnerstag, Februar 10th, 2011

In Reno angekommen decken wir uns mit Lebensmitteln, vor allem aber mit Diesel und Bier ein. In Kalifornien ist alles teurer. Wir haben beschlossen, unsere gebrochene Tachowelle vorerst nicht zu ersetzen, außerdem dauert die Ersatzteilbeschaffung zu lange. Alternativ wollen wir uns ein zweites Navigationssystem zulegen, das eine plakative Geschwindigkeitsanzeige besitzen und im Sichtbereich des Fahrers angebracht werden soll. Nehmen wir eine andere Marke als das bereits in unserem Besitz befindliche Tomtom namens Lissy haben wir vielleicht sogar den Vorteil, anderes Kartenmaterial vor allem für abgelegene Gebiete zu erhalten als wir bereits besitzen.

Wir versuchen unser Glück in einem Elektronikmarkt. Es wird uns zwei Besuche und drei Stunden kosten, ein neues Navigationsgerät zu erstehen. In der gleichen Zeit verschleißen wir vier Verkäufer. Die lächeln vielleicht etwas freundlicher als bei uns zu Hause, sind aber nicht kompetenter. Fragen, die hinausgehen über „Was kostet dieses Gerät?“ oder „Welche Farbe ist hübscher?“ werden meist mit einem Lächeln quittiert und resultieren im spurlosen Verschwinden des Verkäufers. Die Frage „Kann man dieses Gerät nur mit zwölf Volt oder auch mit 24 V betreiben?“ wird als Zumutung betrachtet und man wird vom Angestellten auf seinen Geisteszustand hin taxiert. 24 V – wo gibt’s denn so was. Die hilfreiche Antwort lautet: „Ja, man kann es mit zwölf Volt betreiben.“ Die Bitte, eine Packung zu öffnen, da dem Stecker im Normalfall zu entnehmen ist, mit welchen Stromspannungen das Ladekabel operiert, wird freundlich ignoriert.

Auf die Frage, welches Kartenmaterial für das Garmin-Gerät erhältlich ist, heißt es erst mal: „Da sind die USA drauf.“ Mein Insistieren bringt Verkäufer Nummer drei (Typ: junger hektischer Computerfreak) dazu, wild aber oberflächlich im Internet zu surfen und festzustellen, dass eine Weltkarte erhältlich ist. Bevor ich Details erfahre, ist die Seite schon wieder zu. Auf erneutes Drängen hin erfahre ich: „Ja, man kann aus dem Internet Karten herunterladen.“ Nein, so was. Da wäre ich von alleine nicht drauf gekommen. Nee Jungs, ihr kriegt mich nicht aus der Ruhe. Ich kann auch lächeln und die Frage fünf Mal wiederholen. Wo ist Verkäufer Nummer vier?

Da kommt sie, und wir haben endlich Glück. Sie ist aus einer anderen Abteilung und hat so gar keine Ahnung, was von echtem Vorteil ist. Sie ist bereit, im Internet nochmals nach der Weltkarte zu schauen und öffnet sogar einen Karton, damit wir einen Blick auf den Stecker werfen können. Natürlich arbeitet das Teil auch mit 24 V. Verwirrung gibt es nur nochmals, als sich herausstellt, dass das Gerät aus dem Angebot mit Zusatzleistungen nicht im Regal steht, sondern weggeschlossen ist (damit man es nicht finden kann?). Aber wen stört es schon, nochmals von der Kasse zurück zur Verkäuferin (Nr. 4) zu laufen und wieder zur Kasse? Das mach ich doch mit einem Lächeln…

Der Abend wird dann noch wahrhaftig lustig. Chas und seine Frau Vanessa haben uns zum Essen in ein lokales Restaurant eingeladen. Chas hatte unsere Website schon vor Monaten entdeckt und war seitdem in Kontakt mit uns. Er kommt mit seinem Unimog 1250 Doka von 1991 auf den Parkplatz vor dem Restaurant gefahren. Zusammen erregen wir doppelt so viel Aufmerksamkeit als sonst. Eine alte Mercedes S-Klasse von 1984 fährt auf den Hof. Es entsteigt ein sehr dicker, aber unglaublich aufgeweckter und sympathischer Mann. „Was geht hier vor?“, fragt er. „Ist das ein geheimes Mercedes-Treffen?“ Ja, es wird ein lustiger Abend.

Carson City, Nevada – Ein Tag mit Arches, Kuchen und Tuffsteinen

Mittwoch, Februar 9th, 2011

Der Weg nach Westen aus Death Valley heraus besteht aus endlosen Steigungen und Gefällen und ist ein schöner Abschluss (oder auch Beginn) des Parkbesuchs. Allerdings verbieten die meisten Wohnmobilvermieter ihren Kunden während der Sommermonate diese Strecke, da die oft untermotorisierten und überladenen Fahrzeuge zum Überhitzen neigen. Im nächsten Ort Lone Pine steht ein gutes Besucherzentrum, wo man sich mit Informationen zum östlichen Kalifornien oder auch zu Death Valley eindecken kann. Wichtig ist es z.B. zu wissen, wo es die günstigsten Tankstellen gibt – Kalifornien ist teuer. Mit einer Anfahrtsbeschreibung ausgestattet begeben wir uns in die Alabama Hills gleich hinter der Stadt. Die weich gezeichneten runden Hügel aus graubeigem Granit liegen am Fuße der eiskalten massiven schneebedeckten Sierra Nevada. Wasser, Eis und Wind haben in vielen Steinen Höhlen oder Felsbögen entstehen lassen. Der bekannteste heißt Whitney Portal Arch, weil man durch seine Öffnung Mt. Whitney, den höchsten Berg der zusammenhängenden Vereinigten Staaten, sehen und fotografieren kann. Die meisten Arches sind in relativ kurzen Wanderungen von der Movie Road aus zu erreichen, die so heißt, weil zahlreiche Westernfilme dort gedreht wurden. Für Interessierte gibt es im Ort ein Filmmuseum dazu.

In Bishop kehren wir bei einer bekannten holländischen Bäckerei ein, Erik Schat’s Bakkery, die im Stile der 30er Jahre eingerichtet ist. Dort gibt es Kuchen und naturbelassenes Brot, und das zu günstigeren Preisen als im Supermarkt. Am Mono Lake östlich des Yosemite National Parks halten wir zum Sonnenuntergang, wenn sich die schneebedeckte Sierra, die eigentümlichen Tuffsteingebilde und der roséfarbene Sonnenuntergangshimmel im ruhigen Seewasser spiegeln. Der Mono Lake ist eines der wenigen Überbleibsel des riesigen Sees, der Ostkalifornien einst bedeckt hat. Sein Wasser ist zweieinhalb Mal so salzig wie Meerwasser. Fische gibt es keine, nur andere seltsame Kreaturen wie Salzfliegen und eine hier endemische winzige Salzkrebschenart. Wasservögel scheinen Schwierigkeiten zu haben, ihre Schwimmfüße beim Paddeln unten zu halten, soviel Auftrieb haben sie. Die Kalktufftürmchen sind frühere unterseeische Quellen, deren stark mineralienhaltiges Wasser auskristallisiert ist und sich abgelagert hat. Erst nach dem Absinken des Wasserstands sind sie zutage getreten.

Eigentlich hatten wir für die Strecke von Death Valley nach Reno drei bis vier Tage eingeplant, denn auf diesem Teilabschnitt gibt es viel zu sehen. Leider sind fast alle Ausflugsziele unzugänglich, die Nebenstraßen des Hwy # 395 sind während des Winter gesperrt. Einmal verzichten wir sogar freiwillig. Die Hot Creeks befinden sich in der Nähe der Mammoth Lakes, nur östlich des Highways. Nicht immer sind alle der zahlreichen heißen Quellen dieses Gebiets geöffnet. In den letzten Jahren mussten immer wieder einige der naturbelassenen Pools gesperrt werden. Grund war angestiegene vulkanische Aktivität, die die Quellen zu heiß werden und giftige Gase ausströmen ließ. Man sollte sich unbedingt in einem Visitor Center befragen, welche Hot Springs wie zugänglich sind. Es war nachmittags um drei und es hatte bereits -4° C. Vielleicht wäre es ganz lustig gewesen, aber uns war nicht nach Baden im Freien und anschließendem Spaziergang zurück zum Auto. Stattdessen nehmen wir die Beine in die Hand, rattern über die Staatsgrenze zurück nach Nevada bis nach Carson City unweit Renos.

Death Valley, Kalifornien – Von Braunschweigern, Wienern und Hamburgern

Dienstag, Februar 8th, 2011

Die letzten drei Tage waren wir dermaßen aktiv, vom frühen Morgen bis zum Abend, dass wir einen Tag brauchen, die Erlebnisse in Wort und Bild aufzuarbeiten. Wir bleiben auf dem Wildrose Campground. Etliche Amerikaner schwärmen von deutscher Wurst, vor allem von „Braunschweiger“. Also haben wir uns fürs Mittagessen eine gekauft. Es ist eine erfreulich wenig fette Leberwurst. Wir haben ein paar Jahre in Braunschweig gewohnt, aber ich kann mich nicht erinnern, dass man dort Leberwurst so genannt hat. Dort ist die Braunschweiger eine Art Mettwurst. Was vielleicht nicht verwundert. Nennt man doch die berühmten Würstchen in Frankfurt Wiener und in Wien Frankfurter. Und Hamburger isst man eigentlich nur im Ausland oder bei ausländischen Fast-Food-Ketten, in Hamburg dagegen bestellt man Frikadellen – oder?

Death Valley NP, Kalifornien – Das Geheimnis der wandernden Steine

Montag, Februar 7th, 2011

6:30 Uhr, 0° C: Sobald die Sonne hochsteigt, wärmt sich die Luft rasch auf, aber die Racetrack Playa lässt sich am besten bei tief stehender Sonne fotografieren. Dies ist wohl der seltsamste und geheimnisträchtigste Ort in ganz Death Valley. Hier bewegen sich Steine auf mysteriöse Weise, angetrieben von einer unbekannten Kraft, und niemand hat es je beobachtet. Und doch weiß man, dass es so ist. Die Spuren sind eindeutig, und es gibt Messungen.

Die Racetrack Playa ist der Boden eines ausgetrockneten Sees zwischen zwei Bergketten. Am Südende der perfekten Ebene bröckeln Steine von den Cottonwood Mountains ab und bewegen sich dann Schleifspuren hinterlassend über das Bett. Die bis zu 50 kg schweren Brocken rollen jedoch nicht, sondern rutschen oder gleiten aufgrund ihrer kantigen Form. Es scheint eine Hauptbewegungsrichtung zu geben, der jedoch nicht alle Steine nicht immer folgen. Manche legen sich in Kurven, schlagen Haken, bewegen sich im Zick-Zack, im Kreis oder kehren einfach um. Dass Wind eine entscheidende Rolle als treibende Kraft spielt, scheint unter Wissenschaftlern unumstritten zu sein. Allerdings vermutlich in Sturmstärke und nicht als alleiniger Faktor. Viele Forscher glauben, dass Regen den Boden in eine schmierseifenartige Rutschbahn verwandelt. Widerlegt dagegen scheint die Theorie, dass Eis und Schnee als Schmiermittel eine Rolle spielen. Völlig ungeklärt ist, warum sich, falls die Windthese zutrifft, manche Steine bewegen und andere nicht bzw. wie sie in unterschiedliche Richtungen wandern können.

Die Spuren im meist hexagonal geborstenen Seeboden sind deutlich zu sehen. Die größte Anzahl wandernder Steine findet man, wenn man vom zweiten, südlichen Parkplatz aus zu den Bergen auf der gegenüberliegenden Seite der Ebene läuft. Die klare Luft der Wüste täuscht gewaltig: Es sieht aus wie ein paar Schritte, dann sind es aber doch zwei bis drei Kilometer.

Zum Glück entdecke ich ihn, bevor mich der der Überschallknall erschreckt: Ein militärischer Deltaflieger saust im Tiefflug über die Ebene, dreht um, und rast im Tal auf halber Höhe der Berge wieder raus. Die ganze Gegend wird militärisch genutzt. Bei Las Vegas steht die Nellis Air Force Base, daneben befindet sich die Nevada Test and Training Range und Death Valley National Park grenzt in weiten Bereichen an das China Lake Naval Weapons Center, wo reichlich Waffentests und -übungen stattfinden. Ob das Überschallflugzeug in den Nationalpark darf, ist dahingestellt, aber ein schöner Ausflug für den Piloten.

Auf dem Rückweg halten wir noch einmal an der Teakettle Junction. Humorvolle Reisende haben über die Jahre hin die unterschiedlichsten Teekessel am Kreuzungsschild aufgehängt – ein echter Hingucker. Nicht lange nachdem wir die Wellblechpiste verlassen haben, zeigt unser Tachometer nichts mehr an. Später werden wir feststellen, dass die Tachowelle gebrochen ist. Die berüchtigte Strecke hat zwar unseren Reifen nichts angehabt, aber einer 24 Jahre alten Welle den Rest gegeben.

Kurz vor Stovepipe Wells, der einzigen Ansiedlung im Park mit Supermarkt, Tankstelle (der höchste Preis, denn wir je sahen!), Hotels und Campingplatz, sieht man 30 m hohe gelbe Sanddünen (Mesquite Flat Sand Dunes), auf die man hochklettern darf. Ein paar Meilen westlich befindet sich der Mosaic Canyon. Hier hat sich Wasser eine gewundene Schlucht durch Marmorgestein gebahnt und es glatt poliert. Der Marmor ist größtenteils gelb, beige, weiß und grau gemustert, an manchen Stellen auch hell- oder dunkelgrau mit den typischen weißen streifen- oder karoförmigen Einschlüssen. Die schönsten Wände befinden sich im unteren Teil, aber man kann etwa drei Kilometer bis zum Ende laufen.

Einen weniger populären, aber weit besseren Ausblick ins Death Valley als Dantes View bietet Aguereberry Point auf fast 2000 m Höhe. Die Schotterpiste dahin ist eng, einspurig und kurvig, aber problemlos. Von oben kann man die Sanddünen, die Oase Furnace Creek sowie das Badwater Basin überblicken (Fotos am Nachmittag!). Für die Nacht fahren wir auf den Wildrose Campground, der sogar Trinkwasser und Plumpsklos bietet und trotzdem nichts kostet.

Death Valley NP, Kalifornien – Kleiner Unfall

Sonntag, Februar 6th, 2011

6. Februar, 9:00 Uhr, 26° C: Wir packen die kurzen Hosen aus, um in den Golden Canyon zu wandern. Die gelblich-beige Schlucht wird zum Ende hin immer bunter und man sollte sich keinesfalls den Blick auf die gelb-braun gestreiften Hügel und das Red Cathedral genannte rote Kliff entgehen lassen. Dazu nimmt man am Ende des Canyons einen der Trampelpfade, die nach rechts auf einen der Aussichtshügel führen. Macht zusammen hin und zurück vier Kilometer. Wenig nördlich des Besucherzentrums, das sich zurzeit im Umbau befindet, kann man kurz an den Harmony Borax Works herumlaufen, sich über den Boraxabbau Ende des 19. Jhdts. informieren und ein paar Fotos alter Gerätschaften machen.

12:00 Uhr, 30° C: Brauchen wir Sonnenschutzmittel? Eine weitere Kurzwanderung (1 km) lohnt sich am Salt Creek, einem ausgesprochen salzigen Wasserlauf. Besonderheit sind die dort lebenden winzigen Zahnkärpflinge, über die man sehr wenig weiß. Die Süßwasserfischart aus dem einst riesigen See wurde durch Austrocknung nach und nach isoliert und in winzige Reservate zurückgedrängt, wo sie sich an den zunehmenden Salzgehalt und extreme Temperaturunterschiede gewöhnen mussten. Die hier maximal fünf Zentimeter langen Kiementiere flitzen hektisch durchs Flachwasser und werden vermutlich weniger als ein Jahr alt. Frühere Theorien, die Fische würden sich während des Sommers im Sand eingraben, stellten sich als Unsinn heraus. Richtig dagegen ist, dass sie ihr Umgebungswasser trinken müssen, um nicht zu verdursten, da das Salzwasser ihren Körpern pausenlos Flüssigkeit entzieht.

Mit einem Allradfahrzeug kann man den Titus Canyon im Einbahnverkehr befahren, muss dafür aber einen weiten Umweg in Kauf nehmen. Man kann auch einfach von unten hineinlaufen, das ist sportlicher. Weit oben im Norden des Parks liegt der Ubehebe Crater, der vor ca. 1000 bis 3000 Jahren in einer Dampfexplosion Wasser und Geröll herausschleuderte und heute einen 720 m durchmessenden, hübsch gestreiften Kratertrichter bildet, in den man sogar hinunterklettern kann.

Eine berüchtigte, Reifen fressende Waschbrettpiste führt anschließend 45 km weit wieder nach Süden zu unserem morgigen Ausflugsziel. Auf der engen Piste kommen uns in den Abendstunden immer wieder Jeeps entgegen. Ausweichen ist nicht ganz einfach, da der Grader beim wiederholten Planieren der Schotterstraße zu beiden Seiten einen hohen Rand geschoben hat. Kein Problem für einen Unimog, also krabbeln wir am Hang hoch um für einen Pick-up mit Wohnkabine, wie sie hier typisch sind, Platz zu machen. Der Pick-up-Fahrer seinerseits fährt ebenfalls mit seinen rechten Rädern die Schräge hoch, gibt dann unvermittelt sportlich Gas und lenkt früh – zu früh – wieder auf die Straße ein. Seine Kabine beginnt sich nach links zu neigen. „Der muss aber aufpassen mit seiner kippenden Ka-“ -bine wollte ich sagen, aber da geht schon ein Ruck durch Arminius. Der andere Fahrer bleibt stehen, wir springen heraus. Er hat uns mit seiner Kabineoberkante gestreift, zum Glück aber erst ab der Mitte unserer Kabine. Somit hat er das erste Fenster verpasst, und das Küchenfenster liegt tiefer. Ein ordentlicher Kratzer zieht sich längsseits. Die hintere linke Kantenverstärkung hat einen Gfk-Schaden und muss repariert werden, damit die Oberfläche wieder abgedichtet ist. Alles in allem noch einmal glimpflich ausgegangen, trotzdem unschön. Am Pick-up ist natürlich nichts zu sehen. Der Fahrer entschuldigt sich, er hat ganz vergessen, dass er die Kabine mithat (die sind abnehmbar). Er gibt uns seine Versicherungsdaten, wir werden sehen, wie sich amerikanische Versicherungen verhalten. Wie auch immer, jede Menge Ärger und Zeitaufwand für nichts.

Am Ende der Schotterpiste befindet sich das Homestake Dry Camp, ein winziger Primitiv-Campground ohne Wasser oder sonstige Ausstattung, lediglich mit einer kaum benutzbaren Chemietoilette. Im Gegensatz zu anderen kostenlosen Campingplätzen ist dieser weder in der Parkkarte noch im Campingverzeichnis aufgeführt. Er erscheint ausschließlich in der Off-Road-Karte und nur auf Nachfrage erfährt man, welche Camps geöffnet und welche (während des Winters) geschlossen sind. Das gibt auch für die 4-Rad-Pisten, von denen einige in höheren Lagen wegen Schnee und Eis unpassierbar sind. Auch das ist Death Valley.

Death Valley NP, Kalifornien – Das Tal des Todes

Samstag, Februar 5th, 2011

Eigentlich hat Death Valley seinen Namen nur einem einzigen Toten zu verdanken. Es war dennoch ein Desaster, das sich 1849 während des kalifornischen Goldrauschs hier ereignete. Einige Pioniere glaubten, eine Abkürzung nach Kalifornien nehmen zu können, wenn sie dieses Tal durchquerten. Entgegen dem Rat ihres Wagenmeisters begaben sie sich ohne es zu ahnen an einen der heißesten Orte der Erde, mussten Ausrüstung und Wagen zurücklassen und ihre Ochsen schlachten, um zu überleben. Als sie nach drei Monaten endlich auf dem Bergkamm an der Westseite des Tals angekommen waren und nur ein Gruppenmitglied verloren hatten, schaute einer der Männer zurück und sagte: „Lebwohl Todestal“.

Auch heute noch fordert Death Valley seinen Tribut. Erst 2009 waren die Skelette einer seit 13 Jahren vermissten vierköpfigen Familie aus Dresden gefunden worden. Gewalteinwirkung wurde nicht festgestellt, sie hatten sich vom Fahrzeug entfernt, das drei platte Reifen hatte und waren vermutlich verdurstet. Im Sommer 1913 war hier die zweithöchste je auf der Erde gemessene Temperatur mit 56,7° C im Schatten festgestellt worden, nur übertroffen einige Jahre später von der libyschen Sahara. Einmal wurde sogar eine Bodentemperatur von 94° C gemessen.

Wer sich Death Valley als flache sandige Wüste vorstellt, irrt völlig. Das 180 km lange Tal wird im Westen und Osten von hohen Bergen begrenzt und von fantastisch buntem Gestein durchzogen. Nach einer Orientierung im Besucherzentrum in der Oase Furnace Creek machen wir uns auf zum Zabriskie Point, wo man nach einem kurzen Bergauflauf einen spektakulären Blick auf die umgebenden Hügel mit Streifen und Verläufen von gelb bis braun mit versteckten Flecken von rosa und grün werfen kann. Die Fahrt durch den kurzen Twenty Mule Team Canyon führt vorbei an einer stillgelegten Boraxmine, von wo aus einst Ladungen mit zum Teil zehn Paaren von Maultieren starteten, die schwere Salzfuhre 265 km durch die Wüste nach Süden zu bringen. Die meisten Minenaktivitäten der Vergangenheit waren aufgrund der erschwerten Bedingungen und hohen Kosten nach wenigen Jahren gescheitert.

42 km weiter südlich bietet Dantes View, mehr als 1500 m über dem tiefsten Punkt im Park einen einmaligen Blick über fast die ganze Länge des Tals mit seiner flachen, trockenen Wüstenlandschaft, den Salzmarschen, den tümpelartigen Überbleibseln eines einst riesigen Sees und den langgestreckten Bergketten. Von hier aus überblickt man den tiefsten Punkt des nordamerikanischen Kontinents mit 85,5 m unter Meeresniveau wie auch den höchsten Punkt der Vereinigten Staaten ohne Alaska, Mount Whitney mit 4.418 m – schneebedeckt selbst im Sommer.

Die gute Schotterpiste Greenwater Valley Road Süd bringt uns auf Hwy # 190 erst in Richtung Westen, dann nach Norden zum Badwater Basin, dem tiefsten Punkt nicht nur Nordamerikas, sondern der gesamten westlichen Hemisphäre. Vor 2000 bis 4000 Jahren noch bedeckte ein See die Fläche, der nach seinem Verdunsten eine 30 bis 150 cm dicke Salzschicht hinterließ und einen flachen Teich, der im Winter etwas umfangreicher, im Sommer nur eine Lache und viermal so salzig wie Meerwasser ist. Ein Schild weit oben im Berg weist darauf hin, wo sich das Meeresniveau befindet. Man kann nur hoffen, dass sich nicht plötzlich eine Verbindung zum Pazifik auftut. Ein Stück weiter wachsen aus dem trocken-verkrusteten Seeboden Salzkristalle zu kleinen korallenartigen Gebilden. Man darf auf Devils Golf Course herumlaufen, doch der Grund ist uneben und die Kristalle extrem hart und scharfkantig. Die 15 km lange Einbahnstraße Artists Drive ist eine Achterbahnfahrt durch die buntesten geologischen Formationen von Death Valley. Den Höhepunkt bildet Artists Palette, ein paar Hügel mit hin geklecksten Farben in rosa, grün, violett, braun, grau, gelb und schwarz wie auf einer Malerpalette.

Noch schnell ein paar Bilder des sich im Salzwasser spiegelnden pinkfarbenen Sonnenuntergangs gemacht, dann müssen wir einen Übernachtungsplatz finden. Death Valley National Park bietet so ziemlich alles: komfortable Hotels, Campingplätze mit allem Drum und Dran und kostenlose einfache Campgrounds. Leider ist keiner in der Nähe, aber freundlicherweise darf man im größten amerikanischen Park außerhalb Alaskas auch wild campen. Dispersed Camping ist erlaubt mindestens zwei Meilen bzw. drei Kilometer von meisten asphaltierten und geschotterten Straßen und Aussichtspunkten entfernt, jedoch nur eine Wagenbreite neben den Weg, um die Wildnis nicht zu beschädigen. Eine spezielle Karte für Off-Roadfahrten und Backcountry Camping erhält man kostenlos im Visitor Center.

Red Rock Canyon NCA, Nevada – Bunte Steine für Flachländler

Freitag, Februar 4th, 2011

Die Revolution in Ägypten treibt die Kraftstoffpreise in die Höhe. Die günstigste Tankstelle, die wir finden, bietet Diesel für 3,32 $ die Gallone an. Normalerweise ist tanken ganz einfach. Kreditkarte reinstecken, Kraftstoffart wählen, zapfen. An manchen Tankstellen aber fragt die Zapfsäule nach dem ZIP Code, der Postleitzahl. Früher tippte man zu statistischen Zwecken einfach irgendeine ein. Heute jedoch wird aus Sicherheitsgründen, um Kartenmissbrauch einzudämmen, die Postleitzahl mit der auf der Karte gespeicherten Adresse verglichen. Das funktioniert bei ausländischen Kreditkarten meist nicht. Kein Problem eigentlich, man hinterlegt die Karte beim Kassierer in der Hoffnung, dass in der Zwischenzeit kein Missbrauch damit getrieben wird, tankt, zahlt. In seltenen Fällen ist es den Angestellten nicht möglich, die Zapfsäule frei zu schalten und man muss im Voraus bezahlen. Dazu muss man allerdings wissen, wie viele Liter bzw. Gallonen man tanken will. Ich frage diesmal gar nicht erst, ob man ggf. Überzahlung zurückbuchen kann, was zwar theoretisch möglich ist, diese Angestellte aber definitiv überfordern würde. Zum Glück stimmt unsere Schätzung und wir verlassen Las Vegas gen Westen.

Im Red Rock Canyon gibt es versteinerte Sanddünen in hellrot, dunkelrot und gelb. Die National Conservation Area wird aus Las Vegas und von Kalifornien her stark frequentiert, von Ausflüglern wie von Kletterern. Der Park ist kein Aufreger, wenn man von Utah kommt, scheint aber Menschen aus dem Flachland in Entzücken zu versetzen. Es ist kein Umweg, der Scenic Drive ist hübsch, das Panorama durchaus einen Besuch wert und mit Jahreskarte ist der Eintritt frei.

Las Vegas, Nevada – Der Sündenpfuhl

Donnerstag, Februar 3rd, 2011

Bei Tageslicht betrachtet sieht die Stadt des Glücksspiels weit weniger edel und glamourös aus als bei Nacht. Vor ein paar Jahren waren wir schon einmal in Las Vegas gewesen, allerdings nur in der Dunkelheit und nur im Hotelbereich. Heute Vormittag gehen wir zum ersten Mal einkaufen. Der Costco ist der kleinste, den wir bisher gesehen haben, mit äußerst begrenzter Auswahl. Die Wal-Marts wirken schmuddelig, wie weite Teile der Stadt, die anderen Märkte sind nicht wesentlich besser.

Der Parkplatz hinter dem Bally’s Hotel ist ein Geheimtipp unter Campern. Auf dem weitläufigen Gelände, die Zufahrt erfolgt von der Flamingo Road, akzeptiert man Wohnmobile in der Hoffnung auf weitere Glücksspieler und man ist nur einem Block vom Las Vegas Boulevard, dem sogenannten Strip, entfernt. Wir laufen eine Runde zwischen den Hotels. Am Bellagio wurden beeindruckende Wasserspiele zu Musik komponiert, im New York – New York sind Freiheitsstatue und die Straßen von Manhattan nachgebildet und im Paris gibt es sowohl einen Eiffelturm in halber Größe wie einen Triumphbogen. Andere der Gigantenhotels erübrigen den Besuch von Venedig oder gar Ägypten.

Neu dagegen und bei unserem letzten Aufenthalt noch nicht fertig gestellt ist das CityCenter. Das 8,5 Mrd. Dollar schwere und damit teuerste privat finanzierte Bauprojekt aller Zeiten in den USA umfasst insgesamt sechs riesige Gebäude, neben Hotelcasinos auch Luxusappartements und eine Edel-Shoppingmall. Da die Immobilienkrise von 2008 noch vor der Fertigstellung des Komplexes dazwischen funkte, musste der Inhaber MGM eines seiner anderen Hotels veräußern. Am Ende aber haben sie es geschafft, die erste ökologische Anlage in Las Vegas fertig zu stellen. Es gibt ein eigenes energieeffizientes Kraftwerk, überschüssige Hitze wird zur Warmwassergewinnung genutzt und die hoteleigene Limousinenflotte fährt mit Erdgas. 80 % des Schutts des an dieser Stelle abgerissenen Boardwalk Hotels wurden für den Neubau wiederverwendet und die alten Badezimmereinrichtungen wurden in nicht mehr gebrauchte Vorhänge und Teppiche gepackt und in Entwicklungsländer geschickt. Es bleibt zu hoffen, dass einer der „grünsten“ Hotelkomplexe der Welt Maßstäbe setzt in einer Stadt der Verschwendung, wo man sich nicht zu schade ist, Außenterrassen im Winter zu beheizen und im Sommer zu klimatisieren. Vorerst aber senkt sich gnädige Dunkelheit über die bei Tageslicht teils ein wenig abgetakelten älteren Gebäude.

Zur Dinnertime hat man in Las Vegas ernorme Auswahl, aber nicht immer ist es günstig. Ein echter Insidertipp ist das Ellis Island Casino, das gleich hinter dem Bally’s und dem Camperparkplatz steht und das sogar eine eigene kleine Brauerei, Micro Brewery heißt das hier, besitzt. Sechs verschiedene Biersorten werden offeriert, der knappe halbe Liter für 1,75 $ inkl. Steuer. Das Essen ist genauso günstig, der Kracher aber ist das magere 300 g Rinderlendensteak mit Gemüse und Kartoffelbeilage nach Wahl, Vorspeisensalat oder Suppe und einem Glas Bier für 7,99 $. Die halbe Stunde Wartezeit bis man dran ist kann man sich ja schon mal mit einem Bierchen vertreiben. Nur wer anschließend noch richtig hungrig ist, sollte sich an den Desserts versuchen. Der Cheesecake mit Fruchtsoße für 3,99 $ ersetzt eine Hauptmahlzeit und deckt den Zuckerbedarf für eine ganze Woche.

Mesquite, Nevada – Aufregung im Wasseramt

Mittwoch, Februar 2nd, 2011

Am Morgen durchkämmen wir ein weiteres Mal das erodierte Sandsteinplateau Little Finland auf der Suche nach immer neuen Motiven. Wir treffen Gonzo mit der langen Hängenase aus der Muppet Show. Es ist kalt. Ein Sturm schiebt aus Norden kommend eine Kaltfront vor sich her. Die Suche nach Trinkwasser für unseren Tank lässt uns kurz im Dorf Bunkerville Halt machen. Hier hat sich auf der Wasseroberfläche der öffentlichen Toiletten im Stadtpark eine dicke Eisschicht gebildet. Das habe ich überhaupt noch nicht gesehen. Zum Glück sind die Kloschüsseln aus Metall und frieren nicht kaputt.

In Overton hatten wir keine Lust, dem Campingplatz zehn Dollar für eine Wassertankfüllung zu bezahlen. In der Bücherei von Bunkerville rät man uns, es im Wasseramt in Mesquite, dem nächsten Ort zu versuchen. Die Damen des dortigen Büros brechen in Kreischen aus, als sie Arminius’ ansichtig werden. Sie weisen einen Arbeiter an, uns mit dem Wasser behilflich zu sein. Der ist nicht weniger aufgeregt. Naja, vielleicht passiert in Mesquite nicht allzu viel. Jedenfalls werden wir uns merken, dass man in den Wasserämtern möglicherweise Trinkwasser erhalten kann. Wenn nicht da, wo sonst? Auf der Interstate 15 legen wir den 16. Gang ein und brettern durch bis Las Vegas.

Little Finland, Nevada – Die versteinerte Vorhölle

Dienstag, Februar 1st, 2011

Schwaden von Sand fegen übers Gelände, runde vertrocknete Büsche rollen über die Straße. Sie heißen Tumble Weed, zu Deutsch Schleudergras. Einen besseren Namen hätte ich mir nicht ausdenken können. Die Wüsten der Welt sind nicht nur wegen mangelnden Niederschlags so trocken. Oft ist es der nicht enden wollende Wind, der in den subtropischen Breiten so typisch ist, der das Land austrocknet. Und der heute wütet und klar macht, dass auch in Nevada noch Winter herrscht.

Im Internet kann man sich Wegbeschreibungen nach Little Finland herunterladen. Allerdings hat sich in letzter Zeit einiges geändert, so hat das BLM die Zufahrt in den Wash, das trockene Flussbett, gesperrt, durch das man lange fährt. Es gibt eine andere Zufahrt, nur muss man die erst einmal finden. Auf den Weg zu den Gold Buttes, so heißt das Gebiet, passiert man die 2400 m hohen Virgin Mountains, dann die Whitney Pocket, rote und weiße Sandsteinhügel, die aus der grünen Ebene herauszuwachsen scheinen, und schließlich Devils Throat, den Teufelsrachen, eine etwa 30 m tiefe Senkgrube, die mit einem Zaun gesichert und deren Ursprung unbekannt ist. Das ganze Gebiet wird begrünt von kleinen Sträuchern, Joshua Trees und riesigen Kakteen. Immer wieder passiert man glatte Sandsteinwände mit präkolumbischen Petroglyphen.

Neu ist auch, dass man wieder direkt bis an die Mesa heranfahren kann, auf der die eigentümlichen Sandsteinformationen angesiedelt sind, frei campen kann man hier auch. Für einige Jahre war die direkte Zufahrt vom BLM mittels eines Zauns blockiert worden und man musste ein Stück weiter zu Fuß laufen. Vielleicht hat das alles mit den Gerüchten zu tun, die wild kursieren. Das Gelände soll für Publikumsverkehr komplett gesperrt werden oder auch das Gebiet soll als National Monument geschützt werden. Der alte und neue Parkplatz befindet sich am Fuße eines flachen Berges, an dessen Wand sich einige große kalifornische Fächerpalmen vor dem Wind Schutz suchend anschmiegen. Werden die vertrockneten Blätter nicht abgeschnitten, legen sie sich wie ein dicker Pelz um den Stamm. Über einen Weg an der Seite klettert man auf die obere Ebene der Mesa und ist mitten in Little Finland oder dem Hobgoblins Playground, dem Spielplatz der Kobolde, wie er auch genannt wird, einem stark verwitterten Steinplateau mit einer Vielzahl von Steinrudimenten.

Ich denke eher, ich bin im Fegefeuer gelandet. Ich erkenne Monster, Fratzen, Drachen und schreiende Gesichter. Meine Fantasie läuft Amok. Sogar Pinocchio erkenne ich, aber der soll ja so viel gelogen haben, dass er sicher noch eine Weile in der Vorhölle schmoren muss. Hoffnung dagegen verheißt ein Arch, der die Form eines Herzens hat. Eine unendliche Anzahl von Formen und Skulpturen ist hier von der Natur in roten Sandstein gebannt, man könnte stundelang in dem kleinen Areal herumstromern und seine Vorstellungskraft spielen lassen. Wenn da nicht der grausig kalte Wind wäre, der mir durch die Rippen pfeift. Und etwas macht nachdenklich: Die vielen Bruchstücke und zerstörten Formen, die auf den Boden gebröckelt sind. Das meiste davon ist wohl nicht durch menschliches Zutun kaputt gegangen, sondern durch Regen und Wind. Genau so, wie es entstanden ist. Aber an der einen oder anderen Stelle liegt schon eine abgebrochene Platte, die vielleicht durch einen unachtsamen Fußtritt Schaden genommen hat in der Annahme, der Stein wäre tragfähig. Wieder so ein Gebiet, durch das ich mich hindurchbewege wie durch ein Kristallgeschäft. In dem vollen Bewusstsein, dass Generationen nach mir dieses Vergnügen vielleicht nicht mehr haben können. Sollte also der Zutritt verwehrt werden, damit niemand mehr die Kobolde sehen kann?