Archive for the ‘Guatemala’ Category

Cerro Verde, El Salvador – Grenzübertritt nach El Salvador

Donnerstag, August 18th, 2011

El Salvador ruft uns. Das kleinste Land Mittelamerikas (so groß wie Hessen) wartet mit weiteren Superlativen auf: Es ist gleichzeitig am dichtesten besiedelt (mit 7,3 Mio. hat es 1,3 Mio. mehr als Hessen), es gilt als eines der ärmsten  mit einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt (täglich werden 12 Menschen umgebracht). Die indigene Bevölkerung wurde besonders im 20. Jahrhundert (!) strategisch bis auf etwa 1 % ausgerottet (mehr trauen sich nicht zuzugeben, indigen zu sein), ab den 80er Jahren wütete ein 12jähriger grausamer Bürgerkrieg, dessen Rebellen heute arbeitslos und immer noch bereit sind, eine der eine Million illegal kursierenden Waffen einzusetzen. Was will man in einem solchen Land? Ist es wirklich so furchtbar? Wir werden es berichten.

Die letzten Tage brachten wir noch einmal bei Beatriz und Bill zu, um unsere Website auf den neuesten Stand zu bringen und Wasser aufzutanken. Heute Morgen fahren wir zum Grenzübergang Valle Nuevo – Las Chinamas an der CA 8. Auf guatemaltekischer Seite brüllen erstmals selbsternannte Grenzhelfer, die sich anbieten, gegen Gebühr die Formalitäten zu erledigen. Was angesichts der simplen Ausreiseprozedur lächerlich wirkt: Fahrzeug austragen lassen, Stempel in den Pass, und Kosten entstehen auch keine. Nach der Flussbrücke auf salvadorianischer Seite gibt es keine Helfer. Auch so benötigen wir nur eine Stunde, um alles hinter uns zu bringen. Und das auch nur, weil ich so lange brauche, das Formular mit den nicht geläufigen technischen Ausdrücken in Spanisch auszufüllen. Die Angaben auf dem Formular werden oberflächlich überprüft, z.B. die Fahrgestellnummer, und ein Blick in die Kabine stellt sicher, dass es sich tatsächlich um ein Wohnmobil handelt. Für den Inhalt unserer Kabine interessiert sich wiederum niemand, auch die im Reiseführer angekündigte Drogenkontrolle findet nicht statt. Wir werden zur Aduana geschickt, wo wir die Fahrzeugimportpapiere bestätigt bekommen und zur Migracion, wo unser Pass registriert wird. Einen Stempel gibt es nicht, es zählt der Ausreisestempel Guatemalas. Die Aufenthaltsgenehmigung gilt für 90 Tage, die fürs Fahrzeug nur 60 Tage und darf keinesfalls überschritten werden, worauf wir mehrfach hingewiesen werden. Das Ganze kostet keine Centavo – der erste kostenlose Grenzübertritt!

Waren die Guatemalteken schon freundlich, überschlagen sich die Salvadorianer fast. Nicht nur an der Grenze werden wir mit Handschlag begrüßt, auch von wildfremden Menschen, denen wir auf der Straße eine Frage stellen. Es ist fast so, als müsse man jeden wertvollen Touristen einzeln begrüßen.

Im Cerro Verde Nationalpark kommen wir eine Viertelstunde zu spät an. Die Parkverwaltung ist bereits um 17 Uhr gegangen, doch die Schranken sind noch offen, da noch Gäste da sind. Es dauert nicht lang, da sind wir umringt von Polizei, die den Park bewacht. Wie in Zentralamerika oft üblich sind sie schwer bewaffnet und tragen soldatenartige Uniformen mit Springerstiefeln. Erst wollen sie uns nicht hier campen lassen, es wäre keine Verwaltung und kein Vorgesetzter mehr da, den sie fragen könnten. Weiter unten an der Zufahrtstraße gebe es einen Campingplatz. Doch nachdem wir zu bedenken geben (Hundeblick vorausgesetzt), dass der Weg dahin möglicherweise zu schmal für unser Fahrzeug ist und einer der umstehenden um Hilfe gebetenen Besucher mit einem anderen Polizeioffizier telefoniert hat, dürfen wir plötzlich bleiben. Hier oben auf dem Vulkan Cerro Verde in 2000 m Höhe ist es im Gegensatz zu weiten Teilen El Salvadors kühl, neblig und regnerisch, aber wenn sich die Wolken kurz verziehen, sind die Aussichten auf die anderen Vulkane und einen See fantastisch. An guten Tagen soll man sogar bis zum Pazifischen Ozean sehen können.

Nationalpark Cerro Verde: N 13°49’36.5’’ W 89°37’27.5’’

Quiriguá, Guatemala – Stelen zwischen Bananen

Samstag, August 13th, 2011

Quiriguá ist eine weitere berühmte Mayastätte. Nicht so sehr wegen ihrer wenigen, kaum freigelegten Gebäude, sondern vielmehr wegen der höchsten Steinstelen dieses Kulturkreises, die kunstvoll gebildhauert wurden – und das ohne Einsatz von Metallwerkzeug. Denn die Maya kannten weder Metalle noch das Rad.

Gestern Nachmittag starteten wir von Tikal aus über die mittlerweile sehr gut ausgebaute CA 13 in die Nähe der Karibikküste. Am Rio Dulce gibt es dank einer Brücke keine Wartezeiten. Der Fluss ergießt sich in den schmalen Itzabal-See, der wiederum bei Livingston ins Karibische Meer mündet. Da wir gut vorankamen, fuhren wir durch bis Quiriguá an der CA 9. Obwohl die Tore zur Ruinenstadt eine Stunde nach Ende der Öffnungszeit bereits geschlossen waren, sind die Wachmänner stets da. Unser Wunsch, die Ausgrabung am nächsten Morgen zu besuchen und die Nacht auf dem gesicherten Gelände zu campen, schien nur zu verständlich. Schon öffneten sich die Tore für uns, bezahlen mussten wir nichts. Im Gegenteil: Die Männer boten uns sogar an, ihre Dusche und Toilette mitzubenutzen. Nach Besichtigung derselben verzichteten wir zwar, eine nette Geste war es trotzdem. (N 15°16’25,6’’ W 89°02’31,9’’)

Für 80 Quetzal Touristentarif schauen wir uns heute die Stelen an. Die rechteckigen Steinmonumente zeigen auf zwei gegenüberliegenden Seiten den jeweiligen Herrscher, auf den anderen beiden Seiten finden sich die Datumseinträge des Mayakalenders, anhand derer das Jahr der Fertigstellung eindeutig abgelesen werden kann. Hieroglyphentexte erzählen von der Beziehung des Herrschers zu den Göttern und von wichtigen historischen Ereignissen. So zum Beispiel wie Herrscher Donnerhimmel im Jahr 738 Achtzehn Kaninchen, den Herrscher Copáns im heutigen Honduras, gefangen nahm und am nächsten Tag opferte. Eine Stele in Copán dagegen berichtet, wie Achtzehn Kaninchen heroisch im Kampf gegen Donnerhimmel fiel. Die Wahrheit bleibt im Nebel der Geschichte verborgen. Die größte Stele ist über zehn Meter hoch und wiegt 65 Tonnen. In späteren Jahren setzte man stattdessen Zoomorphe. Das sind drei bis vier Meter lange liegende Steinquader, die in die Gestalt von mythischen Tieren gebracht wurden (z.B. eine Schildkröte) und die ebenfalls mit Symbolen und Schriftzeichen übersät Geschichten erzählen.

Quiriguá befindet sich inmitten eines kleinen Reststücks Regenwald. Weit und breit drum herum fielen sämtliche Bäume und damit auch die meisten Tierarten Plantagen zum Opfer, deren einzige Aufgabe es ist, in Monokulturbauweise unseren Hunger zu stillen: unseren Hunger nach Bananen.

Tikal, Guatemala – Von Affen und Pyramiden

Freitag, August 12th, 2011

Das große mächtige Tikal beeinflusste während seiner langen wechselhaften Geschichte die gesamte Mayawelt. Bauern ließen sich hier bereits 600 v. Chr. nieder, erste Bauwerke datieren von 200 v. Chr. Im Jahr 292 AD errang Tikals Herrscher Große Pranke einen wichtigen militärischen Sieg mit erstmalig eingesetzten Speerwerfern und dominierte für die nächsten 180 Jahre die Region als einzige Großmacht seiner Zeit. In dem Königreich lebten zwischen 300.000 und 500.000 Menschen und pflegten wirtschaftliche Beziehungen bis nach Teotihuacán in Mexiko. Eine Kriegsniederlage ließ den Fortschritt Tikals stagnieren, doch ab 682 erfuhr das Reich eine Renaissance, aus deren intensiver Bautätigkeit die meisten der heute zu bewundernden Gebäude stammen. Der letzte in Stein gemeißelte Datumseintrag stammt von 879. Was zum Niedergang Tikals wie der ganzen Mayawelt führte, liegt nach wie vor im Dunkeln. Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Hinweise auf eine 200jährige Trockenperiode, die möglicherweise die Bewohner der Großstädte zur Abwanderung zwang.

Der Reiz Tikals heute liegt in den beeindruckenden hohen Pyramiden, die den Urwald überragen und von denen manche über Holztreppen bestiegen werden können; in den vielen, teilweise freigelegten großen und kleinen Gebäuden und in der Größe der Anlage. Besonders reizvoll ist, dass die antike Stadt mitten im Tropendschungel liegt, der nicht gerodet wurde. Stattdessen legte man Pfade durch den Regenwald an, die die Gebäudegruppen miteinander verbinden und auf denen man Wildtiere beobachten kann. Tikal gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eingebettet in einen Nationalpark, der die noch intakte Flora und Fauna schützt.

Die eigentümlichsten Pflanzen sind Ceiba-Bäume, die den Maya heilig waren. Charakteristisch für das Hartholz ist sein hoher Stamm, dessen kräftige Äste sich erst ganz oben in der Krone waagrecht abspalten und die Träger für allerlei Orchideen, Bromelien, Moose und Flechten sind. In den Bäumen und an den herunter hängenden Lianen turnen Brüll- und Klammeraffen. Auf dem Boden staksen hellblaue Petén-Truthähne herum, ein Graufuchs saust in die Ruinen. In den Wipfeln zanken sich kleine Papageien und verschiedene Tukanarten mit riesigen Schnäbeln. Über dem Ganzen schweben Königsgeier. Die Mücken decken hier ein interessant breites Größenspektrum ab und finden DEET 30 (das stärkste Repellent) nicht immer allzu abschreckend.

Am frühen Morgen ist die Ruinenstätte am schönsten zu besichtigen. Dann liegt noch Nebel über der Anlage und die Stimmen der zahlreichen Touristen in vielen Sprachen sind noch stumm: Spanisch, auch aus dem Süden des Kontinents, Französisch, Italienisch und reichlich Deutsch. Außerdem ist es am Morgen noch nicht ganz so heiß, denn einige Stunden muss man schon für den Besuch einplanen. Von den hohen Tempeln hat man eine wunderschöne Aussicht über scheinbar endlosen Regenwald und die wenigen die Baumkronen überragenden Bauwerke. Der Besuch der Mayastadt ist absolut lohnenswert, wenn auch mit 150 Quetzal pro Person nicht ganz billig. Auch die Guides lassen sich gut bezahlen, wenn man einen möchte.

Tikal, Guatemala – Nicht nur heile Welt

Donnerstag, August 11th, 2011

Der kurzfristige Entschluss, die Ruinenstätte Tikal zu besuchen, beschert uns einen langen Fahrtag über buckelige Straßen. Doch Guatemala hat selbst dem Betrachter hinter der Windschutzscheibe einiges zu bieten. Viele Bergdörfer haben Markttag, der mangels anderer ebener Flächen auf der Straße stattfindet. Die Fahrbahn verengt sich auf Arminiusbreite. Was bei Gegenverkehr passiert, müssen wir zum Glück nicht herausfinden. Markttage sind Festtage für Hunde. Die meisten Indígenas besitzen Hunde und lieben sie auch, doch ihnen fehlt das Geld, sie zu füttern. So laufen die Hunde frei herum und besorgen sich ihr Fressen selbst, sind aber mitnichten Straßenhunde. Ein besonders dreistes Exemplar schnappt sich einen Brocken Fleisch von einem Markttisch und erntet dafür einen kräftigen Tritt in sein Hinterteil. Das Fleischstück, das sich mittlerweile in den Zähnen des Hundes und im Straßendreck befunden hat, landet wieder auf dem Verkaufstisch.

Immer wieder zeigen sich Hinweise, dass Guatemala trotz aller Freundlichkeit und Fröhlichkeit eben nicht die heile Welt ist, die sich der Tourist erträumt. Die meisten Pkw – mehr noch als in Mexiko – wurden mit verdunkelten Scheiben ausgestattet, inklusive der Frontscheibe. Das macht zwar nächtliches Fahren zum Blindflug, schützt aber eventuell die Insassen vor dem beliebt gewordenen Carjacking, dem Autoraub auf offener Straße. Besonders Einzelfahrer neuerer Modelle werden mit Waffengewalt zum Aussteigen und zur Übergabe des Automobils gezwungen. Auch viele Lkw-Fahrer versuchen sich und ihre Ladung mit dunklen Scheiben zu schützen – das hilft vielleicht auch gegen die Sonne. Wobei fast alle Trucker einen mit einer Pump Gun ausgestatteten Beifahrer dabeihaben, manche lassen sich sogar von einem separaten Fahrzeug mit zwei Schusswaffen tragenden Sicherheitsleuten begleiten.

Im Norden des Landes stehen verhältnismäßig viele Polizei- und Militärkontrollen. Wir als Ausländer aber bleiben völlig unbehelligt, meist winkt man uns einfach zu. Lediglich an der Grenze zum Bezirk El Petén gibt es eine Lebensmittelkontrolle, die bei uns sehr oberflächlich durchgeführt wird. Auf Nachfrage erfahre ich, dass Äpfel, Aprikosen, Pfirsiche und Trauben beschlagnahmt werden. Darauf kann man sich jedoch nicht verlassen, je nach Quarantänevorschriften können auch Eier, Hühner und andere Frucht- und Gemüsesorten betroffen sein.

Überall entlang der Straße sind Mauern oder Felsen bunt bemalt. Im September werden Präsidentschaftswahlen stattfinden. Zur Unterscheidung schmücken sich die Parteien mit charakteristischen Farben, was besonders bei einer Analphabetenrate von rund 30 % sinnvoll ist. Da der Präsident eine einzige vierjährige Amtszeit zur Verfügung hat, entstehen Parteien, finanziert von reichen Kandidaten, für diese eine Wahl und verschwinden dann wieder von der Bildfläche. Geworben wird vor allem auf tausenden von Plakaten mit entschlossenen (Männer) und lächelnden (Frauen) Gesichtern und markigen Sprüchen.Unter dutzenden von Menschen, die gerne den Beruf „Präsident“ in ihren Lebenslauf schreiben würden, sind ein Millionär, der sein Geld angeblich mit Drogen macht, ein Arzt, ein Universitätsdekan und eine geschiedene Präsidentengattin, die ihre Wahlkampfkampagne mit abgezapften Steuergeldern finanzieren soll. Sandra Torres’ Kandidatur jedoch wurde diese Woche in letzter Instanz für verfassungswidrig erklärt, da weder ein Amtsinhaber noch sein Ehegatte (die Scheidung liegt erst drei Monate zurück) für eine weitere Regierungsperiode kandidieren darf, um Machtkonzentration zu vermeiden. Eine politische Karriere oder Vorerfahrung ist nicht zwingend notwendig.

Einer der aussichtsreichsten Kandidaten dürfte Otto Pérez Molina sein. Der Ex-Militärgeneral wird von vielen Guatemalteken (Ladinos) präferiert, obwohl seine Einheiten während des Bürgerkrieges für mehrere Massaker (an Indígenas) verantwortlich zeichnen. Obwohl das Militär nicht besonders beliebt ist, verspricht er die starke Hand, die Ordnung und Sicherheit ins Land bringt und die Todesstrafe wieder mehr anwenden wird. Bei den letzten Wahlen war Otto Pérez seinem Widersacher Alvaro Colom bei der Stichwahl nur knapp unterlegen.

Ebenfalls bei den letzten Wahlen angetreten war die wohl interessanteste Kandidatin. Damals war Rigoberta Menchú Tum mit nur 3 % der Stimmen abgeschlagen auf dem sechsten Platz gelandet. Die Nobelpreisträgerin hatte ein hartes Leben mit grausamen Erfahrungen. Sie wurde 1959 in einem Dorf fernab jeglicher Zivilisation geboren. Noch als Kind musste sie als Erntehelferin auf die Kaffee- und Zuckerrohrplantagen an der Karibikküste wechseln, da die Ernteerträge ihrer Familie als Einkommen nicht ausreichten. Spanisch lernte sie erst während ihrer Zeit als Dienstmädchen in der Hauptstadt. Später trat die Quiché-Indígena der Bauernvereinigung CUC bei, die von ihrem Vater gegründet worden war und die sich gegen den Raub des Agrarlands durch Großgrundbesitzer und Militärs wehrte. In der schlimmsten Phase des Bürgerkriegs zu Beginn der 80er Jahre ging sie in den Untergrund. Nachdem ihre Eltern und ein Bruder vom Militär gefoltert und ermordet worden waren, floh sie nach Mexiko. Ihre dort erschienene Biographie „Leben in Guatemala“ (1983) machte sie weltbekannt. Ihr unermüdlicher Kampf für die Rechte ihres unterdrückten Volks brachte ihr 1992 den Friedensnobelpreis ein. Nach ihrer Rückkehr nach Guatemala setzte sie sich auch weiterhin für Menschenrechte ein und tritt nun zum zweiten Mal zu den Präsidentschaftswahlen an.

Auf dem Weg ins karibische Tiefland verändern sich die Menschen: Hier leben Garífuna, Nachkommen schwarzer afrikanischer Sklaven und Karibikindianer, die weniger als 1 % der Bevölkerung ausmachen. Im Ort Sayaxché gibt es keine Brücke. Wir müssen den Rio de la Pasión mittels Fähre überqueren. Gestern soll eine gesunken sein, eine Überdachung ragt noch aus dem Wasser. Der seitlich von zwei Außenbordmotoren angetriebene Schwimmponton wirkt einigermaßen kenterresistent, auch wenn nur wenige Lkw pro Fahrt mitgenommen werden. Die Wartezeit, bis wir an der Reihe sind, wirft uns im engen Zeitplan zurück. Wir wissen nicht, ob wir in Tikal nach den offiziellen Öffnungszeiten noch aufs Gelände kommen, um zu übernachten. Nachdem wir den Lago de Petén Itzá, einen großen hübschen See, passiert haben, erhalten wir einen weiteren Rückschlag. Als es zu gewittern beginnt, hakt sich unser Scheibenwischergestänge aus. Jörg muss in strömendem Regen Werkzeug holen gehen. Um 17:45 fliegen wir schließlich mit einer Viertelstunde Reserve in Tikal ein. Auf einer Wiese campiert man hier für 50 GTQ pP. Toiletten und kalte Duschen sind vorhanden (N 17°13’29,4’’ W 89°36’40,2’’).

Guatemala – Verspätungen

Donnerstag, August 11th, 2011

Arminius wird auch weiterhin ausführliche Reiseberichte und Fotoreportagen aus allen Ländern und von allen Abenteuern veröffentlichen. Doch möchten wir alle Leser um Verständnis bitten, dass die Veröffentlichungen schubweise und nicht täglich erfolgen. In Mittelamerika gibt es nicht immer Internetverbindung, und das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben.

Lanquin, Guatemala – Naturwunder: Flusstunnel mit Bad und Fledermaushöhle

Mittwoch, August 10th, 2011

Die größten Chancen auf eine Quetzalbeobachtung habe man morgens zwischen 5 und 6 Uhr. Wir stellen den Wecker auf 4:30 Uhr. Doch auch die Frühwanderung ändert nichts an unserer Quetzallosigkeit. Der Vogel bleibt verborgen. Ich öffne meine Geldbörse und siehe da, schon habe ich einen Quetzal.

Über die angenehme Kleinstadt Cobán, früher große Enklave der Deutschen (Führung über Kaffeeplantage Finca Dieseldorff 30 GTQ pP), die sogar einmal einen deutschen Bürgermeister hatte, fahren wir nach Lanquin. Auf den letzten 20 km verwandelt sich die kurvige Bergstraße plötzlich in eine Schotterpiste. Die folgenden zehn Kilometer von Lanquin nach Semuc Champey sind kaum schlechter, nur noch enger. Für die besonders steilen Stücke spendierte man zwei Betonstreifen, die freundlicherweise Lkw-Spurbreite besitzen. Die Hängebrücke mit den etwas morsch wirkenden Holzplanken ist stabiler als auf den ersten Blick erkennbar und absolut Unimog-tauglich.

Semuc Champey ist ein Naturwunder der ganz besonderen Art und eines der schönsten des Landes. Der mächtige Fluss Rio Cahabón zwängt sich mit enormer Geschwindigkeit unter eine natürliche Kalksteinbrücke, aus der er knapp 300 m später wieder hervor schießt. Ein kleiner Nebenfluss ergießt sich zum Teil über die Brücke. Glasklares Wasser fließt in kleinen Wasserfällen über üppig grün bewachsene Felsen in türkisblaue, angenehm temperierte Pools. Ihre Farbe erhalten sie durch Kalziumkarbonat, das aus dem Kalkstein gewaschen wird. Wanderwege führen zum Teil über Holztreppen zum Beginn und Ende des Tunnels, zu den herrlichen Badepools sowie einem Aussichtspunkt oberhalb des Geländes. Der Zutritt kostet 10 Quetzal fürs Auto und 50 pro Tourist. Für je weitere 50 dürfte man campen, doch wir haben noch etwas anderes vor.

Eineinhalb Kilometer vor Lanquin aus Cobán kommend weist ein Schild zu den Grutas de Lanquin. Aus dem angeblich 100 km langen Höhlensystem schießt ein Fluss, der später in den Rio Cahabón mündet. Über einen Zugang kann man baden. Ein paar hundert Meter der Höhle können besichtigt werden. Die hohen Steinstufen sind überzogen mit einem schmierseifenartigen Belag und können ansatzweise als gefährlich bezeichnet werden. Sicher gibt es interessantere Höhlen und besser hergerichtete. Die wenigen Glühbirnen zum Beispiel beleuchten die Szenerie nur spärlich. Dennoch gibt es riesige Hohlräume sowie große Stalaktiten und Stalagmiten. Wobei die nicht der eigentliche Grund für den Besuch sind, sondern die Höhlenbewohner.

Jeden Abend fliegen Hunderttausende von Fledermäusen aus dem engen Eingangsloch, um sich auf Nahrungssuche zu begeben. Ab etwa 17 Uhr verlassen einzelne Tiere den Bau, der Hauptstrom setzt von 18:30 bis 19 Uhr ein. Man kann dem Spektakel von außerhalb der Höhle zusehen, der Wärter lässt aber heute die Eingangsbeleuchtung bis um sieben an, sodass man dem Massenaufbruch auch von innen folgen kann. Die Fledermäuse sind wahre Flugkünstler mit unglaublichen Geschwindigkeiten. Ihr Flug hat mit den trägen Bewegungen von Vögeln nichts zu tun. Haarscharf rasen sie an unseren Köpfen vorbei, von ihrem Radarsystem zielgenau gesteuert. Als der Wächter das Licht löscht erstirbt auch der Generatorlärm. Hier werden wir noch einmal 10 GTQ fürs Auto und 30 pro Person los. Das Campen wurde uns freiwillig angeboten und kostet nichts extra.

Grutas de Lanquin: N 15°34’44,8’’ W 89°59’23,8’’
Semuc Champey: N 15°32’11,0’’ W 89°57’16,4’’ (bereits vor der Brücke gibt es zwei Hotels mit kleinen Parkplätzen, wo man evtl. campen könnte)
In Lanquin am Ortsausgang Richtung Cahabón Campen auf einem kleinen Stellplatz der El Retiro Lodge möglich, 25 GTQ pP, Shuttle-Service nach Semuc Champey erhältlich: N 15°34’52,4’’ W 89°58’32,1’’

Biotopo Mario Dary Rivera, Guatemala – Der unsichtbare Quetzal

Dienstag, August 9th, 2011

Der Quetzal ist schon eine Geschichte für sich. Federschmuck der Maya, Wappentier Guatemalas und Landeswährung zugleich – der außergewöhnlich schöne Vogel hat viele Aufgaben zu erfüllen. Das scheue Tier bewohnt die Nebelwälder vom mexikanischen Chiapas bis nach Panama, doch in Guatemala wurde es zum Nationalsymbol. Die seltene bedrohte Spezies besitzt ein schillerndes Äußeres: bläulich-grünes Federkleid mit grüner Kopfhaube, blutrotem Brustfleck und grünen Schwanzfedern, die bis zu einem Meter lang werden können. Der Vogel liebt die feucht-kühlen Höhenlagen, die stark durch Abholzung wie die daraus resultierende Klimaänderung bedroht sind. Zumindest als erwachsenes Tier ernährt es sich ausschließlich vegetarisch von wilden Avocados und anderen Früchten.

Innerhalb des Nebelwaldschutzgebiets im Bezirk Baja Verapaz wurde ein Quetzal-Biotop mit Namen Biotopo Mario Dary Rivera eingerichtet. Hier soll der extravagante, schwer zu beobachtende Vertreter der Trogon-Familie leben. In dem Naturschutzgebiet wurden zwei Wanderwege eingerichtet. Der kurze hat zwei Kilometer. Auf dem langen läuft man über viele steile Stufen – sehr viele – innerhalb von vier Kilometern von gut 1600 auf rund 1900 m Höhe und wieder hinunter, für einen wenig spektakulären Aussichtspunkt addiert man einen halben Kilometer. Generell muss man sagen, dass es in Guatemala überall hervorragend ausgebaute Wanderwege gibt in ganz unterschiedlichen Klimazonen. Das vermissten wir in Mexiko etwas, wo sich Wanderungen ohne ortskundigen Führer fast auf Pyramidenklettern beschränken.

Eine costaricanische Führerin erklärte mir vor einigen Jahren den Unterschied zwischen Regen- und Nebelwald. Im Regenwald regne es. Im Nebelwald regne es auch. Wenn aber nicht, dann habe es Nebel. Das kann ich bestätigen. Dichte Wolken ziehen herein und verfinstern den dunklen üppigen Wald noch weiter. Danach beginnt es zu gießen. Man kann kaum etwas erkennen zwischen den Guaruma- und Avocadobäumen, Bambusstauden, Baumfarnen, Bromelien und Orchideen. Die aber blühten bereits gegen Ende der Trockenzeit. Und so ergeht es uns wie den meisten Guatemalteken, ja den meisten Menschen dieser Welt: Wir haben noch nie einen Quetzal gesehen. Das ändert sich auch nach der Wanderung nicht.

Um ins Quetzal-Reservat zu gelangen fuhren wir heute morgen ein drittes Mal durch Guatemala City – diesmal von Südost nach Nord – in Richtung Cobán, nicht zu verwechseln mit der honduranischen Ruinenstätte Copán. Pro Person zahlten wir 50 Quetzal Eintritt und 20 fürs Campen. Für Zelte wurden recht hübsche Plätze eingerichtet, wir jedoch passten nicht einmal auf den Parkplatz, da die Durchfahrt zu niedrig ist. Hilfsbereit und flexibel wie die Guatemalteken nun mal sind, öffnete man uns das Tor des Personaleingangs und ließ uns im Hinterhof parken. Nicht der allerschönste Platz, aber sicher verschlossen und zugleich Ausgangspunkt der Wanderung. Es gibt allerlei Getier wie Insekten und Schlangen, daher empfehlen sich lange Kleidung und festes Schuhwerk. Einige Mücken und sämtliche Bremsen zeigen sich von Moskitorepellent unbeeindruckt.
Quetzal-Biotop Mario Dary Rivera: N 15°12’50,4’’ W 90°13’04,4’’

Ciudád de Guatemala, Guatemala – Arm und reich

Montag, August 8th, 2011

Beatriz und Bill besitzen zwei Holzhäuschen auf einem kaum bebauten Hanggrundstück außerhalb Guatemala Citys mit Traumblick auf die Stadt und den südlich davon gelegenen Amatitlán-See. Auf dem Grundstück bauen sie auch etwas Kaffee an. Nachdem wir gestern das sonntägliche Programm mit besuch der Mutter, Geschwistern, Kindern und Enkeln miterlebten, verschaffen wir und heute einen Eindruck von der Stadt. Ciudád de Guatemala ist wie so viele Hauptstädte in Entwicklungsländern: sehr dicht besiedelt, smogbelastet, mit Müllproblemen und Wasserversorgung kämpfend. Elendsviertel reihen sich an moderne Wohn- und Geschäftsgebiete, neue Einkaufsmalls erstrahlen in Hochglanz. Trotz kolonialer Vergangenheit gibt es selbst im historischen Viertel kaum ein Gebäude, das älter als 100 Jahre ist. Für Museumsfans hat die Stadt jedoch einiges zu bieten.

Der Mangel an Arbeitsplätzen lässt den Dienstleistungssektor anschwellen, der auch ungelernten Kräften Stellen bietet. So gibt es hier, ähnlich wie in Mexiko, das klassische Dienstmädchen, das spätestens mit 15 nach der Schule zu arbeiten beginnt. Doch der Job ist nicht so schlecht bezahlt, sodass Familien von den Gehältern der Töchter existieren können. Entzückend ist hier, dass es die Dienstmädchenuniform, ein helles Blusenkleid mit weißem Kragen und manchmal weißer Schürze noch gibt – ich fühle mich 100 Jahre zurückversetzt.

Ciudád de Guatemala, Guatemala – Die Deutschen in Guatemala: eine unbekannte Geschichte

Samstag, August 6th, 2011

Während man normalerweise dazu tendieren würde, die engen überfüllten stickigen und chaotischen Hauptstädte Mittelamerikas zu meiden, fahren wir innerhalb von zwei Tagen gleich zwei Mal durch Guatemala Stadt: gestern von West nach Süd, heute von Süd über das Zentrum nach Südost. Und das alles nur, um Beatriz und Bill zu besuchen. Das sind die beiden, die wir an unserem zweiten Tag in Guatemala kennenlernten bei unserem Einkauf in Huehuetenango. Bill heißt mit Nachnamen Kähler, und das ist gar nicht mal so ungewöhnlich in diesem Land.

Die Geschichte der Deutschen in Guatemala beginnt 1828 mit der Einwanderung von Carl Rudolf Friedrich Klee. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zu einer der wichtigsten und erfolgreichsten Persönlichkeiten des Landes. Bald besaß er das größte Exportunternehmen und wurde zum Konsul einiger Hansestädte ernannt. Bills Urgroßvater kam Mitte des 19. Jahrhunderts an, die Haupteinwanderungswelle startete ab 1873. Der damalige Präsident öffnete ausländischem Kapital die Türen und förderte Kaffeeanbau. Mit Vergünstigungen lockte er Immigranten nach Guatemala, mehrheitlich Deutsche. Die Kehrseite der Medaille ist, dass er kommunalen Landbesitz der indianischen Bevölkerung ohne Entschädigung enteignete und die Ländereien an ausländische Investoren verkaufte. Zusätzlich verpflichtete er Indígenas per Gesetz zur Zwangsarbeit für den personalintensiven Kaffeeanbau, der bald darauf zu blühen begann, zum wichtigsten Exportgut wurde und fast ausschließlich in den Händen Deutscher lag.

Der Zweite Weltkrieg wurde auch hier für die Deutschen ein bitteres Kapitel. Auf Druck der USA erklärte Guatemala Deutschland den Krieg und trotz Sympathien der damaligen Regierung für Hitler, Mussolini und Franco musste der Präsident deutsche Landbesitzer enteignen. Galt es doch in erster Linie, die US-eigene Bananeinteressen zu wahren. Nutznießer waren demzufolge hauptsächlich US-Firmen. Die Mehrheit der Deutschen wurde des Landes verwiesen und musste fliehen, viele davon nach Mexiko. Die meisten von ihnen erhielten auch nach dem Krieg ihr Land nicht zurück, so wie Bills Familie, nur einige wenige Glückliche schafften es. Von diesem Schlag erholte sich die deutsche Gemeinde nicht, obwohl heute wieder geschätzte 3000 Deutsche und 2000 Deutschstämmige in Guatemala leben.

Und doch ist der deutsche Einfluss ungebrochen. Vor allem in den Gegenden Xela / Quetzaltenango und Cobán, aber auch andernorts finden sich erstaunlich viele Menschen mit hellen Augen und nicht immer dunklen Haaren. Die Guatemalteken selbst halten die Deutschen für die größte und wichtigste Einwanderergruppe und Deutsch für die zweitwichtigste Weltsprache nach Englisch. Kein Wunder, schließlich ist Deutschland größter Handelspartner für Exportprodukte in Übersee. Bill besitzt neben seinem guatemaltekischen immer noch einen deutschen Pass, der ihm das Reisen derart erleichtert, dass er mit seinem BMW Motorrad bereits bis nach Feuerland und über Brasilien und Venezuela zurück düste. Außerdem sammelt er alte deutsche Motorräder. Auch nach so vielen Generationen spricht er noch etwas Deutsch, seine Tochter sogar richtig gut, und die Enkelkinder besuchen die Deutsche Schule. An eine Rückkehr nach Europa denkt jedoch niemand.

Volcán Pacaya, Guatemala – Heißer Vulkan

Freitag, August 5th, 2011

Nach dem Abschied von Petra und Klaus – die beiden fahren für weitere sechs Monate zurück nach Mexiko, wir dagegen weiter nach Süden – schauen wir bei der Touristenpolizei vorbei, um aktuelle Informationen über den Vulkan Pacaya einzuholen. In früheren Jahren ist es bei Bergwanderungen immer wieder zu Überfällen auf Touristen gekommen, doch das scheint vorbei zu sein, seit ein bewachter Nationalpark eingerichtet wurde und die Touristenpolizei hier dauerhaft präsent ist. Allerdings erstaunen uns die hilfsbereiten Beamten mit ihrer eindringlichen Warnung vor dem direkten Weg zum Pacaya über Santa Maria de Jesús. Die Straße gelte nicht als sicher, dort komme es immer wieder zu bewaffneten Überfällen, auch auf Busse.

Also nehmen wir den mehr als doppelt so langen Weg, der zudem durch Guatemala City führt. Die Zwei-Millionen-Hauptstadt (mit Einzugsgebiet) ist nicht gerade ein Touristenmagnet, aber ein Verkehrsknotenpunkt. Knapp 40 km südlich von Guatemala Stadt, 7 km abseits der CA 9, werden wir in der Nähe des Dorfes San Vicente de Pacaya am Kassenhäuschen gestoppt. Hier sind als Ausländer 50 Quetzal Eintritt pro Person zu entrichten und wir erfahren, dass man uns ohne Guide nicht auf den Vulkan lässt. Der Führer schlägt unabhängig von der Gruppengröße nochmals mit 150 GTQ zu Buche und wir müssen ihn die letzten 5,5 km durch zwei Weiler auf anfangs asphaltierter, später schlechter enger Schmutzstraße mitnehmen. Er ist wohl vorrangig dafür da sicherzustellen, dass man nicht zu weit auf die qualmende Spitze läuft, in einen Spalt fällt oder in eine der als gefährlich eingestuften heißen Höhlen geht. Manche der Saunagrotten sind dennoch zugänglich. Wir dürfen ohne Aufpreis auf dem Parkplatz, wo der Wanderweg beginnt, übernachten.

Der mit einem offiziellen Ausweis ausgestattete staatlich lizenzierte Führer veranschlagt drei Stunden für die Wanderung: eineinhalb hoch, eine halbe Stunde Aufenthalt und eine runter. Er läuft aber schneller, wenn man es zulässt. Beruhigenderweise läuft auch ihm der Schweiß. Für Auf- und Abstieg sind je ca. 3 km und je 400 Höhenmeter zurückzulegen. Der Volcán Pacaya, einer der aktivsten Mittelamerikas, ist einfach und sicher zu besteigen. Seit 1565 werden Eruptionen registriert, in letzter Zeit jährlich. Die halbwegs zuverlässige Windrichtung bietet jedoch meist Schutz. Auf 2250 m ist Schluss, die letzten 300 m zum Gipfel kann man nicht hochgehen. Überall dampft es hier aus vielen Löchern, das Gestein ist teils heiß. Im unteren Bereich befindet sich die flüssige Lava etwa 15 m unter der Erdoberfläche, oben nur noch 10 m. Ein mehrere Meter tiefer Spalt kommt der Glut noch näher. Die Temperatur beträgt hier um die 500° C und unser Führer röstet an einem Stock ein paar Marshmallows. In der Nacht haben wir von unserem Vogelnest am Berg aus einen 5*-Blick auf Guatemala City und eine ruhige Nacht wie lange nicht mehr (N 14°23’58,1’’ W 90°36’54,9’’).

Antigua, Guatemala – Die unglücklichen Hauptstädte Guatemalas

Donnerstag, August 4th, 2011

La Antigua Guatemala bedeutet „das alte Guatemala“, womit das meiste – fast – schon gesagt ist: Es ist alt und es war einst die Hauptstadt des Landes. Die dritte um genau zu sein. Die erste, Ixmiché, wurde von Pedro de Alvarado niedergebrannt, nachdem er seine ehemaligen Verbündeten, die Cakchiqueles-Indianer, vernichtend geschlagen hatte. Alvarado war zusammen mit Hernán Cortés in die neue Welt gekommen. Während letzterer das mexikanische Hochland eroberte, wurde Alvarado die Aufgabe zugeteilt, Mittelamerika zu unterwerfen. Seine Hauptstadt wurde 1527 Santiago de Goathemala, das heutige Ciudad Vieja. Doch das Glück war Pedro nicht hold: Er hatte zwischenzeitlich geheiratet und seine Frau aus Spanien nachkommen lassen. Kurz darauf kam er bei einem Beutezug in Mexiko ums Leben. Der Stadtrat von Santiago übertrug seiner Witwe die Regierungsgeschäfte und machte damit Doña Beatriz de la Cuerva zur ersten Frau in Amerika in diesem Amt. Unglücklicherweise währte ihre Regierungszeit nur einen einzigen Tag. Nach einem mehrtägigen Unwetter wurde die Stadt von Schlammlawinen überrollt und Doña Beatriz ertrank in den Fluten.

Die neue Hauptstadt, heute Antigua, wurde um einige Kilometer verlegt und 1443 offiziell gegründet. Für 230 Jahre schienen Pestepidemien, Erdbeben und Ascheregen dem Machtzentrum nichts anhaben zu können, es stand jedes Mal neuer und schöner wieder auf. Mitte des 18. Jahrhunderts lebten 50.000 Menschen hier. Doch bei einem verheerenden Erdbeben 1773 wurde die Kapitale völlig zerstört und ein letztes Mal verlegt, wo heute Guatemala Stadt steht. Antigua indessen wurde nie ganz verlassen und knapp 100 Jahre später mit dem gezielten Wiederaufbau begonnen, 1976 allerdings von einen erneuten Erdbeben zerstört.

Antigua ist die propere Vorzeige-Kolonialstadt Guatemalas, zweites wichtiges Touristenzentrum neben dem Lago Atitlán, doch wurden nicht alle Gebäude restauriert. Die Kathedrale wurde nur zum Teil, andere Kirchen gar nicht wiederaufgebaut. Der Palacio de los Capitanes Generales mit seinem Arkadengang dagegen erstrahlt bereits in neuem Glanz. Von hier aus wurde ganz Mittelamerika 200 Jahre lang regiert. Der an der begrünten Plaza gegenüberliegende Palacio del Noble Ayuntamiento, heute Rathaus und Museum, blieb aufgrund seiner soliden Bauweise weitgehend unbeschadet. Die wieder 50.000 Bürger umfassende Stadt ist überschaubar, die drei umliegenden Vulkane verleihen ihr ein hübsches Ambiente. Die touristische Infrastruktur mit Hotels, Geschäften, Cafés, Sprach- und Tanzschulen ist perfekt. Unter den Restaurants befindet sich seit 1969 sogar ein bayerisches, wo wir mittags für viel Geld Weizenbier, Leberkäse (recht gut) und Weißwürste konsumieren, die mit dem Original nur ansatzweise etwas zu tun haben. Am Abend entscheiden wir uns für unser Abschiedsessen mit Petra und Klaus für das Wiener, wo es unter anderem Bratwürste und günstiges Schnitzel mit Kartoffelsalat gibt. Der Kaiserschmarrn ist zwar zwei Crèpes mit Obstfüllung, aber trotzdem nicht schlecht.

Antigua, Guatemala – Vom Wasser, Schulbussen und Trachten

Mittwoch, August 3rd, 2011

Wasser! So viel und doch so wenig. Durch den täglichen Niederschlag in der Regenzeit scheint Wasser im Überfluss vorhanden zu sein. Doch wird so viel Schlamm aus den Bergen hinuntergespült, dass selbst sonst saubere Quellen nur noch eine trübe Brühe sind. Dazu kommt, dass viele Tiere ertrinken, die dann irgendwo im Wasserlauf liegenbleiben. Neben Leichengift bilden Amöben eine Gefahrenquelle. Diese winzigen Süßwasserlebewesen breiten sich bei Überschwemmungen auch ins Grundwasser aus. Ernsthafte Durchfallerkrankungen, die schwer zu behandeln sind, gehören noch zu dem Harmlosen, das sie verursachen können. Das Wasser aus dem Fass unseres Campgrounds erscheint und genauso wenig vertrauenswürdig wie das der freiwilligen Feuerwehr. Die schlammige Brühe möchte man einfach nicht in seinen Tank füllen. Die Stadtverwaltung bietet ihren Bewohnern kostenlos gefiltertes Trinkwasser an, doch der Druck reicht nicht aus, unseren Tank zu befüllen. Zum Glück erklärten sich Freunde von Patti bereit, uns ihr Regenwasser zur Verfügung zu stellen, das scheint uns noch die sauberste Lösung zu sein. Tessa war mittlerweile auch eingetroffen, doch schon wieder ist Abschied angesagt. Wir wollen heute noch nach Antigua, um Petra und Klaus einzuholen, die einen Tag früher gefahren sind.

Auf der Panamericana erstaunen uns immer wieder die Busse, die das Haupttransportmittel im Land darstellen. Es handelt sich durchgängig um ausrangierte US-Schulbusse, die liebevoll restauriert und bunt bemalt wurden. Doch anscheinend wurde noch mehr verändert: Die Busse rasen nicht nur in atemberaubender Geschwindigkeit bergab und legen sich dabei gefährlich in die Kurve. Auch an steilen Steigungen lassen sie heftig schwarz qualmend so manchen modernen abgasgeregelten Pkw hinter sich. Dafür können Schulbusse einfach nicht gedacht zu sein! Das scheint die Guatemalteken wenig zu stören und mit ihrem eher gedrungenen Körperbau kommen sie mit den eng stehenden Kindersitzen auch gut klar, die bei uns hochgewachsenen Mitteleuropäern mittlere Bandscheibenschäden hervorrufen.

Genau so bunt wie die Schulbusse sind die bereits erwähnten Trachten, die von den allermeisten Frauen, jedoch nur noch von wenigen Männern getragen werden. Interessant ist, dass sich Farben und eingewebte Muster von Rock (corte) und Bluse (huipil) in jedem Dorf unterscheiden. Die Männer haben ihre bunten Hosen, den kontrastfarbigen Lendenschurz sowie das nicht minder farbenfrohe Hemd bzw. die in manchen Regionen vorherrschende Kastenjacke (den spanischen Offiziersjacken nachempfunden) meist durch praktische und billige einfache Hemden und Hosen ersetzt. Aber auch viele Frauen können sich oftmals die aufwändigen Huipiles, deren komplizierte Herstellung bis zu sechs Monate dauern kann, nicht mehr leisten und greifen auf importierte Einheitsware aus chemisch gefärbten Kunststoffen statt pflanzengefärbter Baumwolle zurück. Damit geht ein Stück Kulturgut verloren, das mindestens 500 Jahre alt ist. Viele Historiker glauben nämlich, dass erst die spanischen Conquestadores die Indígenas zwangen, unterschiedliche Farben und Webmuster zu verwenden, damit sie sie besser den einzelnen Dörfern zuordnen konnten. Doch heute ist es für die Ureinwohner Guatemalas ein wichtiges Stück Identität und Tradition, das mit Stolz getragen wird.

In Antigua treffen wir auf Petra und Klaus auf dem Parkplatz gegenüber dem Busbahnhof. Trotz der unmittelbaren Stadtnähe ist man weit weg von der Straße und mitten im Grünen. Das bewachte und abgeschlossene Gelände kostet pro Tag und Nacht je 50 GTQ pro Fahrzeug, also 100 für 24 Stunden. Entgegen Berichten anderer Reisender fanden wir auch Parque Ecológico Florencia 10 km außerhalb von Antigua offen, wo man für 30 GTQ pP campen kann. Der Parkplatz an der Touristenpolizei zwei Blöcke südlich des Marktes steht dagegen zu diesem Zweck nicht mehr zur Verfügung. Auch die früher angebotenen Spaziergänge auf den Hügel Cerro de la Cruz und zum Friedhof in Polizeibegleitung finden nicht mehr statt, doch gelten diese Routen mittlerweile als sicher. Einen Guide kann man sich an der Touristeninformation am Parque Central buchen, wenn man sich gar nicht alleine traut.

Parqueo gegenüber Busbahnhof, N 14°33’34,7’’ W 90°44’32,0’’

Panajachel, Guatemala – Guatemala: ein Kurzportrait

Sonntag, Juli 31st, 2011

Viele Länder Mittel- und Südamerikas sind in Europa wenig bekannt. Daher hier ein kurzer Abriss über Guatemala:

Guatemala markiert zusammen mit Belize die nordwestliche Grenze Mittelamerikas und stößt dort noch an Mexiko, im Südosten an Honduras und El Salvador. In diesem Teil des Kontinents sind alle Länder klein, wenn auch Guatemala mit 109.000 km2 zu den Größeren gehört. Mit knapp 13 Mio. Einwohnern hat es jedenfalls die meisten Einwohner. Es grenzt sowohl an den Pazifik als auch in einem schmalen Korridor an das Karibische Meer. Die Küstengebiete sind feuchttropisch und teils von Regenwald bedeckt, das Hochland, das sich von Nordwest nach Südost einmal quer durchzieht und bis zu 4220 m hohe Gipfel besitzt, bietet ganzjährig mildes Klima und ist am dichtesten bewohnt. Knapp 60 % der Bevölkerung sind europäischer oder europäisch-indigener Abstammung und werden hier als Ladinos statt Mestizen bezeichnet, 40 % sind Indigene, meist Mayas, und nur eine kleiner Minderheit ist asiatischen Ursprungs oder stammt von den Kariben ab, die ihre Wurzeln in Afrika haben. Amtssprache ist Spanisch, die rund 65 % als Muttersprache lernen. Insgesamt werden 53 verschiedene indigene Sprachen und Idiome gesprochen, 21 sind Maya-Dialekte. Sieben davon, darunter das weit verbreitete Quiché mit 2 Mio. Anwendern, sind offiziell anerkannt. Guatemala gilt als Entwicklungsland, in dem der Großteil der Bevölkerung arm ist und sich das Vermögen des Landes in den Händen nur weniger (Ladinos) befindet. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt pro Einwohner 5.200 US$ jährlich. Export von Textilien und Kaffee, daneben Zucker, Baumwolle, Bananen, Tabak, Kautschuk, ätherische Öle, Kardamom und Fahrrädern spielt eine große Rolle, wird aber aufgehoben von den zahlreichen Importen, darunter auch Nahrungsmittel. Seit den 1990er Jahren spielen Tourismus und Überweisungen im Ausland lebender Guatemalteken ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die wechselhafte Geschichte Guatemalas beginnt 300 n. Chr. mit den Maya. Ab 1524 eroberten die Spanier das Hochland, von denen eine Unabhängigkeit erst 1821 erfolgte. Es dauerte jedoch weitere 20 Jahre (Zentralamerikanische Konföderation), bis der unabhängige Staat Guatemala entstand. Danach begannen die Turbulenzen erst richtig: 30 Jahren Konservativismus, während denen das Establishment den kolonialen Status Quo zu wahren suchte, folgen 70 Jahre nicht allzu positive Liberalisierung und ein Ausverkauf des Landes an die USA. Ab 1944 beginnt das erste Jahrzehnt Demokratie in Guatemala, die den US-Amerikanern ein Dorn im Auge war, sollten sie doch ihrer Wirtschaftsprivilegien (die Rede ist von Bananenanbau) enthoben werden. Auf betreiben der USA, die die junge Demokratie völlig zu Unrecht des Kommunismus beschuldigte, wurde 1954 der Präsident gestürzt und durch einen Diktator ersetzt, der sämtliche sozialen Reformen rückgängig machte und die Wirtschaftsinteressen der USA wieder stärkte. Das endete 1960 jedoch in einem Bürgerkrieg, der offiziell erst 1996 für beendet erklärt wurde. Er forderte 200.000 Todesopfer und eine Million Flüchtlinge. Während dieser Zeit wurde and der indigenen Bevölkerung ein regelrechter Genozid verübt. Ganze Landstriche wurden flächendeckend bombardiert. Immer wieder beuteln Erdbeben, Hurrikane und Vulkanausbrüche den instabilen Staat. Die heute unabhängige demokratische Republik hat neben Armut und Ungerechtigkeit, Völkerkonflikten, Menschenrechtsverletzungen, Korruption und einer langsamen uneffektiven Bürokratie auch mit Schwerkriminalität zu kämpfen. Fast zeitgleich mit dem Ausbruch des Drogenkriegs in Mexiko kam begannen auch in Guatemala Zusammenstöße zwischen Regierung und Drogenkartellen.

Panajachel, Guatemala – Aufdringliche Verkäufer

Freitag, Juli 29th, 2011

Panajachel ist ein äußerst geschäftiger Touristenort, was er seiner Lage am Lago Atitlán zu verdanken hat. In den Straßen drängen sich die Besucher, bevorzugt Neuzeithippies, die vermutlich einen Scheck von Papa in der Tasche haben, da hier nichts billig ist. Bootsfahrten, Ausflüge, geführte Wandertouren werden von den Ladinos, den Abkömmlingen der spanischen Kolonialisten, eifrig zu gesalzenen Preisen angepriesen. Auch die nicht minder werbenden Restaurants scheinen fest in Ladinohand zu sein. Die Indígenas dagegen, auch hier alles Nachfahren der Maya, sind billige Arbeiter oder bieten ihr Kunsthandwerk an Ständen bzw. als fliegende Händler an.

Frauen, Kinder und manchmal auch Männer offerieren Ketten aus bunten Perlen, geflochtene Armbänder, und vor allem die wunderschönen knallbunten Handwebarbeiten, die sich in den Trachten der Frauen wiederfinden: den schlichteren wadenlangen geraden Röcken, den aufwändigen, teils zusätzlich bestickten Blusen, Huipiles genannt, deren Herstellung Monate dauern kann, und den Tüchern, in denen sie Lasten oder ihre Babys herumschleppen – gerne auch beim Fahren auf den beliebten Motorrollern. Die Jungs bieten oft Schuhputzservice an, allerdings sollte man sich vom mitleiderregenden Blick nicht zu sehr einnehmen lassen, manchmal hat der Bub vorher schnell sein Handy weggesteckt.

Vor allem am Hafen und in der Haupteinkaufsstraße Calle Santander vergeht keine Minute, ohne dass etwas feilgeboten wird. Selbst wenn man sich zum Essen niedersetzt, wird man pausenlos angesprochen. Entweder man flieht ganz schnell aus dieser Stadt oder findet sich damit ab, permanent zum Kauf gedrängt zu werden. Es mag ein wenig nerven, trotzdem fasziniert uns dieses lebendige, fröhliche, pulsierende Guatemala. Die Schattenseiten – außer der weitverbreiteten Armut unter den Indígenas – haben wir bislang nicht kennengelernt. Und dann offenbaren sich doch einige günstige Dinge: Mittagessen kann man im Straßenrestaurant ab 1,50 €, auf dem täglichen Markt gibt es Obst und Gemüse zu Spottpreisen und eine Fahrt mit dem TukTuk, einem überdachten motorisierten Dreirad, kostet 5 Quetzal pro Person.

Am Nachmittag treffen wir Patti, die mitten in der Stadt in bester Lage ein Gästehaus mit Appartements betreibt, die sie kurz- oder langfristig vermietet (www.alegre-apartments.com). Patti ist eine Freundin von Tessa, als diese noch in Guatemala wohnte. Tessa hatten wir im mexikanischen Pátzcuaro kennengelernt und in San Miguel de Allende besucht. Wir erwarten sie in wenigen Tagen hier am See. Patti engagiert sich außerdem für ein Projekt, das sie vor Jahren zusammen mit ein paar anderen Leuten gegründet hat: www.mayanfamilies.org engagiert sich für Bildung, Gesundheit und Ernährung der indigenen Bevölkerung, aber auch für deren Haustiere oder Straßenhunde.

Panajachel, Guatemala – Straßenblockade

Donnerstag, Juli 28th, 2011

Unbeschadet fahren wir den steilen Vulkanberg hinunter durchs Dorf. Die Großstadt Quetzaltenango können wir zum Glück auf einer Periférico umgehen und schaffen es bis Salcajá an den großen Kreisverkehr am Ortsausgang, wo man über die wichtige Kreuzung Cuatros Caminos wieder zur Panamericana gelangt. Doch Pustekuchen: hier herrscht Verkehrschaos. Die Straße ist mit parkenden Fahrzeugen verstopft, dazwischen versuchen Autofahrer zu wenden. Imbissbuden haben sich bereits angesiedelt, um Snacks und Getränke feilzubieten. Um den Kreisverkehr wurden Straßensperren errichtet und Menschen versammeln sich. Was geht hier vor?

Wir fahren auf ein Stück Brachland an der Seite und lassen uns aufklären. Hier wird für höhere Gehälter demonstriert und die Straßenblockade soll noch rund sieben Stunden dauern. Das entspricht nicht exakt unserer Tagesplanung. Frustriert müssen wir einsehen, dass der gesamte Kreuzungsbereich komplett abgeriegelt wurde und es auch kein Schlupfloch zur Seite gibt. Ganze 40 Minuten vergehen, bis Autofahrer von der anderen Seite anscheinend einen Nebenweg entdecken und sich unserem Standort nähern. Wir machen uns sofort auf, ihnen entgegen. Nach wenigen Minuten treffen wir uns auf halbem Wege und fahren kurz darauf über einen holprigen Feldweg auf die Hauptstraße.

Endlich können wir unsere Fahrt fortsetzen auf der CA1 nach Alaska. So nennt sich die kalte zugige Hochebene, die mit 3060 m die höchste Stelle der Panamericana in Guatemala bildet. Schließlich biegen wir ab nach Sololá, einem Bergdorf auf 2100 m, das dennoch einen wichtigen Handelsknotenpunkt zwischen dem Hochland und der pazifischen Tiefebene darstellt. Die Durchfahrt ist für große Fahrzeuge schwierig, selbst wenn man der spärlichen Schwerverkehrsbeschilderung folgt. Kein Problem für unsere beiden Kompaktcamper. Markttage sind Dienstag und Freitag, dann soll ein Durchkommen unmöglich sein, doch man kann den Ort auch weiträumig umfahren. Schon geht es weiter steil bergab mit schönen Aussichtspunkten auf den Lago Atitlán. Der See auf gut 1500 m ist umgeben von Vulkanen und gilt als der schönste Bergsee des Landes. Er bildet das touristische Zentrum Guatemalas mit dem Hauptort Panajachel.

Aus drei Campingoptionen wählen wir die sympathischste am Ende des Ortes, aber nur eineinhalb Kilometer von der Stadtmitte entfernt. Die Zufahrt, eine Schlammpiste, ist völlig zugewachsen und das Tor vergammelt. Mike, der alte amerikanische Besitzer, muss seit langer Zeit keine Campinggäste mehr gehabt haben. Er ist alt und verarmt und würde das Grundstück gerne verkaufen. Er räumt ein, dass wir auf den anderen Campingplätzen besser aufgehoben wären, freut sich aber sehr, dass wir bleiben wollen. Die Campinggebühr beträgt hier seit Jahren 35 GTQ pro Person. Da es auf dem ganzen Gelände keinen Strom und kein fließend Wasser, damit keine Duschen gibt, lässt uns Mike für den halben Preis hier parken. Das ist mehr als fair, der Platz ist abgeschlossen, sicher und ruhig, und von Mike und seinen Hunden ständig bewacht.

Campana Camping, Panajachel, N 14°44’16,6’’ W 91°08’56,9’’

Volcán Chicabal, Guatemala – Der heilige Kratersee

Mittwoch, Juli 27th, 2011

Die Erde bebte schon wieder heute Nacht. Unabhängig voneinander waren wir alle vier aufgewacht, der Parkplatzbesitzer war aus seinem Haus gerannt. Es war nicht so stark wie das letzte in Mexiko, doch deutlich in der Kabine spürbar.

Der sonst völlig harmlose Volcán Chicabal besitzt einen besonders schönen Kratersee, umgeben von dichter Vegetation und mystischer Stimmung dank des immer wieder aufziehenden Nebels. Der Aufstieg auf den 2900 m hohen Gipfel ist einfach, aber wegen der steilen Wege anstrengend. Von unserem Parkplatz aus laufen wir über den immer noch schmierigen Feldweg über einen Bergrücken hinauf und wieder hinunter zum Kassenhäuschen der Parkverwaltung, wo wir als Ausländer 15 Quetzal bezahlen. Dann geht es hoch zum Gipfel, der in dichtem Wald liegt. Ein Hinweisschild bringt uns zu einem Aussichtspunkt, von wo aus Stufen zum 200 m tiefer liegenden Kratersee führen, den wir umrunden. Er misst einen halben Kilometer im Durchmesser und ist ganze 300 m tief.

Zum Baden wäre er etwas kühl, schließlich hatte es heute hier Nachtfrost gegeben, wie uns der Raureif verrät. Doch das ist sowieso verboten, denn der See ist den Maya heilig. Überall gibt es Kultstätten: einfache Kreuze, ein wichtiges Mayasymbol, ein Baumstumpf oder einfach ein besonderer Platz. Zeremonien werden gerade nicht ausgeführt. Vom See aus gibt es einen zweiten Weg ohne Stufen, den man hinauflaufen kann. Auf dem Rückweg rutschen wir immer wieder auf dem steilen Lehmpfad aus und sind froh, die letzten Kilometer bis zur Zahlstation nicht mit den Autos gefahren zu sein, obwohl man hier prima hätte campen können.

Viel war auf dem Vulkan nicht los, aber der eine oder andere Tourist verirrt sich schon hierher. Ein Paar entschied sich für einen Pferderitt, ein anderes nahm sich einen Guide und macht uns schmunzeln. Die beiden Europäer schnaufen in perfekter Funktionskleidung und teuren Wanderschuhen mit hochroten Köpfen, während die Indígenaführerin in traditioneller Tracht mit schickem Rock in ihren billigen Schlappen ganz entspannt dahin gleitet. Für den Vulkan Chicabal benötigt man keinen Führer, um den Weg zu finden. Ein Sicherheitsproblem ist uns auch nicht bekannt, während es auf anderen Vulkanen Guatemalas immer wieder zu Über fällen auf Touristen kommen soll, weswegen oft angeraten wird, in einer organisierten Gruppe mit Guide und Geleitschutz zu gehen. Wir sind vier große Deutsche, denen die Guatemalteken gerade bis zur Schulter reichen. Außerdem stoßen wir auch hier stets auf freundliche Menschen.

Wir hoffen, die positiven Eindrücke dieses Landes bleiben uns bis zum Schluss erhalten. Lediglich eine Fußmatte, die Petra auf die Motorhaube gelegt hat, ist verschwunden. Die hatte sicher jemand brauchen können. Gelegenheitsdiebstahl ist in Mittelamerika normal. Ein paar kleine Jungs müssen ihre Schafe genau neben unseren Campern grasen lassen und werden belohnt. Der Müll, den wir gerade entsorgen, enthält praktische Plastikflaschen und Aludosen, die sich in Bares umsetzen lassen. Des einen Abfall ist des anderen Gold, lautet ein englisches Sprichwort.

San Martín Sacatepéquez, Guatemala – Straßenproblematik

Dienstag, Juli 26th, 2011

Noch einmal stürzen wir uns in die heißen Fluten und unter die eisige Dusche. Eine Viertelstunde Fußweg entfernt gibt es zwei weitere völlig einsame Pools, man muss nur dem Ecotrail folgen. Ökologisch daran ist wohl mehr der rustikale glitschige Weg über viele Stufen denn die Müllhalde für Holz, Wellblech und andere Baumaterialien. Doch die gesamte Anlage mit wuchernden Riesenfarnen, Callas und großblättrigen Pflanzen an den Felshängen in eigentlich kühlem, regnerischem Nebelwaldklima ist schon sehr einnehmend.

Um zum Vulkan Chicabal zu gelangen wollen wir nicht zurückfahren, sondern nehmen den Weg über San Sebastián und die CA2 nach San Martín Sacatepéquez. Von 2400 m fahren wir bis auf unter 300 m ins feuchtheiße pazifische Tiefland und auf 2560 m wieder hinauf. Leider existieren nicht alle in unserer Karte eingezeichneten Straßen und so müssen wir in einer Sackgasse mitten in den Bergen umkehren, um eine andere Route zu nehmen. Doch immer sind die Guatemalteken hilfreich und auskunftsfreudig, selbst wenn der Dorfverkehr vorübergehend zum Erliegen kommt. In San Martín fallen wir von der „falschen“ Seite von Süden ein, wo Hinweisschilder fehlen, aber auch hier hilft es zu fragen. Mehrfach versichern wir uns, auf dem richtigen Weg zum Volcán Chicabal zu sein und mit unseren Fahrzeugen durchzukommen, denn die einspurige Straße mit teils über 20 % Steigung ist respekteinflößend, vor allem, wenn doch einer entgegenkommt. Der Vorteil ist: Wir sind dicker! Mit Vierradantrieb wäre das in Ordnung, versichert man uns, dich unerwartet hört nach wenigen Kilometern die Asphaltstraße auf und ein übler, noch viel steilerer Feldweg beginnt.

Der Himmel schickt einen nicht ganz ebenen Parkplatz am Wegesrand, wo der Besitzer mit seiner Familie manchmal in einem amerikanischen Alutrailer wohnt. Für 10 Quetzal können wir hier über Nacht bleiben, aber auch weiter oben könne man noch parken. Der dicht bewölkte Himmel kündigt Regen an und wir befürchten, mit unserem 7,5-Tonner die Sprungsschanze aus Lehm bei Nässe schneller herunterzurutschen als uns lieb wäre. Wir bleiben lieber und fragen den Besitzer, ob wir ein paar Löcher graben dürfen, da wir mit Keilen alleine den Camper nicht nivellieren können. Ihm ist alles recht, aber über das große Bier als Entschädigung für die Löcher in seinem Platz freut er sich trotzdem. Während Jörg eifrig die Schaufel schwingt, dokumentiert ein junger Mann der Familie mit seinem Fotoapparat, wie die blonde Frau den Lkw hin und herrangiert. Sein Weltbild scheint dabei nicht außerordentlich gestört worden zu sein. Natürlich bekommen auch wir im Gegenzug uns Foto und als es kurz darauf tatsächlich zu regnen beginnt, sind wir froh um unsere Entscheidung.

Parkplatz an Zufahrt zu Volcán Chicabal, N 14°48’29,2’’ W 91°38’53,0’’

Zunil, Guatemala – Gargekocht

Montag, Juli 25th, 2011

Zum Abschied gibt es einen Dankesbrief an die Kirchentür, dann fahren wir durch Chiantla und Huehuetenango, als wären wir hier zu Hause. Wenn man in eine Hauptrichtung unterwegs ist, folgt man am besten der Hauptverkehrsrichtung – egal was das Navi erzählt. Auf einem Zwischenstopp in der modernen Mall stellen wir im Supermarkt fest, dass es auch hier fast alles gibt, aber etwas teurer ist als in Mexiko, obwohl Guatemala zu den günstigsten Reiseländern Mittelamerikas zählen soll. Nach weiteren knapp 80 km verlassen wir die Panamericana schon wieder bei San Cristóbal Totonicapán, um nach San Andres Xequl zu gelangen.

Das unscheinbare Dorf besitzt die bunteste Kirchenfassade Guatemalas, was man allerdings erst sieht, wenn man auf der Plaza steht. Hinweisschilder oder ähnliches fehlen völlig. Am Ortseingang treffen wir aus Kim aus den USA, die hier für zwei Jahre unentgeltlich bemüht ist, Ökotourismus zu entwickeln. Sie führt uns gerne im Ort herum. Die Kirche aus dem 16. Jahrhundert mit dem knallgelben Hintergrund ist mit plastischen Engelsfiguren, Weinranken und anderen bunten Verzierungen versehen, die der Mayakultur entspringen. Auch die Kalvarienkapelle oberhalb ist bunt bemalt. Daneben befinden sich Mayakultstätten, wo zu Zeremoniezwecken Feuerwerkskörper gezündet und Brandopfer dargebracht werden. Der Blick von hier oben ist toll.

Kim bringt uns auch zu Maximón, den wir alleine vielleicht nicht gefunden hätten. Das ist eine Art Heiliger, der aber eher einen bösen Charakter besitzt und mit Gaben besänftigt werden muss. Maximón ist eine lebensgroße Puppe, die jedes Jahr ihren Gastgeber wechselt und in seiner Gastfamilie für ein Jahr einen eigenen Raum zur Verfügung gestellt bekommt. Bevorzugt spendet man ihm Zigarren oder Schnaps. Erhört er die Gebete der Bittsteller und die sehnlichst erhoffte Reise in die USA, um dort für ein paar Jahre Geld zu verdienen, klappt, bringt man dem Heiligen ein Geschenk mit: einen Hut, eine Sonnebrille, eine Jeans oder Cowboystiefel. So sieht Maximón ein wenig aus wie ein amerikanischer Gangster aus den 60ern. In San Andres Xequl gibt es ihn gleich zweifach. Nachts werden die beiden Puppen sogar ins Bett gelegt, tagsüber sitzen sie in Sesseln. Für 5 Quetzal pro Person darf man auf als Tourist den bösen Buben besuchen und fotografieren. Maximón gibt es noch ein paar Mal in anderen Orten der Umgebung, doch dort wird er weit mehr kommerzialisiert und für jedes einzelne Foto Geld verlangt. Hier dürfen wir sogar einer Zeremonie in einem Nebenraum beiwohnen, wo Zigarren, Limonen, duftende Baumrinde und Kerzen verbrannt werden. Wo ist hier die Grenze zwischen Katholizismus und ursprünglicher Mayareligion, fragt man sich? Gar nicht, Hier sind zwei Religionen zu perfekten Synkretismus verschmolzen.

Wir umgehen die Stadt Quetzaltenango, weitgrößte des Landes, und gelangen über eine Nebenstraße nach Cantel, wo 17 Glasbläser die Kooperative COPAVIC gegründet haben. Ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse gelang es den Gründern erst nach Jahrzehnten, Gewinne zu erwirtschaften, doch heute exportiert man fleißig nach Europa. Besonderheit ist, dass als Rohmaterial ausschließlich Altglas verwendet wird. Leider arbeiten die Handwerker nur von 5 bis 13 Uhr, sodass wir die Produktion nicht sehen können, aber ein Souvenir nehmen wir uns trotzdem mit.

Es sind nur ein paar Kilometer nach Zunil, wo eine winzige Straße zu den Fuentes Georginas abzweigt. Die Hänge sind übersät mit dampfenden Gemüsefeldern, deren Früchte mit warmem Wasser bewässert werden. Zwiebeln, Möhren, Radieschen und rote Beete wachsen auf dieser Höhe zu unglaublicher Perfektion. Hoch in den Bergen auf 2400 m liegen an der Flanke des Vulkans Zunil recht bekannte Thermalquellen. Der Eintritt beträgt stattliche 50 GTQ pP und 10 pro Fahrzeug, und wenn wir für zwei Tage bezahlen, können wir über Nacht bleiben. Das heiße Wasser entspringt direkt dem „inaktiven“ Vulkan und fließt in zwei mit Natursteinen gemauerte Becken mit etwas über Körpertemperatur. Ein drittes Becken ist so heiß, dass man den Einstieg nur mit mutiger Geschwindigkeit schafft. Auch dann kann man nur wenige Minuten bleiben, sonst kollabiert der Kreislauf. Schon bald sind wir krebsrot und gargekocht. Anschließend findet man es nicht mehr ganz so schlimm, dass das Wasser nur kalt aus der Dusche rinnt. Mit kalt meine ich eiskalt, sodass der Kopf unter dem Strahl zu schmerzen beginnt, aber wer möchte schon nach Schwefel duftend im Bett liegen.

Fuentes Georginas, N 14°45’01,3’’ W 91°28’48,5’’

Huehuetenango, Guatemala – Zuflucht in der Dorfkirche

Sonntag, Juli 24th, 2011

Die beiden letzten PEMEX-Tankstellen vor dem Grenzübergang Ciudad Cuauhtémoc – La Mesilla sind steuerbefreit in einer Freuhandelszone und bieten den Diesel für 9,41 Peso statt mittlerweile 9,68 den Liter an. Volltanken ist angesagt, in Guatemala ist es teurer. An der mexikanischen Grenzstation lassen wir uns einen Ausreisestempel in den Pass geben und die temporäre Einfuhrerlaubnis fürs Fahrzeug entwerten. Dann fährt man erst durch den Grenzort, der an den beiden Markttagen Donnerstag (neu) und Freitag unpassierbar sein soll.

Auch die guatemaltekischen Formalitäten gestalten sich einfach und freundlich. Die recht oberflächliche Fahrzeugdesinfektion wird nach Größe berechnet. Für den Unimog berechnet man uns 47 guatemaltekische Quetzal (GTQ), für den Toyota Pick-up mit Kabine nur 39 GTQ. Der Einreisestempel für drei Monate kostet je 20 MXN, der temporäre Fahrzeugimport für denselben Zeitraum160 GTQ. Derzeit entsprechen 10 Quetzal etwa 0,90 €. Auf der Straße lungern Devisentauscher herum, die die übriggebliebenen mexikanischen Peso zu einem schlechten Kurs in Quetzal wechseln. Allerdings ist es im Land schwierig zu tauschen, da die meisten Banken keine Pesos akzeptieren. Für unseren Unimog oder dessen Inhalt interessiert sich niemand, eine Kontrolle findet nicht statt.

Auf der Panamericana, die hier CA1 heißt, fahren wir ins dicht besiedelte Land hinein. Fröhlich winkende Menschen in fröhlich bunten Trachten erwarten uns. In der Stadt Huehuetenango verlassen wir die Straße und begeben uns nach Chiantla. Bekommen wir das Durchfahren der ersteren noch ganz gut hin, sind wir in der letzteren ziemlich verloren. Schilder fehlen fast völlig und das Navigationssystem erweist sich als nutzlos. Fragen ist nur von begrenztem Erfolg gekrönt, da klare Angaben wie „rechts“ und „links“ eine Rarität darstellen. Häufig hört man die Anweisung: „Es ist ganz einfach. Immer der Straße nach.“ Was nicht zwangsläufig geradeaus meint oder dem Straßenverlauf zu folgen, sondern mehrfaches unbeschildertes Abbiegen erfordern kann und bestimmt ganz einfach ist, wenn man die Strecke kennt. Ansonsten muss man sich mit Hinweisen wie „bergauf“ oder „hinunter“ begnügen. Nach diversen Fehlversuchen in dem unglaublich engen Dorf mit dem entnervten Fahrer eines 7,5-Tonners versuchen uns schlussendlich mehrere Menschen unabhängig voneinander zu überzeugen, entgegengesetzt der Fahrtrichtung in eine Einbahnstraße zufahren, die nicht mehr Platz als für ein Fahrzeug bietet. Das gestaltet sich als schwierig, doch schließlich finden sich einige Chiantler, die die Straße für uns sperren, was völlig normal scheint, und wir finden den Ausweg aus dem Labyrinth.

Nach einigen Kilometern und vielen sehr steilen Serpentinen gelangen wir an den Mirador Cuchumatanes, der auch Mirador Juan Diéguez Olaverri heißt. Dieser Aussichtspunkt auf 3100 m Höhe bietet spektakuläre Blicke ins Tal, auf Huehuetenango, Chiantla und die umliegenden Vulkane. Der Ausblick ist dem guatemaltekischen Dichter J.D. Olaverri gewidmet, der 1864 nach einer gescheiterten Verschwörung gegen den damaligen Präsidenten nach Mexiko verbannt wurde. Im Exil schrieb er die Ode an seine geliebten Berge, die Cuchumatanes. Die neun Strophen des Gedichts sind auf kleinen Steinpyramiden verewigt.

Auf dem Weg nach unten fragen wir uns, wo wir unsere erste Nacht in Guatemala verbringen wollen. Offizielle Campingplätze gibt es so gut wie keine, und vor freiem Stehen wird in Mittelamerika abgeraten, da Armut Gewalt und Kriminalität fördert. In einem winzigen, an einen Hang gedrängten Bergdorf fragen wir nach Erlaubnis zum Campen. Ein Privatmann bietet sich an, doch sein Grundstück ist so schief, dass wir es nicht nutzen können. Der Platz um die Kirche scheint die einzige ebene Fläche im ganzen Ort zu sein. Wir warten, bis die Messe zu Ende ist, die anscheinend von einem Laienprediger gelesen wird. Ich frage ihn nach einem sicheren Platz zum Übernachten und ob wir nicht das Kirchengelände nutzen könnten. Er wägt ab, überlegt hin und her.

Man stelle sich die Situation vor: Vier Deutsche, erfüllt von Gerüchten über Raub und Überfälle in Guatemala und entsprechend verunsichert stehen vor einer Gemeinde, die noch weit mehr Angst hat vor den unbekannten Eindringlingen, den Fremden, die auch noch ein seltsam anmutendes Fahrzeug mitgebracht haben. Der Mann muss sich beraten und bittet um etwas Zeit. Er läuft zur einen Seite der Kirche und diskutiert, dann zu anderen. Nach Minuten kehrt er zurück und teilt mir würdevoll mit, dass wir die Erlaubnis zum Bleiben hätten. Ich bedanke mich überschwänglich, ein paar Leute beginnen zu klatschen, und plötzlich applaudiert die ganze Gemeinde.

Wir rangieren unsere Camper in einen schmalen Weg zwischen Kirche und Nebengebäude und sind kurz darauf umringt von Neugierigen. Gleich bündelweise hüpfen sie unsere steile Leiter empor und wieder hinunter, um unsere Kabine zu besichtigen; die 80jähige Oma genauso anmutig wie die Mutter, die mal eben noch ihr Baby auf dem Arm trägt. Wichtigstes Diskussionsthema ist der Gasherd, denn darauf könne man prima Tortillas backen – was sonst. Vor allem die älteren Frauen herzen und küssen mich und jeder benötigt ein Foto zusammen mit mir in der Kabine. Eine junge Dame mit einem modernen Handy betätigt sich als Fotografin. Gelegentlich liest man von Problemen, die Touristen beim ungefragten Fotografieren von Indígenas bekommen. Gebt ihnen einen Fotoapparat und schon knipsen sie uns! Dafür dürfen auch wir Bilder von ihnen machen. Der Laienprediger bekommt noch einen Stapel unserer Kugelschreiber für die Kinder, dann gehen alle nach Hause. Nur Minuten vergehen, bis einer der Männer mit einem handgeschriebenen Zettel zurückkommt: die „offizielle“ Genehmigung zum campen, ausgestellt von den drei Ratsmitgliedern und der Gemeinde. Da kann nichts mehr schiefgehen!