Archive for the ‘Kolumbien’ Category

Valle de Chota, Ecuador – Ein Name, ein Land: Ecuador, der Staat am Äquator

Donnerstag, November 17th, 2011

Das war die schnellste lateinamerikanische Grenzabfertigung bisher. Die Ausreise aus Kolumbien dauerte inklusive Einparken, Ausparken und Geld wechseln ganze 15 Minuten. Eine Grenzabfertigung gab es natürlich auch. Die temporäre Einfuhrgenehmigung für den Wagen wird schlicht eingesammelt, doch wir werden höflich gefragt ob wir eine Kopie möchten, die uns abgestempelt wird. Dann gibt es noch einen Ausreisestempel in den Pass, wie bei der Einreise werden die Fingerabdrücke genommen und schon geht es weiter nach Ecuador. Die Passabfertigung mit Stempel (max. 90 Tage) geht fix wie meistens, am Zoll müssen wir etwas warten, da ein anderes junges deutsches Pärchens ebenfalls mit eigenem Fahrzeug einreist. Als wir an der Reihe sind, stellt die Sachbearbeiterin ihre Fragen wieder kurz angebunden in herrischem Ton, den man ihr beigebracht hat. Dank des vorher abgefertigten Paares bin ich vorbereitet, gebe meine Antworten in ebenso zackigem Ton, und wir verstehen und prima. Sämtliche Grenzbeamten sind sehr freundlich. Alles in allem brauchen wir eine Stunde, dann haben auch wir die Fahrzeuggenehmigung in der Hand. Aufdringliche Grenzhelfer gibt es in Südamerika keine mehr. Obwohl wir aus dem Drogenland Kolumbien kommen, interessiert sich wieder mal niemand für das Innere unseres Campers. Was daran liegen kann, dass Ecuador selbst genügend Kokain anpflanzt. Beide Grenzabfertigungen waren kostenfrei.

Auf Nachfrage bestätigt man uns, dass mittlerweile in Ecuador eine Kfz-Haftpflichtversicherung auch für Ausländer vorgeschrieben ist. Die würden wir im nächsten Ort, in Tulcan, erstehen können, was nicht klappt. Wir werden von einem Büro zum anderen gereicht, bis wir schließlich in die nächste Stadt Ibarra geschickt werden, die heute nicht mehr auf unserem Programm steht. Dafür sehen wir uns den Friedhof von Tulcan an, der vielleicht der schönste Ecuadors ist. Hunderte von Zypressensträuchern wurden in kunstvolle Formen geschnitten, zum Teil nach präkolumbischen Motiven. Die Anlage ist riesig und bietet noch viel Platz zum Sterben. Auf den Rasenflächen zwischen den grünen Kunstwerken werden bunte Gräber angelegt. Eigentlich verwunderlich, dass die Zypressen so gedeihen, denn Tulcan gilt mit seinen 3000 m Höhe als kälteste Stadt des Landes. Davon ist heute nichts zu spüren. Es ist recht heiß, als wir auch noch die liebevoll geschmückten Urnengräber in mehrstöckigen weißen Grüften in Augenschein nehmen. Der Initiator des Kunstfriedhofs ruht mittlerweile selbst unter dem Grün. „Ein Friedhof so schön, dass er zum Sterben einlädt“, steht auf seinem Grabstein. Seine Söhne führen die Tradition fort.

Fünf Kilometer hinter Tulcan zweigt die alte Panamericana nach Westen ab und führt in einem Bogen über eine Hochebene auf 3500 bis 3700 m bis El Angel. Dabei streift die wunderbar einsame Strecke das El Angel Reservat, wo die Frailejonas, denen wir bereits in Kolumbien begegnet sind (siehe 01.11.2011), mehrere Meter hoch werden. Beeindruckend ist ihre schiere Anzahl – es sind Abermillionen. Nicht weniger attraktiv ist das Bergland, das man in Ecuador Páramo nennt. Abgesehen von winzigen Weilern am Anfang und Ende der 42 km langen Strecke gibt es unterwegs keinen Verkehr und nur eine einzige kleine Hacienda. Die Route besteht aus alten, unbehauenen Pflastersteinen, die größtenteils verschwunden und Dreck gewichen sind. Auf der morastigen Hochebene gibt es zum Teil tiefe Schlammlöcher – ohne Allradantrieb traut man sich besser hier nicht lang. In El Angel erreichen wir Asphalt und keine 20 km weiter wieder die neue PanAm.

Zwischendurch tanken wir. Sorgen bereiten mir die limitierten Abgabemengen im Grenzbereich, doch das war unnötig. Der Tankwart hätte unseren Tank sowieso voll gemacht, doch wir zahlen für einmal Auffüllen nur 30 $. Ecuador ist ein Traumland für Autofahrer. Diesel kostet 1,03 $ / Gallone (0,21 € / l), Benzin 1,48 $ und Super 2 $ / Gallone. Schmutzig ist der Sprit mitnichten. Sauber und klar rinnt er gefiltert aus der Zapfpistole.

Immer weiter bergab geht es auf der PanAm, bis wir auf 1500 m Höhe das heiße Tal des Chota-Flusses erreichen. Die klimatische Enklave verzeichnet wenige Niederschläge und gleicht einer Halbwüste. Landwirtschaft ist nur dank Bewässerungskanälen möglich. Hier begeben wir uns auf die Suche nach Julius, einem Liechtensteiner Auswanderer, der seit 18 Jahren in Ecuador beheimatet und verheiratet ist. Sein kleines Hostal ist noch nicht offiziell eröffnet, und so finden wir den Ex-Rocker und Harley-Fahrer nicht auf Anhieb. Da im Dorf nur ein einziger Gringo wohnt, werden wir dennoch fündig und herzlich willkommen geheißen. Hinter dem Restaurant parken wir relativ lärmgeschützt von der PanAm. Für ein Bier und einen Schwatz ist Julius immer zu haben. Ruhig ist er geworden, und kinderlieb dazu: Auf vier hat er es mittlerweile gebracht. Seine Anlage Route km 121 liegt in idealer Entfernung zum Grenzübergang. Campen soll 5 $ pro Fahrzeug kosten, Poolbenutzung inklusive (sehr sauber und bei der Wärme angenehm), kaltes Bier und Gutes vom Grill ist auch verfügbar. Julius bittet wenn irgend möglich um Voranmeldung (E-Mail / Facebook: juwe_elrockero@hotmail.com, Tel. +593 (0)6 2637223, Mob. +593 (0)94 119763). Man findet Julius 100 m südlich der Mautstation Ambuqui auf der westlichen Straßenseite bei km 139,5: N00°28’09.6’’ W 78°02’37.4’’.

Las Lajas, Kolumbien – Schnee in Kolumbien

Mittwoch, November 16th, 2011

Wir sehen aus dem Fenster und alles ist weiß. Ist das der Beweis, dass in diesem Land Koks auf der Straße liegt? Wohl weniger. Ein dramatisches Gewitter mit lang anhaltendem Hagelschauer lässt die Temperatur von knapp 30° am heißen Vormittag auf 8° hinunter plumpsen. Das nennt sich Tageszeitenklima. Alle Jahreszeiten an einem einzigen Tag, typisch äquatoriales Hochlandklima. Immerhin befinden wir uns auf 2.739 m – das ist fast so viel wie auf dem Gipfel von Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze. Wir stehen nach wie vor auf dem Parkplatz oberhalb des Wallfahrtsortes Las Lajas. Jörg hatte für einige Tage ein undefinierbares Nachmittagsfieber ohne weitere Symptome, was uns am Weiterfahren hinderte. Eine dieser seltsamen von Mücken übertragenen Virenerkrankungen, die ebenso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind? Vorsichtshalber backe ich einen Genesungskuchen und hebe damit mein jahrelanges Kuchenembargo auf. Was auch immer geholfen hat, jedenfalls sind wir jetzt bereit zum Weiterreisen.

Der Parkplatz wird immer wieder von Bussen mit Wallfahrern besucht, besonders am Wochenende. Dann taucht auch der Parkplatzwächter auf, der die Parkgebühren kassiert. Wir aber bleiben unbehelligt. Außer einem kleinen Schwätzchen will der Mann nichts von uns. Erstaunlich. Etwas oberhalb des Parkplatzes lebt eine Familie, die einen Wasseranschluss besitzt und uns freundlicherweise mit Trinkwasser für unseren Tank versorgt. Beim Auftanken heute Morgen – wir wollen für die Weiterfahrt gerüstet sein – unterhalten wir uns mit dem erwachsenen Sohn des Hauses, der tagsüber Autos auf dem Parkplatz wäscht, unter anderem über die Notwendigkeit, Spanisch zu lernen, wenn man individuell diesen Teil der Welt bereist.

Eine immer wieder kehrende Frage ist, ob Spanisch schwer zu erlernen sei. Die Grammatik ist schwierig, erkläre ich ihm, viel schwieriger als im Englischen. Er stutzt: Aber sei denn Deutsch nicht dasselbe wie Englisch, würde nicht das unsere Muttersprache sein? Abgesehen von der etwas bedenklichen Bildungslücke des jungen Mannes bringt er zum Ausdruck, was wir schon oft erlebt haben: Spricht ein Lateinamerikaner eine weitere Sprache (meist Englisch), ist das eine grandiose Errungenschaft. Von einem Touristen wird das so selbstverständlich angenommen, dass es wohl seine Muttersprache sein muss. Dass es für uns möglicherweise mit den gleichen Schwierigkeiten verbunden ist, eine fremde Sprache (auch Englisch) zu erlernen, kommt ihnen nicht in den Sinn. Um es auf den Punkt zu bringen: Alle Nicht-Lateinamerikanier sind Gringos, und alle Gringos sprechen Englisch. Schöne, einfache Welt.

Las Lajas, Kolumbien – Die wundertätige Jungfrau

Dienstag, November 8th, 2011

Kurzweilig ist die Fahrt vom Vulkan wieder hinunter zur Grenzstadt Ipiales. Dutzende von qualmenden Ziegelbrennereien säumen den Weg, die fertigen Ziegel werden säuberlich zu Mäuerchen aufgestapelt. Richtiggehend putzig sind die Stundenhotels, von denen es in Kolumbien besonders viele gibt. Jedes Zimmer besitzt eine eigene separate Garage mit direktem Zugang zum Zimmer. Ruft man vorher an, öffnet bestimmt noch jemand das Garagentor. Die zumindest äußerlich sauberen und gepflegten Anlagen machen den Eindruck, als seien sie nicht nur für die Inanspruchnahme professioneller Liebesdienste konzipiert, sondern diskret genug, um dem Herrn Nachbarn, der sich mal eben mit Frau Nachbarin auf ein Stelldichein zusammenfindet, ein unerkanntes Entkommen zu sichern. Die Innenhöfe solcher Stundenhotels wurden früher gerne von Reisenden zum Campen genutzt. Auch heute noch bieten sie vor allem Motorradfahrern in unsicheren Gegenden eine diebstahlsichere Garage für Zweirad und Gepäck.

Nach dem Sündigen hat man die Gelegenheit, seine Verletzung des 6. bzw. 9. Gebots wieder zu bereuen. Besonders geeignet dazu ist die Wallfahrtkirche in Las Lajas, die dortige Jungfrau Maria gilt als wundertätig. Vom Grenzort Ipiales aus fährt man noch sieben Kilometer östlich in den kleinen Ort. Noch bevor man das Dorf erreicht, öffnet sich an einem Aussichtspunkt ein spektakulärer Blick in die tief eingekerbte Schlucht, in der der Rio Guáitara wild gurgelt. Eine 45 m hohe Steinbogenbrücke überspannt den Fluss, das grau-weiße Kirchlein stützt sich darauf und schmiegt sich dabei an die Schluchtwand. Nuestra Señora del Rosario de Las Lajas wurde 1949 im neugotischen Stil fertig gestellt und ersetzte die Kapelle von 1803.

Der Legende nach erschien einem taubstummen Indianermädchen an einem Septembertag 1754 an eben dieser Stelle die heilige Maria. „Die Mestizin ruft nach mir!“, soll sie zu ihrer Mutter gesagt haben, auf einen Felsen deutend, auf dem sich die Gestalt der Jungfrau abzeichnete. Das Kind konnte fortan hören und sprechen. Die Stelle, an der das Wunder geschah, bildet heute die Altarrückwand, die Muttergottes wurde auf den Fels gezeichnet. Die heilige Maria ist nach wie vor wundertätig. Das jedenfalls geben tausende von Votivtafeln preis, die mit Gips an die umgebenden Hänge geklebt wurden.

Von einem kleinen kostenpflichtigen Parkplatz (2.000 Peso) im Ort aus läuft man hinunter zur Wallfahrtskirche an ungezählten Souvenirshops vorbei. Ein zweiter Ausweichparkplatz weiter oberhalb (N 00°48’27.5’’ W 77°34’54.7’’) ist ruhig, kostenlos und bietet viel Platz zum Campen. Aber Achtung, jedes Jahr im September (die Wochen um den 16. herum) pilgern tausende von Ecuadorianern und Kolumbianern nach Las Lajas, um für Erfüllung ihrer Wünsche zu bitten. Das Kassenhäuschen steht auch an diesem Parkplatz schon bereit für die Massen.

Volcán El Azufral, Kolumbien – Unser erster Viertausender!

Montag, November 7th, 2011

Die Wollmütze auf dem Kopf, die Fleecejacke und die dicke Winterregenjacke oben, die warme Regenwanderhose unten: so starten wir zu unserer heutigen Wanderung. Doch, wir sind noch in Kolumbien. Aber in 4.000 m Höhe ist es auch am Äquator kalt. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 6° C, dazu gibt es tief hängende Wolken und am Nachmittag zuverlässig einsetzenden Regen. Die Wanderung ist es trotzdem wert. Sie führt uns auf den ruhenden Volcán El Azufral, was Schwefelvulkan bedeutet, dessen höchste Erhebung 4.070 m ist. In seinem Krater befinden sich drei Seen: die große Laguna Verde, die ihre grüne Farbe von eben dem Schwefel hat, die kleine tiefdunkle Laguna Negra und die Laguna Blanca, deren Wasser doch eher grünlich ist statt weiß.

Laguna Verde hat schneeweiße Strände und kahle Felsen, die von dickem gelblich-weißem Schwefelbelag überzogen sind. Man kann um den See teilweise herumlaufen. Zum Baden eignet sich das 8° kalte, ständig blubbernde Giftwasser nicht. Aus Löchern im Boden entweichen nach faulen Einern stinkende Schwefeldämpfe. Die Umgebung des Vulkans ist dich bewachsen mit hunderten verschiedenen dicken Mooskissen, Flechten, Gräsern und niedrigen Sträuchern. Etwa 70 Bäche sollen hier entspringen, was ich gerne glaube, denn die knapp fünf Kilometer Aufstieg vom Parkplatz auf 3.670 m zum „Gipfelschild“ auf 4.000 m sind nass und schlammig.

Die bis auf das letzte Stück gemächlich ansteigende Strecke schaffen wir in einer flotten Stunde fünfzehn, trotz der Höhe. Danach geht es in einer halben Stunde einen knappen Kilometer 200 Höhenmeter hinunter zu den Lagunen; zunächst durch ein steiniges Bachbett, dann über teils weggebrochene unwegsame Stufen in einem extrem rutschigen Hochmoor. Der Abstieg zu den Seen ist gleichzeitig der schwierigste Teil der Wanderung. Zugute gekommen ist uns definitiv, dass wir bereits die letzte Nacht auf dem Parkplatz geschlafen haben, was sehr zur Akklimatisierung beiträgt.

Die Zufahrt zum Vulkan Azufral liegt zwei Kilometer hinter der Stadt Túquerres and der Straße nach Olaya (Abzweig bei N 01°05’43.1’’ W 77°41’08.4’’). Von da an sind es sieben Kilometer sich verschlechternde, teils recht enge Schotterpiste. Bei der Cabaña des Naturwarts (N 01°05’41.7’’ W 77°41’08.4’’) parkt man am Wegesrand, zum Campen wird uns das krumme Wegstück oberhalb der Hüttenzufahrt zugewiesen (einzige halbwegs plane Stelle, nur Allradfahrzeuge). Zutritt zum Vulkan kostet 1.000 COP pP, Parken einmalig 5.000 COP. Für die zwei Nächte campen zahlen wir nichts. Das Gästebuch des Naturwarts, in das man sich eintragen muss, zeigt fast ausschließlich kolumbianische Besucher an – eigentlich schade, es ist eine schöne Wanderung, ein einfacher 4000er, und eine prima Gewöhnung an größere Höhen.

Túquerres, Kolumbien – Panamericana Sur

Sonntag, November 6th, 2011

Entlang der Panamericana von Popayán in Richtung Süden bieten sich einige Übernachtungsstellen an:
* Truckstop Biomax, Panoya, 68 km nördlich von Pasto, Schotter-/Rasenfläche unmittelbar südlich der Tankstelle: N 01°34’04.1’’ W 77°21’00.1’’
* Texaco Truckstop nördlich von Pasto, viel Platz, sehr geschäftig, N 01°15’49.5’’ W 77°16’42.7’’
* Tankstelle südlich von Pasto, etwas ruhiger, N 01°09’48.1’’ W 77°17’43.9’’
* Das Restaurant Country House in Pasto, das früher von Reisenden angeführt wurde, scheidet dagegen aus. Es hat derzeit geschlossen.
* Biomax Truckstop Porvenír, N 01°06’57.5’’ W 77°22’51.2’’
* Esso Truckstop südlich von Tangua, N 01°03’53.2’’ W 77° 25’43.7’’
* Esso Truckstop 14 km nördlich von Ipales, N 00°54’31.7’’ W 77°31’40.0’’
* Terpel Truckstop Ipales, N 00°50’05.3’’ W 77°35’55.8’’

* Kraftstoff ist generell in Kolumbien weit teurer als in Ecuador. Diesel kostet hier rund 8.000 Peso (3,20 €) pro Gallone bzw. umgerechnet 0,85 € pro Liter. Benzin liegt bei knapp 4 € / Gallone. Allerdings sollen Kraftstoffe in Ecuador von schlechter Qualität sein, verschmutzt und mit geringerem Brennwert. Da ist es gut zu wissen, dass das Departement Nariño an der Grenze zu Ecuador steuerbegünstigt ist. Sobald man Cauca verlässt, ändern sich die Preise an den Tankstellen. Diesel kostet hier nur noch 5.000 COP (2 €) pro Gallone bzw. 0,53 € / l.

Popayán, Kolumbien – Einsatz im ewigen Krieg

Freitag, November 4th, 2011

Die Hubschrauberrotoren wummern über unseren Köpfen. Einer nach dem anderen erhebt sich in die Luft, dazwischen dröhnen Propellerflugzeuge. Wir wussten, dass unweit des Hauses von Carlos und Lucia ein Militärstützpunkt liegt. Doch wer hätte vermutet, dass hier so viele Hubschrauber stationiert sind? Der Lärm scheint nicht zu enden und die Einwohner Popayáns beginnen, sich Sorgen zu machen. Eine Übung kann es nicht sein, sind sie überzeugt, etwas geht vor sich. Doch erst die Abendnachrichten lüften das Geheimnis: Das kolumbianische Militär tötete im Verlauf eines zwei Jahre geplanten Großeinsatzes den Anführer der größten Guerillaorganisation FARC, Guillermo León Sáenz Vargas alias Alfonso Cano. Die Leiche des seit 2008 amtierenden Oberhaupts der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens wurde nahe dem Ort Micay neben der seiner Lebensgefährtin gefunden. Die genauen Umstände ihres Todes sind derzeit unbekannt.

Die Pazifikregion des Departements Cauca, dessen Hauptstadt Popayán ist, ist seit Jahren in den Händen der Guerillas. Obwohl der Tötungsakt ohne Gerichtsprozess nach rechtsstaatlichen Maßstäben fraglich erscheint, begrüßt das kolumbianische Volk die Aktion. Die Guerillaorganisation, die in ihren Anfangstagen möglicherweise tatsächlich für die Arbeiter und Bauern des Landes gekämpft hat, ist in den letzten Jahrzehnten zum reinen Selbstzweck geworden. Sie terrorisiert die Bürger, stiehlt den Bauern das Land, statt des ihnen als Lebensgrundlage zu beschaffen, entführt, mordet und finanziert sich über Drogenhandel. Von ehemals 17.000 Kämpfern ist die FARC auf etwa 8.000 geschrumpft.

Das Volk bleibt dennoch misstrauisch. Vielen ehemaligen oder amtierenden Regierungsmitgliedern (einschließlich Präsidenten) wird nachgesagt, einer Guerilla- oder Paramilitäreinheit angehört zu haben. Viele Regierungsangehörige werden verdächtigt, mit den illegalen Organisationen zu handeln und Informationen auszutauschen. Den Machthabern wird ebenfalls vorgeworfen, den ewigen Krieg weiter zu fördern, da Waffenhandel ebenso lukrativ ist wie die Drogendollars, die ins Land fließen. Daher ist der Schlag gegen die FARC für Kolumbianer eine große Sache, während das den europäischen Nachrichten lediglich eine Kurzmeldung wert ist.

Popayán, Kolumbien – Die weiße Stadt

Donnerstag, November 3rd, 2011

Popayán zählt – neben Cartagena und Mompós – zu den schönsten Kolonialstädten Kolumbiens. Für uns hat sie weit mehr Charme als Cartagena, da sie auch außerhalb des historischen Zentrums eine angenehme, lebenswerte Stadt ist. Der nur 250.000 Einwohner zählende, 1537 gegründete Ort hat mehr Intellektuelle, Bischöfe und Präsidenten hervorgebracht als jede andere kolumbianische Stadt. Ihr ewiges Frühlingsklima macht unseren Aufenthalt angenehm.

Den Titel Ciudad Blanco verdankt sie den einheitlich schneeweiß getünchten Fassaden der Altstadt. Hier stehen Sehenswürdigkeiten wie die Basilica Metropolitana, der viereckige Uhrenturm Torre del Reloj mit einer Uhr aus London (seit 1737), die nur einen Zeiger besitzt, die Barockkirche San Francisco und die aus Hunderttausenden Ziegeln errichteten Brücken. Ein Rundgang lohnt sich besonders auch abends, wenn die Kolonialgebäude stimmungsvoll beleuchtet sind.

Popayán, Kolumbien – Die zwei Gesichter

Mittwoch, November 2nd, 2011

Da sind sie wieder, die zwei Gesichter Kolumbiens. Früh am Nachmittag erreichen wir die Stadt Popayán und prüfen als erstes die Tankstellen auf Tauglichkeit zum Übernachten. Die beiden nördlicheren sind mangels Platz bzw. wegen Baustelle ungeeignet. Die südlichste Biomax (N 02°25’12.6’’ W 76°37’57.5’’) wäre akzeptabel. Wir fragen noch an einem Restaurant mit geräumigem Parkplatz nach. Das Personal ist wie immer superfreundlich, doch der telefonisch befragte Besitzer verlangt die schon zur Gewohnheit gewordenen 50.000 Peso (20 €). Haben die sich alle abgesprochen? Restaurants entlang der Panamericana scheinen als Übernachtungsoption auszuscheiden.

Wir fahren erst einmal zu Carrefour zum Einkaufen, hier gibt es ausnahmsweise einen Parkplatz mit Lkw-Zufahrt (bei N 02°27’36.6’’ W 76°35’43.4’’). Ein Stück südlicher an der PanAm befindet sich der etwas günstigere Exito-Supermarkt. Kaum schieben wir unseren Wagen durch die Reihen, steht das andere Gesicht Kolumbiens vor uns: Lucia und Carlos, ein superliebes kolumbianisches Pärchen, das uns die Übernachtungsfrage abnimmt, da es uns zu sich nach Hause einlädt. (Insgesamt bekommen wir im Süden des Landes vier Einladungen, aber leider können wir nicht alle annehmen.) Aus der geplanten einen Nacht werden drei mit vielen Restaurantbesuchen, Kneipen, Stadtbesichtigungen und langen Abenden. Lucia und Carlos haben schon öfter Reisende „abgeschleppt“.

Nachdem sie den Unimog erspäht hatten, machten sie sich auf die Suche nach uns. Carlos erklärt uns seine Theorie, wie er uns in dem riesigen Einkaufszentrum gefunden hat: 1. Reisende kaufen keine Schuhe oder Kleidung, sie müssen also im Supermarkt sein. 2. Unimogfahrer müssen großgewachsen sein. 3. Deutsche sind selten dunkle Typen, sie haben vermutlich blaue Augen und helleres Haar. 4. In welchem Gang findet man Deutsche im Supermarkt? Beim Bier. Und genau da treffen wir uns.

Coconuco, Kolumbien – Ein vorzeitiges Resümee

Dienstag, November 1st, 2011

Unser Kolumbienaufenthalt neigt sich langsam dem Ende zu. Unser vorzeitiges Fazit ergibt: Der Aha-Effekt ist ausgeblieben. Das Land lässt uns mit ambivalenten Gefühlen zurück. Die Menschen sind ausgesprochen höflich und ehrlich, jedoch nur im Süden des Landes: Man wird stets mit Señora bzw. Señor angesprochen. Bedankt man sich für eine Dienstleistung, lautet die Antwort nicht schlicht „danke“, sondern „a la orden“, zu Befehl. Hier bekommen wir sogar hin und wieder etwas geschenkt. Zwei Päckchen Käse zum Probieren, zwei Beutel Mineralwasser an der Tankstelle, Pizzas und Blätterteigpasteten von einem Essenslieferanten, der unszufällig sieht, oder die zwei Laib Brot von heute Morgen. Die hatte ich gestern bei der Verwalterin des El Maco nach Preisliste bestellt, doch sie drückt sie mir als Abschiedsgeschenk in die Hand. Auch wenn es Weißbrot ist, es ist saftig und hat eine schöne feste Krume. Die Bäckereien, Panaderias, verkaufen in unterschiedlichen Formen den stets gleichen Teig, der einem Hefezopf entspricht. Und in den Supermärkten des gesamten amerikanischen Kontinents erhält man den gleichen gummiartigen Toast, ob mit oder ohne Vollkorn. Zum Selbstbacken ist nicht immer die Zeit da, und oft ist es zu warm, den Ofen in der Kabine anzuwerfen.

Eine Studie, die Kolumbianer gerne zitieren, stellt sie als die zweitglücklichste Nation der Welt dar. Die Wahrheit vermag ich nicht zu beurteilen, aber Lebensfreude sieht anders aus. Sie äußert sich nicht in der Anzahl von Feiertagen, die sich ein Land gönnt; auch nicht in der Lautstärke der Musik, mit der sich die Menschen bedröhnen. Dafür sind die Kolumbianer ausgesprochen gebildet und kulturell interessiert. Die Kunst- und Philosophieuniversitäten des Landes sind gut besucht. Kolumbien hat eine Vielzahl von international anerkannten Künstlern hervorgebracht. Dazu gehören Maler und Bildhauer wie der hoch bezahlte Fernando Botero. Nicht nur der internationale Schlagerexport Shakira ist ein Kind Kolumbiens, zahlreiche Musiker traditioneller Latino-Stilrichtungen sind auf dem ganzen Kontinent bekannt. Auch die Literaturszene hat Größen hervorgebracht, allen voran Nobelpreisträger Gabriel Gárcia Márquez, der mit weltweit 32 Mio. verkauften Büchern, übersetzt in 26 Sprachen, der meistgelesene Autor der Erde ist. Ich gestehe: Mit seinen Klassikern „Hundert Jahre Einsamkeit“, „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ oder „Der General in seinem Labyrinth“ ist er auch mein Lieblingsautor.

Die Landschaften Kolumbiens sind enorm vielfältig und grün, das ist sein Reichtum. Doch ist es mehr die gesammelte Nettigkeit dieser Naturhübschheiten denn einzelne herausragende Attraktionen. Die großen Highlights sucht man vergebens. Kolumbien ist kein teures Reiseland. Vielerorts findet man günstiges Essen und einige Landschaften sind keine teuren Nationalparks, sondern können kostenlos besucht werden. Noch. Denn Kolumbien hat bereits entdeckt, dass man mit Tourismus Geld machen kann. Lediglich das rechte Maß fehlt stellenweise. Preise in Restaurants, für Führungen, Eintritte, Straßenmaut und Übernachtungen stehen oft in ungünstigem Verhältnis zu dem, was geboten wird. Im gesamten Tourismusbereich (selbst in hoch gebildeten Kreisen) spricht kaum jemand Englisch. Man kann nicht von jedem Überseetouristen erwarten, dass er vor seiner Reise eine Spanischkurs besucht – immer im Verhältnis zum verlangten Preis gesehen. 20 € für das nächtliche Parken vor einem Restaurant zu fordern ist schlicht unverschämt. Es sei denn, man sucht die Übernachtungsgäste zu vertreiben. Hier scheint sich in den letzten Jahren einiges zum Negativen verändert zu haben.

An den Thermalquellen von Aguatibia bei Coconuco will man 8.000 Peso (3,20 €) Eintritt pP und zusätzlich 15.000 Peso (6 €) pro Fahrzeug / Zelt fürs Campen (keinerlei Service bis auf sehr weit entfernte Toiletten und kalte Außenduschen) – grenzwertig. Wir bleiben trotzdem, um unsere vom Reiten beanspruchten Muskeln in den gut körperwarmen, algengrünen, perlenden Thermalbecken und dem etwas kühleren, klarblauen, mit Fischchen bestückten Mineralwasserbad zu entspannen. Außerdem sind Übernachtungsplätze in der Gegend extrem rar. Coconuco liegt an der Straße # 20 von San Agustín nach Popayán. Für die gut 100 km kalkuliert man fünf Stunden: eine Stunde Asphalt, drei Stunden Schotterpiste mit unzähligen Baustellen, in denen der Verkehr nur einspurig läuft. Auf der Hochebene in 3.000 m durchquert man unterschiedliche Bewuchszonen. Bäume werden niedriger und verschwinden nach und nach, bis im Nationalpark Puracé dichtes, nichtsdestoweniger bunt blühendes Buschwerk den Boden bedeckt. Das wird abgelöst von einer Savanne, auf der Frailejonas bzw. Espeletia wachsen. Diese Korbblütler sind typisch für das tropische Hochland, wachsen aber nur im nördlichen Südamerika. Die sogenannten Halbsträucher sind wenig mehr als kniehoch, auf einem Stamm aus vertrockneten Blättern wächst ein ananasartiges Krönchen, das entfernt an eine kleine Agave mit weißem Pelz erinnert.

Gegen Ende der Schotterpiste, als es bereits wieder talwärts geht, liegen die Thermalquellen. Kurz darauf beginnt wieder Asphalt. Von hier ist es eine weitere Stunde bis Popayán. Termales Aguatibia, Coconuco, N 02°18’23.9’’ W 76°30’26.0’’

San Agustín, Kolumbien – Pferde und ein wunder Hintern

Montag, Oktober 31st, 2011

Pacho ist ein glücklicher Mann, denn Pacho besitzt alles: ein eine liebenswerte Persönlichkeit, Geduld, ein Händchen für Pferde und jede Menge Wissen über Natur und Kultur. Trotz unserer „Guide-Allergie“ konnten wir Pacho nicht widerstehen, als er uns einen Reitausflug in die umgebenden Berge und zu weiteren archäologischen Fundstätten anbot. Der Preis von 50.000 Peso pP (20 €) scheint uns angemessen, im Endeffekt sind wir viereinhalb Stunden unterwegs. Die Tour führt zu einigen weniger wichtigen, dennoch sehenswerten Fundstellen, die eigentlich nur zu Pferd zu erreichen sind: La Pelota und El Purutal, wo an den für uns schönsten Statuen noch leuchtende Farbreste in gelb, rot, schwarz und weiß vorhanden sind. Im Wäldchen oberhalb gibt es Bäume, die gelbes und rotes Harz produzieren, das möglicherweise als Farbe gedient hat. Wahrscheinlicher ist jedoch die Theorie, dass Mineralien zum Tönen verwendet wurden. Der Fundort La Chaquira ist derzeit wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen, aber El Tablon hat weitere fünf Statuen aufzuweisen.

Die Pferde, die uns Pacho gibt, sind hervorragend erzogen. Sie folgen auch den möglicherweise nicht perfekten Kommandos von völlig Unerfahrenen (das Kinderhopsen in der Reitschule können wir getrost vernachlässigen). Pacho lässt uns voran reiten und die Geschwindigkeit bestimmen. Auch Traben und Galoppieren sind kein Problem, solange die Pferde mitmachen und das Gelände es zulässt. Pacho spricht zwar nur (langsames, sehr deutliches) Spanisch, doch die – ausschließlich positiven – Kommentare in seinem Gästebuch geben Aufschluss, dass ihn irgendwie jeder versteht, selbst ohne Sprachkenntnisse. Zu erreichen ist er über die Finca El Maco, er taucht da jeden Abend und auch meist morgens auf, nach neuen Gästen Ausschau haltend. Er kann auch mehrtägige Ausritte mit Übernachtungen auf Bauernhöfen oder eine Jeeptour zu den anderen Fundstellen organisieren. Von uns gibt’s eine 5*-Weiterempfehlung. Mit den Folgen des Ausritts für das werte Hinterteil muss allerdings jeder selbst klarkommen.

San Agustín, Kolumbien – Jaguarmenschen und Schlangen fressende Eulen

Sonntag, Oktober 30th, 2011

San Agustín ist eine wichtige archäologische Fundstätte einer frühen indigenen Hochkultur. Die Gegend war möglicherweise bereits 6000 v.Ch. besiedelt, die heutigen Hinterlassenschaften stammen größtenteils von 200 v.Ch. bis 700 n.Ch.: Statuen aus Lavastein und Basalt, Grabanlagen, Erdwälle und Aquädukte. Da die San-Agustín-Kultur keine Schriftzeichen benutzte, ist nur wenig über sie bekannt, meist handelt es sich um Spekulationen. Die Vielzahl beeindruckender Statuen zeigt Jaguarmenschen, bewaffnete Wächter, Frauen mit Babys, und jede Menge Tiersymbolik wie Uhus bzw. Adler und Schlangen. Die Kultur führte Menschenopfer und möglicherweise kannibalische Riten durch.

Wichtigste Fundstätte ist Parque Archeológico de San Agustín, zweieinhalb Kilometer hinter der Ortschaft. Hier gibt es die meisten Statuen und Gräber und außerdem eine zeremonielle Badestelle im felsigen Teil eines Flussbetts. Die geheimnisvolle Kultur meißelte drei Badewannen und symbolhafte Figuren wie Schnecken, Schlangen, Frösche oder Gesichter in den Stein, durch deren Konturen das Wasser rinnt. Zutritt zum Park (ein halber Tag Zeitbedarf) kostet 10.000 COP pro Person für einen Tag, das Kombiticket 16.000 COP (4 bzw. 6,40 €). Dieses gilt für zwei aufeinanderfolgende Tage. Mit ihm kann man weitere Fundstätten in der Umgebung besuchen, die mit dem eigenen Fahrzeug oder einer Jeeptour erreicht werden können. San Agustín lebt mittlerweile zum Großteil vom Tourismus, einige Europäer haben sich hier ebenfalls niedergelassen. Daher scheinen frühere Guerillaaktivitäten der Vergangenheit anzugehören und er Ort ist sicher.

Campen kann man ebenfalls problemlos. Wir entscheiden uns für die Finca El Maco des Schweizers René Suter. Für Fahrzeuge gibt es lediglich zwei schiefe Stellplätze (genügend Steine zum nivellieren vorhanden). Doch das Duschwasser ist heiß, das Personal freundlich und Internet kostenlos (mangels Telefonleitungen gibt es außerhalb von Städten kaum WiFi; es werden häufig USB-Internetmodems verteilt). Schweizerische Kost (außer Rösti) sucht man auf der Speisekarte jedoch vergebens. Der angebotene Wäscheservice ist angenehm, die Wäsche fertig wenn man vom Ausflug zurückkommt – Sonnenschein mangels Trockner vorausgesetzt. Der Preis ist verhandelbar, wenn man viele Kilos hat. Fürs Campen zahlen wir 8.000 Peso pP (3,20 €) pro Nacht. Am Ende des Ortes Richtung archäologischer Park biegt man rechts ab der Beschilderung Hotel Yalconia / Piscina / El Maco folgend. Kurz vor dem Schwimmbad geht es rechts weg zum Camping San Agustín (N 01°53’19.6’’ W 76°16’46.3’’), einer weiteren Möglichkeit. Ein Stück weiter den Berg hoch folgt El Maco auf der rechten Seite (N 01°53’31.4’’ W 76°16’47.8’’).

Desierto de la Tatacoa, Kolumbien – Die grüne Wüste

Freitag, Oktober 28th, 2011

Die Tatacoa-Wüste ist eine geologische und klimatologische Kuriosität. Umgeben von saftig-grünen Feldern und einem Land, das zu großen Teilen aus Regen, Flüssen und Sümpfen besteht, liegt eine 330 km2 große Trockensavanne, die man etwas euphorisch als Wüste bezeichnet. Während der Trockenperiode können Mittagstemperaturen von bis zu 50° C erreicht werden, in den kurzen Regenzeiten im Frühjahr und im Herbst ist es angenehm. Auf dem dann grünen Steppengras weiden, so wie jetzt, Rinder, Pferde, Ziegen und Schafe. Dazwischen wachsen Kakteen, Sträucher und sogar Bäume. Dort, wo das Erdreich erodiert ist, treten rote und hellgraue Sandhügel, Dünen und skurrile Felsgebilde auf. Eine Landschaft, die aussieht wie die Badlands in South Dakota oder die Painted Desert in Arizona – nur im Miniformat.

Das Observatorium, das während der Regenperioden wegen des bedeckten Himmels meist geschlossen bleibt, und dessen Astronom Javier haben einen guten Ruf. Obwohl die Nähe zur Stadt Neiva und die damit verbundene Lichtverschmutzung störend sind, scheint die meist trockene und für Kolumbien klare Luft in diesem Land einmalig zu sein. Wer noch keine Wüste gesehen hat, für den ist die Desierto de la Tatacoa sicher eine schöne Erfahrung. Für Wüstenerfahrene ist es immer noch eine hübsche Landschaft und kostenlos dazu. Organisiertes Camping wird an mehreren Stellen angeboten, grundsätzlich kann man in der Savanne wild und ohne Sicherheitsbedenken campen.

Desierto de la Tatacoa, Kolumbien – Karamellcreme mit Käse

Donnerstag, Oktober 27th, 2011

Und wieder geht es über die Zentralkordilliere, diesmal von West nach Ost. Die Straße # 40 führt in steilen Kurven von 1.500 m auf 3.100 m und hinunter auf 400 m. Der dichte Lkw-Verkehr an den Steigungen fordert Elefantenrennen auf der nur zweispurigen Straße geradezu heraus. So mancher ungeduldige Fahrer lässt sich zu wildesten Überholmanövern in den völlig unübersichtlichen Serpentinen hinreißen mit der Folge von Vollbremsungen auf beiden Seiten bei Gegenverkehr. Niemand regt sich auch nur ansatzweise auf. Unfälle, die nicht ganz ausbleiben, gehen wegen der geringen Geschwindigkeiten meist glimpflich ab – wenn auch nicht immer. Die schlecht gewarteten Trucks bleiben oft mitten auf der Straße liegen, was ein zusätzliches Gefahrenpotenzial darstellt. Baustellen mit einspuriger Verkehrsführung halten den Verkehr weiterhin auf, doch die Erdrutsche der vergangenen Tage und Wochen müssen beseitigt werden.

Sobald etwas Wasser aus den Bergen rinnt, bilden sich „Waschstraßen“. Männer und Frauen, eingehüllt in schwarze Müllsäcke, bieten 24 Stunden am Tag ihre Dienste als Autowäscher an, die vor allem von Lkw- und Busfahrern gerne in Anspruch genommen werden. Engagiert spritzen und schrubben die Reinigungsfachkräfte die Wagen in Rekordzeit ab. Die Werbemaßnahmen dafür sind Wasserfontänen, die aus Schläuchen oder Rohren spritzen. Wasserverschwendung ist das hingegen kaum, das Nass rinnt so oder so den Berg hinab in den nächsten Fluss. Mehr zu denken gibt schon eher das Öl, das nach der Motorwäsche den Fluss begleiten wird. Andere Erwachsene oder auch Kinder betätigen sich als freiwillige Bauarbeiter zur Arbeitsbeschaffung. Schadhafte Stellen in der Straße (es gibt reichlich davon) werden mit einer Schaufel, Steinen und Erde ausgebessert, und nicht wenige Lkw-Fahrer werfen zum Dank ein paar Münzen aus dem Fenster.

Zu beiden Seiten der Stadt Cajamarca staut sich der Verkehr kilometerweit. Eine Brücke ist statisch instabil und darf nur noch einspurig befahren werden. Wir müssen eineinhalb Stunden warten. In Staus muss man sich nicht sorgen, zu verdursten oder zu verhungern. Die Einheimischen sind in solchen Situationen immer recht fix und kommen von wer-weiß-woher mit einer Eisbox voll kalter Getränke, Bananenchips, Erdnüssen, Früchten, Obstsalat mit Sahne oder Arequipe, einer plombenziehersüßen Karamellcreme aus Milch, Zucker und Honig, die schmeckt wie eine Packung Werthers Echte in Puddingform. Im Ort stehen wir lange genug vor Bäckereien herum, um uns an den Backwaren zu versuchen. In Kolumbien gibt es so gut wie nichts ohne Käse, einem schnittfähigen, nur wenig gesalzenen Frischkäse: Er wird in den Hefezopf eingebacken oder in die Plunder mit eingelegten Feigen und Karamellcreme. Fruchtsalat und Cremespeisen werden genauso mit Käse serviert wie eine Tasse heiße Schokolade oder gezuckerter Kaffee, zu dem man ein Quesillo erhält. Das ist eine dicke Scheibe Käse, die in ein Bananenblatt eingewickelt, darin geschmolzen wurde und wieder erkaltet ist.

So ein Heißgetränk kann man hin und wieder gut gebrauchen. Im Südwesten Kolumbiens entstehen drei Andenkordillieren mit vereisten Gipfeln bis 5500 m, die schon erwähnten West-, Zentral- und Ostkordillieren, bei deren Überquerung die Straßen regelmäßig zugig-kalte 3.000 bis 4.000 m Höhe erreichen. Auch Kolumbiens Hauptstadt Bogotá mit rund 9 Mio. Einwohnern liegt auf 2.600 m Höhe. Doch um diesen Moloch schlagen wir einen Bogen. Die grünen Täler dazwischen liegen auf wenig mehr als Meeresniveau, so wie die Stadt Neiva. Bis hierhin war die Tatacoa-Wüste bestens ausgeschildert, solange es geradeaus ging. Als in der Stadt Abbiegevorgänge nötig werden, hat man die Schilder großzügig weggelassen. Ein Motorradfahrer, ein freundlicher Taxilenker und schließlich ein Reisebüroinhaber, der in Deutschland studierte, fahren jeweils eine zeitlang vor uns her, den Weg weisend. Als wir das Dorf Villavieja und dann die Tatacoa-Wüste erreichen, ist es schon lange dunkel, aber am Observatorium brennt noch Licht. Der laufende Generator ist uns zu laut, daher parken wir auf der gegenüberliegenden Seite (kostenlos, WC / kalte Duschen gegen kleine Gebühr): N 03°14’02.2’’ W 75°10’13.5’’

Valle de Cocora, Kolumbien – Schweiz mit Palmen

Mittwoch, Oktober 26th, 2011

Es ist eine Landschaft wie in den sommerlichen Schweizer Alpen: hohe Berge, mit Wald bewachsene Flanken, fette Weiden, auf denen sich schwarz-weiße und braune Kühe mästen, doch halt, etwas passt hier nicht ins Bild – Palmen. Bis zu 60 m hohe Wachspalmen, die palmas de cera, gedeihen mit ihren dürren Stängeln hier ab 2.500 m Höhe. Ihre zarten Kronen werden oft von Wolken umflort. Daher kann man die kreischenden Papageienschwärme, die sich an den in Trauben herabhängenden Früchten gütlich tun, oft nicht sehen, sondern nur hören. Die Wachspalme gehört zu den höchsten Palmenarten der Welt. Kolumbiens Nationalbaum ist nirgends sonst in größerer Dichte zu finden.

Zwischen Pereira und Armenia liegt das Städtchen Salento. Zum Weiler Cocora sind es weitere 13 km eine schmale asphaltierte Straße den Berg hoch. Von hier aus starten sechsstündige geführte Wanderungen oder auch Pferdetouren durch die Bergwelt. Man kann die Palmenhänge auch gut auf eigene Faust erkunden (kein Eintritt), mehrere Wege führen von der Straße rechts ab sehr steil nach oben (schweißtreibend!). Ortsansässige geben gerne Auskunft, oder man folgt einfach den Pferdetrampelpfaden. Nicht versäumen sollte man die truchera, die Forellenzucht. Eine Besichtigung für 2000 Peso ist vielleicht nicht so interessant, doch bekommt man hier Lachsforellenfilets für nur 12.000 COP (4,80 €) das Kilo, vier ganze Forellen für nur 5.000 COP (2 €) zu kaufen.

Campen kann man in Cocora an den Restaurants für 8.000 Peso pP, am schönsten steht man bei Bosques de Cocora (N 04°38’18.2’’ W 75°29’16.7’’). Da das Restaurant abends schließt, wenn keine Übernachtungsgäste in den Zimmern sind, steht man sehr ruhig. Wer sich den hübschen Ort Salento näher ansehen möchte, kann beim Hostel The Plantation House für 18.000 COP vor dem Eingang neben der Straße stehen, Toiletten-/Duschen-/Küchenbenutzung und WiFi inbegriffen. (Aus Richtung Westen kommend bei der Feuerwache bomberos am Ortseingang rechts abbiegen, nächste Straße wieder rechts, nach 100 m auf der linken Seite. Mäßig schön, an der Straße zu stehen, aber Ort in Gehweite.) Eine weitere Campingmöglichkeit bietet sich im RV-Park Monteroca unweit der Hauptstraße Pereira-Armenia, 4 km vor Salento bzw. 17 km vor Cocora. Es gibt max. zwei Stellplätze neben der Rezeption, die Durchfahrtshöhe scheint für mindestens 3,50 m ausreichend. Am Flussufer gibt es schön gelegene Picknicktische. Inkl. Toiletten, heißen Außenduschen und Küchenbenutzung werden hier 15.000 COP pP fällig (N 04°38’36.5’’ W 75°35’01.8’’).

Guayabal, Kolumbien – Kaffee: der lange Weg von der Bohne in die Tasse

Sonntag, Oktober 23rd, 2011

Kaffee ist, nach Erdöl, das zweitwichtigste Exportprodukt der Welt. Wer hätte das gedacht. Und Kolumbien ist weltweit einer der größten Exporteure dieses begehrten, sensiblen Produkts. Sämtlicher Kaffee aus diesem Land gehört zur hochwertigen Sorte Arabica und ist von erlesener Qualität. Es gibt auch Kaffe, der Exportansprüchen nicht genügt: unreife oder überreife Bohnen und solche, die von dem Kaffee-Bohrkäfer befallen wurden. Diese Bohnen werden beim Verarbeitungsprozess herausgelesen, aber nicht weggeworfen, denn auch dafür gibt es Abnehmer. Sie werden entweder im eigenen Land geröstet und getrunken oder an die Firma Nescafé verkauft, die dann Instantkaffee daraus herstellt. Wie lecker.

Das ist aber nicht alles, was wir heute über das edle Getränk und dessen Herstellung lernen. Schon das Heranzüchten der Setzlinge ist eine Wissenschaft für sich, und dann dauert es mindestens zwei Jahre, bis die Pflanze Früchte trägt. Alle sieben Jahre muss der Strauch zurückgeschnitten werden, was ein weiteres ertragsfreies Jahr ergibt, und die durchschnittliche Lebensdauer eines Buschs beträgt 21 Jahre. Kaffee wird hier zwischen September und Mai geerntet, mit zwei Hauptzeiten im Oktober/November und März/April. Die Pflanzen wachsen nur in Höhen zwischen 1300 und 2000 m, je höher, desto besser die Qualität. Sie benötigen ein ausgewogenes Klima aus Sonne und Regen. Momentan jedoch ist die Ernte wegen der starken Regenfälle und zu geringen Sonnenstunden schlecht. Kaffeeernte ist Handarbeit: nur die roten und gelben reifen Früchte dürfen ins Körbchen. Mobile Erntehelfer, die auch in anderen Pflanzungen wir Bananen, Baumwolle, Tabak oder Zucker arbeiten, werden je nach Bedarf angeworben und wohnen dann (kostenlos in einfachen Unterkünften) auf der Plantage. Der Pflücker erhält ca. 15 Eurocent pro Kilo, schafft rund 100 Kilogramm pro Tag und verdient damit im Monat (samstags und sonntags hat er frei) 280 Euro. Das ist mehr als der durchschnittliche Verdienst eines Kolumbianers. Für sein Essen bezahlt der Erntehelfer knapp 80 Euro im Monat an die Verwalterin des jeweiligen Wohnhauses (davon gibt es mehrere auf jeder Hacienda), die ebenfalls Angestellte der Kaffeeplantage ist.

Zunächst wird die Außenhaut der Frucht maschinell entfernt, kompostiert und später zur Düngung der Plantage wiederverwendet. In mehreren Waschungen muss anschließend der süße Belag des Kerns entfernt werden, manche Hersteller fertigen daraus Wein. Immer wieder werden dabei mangelhafte Früchte herausgelesen. Schließlich werden die Bohnen getrocknet und in die Fabrik der Kaffeeföderation transportiert, wo sie gewogen werden und deren Qualität beurteilt wird. Erst dort erfolgt die zweite Schälung, wo das Pergamenthäutchen entfernt und der Kaffee für den Export verpackt wird. Die Häutchen werden die Kaffeebauern für geringes Entgelt zurückverkauft, die sie zum Heizen des Trocknungsofens verwenden. Das Pergament ist als Brennstoff geruchsneutraler als Holzkohle oder Gas und Ressourcen schonender zudem.

Die Kaffeebohne ist während ihres gesamten Wachstums und der Produktion extrem empfindlich gegen äußere Einflüsse, die ihren Geruch und Geschmack verderben können. Das beginnt bereits bei der Düngung. Insektizide können nur äußerst sparsam eingesetzt werden, besser ist der Einsatz natürlicher Feinde des Kaffebohrers wie Wespen. Für den Transport in die Vereinigten Staaten oder nach Europa muss die kostbare Ware hermetisch verpackt werden. Erst in ihren Zielländern werden die Bohnen geröstet, gemischt und ggf. gemahlen. Ein Rätsel ist für mich – jetzt noch mehr – wie ein Pfund des edlen Gebräus für nur wenige Euro in deutschen Supermärkten verkauft werden kann. Die Gewinner dieses Geschäfts dürften die großen Kaffeefirmen sein, die Verlierer wohl eher die Rädchen am unteren Ende der Produktion – die Erntehelfer und die die Kaffeebauern.

Die hochinteressante Tour auf der Hacienda Guayabal kostet 20.000 Peso pro Person in Spanisch, 25.000 in Englisch (8 bzw. 10 € pP). Wir waren etwa zweieinhalb Stunden unterwegs. Eine Kaffeeverkostung gehört selbstverständlich dazu.

Guayabal, Kolumbien – Berge über Berge

Samstag, Oktober 22nd, 2011

Kolumbien ist Berge. Berge über Berge. Unser heutiger Fahrtag umfasst 442 km. Klingt erst mal nach nicht viel. Aber mit über 5.000 Kurven und mehr als 8.000 Höhenmetern wird das eine echte Aufgabe. Wir starteten am „Zuckerhut“ auf über 2000 m, dann geht es hinunter ins Tal auf 200 m, bis wir die Zentralkordilliere auf 3700 m überqueren (mit weiterem auf und ab natürlich). Bei der Fahrt hinunter ins 1400 m hohe Manizales haben wir noch Glück: Die dramatischen Regenfälle der vergangenen Nächte, von denen wir teils verschont wurden, teils nicht, hatten einen kompletten Berg abrutschen lassen. Mittlerweile ist die Fahrspur wieder frei geschoben, aber der Großteil der Stadt hat seit Tagen kein Wasser. Wir sehen Menschen zu Fuß, mit Mopeds und mit Autos, die sich an allen möglichen Stellen, wo Wasser rinnt, Kanister abfüllen. Wären wir früher gekommen, wäre die Straße noch gesperrt gewesen.

Ohne einen sicheren Ort zum Schlafen hätten wir uns die Fahrt nicht zugemutet, doch wir werden erwartet. Die Hacienda Guayabal liegt im Herzen der Eje Cafetero, des kolumbianischen Kaffeedreiecks, in der Nähe der Stadt Chinchiná. Die Kaffeefinca bietet Unterkünfte in unterschiedlichen Klassen an, aber auch Camping für 10.000 COP pro Person mit Toilette und Dusche, Aufenthaltsraum mit Strom, Trinkwasser und jede Menge Kaffee und der einen oder anderen Leckerei tagsüber. Erbin Doña Maria Theresa hat alles fest im Griff, ihr erwachsener Sohn Jorge spricht ein wenig Englisch. Er ruft uns unterwegs immer wieder besorgt an, wo wir bleiben. In Chinchiná organisiert er sogar, dass wir von einem Auto abgeholt und zur Hacienda begleitet werden, was nicht die schlechteste Idee war, wie sich im Nachhinein herausstellt. Die Küche ist weithin bekannt (18.000 COP für ein reichhaltiges 3-Gänge-Menü). Tourismus entwickelt sich in Kolumbien erst langsam. Hacienda Guayabal ist eine der nicht allzu vielen Kaffeeproduzenten, die Touren anbieten. Doch das ist für morgen.
Hacienda Guayabal, N 04°57’25.2’’ W 75°36’24.3’’, www.haciendaguayabal.com

Peñol-Guatapé, Kolumbien – Kolumbianischer Zuckerhut

Freitag, Oktober 21st, 2011

Ein Stausee für die Energieversorgung der Millionenstadt – das ist der Embalse del Peñol-Guatapé, 50 km westlich von Medellín, aber noch viel mehr. Freizeit- und Wassersportvergnügen unterschiedlichster Art wird hier geboten. Auch der Peñon de Guatapé oder Piedra del Peñol, wie er genannt wird, ist entsprechend kommerzialisiert, doch an ruhigeren Wochentagen einen Besuch wert. Der 220 m hohe Monolith, der ein wenig an den Zuckerhut erinnert, sticht deutlich aus der Landschaft hervor. In einer Felsfalte wurde eine Treppe mit 679 Stufen gebaut, auf der man den Berg aus Granit, Quarz und Feldspat erklimmen kann. Von unten wirkt die Treppe ehrfurchtgebietend, zumal wir uns auf über 2.000 Meter Höhe befinden. Im Endeffekt sind wir doch schneller oben als vermutet, von wo aus man einen wunderschönen Blick auf die Modelleisenbahnlandschaft mit dem eigenwilligen Stausee hat, aus dem hunderte kleiner Inseln hervorlugen. Die meisten Besucher klettern aber nicht hoch, sondern geben sich mit dem Besuch der Souvenirshops und des Restaurants zufrieden, in dem sie bei lokaler Musik das Tanzbein schwingen können. Ein Übernachten auf dem Parkplatz mit toller Aussicht ist im Gegensatz zu vergangenen Jahren leider nicht mehr möglich. (N 06°13’18.9’’ W 75°10’44.5’’, Parken 4.000 COP, Bergbesteigung 8.000 COP pP)

Auch an einigen anderen Stellen möchte man uns nicht campen lassen – eine Erfahrung, die uns abseits der Panamericana in diesem Land öfters einholt. Auskunftsbereite Ortskundige schicken uns ans Dorfende von Guatapé, wo sich ein Campingplatz befinden soll. Der Ort selbst ist sehr schön, wenn auch nicht komplett authentisch, sondern teils im paisa-Stil nachgebaut. Die Häuser vor allem entlang des Malecón, der Uferpromenade, besitzen modellierte und farbig bemalte Sockel mit Blumen-, Tier- oder Spielzeugmotiven. Die Tradition der bunt gestalteten Häuser sollte ursprünglich Hühner vom Picken and den Sockeln und Kinder vom Beschmieren derselben abhalten. Eine Straße gleich rechts hinter der Brücke, die sich dem Malecón anschließt, führt zur kleinen Campingzone. Die ist zwar abgesperrt, aber mit etwas Umherfragen finden wir die zuständige Señora schnell. Zelte kosten je nach Größe 8.000, 10.000 oder 12.000 Peso pro Nacht, wir zeigen uns mit der mittleren Kategorie einverstanden. Der Campingplatz liegt sehr schön direkt am See mit Aussicht auf den Peñon de Guatapé (N 06°14’06.7’’ W 75°09’13.5’’).

Medellín, Kolumbien – Schwebend über die Ziegelstadt

Donnerstag, Oktober 20th, 2011

Die meisten Millionenstädte der neuen Welt sind nicht übermäßig sehenswert. Das gilt eigentlich auch für Medellín, aber hier gibt es eine interessante Art der Stadtbesichtigung: Seilbahnen und eine auf Stelzen gebaute 30 km lange Metro. Vom Parque Arví aus, einem Naherholungsgebiet für Medelliner, wo wir campen, schwebt eine 4.400 m lange Seilbahn über das Waldgebiet und dann steil ins Tal hinunter (Einzelfahrt Linie L 3.500 Peso = 1,40 €). Dann muss man umsteigen in das „reguläre“ öffentliche Verkehrsnetz, in dem man beliebig oft und lange hin- und herfahren kann, solange man die Bahnstationen nicht verlässt (1.700 COP pP = 0,70 €). Eine weitere Seilbahn lässt uns über die einheitlich rostrot wirkende Stadt fliegen: rote Ziegelhäuser mit ebensolchen Dächern bestimmen weitgehend das Bild. Am Ende wechseln wir in die Metro, von der aus man noch einen relativ guten Blick hat.

Am Parque Berrio steigen wir aus, um die Plaza Botero vor der Casa de la Cultura zu bewundern. Hier stehen 23 Monumentalskulpturen des kolumbianischen Bildhauers Fernando Boteros – dem höchstbezahlten Künstler der Welt. Sämtliche Statuen aus schwarzer Bronze sind üppig, sinnlich, dick. Ob Katze oder Pferd, ob römischer Soldat oder Frau – die eigenwilligen Meisterwerke haben hohen Wiedererkennungswert. Der Fußgängerboulevard Paseo Peatonal Carabobo führt uns zur Metrostation San Antonio. Unterwegs kann man sehr günstig einkaufen, vor allem, wenn es um Schuhe geht. Die Stelzenmetro bringt uns zu der Seilbahn auf der anderen Seite des Tals, in das Medellín hineingebaut wurde und wo es unaufhaltsam aus Platzmangel die Hänge hoch kriecht.

Zurück im Parque Arví dürfen wir auf eine weitere kühle Nacht in gut 2.400 m Höhe hoffen, während Medellin auf nur 1.500 m liegt. Im Ecoparque Piedras Blancas (N 06°17’41.5’’ W 75°30’00.8’’), einem Teil des Arví-Parks, bietet man uns die Nacht für 14.400 Peso (5,80 €) pro Person auf einem schiefen Schotterplatz an, aber die Auswahl an Campingmöglichkeiten ist in Medellín äußerst begrenzt. Für nur 1.000 Peso (0,40 €) bringt uns ein Bus zur Seilbahnstation bzw. zurück. Medellín hat ebenfalls einen verkehrsgünstig gelegenen Carrefour (N 06°19’03.1’’ W 75°33’25.2’’). Das Parkhausproblem mit der niedrigen Einfahrtshöhe löst die markteigene Tankstelle, an dessen Seite man stehen kann, wenn man den Manager nett fragt. Günstigen Sprit gibt’s zudem.

Taraza, Kolumbien – Guerillas, Paramilitärs und Drogenkartelle

Dienstag, Oktober 18th, 2011

Der arme Schlucker, der den Nachtwächter des Mittagsgrills abgibt, auf dessen Platz wir übernachteten, hätte sich ein Trinkgeld verdient gehabt. Doch da ist sie wieder, die unverbesserliche Gier, die dazu führt, dass man leer ausgeht. Bevor wir auch nur die Geldbörse in die Hand nehmen können, behauptet er, sein Chef wolle von uns 50.000 COP als Campinggebühr. Wiederum unverschämte 20 Euro. Ich weise ihn darauf hin, dass das nicht der Wahrheit entspricht und lehne schlicht ab. Da dackelt er widerspruchslos davon und öffnet das Tor. Die Nordkolumbianer tun in unseren Augen gerade nicht allzu viel für ihre Imagepflege.

Die PanAm bringt uns weiter nach Süden. Mit vielen Schlaglöchern, grausamen Überschwemmungen, Straßensperrungen, und zahlreichen Mautstellen. Hoffentlich wird das Geld wenigstens für den Straßenbau verwendet. Das Wetter spielt verrückt. Während die meisten mittelamerikanischen Länder von einer ungewöhnlich heißen und trockenen Regenzeit berichteten, findet in Guatemala, Panama und Kolumbien das Gegenteil statt: Es regnet viel mehr als normal, und jeder Regenguss dramatisiert die sowieso schon gespannte Lage. Weite Teile des Landes stehen unter Wasser, Brücken und Straßen werden weggespült. Wir sehen Menschen, deren ärmliche Hütten halb unter Wasser stehen.

Und noch etwas kennzeichnet die Lage an der Panamericana: Zunächst Polizei, später Militär. Viele der Polizeikontrollen halten uns an. Sie sind sehr freundlich, aber wir haben nicht die Zeit, die Neugier eines jeden Polizisten zu befriedigen. Sie werden mir zu aufdringlich, wenn sie immer wieder darauf bestehen, die Kabine sehen zu wollen. Auf meine Frage nach dem Grund für die Besichtigung erhalte ich beim dritten Nachfragen eine Geste zur Mütze hin: „Weil ich die Polizei bin“. „Tja, aber das ist mein HAUS.“ „Ihr Haus?“ „Genau, mein HAUS.“ Das wird verstanden, denn einen Hausdurchsuchungsbefehl haben sie nicht. Wir lassen sie kurz von außen in die Kabine hineinschauen, das muss reichen.

Das Militär lässt uns unbehelligt, ist aber wesentlich eindrucksvoller. Soldaten stehen nicht nur schwerbewaffnet an der Straße, an vielen Truckstops stehen bis zu drei Panzer. Damit soll zumindest halbwegs Sicherheit an der PanAm hergestellt werden, was wohl auch funktioniert. Um welchen finanziellen und sonstigen Preis, vermag ich nicht zu sagen. Mag sein, dass sich die Sicherheitslage für die Kolumbianer in den letzten Jahren verbessert hat, aber befriedet ist das Land bei weitem nicht. Kolumbien hat die jahrhundertelange Tradition, politische Differenzen mittels Bürgerkrieg zu bekämpfen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Linksgerichtete Guerillas, rechtsgerichtete Paramilitärs und Drogenkartelle, deren Interessen weniger politischer denn finanzieller Natur sind, kämpfen gegen- oder miteinander. Die beiden großen Drogenorganisationen, das Medellin- und das Calí-Kartell, wurden zwar zerschlagen, doch kleinere Verbände sind an ihre Stelle getreten und führen die Geschäfte weiter. Die Drogenkartelle lassen ihre Anlagen von Guerillas oder Paramilitärs beschützen, und oft stecken die Bewacher zwecks Finanzierung ihrer Organisationen mit im Drogengeschäft. Leidtragend ist die Bevölkerung, die oft genug zwischen die Fronten gerät, vor allem die Indigenen, die von ihrem Land vertrieben oder umgebracht werden. Neben Terror, Folter und Mord ist Entführung eines der häufigsten Verbrechen der militarisierten Oppositionellen. Alleine die FARC, älteste noch operierende Guerillaorganisation der Welt, soll um die 700 Entführungsopfer gefangen halten, viele davon müssen seit Jahren im Dschungel dahinvegetieren. Populärstes Beispiel war die Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt, die im Juli 2008 nach sechs Jahren Geiselhaft vom Militär befreit worden war. Nur ein geringer Anteil der Geiseln ist für den Austausch bestimmt, mit der Mehrzahl soll Lösegeld erpresst werden.

Trotzdem gilt Kolumbien als einigermaßen sicheres Reiseland, sofern man sich in den gesicherten Zonen aufhält. Also bleiben wir vorsichtshalber heute Nacht an einem Truckstop nahe der Stadt Taraza stehen. Allerdings gibt es hier hinter der Tankstelle eine Rasenfläche, ruhig am Fluss gelegen, und kostenfrei dazu: N 07°35’15.0’’ W 75°23’41.9’’.

Turbaco, Kolumbien – Unverhältnismäßigkeiten

Montag, Oktober 17th, 2011

Mag sein, dass ein Feiertag nicht ideal ist, eine lokale Touristenattraktion zu besuchen. Der Schlammvulkan Lodo El Totumo 50 km nordöstlich von Cartagena erhebt sich 20 m über seine Umgebung. Eine Holztreppe führt hinauf in ein fünf Meter messendes Schlammloch, in dem man gesundheitsfördernd „baden“ kann. Als grauer Zombie dem Bade entsteigend läuft man anschließend zur Süßwasserlagune, um wieder eine gesunde Hautfarbe anzunehmen. Das ansässige Imbissbudenpersonal hat wohl schon zu sehr vom eigenen Bier genippt und sieht uns seltsam schief an. Aus einem offenen Autokofferraum plärrt ohrenbetäubende Musik. Keiner fühlt sich von Jörgs Bitte angesprochen, die Lautstärke etwas zu reduzieren, da wir unser eigenes Wort nicht verstehen. Aber als er kurzerhand den Kofferraumdeckel zuknallt, erscheint postwendend ein junger Kerl und öffnet die Haube wieder. Das ganze Ambiente ist uns dermaßen unsympathisch und der Nachmittag bis zur Schließungszeit noch lang, sodass wir kurzerhand den Weg nach Süden einschlagen. Jo und Ray folgen uns ebenfalls.

Der Tag soll uns ein paar weitere unangenehme Erfahrungen bringen: In jedem Dorf plärrt die Musik genauso laut wie am Vulkan. Sind wir schon zu alt, um das zu verstehen? Oder handelt es sich bei der enormen Lautstärke um eine Art Zwangsbespaßungsmaßnahme für Einwohner und Vorbeifahrende? Nebenstraßen sind nicht asphaltiert (was nicht schlimm wäre), aber in katastrophalem Zustand. Sobald eine Straße zumindest überwiegend asphaltiert ist, kostet sie Mautgebühren. Nicht viel, mal zwei, mal drei Euro, aber wenn man alle paar Dutzend Kilometer abkassiert wird, kommt ganz schön was zusammen. Die Krönung ist aber die Übernachtungssuche: Unsere Idee, auf dem Parkplatz eines Botanischen Gartens zu nächtigen, scheitert, da der Park bereits geschlossen hat. Wir fragen in einem Restaurant nach, das einen kleinen See vor der Haustür hat. Nachdem man sich eine geschlagene Viertelstunde Zeit genommen hat, über unser Ansinnen nachzudenken, erhalten wir einen positiven Bescheid, man will aber 50.000 COP Parkgebühr pro Fahrzeug – das sind 20 Euro! Für nichts als Stehen, eine Toilette, Dusche, Strom oder anderen Luxus hätte es sowieso nicht gegeben.

Wir fahren weiter, auch wenn es schon dunkel wird. Hinter dem Ort Turbaco an der PanAm finden wir einen Mittagsimbiss, der gerade schließt. Der Besitzer lässt uns auf seinem abgesperrten, der Straße abgewandten Gelände kostenlos parken, noch ein paar Bierchen trinken und hält uns einen äußerst gebildeten Vortrag über die Probleme der Welt: N 10°18’13.5’’ W 75°23’33.8’’.

Cartagena de Indias, Kolumbien – Perle mit Schmutzrand

Sonntag, Oktober 16th, 2011

Cartagena wird gerne als „Paris Kolumbiens“ bezeichnet. Das scheint mir etwas übertrieben, doch die Altstadt, El Centro genannt, ist wirklich schön und die Bezeichnung „Perle der Karibik“ scheint schon angemessener. Farbige Paläste mit Arkadengängen, Holzbalkonen und begrünten Innenhöfen wechseln sich ab mit kolonialen Kirchen und Klöstern, Souvenirgeschäften und Designerboutiquen. Umgeben sind El Centro und weitere Viertel von der historischen Stadtmauer. Die ist 11 km lang, nicht sehr hoch, aber breit, sehr solide gebaut und zum Teil begehbar. Cartagena de Indias, wie es korrekt heißt, wurde als Umschlagplatz für das Gold und Silber aus den südamerikanischen Kolonien ins spanische Mutterland immer wieder von Piratenangriffen heimgesucht. Nach dem verheerenden Überfall von Sir Francis Drake von 1586 begannen die Bauarbeiten für das monumentale Bollwerk, das erst Ende des 18. Jh. fertig gestellt werden sollte.

Ironischerweise mussten die spanischen Erbauer selbst ihre eigene, nahezu perfekte Verteidigungsanlage nur 20 Jahre später stürmen. Cartagena hatte damals seine Unabhängigkeit erklärt, doch das spanische Königshaus entsandte eine Flotte, die Stadt zurückzuerobern. Nach vier Monaten der Belagerung musste Cartagena aufgeben, nachdem tausende von Menschen verhungert oder an Krankheiten gestorben waren. In krassem Gegensatz zum historischen Erscheinungsbild kann man von der Stadtmauer aus Blicke auf die supermoderne Halbinsel Bocagrande werfen. Umgeben von kilometerlangen Sandstränden erheben sich modernste Wolkenkratzer, Hotels und Glaspaläste im Stile Miamis. Doch außerhalb der touristisch interessanten Viertel ist Cartagena wenig attraktiv und in großen Teilen nicht ganz ungefährlich, zumal bei Nacht. Cartagena ist sozusagen eine teure Perle mit schmutzigen Rändern, als meistbesuchte Stadt Kolumbiens trotzdem ein Muss.

Cartagena de Indias, Kolumbien – Lange Finger

Samstag, Oktober 15th, 2011

Eine lokale Kraftfahrzeughaftpflicht ist auch in Kolumbien vorgeschrieben. Luis ist auch beim Abschluss einer solchen behilflich. Gestern Abend hatten sämtliche Büros schon geschlossen, zumal man zur Vertragsunterzeichnung das endgültige Zollpapier benötigt. Samstags haben die meisten ebenfalls zu. Zwar kann man an größeren Tankstellen jederzeit eine Haftpflicht erstehen, die gilt jedoch für ein Jahr und ist damit teuer. Wir finden trotzdem ein Büro in der Altstadt, das uns am Samstag eine Kfz-Versicherung, SOAT genannt, vermittelt (HBL Seguros, Centro, Pasaje la Moneda, Tel. 660 2005). Mindestlaufzeit ist drei Monate, unabhängig davon, welche Aufenthaltsdauer in den Pass gestempelt wurde. Der Tarif errechnet sich anhand des Motorhubraums. Das wäre für uns recht kostenintensiv geworden. Dank des deutschen Straßenverkehrsamtes, dem bei der Übertragung des Bundeswehrdatenblatts in den neu erstellten Fahrzeugbrief ein Fehler unterlief, sind wir im Besitz eines knapp drei Liter fassenden Motors. Das erste Mal fiel uns das erst in El Salvador beim Ausfüllen der Zollpapiere auf. Daher gibt sich die Agentin mit lediglich 60 Euro zufrieden – teuer genug für eine Durchreise.

Glaubt man den Angaben anderer Reisender, gibt es in Cartagena lediglich eine Abfüllstation, wo man seine Gasflaschen die man für die Fährüberfahrt leeren musste, wiederauffüllen kann. Wir fragen vorsichtshalber an einer Tankstelle, doch auch die schicken uns zu Cartagas etwa 20 km vom Stadtzentrum entfernt (N 10°19’11.3’’ W 75°30’06.7’’). Auf dem Weg dahin passiert man das Einkaufszentrum Caribe Plaza, in dem sich ein Carrefour angesiedelt hat, wo man seine Vorräte wiederaufstocken kann. Allerdings besitzt das Einkaufszentrum lediglich eine Parkgarage mit 2,40 m Einfahrtshöhe. Am „Hintereingang“ gibt es einen kleinen gebührenpflichtigen Parkplatz, der für die meisten Fahrzeuge zugänglich sein dürfte (N 10°24’56.7’’ W 75°31’43.7’’). Lebensmittel sind in Kolumbien günstiger als im teuren Panama, allerdings kostet Diesel mehr.

Als wir am Nachmittag unsere vermeintlich leer geräumte Fahrerkabine wieder einrichten, müssen wir einen kleinen Verlust feststellen. Ein kleines elektronisches Thermometer, das wegen leerer Batterien gerade sowieso nicht funktioniert, wurde entwendet. Der Dieb fand sogar den zugehörigen Außensensor und schnitt ihn ab. Jörg hatte alles Angeklebte (unsere Uhr), alles Angeschraubte (das Radio), alles anderweitig Befestigte (Navigationsgeräte inkl. Saugnäpfe) sowie alles Lose aus dem Fahrerhaus entfernt. Beim Einräumen müssen wir eine weitere Fehlmeldung verbuchen. Unsere äußerst praktische Bewegungsmelderlampe an der Außentreppe wurde samt der mit Spezialkleber befestigten Trägerplatte abgehebelt. Ob RoRo oder LoLo, Schiffs- und Hafenpersonal ist weltweit bekannt für seine langen Finger, doch die Strecke Colón-Cartagena ist besonders berüchtigt.

Cartagena de Indias, Kolumbien – Hafen kostet Nerven

Freitag, Oktober 14th, 2011

Der Tag scheint endlos. Um 8 Uhr fahren wir zu unserem kolumbianischen Agenten Luis Ernesto La Rota von Enlace Caríbe (info@enlacecaribe.com, www.enlacecaribe.com, Luis ist englischsprachig), um 20:30 Uhr bekommen wir Arminius aus dem Hafen. Dann müssen wir ins Hotel, unser Gepäck abholen, zu Luis, unsere Gebühren bezahlen und ins nächste Hotel, das auf seinem Parkplatz Camping anbietet. Dort ist man so freundlich, uns kurz vor Mitternacht noch etwas zu essen zu machen. Dazwischen werden wir von Luis, seiner Frau oder einem seiner drei mitarbeitenden Söhne von Büro zu Büro bugsiert, immer wieder zum Zoll, Reisepass vorlegen, Besucherausweise erhalten und warten, warten, warten. Der Zollbeamte ist alles bestimmend, er legt den Termin fest, wann er das Auto inspizieren will (es geht lediglich um Kennzeichen und Fahrgestellnummer), aber es kann sein, dass er dann trotzdem nicht da ist. Parallel erledigen Luis’ Familienmitarbeiter weitere Gänge, bei denen wir nicht dabei sein müssen.

Unsere Agentin Evelyn in Panama warnte uns vor: Alleine ist die Zollabfertigung in Cartagena zwar machbar, in einem Tag keinesfalls zu schaffen. Wie recht sie hatte, Luis wurde uns von ihr und anderen Reisenden empfohlen und wir möchten das gerne weitergeben. Trotz seiner nicht geringen Gebühren spart er Zeit, Nerven und auch Geld, denn jede Nacht im Hotel kostet nun mal. Statt Taxen zu bezahlen werden wir im Firmenauto umhergefahren. Luis’ Pauschalgebühr beträgt 170 $. Jo und Ray, eine holländisches Paar aus Deutschland, das seinen Camper auf dem gleichen Schiff transportiert, hat sich uns angeschlossen. Dafür nimmt Luis nur 10 $ mehr und wir können uns die Kosten teilen – ein faires Angebot. Dazu kommen jeweils um die 100 $ für die Ausstellung des endgültigen Bill of Lading sowie Hafengebühren.

An Papieren benötigt man Reisepass, den vorläufigen und anschließend den endgültigen Bill of Lading. Was man abschließend erhält, ist das wichtige Zollpapier für das Fahrzeug. Für den Hafen (nur Fahrzeugeigner) sollte man lange Hosen und geschlossene Schuhe tragen, sonst könnte der Zutritt verweigert werden, außerdem benötigt man einen Nachweis über eine Krankenversicherung, die kontrolliert werden kann oder nicht. Unter normalen Umständen hätten wir Arminius an einem Freitag vermutlich trotzdem nicht in Empfang nehmen können. Da Montag jedoch ein lokaler Feiertag ist und Behörden geschlossen bleiben, will der Zoll noch vor dem langen Wochenende soviel wie möglich erledigen. Grund ist auch, dass ab dem dritten Tag nach dem Abladen Hafengebühren (von ca. 15 $ pro Tag für ein Fahrzeug) anfallen.

Das Hotel Bellavista im Stadtteil Marbella am Karibikufer bietet neben einfachen Zimmern (DZ 70.000 COP mit Ventilator, 80.000 mit AC, ohne Frühstück) Camping auf seinem ummauerten Parkplatz an. Sicht aufs Meer gibt es daher am Parkplatz keine, aber eine sichere schattige Stellmöglichkeit in Stadtnähe. Die 30.000 Peso ohne bzw. 40.000 mit Stromanschluss (ca. 12 bzw. 16 Euro) wirken überzogen, da man dicht zwischen anderen parkenden Fahrzeugen steht und das Ganze mit Camping wenig zu tun hat. Hier bezahlt man eben die Lage (am Strand gegenüber gibt es Sonneschirme und man könnte baden, wenn man über die Wasserqualität nicht nachdenkt). Wasser für den Tank ist vorhanden, Dusche (Kaltwasser) und vor allem Toilette sind in fragwürdigem Zustand, doch das Personal ist freundlich. Anmeldung ist wegen begrenztem Platzangebot unbedingt empfohlen (www.htbellavista.com). GPS: N 10°26’05.8’’ W 75°32’18.1’’

Cartagena de Indias, Kolumbien – Flug auf den neuen Kontinent

Donnerstag, Oktober 13th, 2011

Wir fliegen nach Kolumbien. Die RoRo-Fähren nehmen aus versicherungstechnischen Gründen keine Passagiere an Bord. Am günstigsten ist die Buchung per Internet mit COPA Air (ca. 30 $ günstiger als am Schalter, die in vielen Malls zu finden sind), der zweite Anbieter Avianca ist meist teurer. Die Preise schwanken etwas, für ein Hinflugticket muss man um die 350 $ rechnen. Wir fliegen über Bogotá, was die Flug- und Reisezeit zwar verlängert, aber nochmals günstiger ist. Dabei überfliegen wir den Darién und wissen nun, dass wir da ganz bestimmt nicht durchfahren wollen, in der Regenzeit ein Ding der Unmöglichkeit: Die hügelige Dschungellandschaft ist durchzogen von unzähligen mäandernden Flüssen, größere, tiefer liegende Gebiete haben sich in Sümpfe verwandelt.

An drei verschiedenen Stellen erkundigen wir uns, ob wir das Gepäck in Bogotá durch den Zoll schleusen müssen (die Standardprozedur) oder ob es bis Cartagena durchgecheckt wird. Einhellige Meinung: das Gepäck kommt erst in Cartagena aufs Band und muss dort durch den Zoll. In Bogotá liegt unsere Tasche natürlich bereits vor dem Gepäckband. Wir bringen sie durch den Zoll und geben sie am entsprechenden Schalter wieder ab. Soviel zur Kompetenz des Flughafenpersonals. Am Geldautomaten in Bogotá hebe ich mal eben 1.000.000 Peso ab und mache mich damit zur Millionärin. Das sind etwa 400 Euro (1 € entspricht etwa 2450 kolumbianischen Peso / COP) – viel zu viele Nullen für meinen Begriff.

Eine andere Möglichkeit, von Panama nach Kolumbien zu reisen ist eine Mini-Kreuzfahrt mit einem Segelschiff durch das San Blas Archipel. Diese Karibikinseln gehören zum autonomen Verwaltungsgebiet der Kuna-Indianer und sind touristisch noch relativ unerschlossen. Empfehlenswert soll der alte deutsche Segler Stahlratte sein (www.stahlratte.de), der auch Fahr- und Motorräder transportiert. Der vier- bis fünftägige Inseltörn kostet inkl. Verpflegung um die 450 $, dazu kommen An- und Abreise – kaum ein Unterschied, wenn man Flug- und Hotelkosten gegenrechnet. Leider endet die Fahrt an dem für uns passenden Termin auf der östlichsten San-Blas-Insel statt in Cartagena, daher hätten wir es nicht rechtzeitig zur Fahrzeugabholung geschafft.

Wir mieten uns ins Hotel Oceano ein wegen seiner halbwegs günstigen Lage zum Hafen und seiner erträglichen Preise (www.h-oceano.com). Die Zimmer sind einfach, modern und sehr sauber mit TV und Klima. Trotz Preisvereinbarung über unseren Agenten in Cartagena will man zunächst 120 US$ von uns, dann 65, schließlich gibt sich die Verwaltung mit den vereinbarten 57 $ fürs Doppelzimmer inkl. Frühstück und Steuern zufrieden. Zimmer mit Balkon gibt’s nach vorne zur Hauptstraße, nach hinten ohne Balkon und Aussicht ist es ruhiger. Das Preisniveau in Cartagena ist generell recht hoch, höher noch als in Panama City. In der Gegend um das Oceano gibt es kaum etwas, aber das hoteleigene Restaurant ist akzeptabel.