Archive for November, 2010

Moab, Utah – Endlich offen: die Potash Road

Dienstag, November 30th, 2010

Ich verneige mich tief vor den Bürgern Moabs. Heute waren alle freundlich. Wirklich alle: die Verkäuferinnen im Supermarkt, die Dame in der Besucherinformation (das war übrigens eine Deutsche, wenn auch schon fast 40 Jahre in den USA), der Mann von der einen Tankstelle, der leider unsere Gasflasche trotzdem nicht füllen konnte, und die Frau von der anderen Tankstelle, die zwar unsere Flasche eigentlich auch nicht füllen durfte, aber mit Kennerblick die Größe des Behältnisses abschätzte und das Propan dann doch reinpumpte. Seit einiger Zeit dürfen in den USA nur noch Gasflaschen mit Überdruck-Füllventil verwendet werden, die in Deutschland nicht gebräuchlich sind. Werden die Behälter beim Füllen gewogen, ist das Ganze meist trotzdem kein Problem. In Utah jedoch werden keine Waagen mehr verwendet, man füllt so lange, bis das Überdruckventil anspricht. An der zweiten Tankstelle haben sie zumindest einen Durchflussmesser, und die Frau überschlägt kurz, was reingehen müsste. Welcher Tankwart möchte schon riskieren, dass wir bei diesen Minusgraden verhungern oder gar erfrieren?

Endlich ist auch die Potash Road wieder offen und wir können sie, lang ersehnt, endlich befahren. Die Suche nach dem Schützen, der den Ranger angeschossen hatte, wurde schließlich eingestellt. Die Polizei geht davon aus, dass er das Gebiet entweder verlassen hat oder, wahrscheinlicher, seine eigene Schussverletzung, die Nässe und die Kälte nicht überleben konnte. Seine Leiche jedoch wurde nicht gefunden. Wer jemals in einer der unendlichen Steinwüsten Utahs mit tausenden von Spalten, Löchern und Höhlen war, wird verstehen können, warum man einen toten Körper, nicht lokalisierbar mit Wärmebildkameras, der sich irgendwo verkrochen hat, unter Umständen nicht wiederfindet.

Die zwei Faltblätter von Moabs Touristeninformation zum Befahren und Wandern der Potash Road sind unentbehrlich. Da der Schafer Trail, das Anschlussstück in den Canyonlands Nationalpark / Island in the Sky wegen Schnee und Eis gesperrt bleibt, müssen wir den Hwy # 279, wie die Straße zunächst genannt wird, von der Kreuzung der # 191 anfahren so weit wir kommen und später die gleiche Strecke zurückfahren. Hat man die Wahl, fängt man eher aus dem Nationalpark an. Die ersten Meilen sind asphaltiert und führen neben dem Colorado River durch einen lieblichen, rund geschliffenen roten Canyon. Nach fünf Meilen weist ein Schild auf Indian Writings hin, Petroglyphen, also in den Stein geritzte Tier- und Menschenabbilder der Ureinwohner. Leider haben sich auch weiße Mitbürger der Neuzeit zu kreativen Schöpfungen hinreißen lassen und „Vicky“, „Tom“, „Randy“ oder „Sally“ in der Wand verewigt. Andere Aktivisten haben gar auf in den Stein geschnitzte Zielscheiben geschossen. Nur ein paar Meter weiter gibt es Dinosaurierspuren zu sehen, die ein Vertreter seiner Spezies in den Matsch getrampelt hat, bevor dieser versteinerte. Zu Tage gekommen sind die Tatzen, als der Stein vom Berg fiel und auseinanderbrach, sodass jetzt in der einen Platte die Negative, in der anderen die Positive zu sehen sind. Erschreckend echt, erschreckend groß.

10 Meilen ab Straßenbeginn führt eine Wanderung zum Corona Arch. Auf den 2,5 km Hinweg muss man 135 m Höhenunterschied, zwei mit Stahlseilen gesicherte Sektionen und eine Leiter überwinden. Während das erste Seil lediglich zur Sicherung gegen Abrutschen bei Nässe dient, ist der zweite Steig eine echte Hürde. Kleine Vertiefungen wurden in den Stein gehauen, um Schuhen etwas Halt zu geben. Nicht jeder Wanderer mag diese Mutprobe über sich ergehen lassen und dreht um. Was an sich nicht so schlimm ist, kann man doch Corona Arch von hier aus bereits sehen. Dies ist einer der weltgrößten Bögen mit einer Öffnung von 43 mal 32 m und für uns bisher der schönste und eleganteste. Gleich daneben gibt es eine riesige, in den Berg gewaschene Halbkugel mit einem perfekten runden Loch darüber in der Felsdecke – ein horizontaler Arch sozusagen. Für diese sehr lohnenswerte Wanderung sollte man zwei Stunden einplanen, damit genügend Zeit für Fotos bleibt.

Nach ein paar Meilen endet der Asphalt und eine bei Trockenheit einfach zu fahrende Off-Road-Strecke in den Canyonlands Park hinein folgt, die dennoch Vierradantrieb erfordert. Bei Nässe verwandelt sich der Pudersand in rote Schmierseife, und man denkt besser noch mal darüber nach, ob man hier lang fahren will.

La Sal Junction, Utah – Schwerer Abschied

Montag, November 29th, 2010

Es geschieht nicht oft, nur manchmal: Man trifft Menschen, die auf absolut gleicher Wellenlänge funken. Wenn diese Menschen dann noch so intelligent, gebildet und kreativ sind wie Malcolm und Pam, von denen man so vieles lernen kann, ist es schwer, sich wieder zu trennen. Nach wundervollen Tagen, an denen wir zahlreiche ihrer Freunde und Nachbar kennenlernen konnten, reißen wir uns endlich los. Nicht ohne dutzende von fotografischen Geheimtipps für Utah von Malcolm erhalten zu haben. Ob wir jemals wieder aus dem Bundesstaat rauskommen?

Da wir die Strecke mittlerweile schon ein paar Mal gefahren sind, nehmen wir zur Abwechslung ab Grand Junction die Straßenkombination # 141/90/46 durch hübsche Canyons nach La Sal Junction. Wer Lust hat, kann hier für 5 $ Eintritt pro Person eine kuriose Höhlenwohnung besuchen. In 12jähriger Arbeit hat eine Familie eine Werkstatt in den Berg gehämmert, mit allem Kitsch und Komfort zu besichtigen.

Da wir heute keinen Internetzugang bekommen, bleiben uns die Vergnügungen des Cyber Monday vorenthalten. Das Gegenstück zum Black Friday propagiert Internetshopping mit zahlreichen Angeboten anstelle von „realem“ Einkauf. Willkommen in den Einkaufszentren der elektronischen Welt.

Palisade, Colorado – Der Schokoladenlauf

Samstag, November 27th, 2010

Die fünf Kunstgalerien Palisades (welch enorme Anzahl für ein Dorf) veranstalten heute einen Chocolate Walk – Schokoladenspaziergang. Überall gibt es unterschiedliche kostenlose schokoladige Köstlichkeiten. Natürlich kann man etwas gewinnen und selbstverständlich kann man etwas kaufen. Aber es gibt nette Sachen und – mal ehrlich – ist es nicht besser, kleine lokale Unternehmen zu unterstützen, als die großen Supermarktketten wie z.B. W..-…t, der Made in China fast gepachtet hat?

Danach besuchen Pam und ich noch ein paar der hiesigen Winzer zur Weinprobe und Kauf. Uff – fünf Wineries und jede hat etliche Sorten…

Palisade, Colorado – Der schwarze Freitag

Freitag, November 26th, 2010

Der Tag nach Thanksgiving ist ein verrückter Tag. Viele Amerikaner haben frei, Weihnachten ist nicht fern, und so wird die Zeit zum Einkaufen genutzt. Geschäfte, die um 5 Uhr morgens öffnen, sind spät dran. Manche machen gar schon um Mitternacht auf. Selbst dann stehen bereits lange Schlangen von Menschen an, die unvermeidlichen Sonderangebote zu ergattern. Im letzten Jahr wurde bei dem Ansturm in Grand Junction sogar ein Mann totgetrampelt.

Die Bezeichnung Schwarzer Freitag kommt aber nicht vom Trauerflor. Es gibt verschiedene Erklärungen für die Herkunft des Begriffs, am plausibelsten scheint mir folgende zu sein: Zum ersten Mal taucht der Name 1966 in Philadelphia auf. Dort bildeten sich am Freitag nach Thanksgiving lange Fahrzeugschlangen in Erwartung des Schnäppchenkaufs. Zu der Zeit waren fast alle Autos schwarz – und so entstand der Ausdruck Schwarzer Freitag.

Wir finden es viel zu hektisch und vielleicht sogar gefährlich auf den Straßen – Schnäppchenjäger gehören einer besonders aggressiven Gattung an – daher verkriechen wir uns lieber bei Malcolm und Pam zu Hause.

Palisade, Colorado – Erntedank auf amerikanisch

Donnerstag, November 25th, 2010

Thanksgiving ist das wichtigste amerikanische Familienfest im ganzen Jahr, teilweise sogar wichtiger als Weihnachten. Vielleicht weil in einem Amerika mit der vermutlich liberalsten Religionspolitik aller Länder der Erntedank das vereinende Fest aller ist. Die ganze Familie und oft auch Freunde kommen zu einem Festessen zusammen. Traditionell wird gefüllter Truthahn serviert mit Fleisch- und Preiselbeersoße sowie vielen verschiedenen Beilagen. Bei Malcolm und Pamela genießen wir heute Abend, zusammen mit ihrem Freund Harold, Süßkartoffelpüree und Grüne-Bohnen-Casserole dazu. Anschließend gibt es den üblichen Kürbis- und Pekannusskuchen.

Grand Junction, Colorado – Toiletten mit Tücken

Mittwoch, November 24th, 2010

Es hat zwar heute Nacht gestürmt, aber der Schnee ist ausgeblieben. Zumindest hier im „Tal“ auf 1400 m. In den höheren Lagen soll es etwas anders aussehen. Jedenfalls nutzen wir den Tag für Friseurbesuch, Besorgungen usw. Da geht man natürlich auch mal aufs Klo. Die öffentlichen Toiletten in Restaurants und Supermärkten haben häufig zwei Besonderheiten: Es gibt Toilettensitzauflagen und sie besitzen eine automatische Klospülung, was nicht immer ganz gut zusammengeht.

Ich also rein in die Kabine und eines dieser pergamentartigen Toilettenbrillenabdeckungen aus dem Spender gezogen. Das erste Papieroval zerreißt mir, so filigran wie es ist. Ich werfe es ins Wasser. Mit dem nächsten gehe ich zarter um und versuche es auf dem glatten, nach innen abschüssigen Plastiksitz zu platzieren. Prompt rutscht das Ding ab und landet im Klo. Der dritte Versuch ist erfolgreich. Mit einem abschließenden sanften Klaps überzeuge ich die Auflage zu bleiben wo sie ist. Nur noch schnell die Hose aufgeknöpft und – da geht die automatische Klospülung los und reißt das Pergament herzlos mit sich. Ich muss wohl noch an meiner Technik arbeiten. Also erst Hose runterlassen, dann Sitzauflage in Position bringen. Jetzt kommt der schwierige Teil: mit der Hose an den Fußangeln ein Mal um 180° drehen ohne zu stolpern und ohne zu viel Wind zu machen, damit das federleichte Papieroval nicht etwa noch Mal einen Positionswechsel veranstaltet. Für Menschen mit Verdauungsstörungen ist das jedenfalls nix.

Grand Junction, Colorado – Zurück in Colorado

Dienstag, November 23rd, 2010

In zwei Tagen ist Thanksgiving, das hoch gefeierte amerikanische Erntedankfest, und wir sind auf dem Weg zurück nach Colorado. Was ist geschehen? Am Samstag hatten wir kurz vor dem Deadhorse State Park Malcolm getroffen. Der Kunstfotograf und Künstler aus der Nähe von Grand Junction (tolle Website: www.malcolmchilders.com) hatte sich über unser Expeditionsmobil und die Reise gar nicht wieder eingekriegt. Per E-Mail lud er uns zu Thanksgiving zu sich nach Hause ein. Dass wir uns heute schon in die Richtung begeben, obwohl die Fahrt nur ein paar Stunden dauert, hat einen besonderen Grund, und der heißt Blizzardwarnung. Der Schneesturm soll heute Abend über uns hereinbrechen und rund 30 Stunden dauern. In anderen Bundesstaaten wütet er schon. Seit heute Morgen verbreitet das Verkehrsamt von Utah über Radio die Meldung, dass von unnötigen Reisen ab heute Abend bis morgen Nacht dringend abgeraten wird. Das Risiko, dass das Vorankommen am Donnerstagmorgen immer noch nicht möglich sein könnte und wir irgendwo feststecken ist uns zu hoch und so fahren wir schon heute in unser geliebtes Colorado zurück.

Needles Overlook, Utah – Blick ins Sandsteinland

Montag, November 22nd, 2010

Der Wind ist geblieben, die Wolken sind gegangen. In zugig-sonniger Kälte laufen wir am Needles Overlook entlang, der einen weit in den Needles District des Canyonland Nationalparks hineinschauen lässt. Wer keinen Besuch dieses Parkteils plant, kann hier zumindest einen  Blick hineinwerfen. Wir möchten im Park noch wandern gehen, uns aber die Aussicht ins zerfurchte rote Sandsteinland trotzdem nicht entgehen lassen.

Ein paar hundert Meter unter uns, knapp über dem Colorado River, knattern die Rotoren eines Polizeihubschraubers. Immer wieder kreisen die Helikopter auf der Suche nach dem Schützen, der den Parkranger verletzt hat. Hier oben, 600 Steilwandmeter höher, sollten wir sicher sein.

Moab, Utah – Miniaturgebirge und Massentourismus

Sonntag, November 21st, 2010

Die La Sal Mountains sind ein kleines überschaubares Grenzgebirge zwischen Utah und Colorado. Die pyramidenartigen, meist schneebedeckten Bergspitzen erscheinen als Hintergrundpanorama auf vielen Fotos des Delicate Arch im Arches Nationalpark und anderen Steinskulpturen. Die zweithöchste Erhebung Utahs liegt dort mit fast 3.900 m. Vom Ort Moab aus führt eine rund 80 Meilen lange Loop Road (Rundeweg) über den Highway # 128 einmal durch das Gebirge und zurück nach Moab. Zunächst fährt man durch das Castle Valley Tal, wo weitere dunkelrote Sandsteintürme und -wände in den Himmel ragen und der John-Wayne-Klassiker Rio Grande gedreht wurde. Innerhalb kurzer Distanz fährt man von der roten Halbwüste über subalpine Flora bis in die fast vegetationslose alpine Höhe von 2.700 m. In den oberen Lagen ist die Fahrbahn schneebedeckt und, schlechter, in mittleren Höhen eisig. Das Glück ist jedoch mit uns und instinktiv haben wir den Rundweg von der richtigen Seite angefahren. Beim Abstieg im Westen ist die Straße trocken und gefahrlos.

In Moab stocken wir alle unsere Vorräte and Lebensmitteln, Wasser und Diesel auf, Für eine Tankfüllung von 125 $ erhalten wir einen Rabatt von 40 Cent pro Gallone Diesel und kommen in dieser teuren Gegend auf hervorragende 2,92 $. Für diesen unglaublichen Discount beantragen wir lediglich eine noch nicht in unserem Besitz befindliche Supermarkt-Kundenkarte und kaufen (geplant) für 100 $ eine Prepaid-Telefonkarte. Beim Tanken an den Supermarkttankstellen erhält man mit deren Kundekarte (z.B. Safeway, City Market/King Soopers u.a.) grundsätzlich 3 Cent / Gallone Rabatt, bei bestimmten Umsätzen im Supermarkt 10 Cent, und oft gibt es auch Sonderaktionen. Trotzdem lohnt sich Preise vergleichen (zur Not ein Mal durch den Ort fahren) immer, da die Preisspanne innerhalb einer Stadt teils 30 Cent / Gallone und mehr betragen kann.

Ansonsten ist Moab eine Stadt, die vom Massentourismus geprägt ist. Die Infrastruktur ist perfekt, die Preise größtenteils unverfroren. Selbst im Winter, wenn hier fast alles tot ist, verlangen die Campingplätze Preise, die sich gewaschen haben. Dabei sind die meisten kaum als anheimelnd zu bezeichnen. Ohne den Einwohner Moabs Unrecht tun zu wollen: Uns ist es nicht gelungen, einen freundlichen Menschen zu treffen. Das sind ganz gewöhnliche Auswirkungen des Massentourismus. Trotzdem würde ich persönlich einen Sommerbesuch soweit vorplanen sofern das möglich ist, um eine Vorreservierung für die staatlichen Campgrounds in den National oder State Parks zu bekommen. Oder alternativ einen der sieben BLM (Bureau of Land Management) Camps am Hwy #128 nutzen. Allerdings haben die alle keine Hook-ups zu bieten, also Versorgung mit Wasser und Strom oder sogar TV- und Telefonanschluss.

Lange angekündigt, endlich da: Schon vor Tagen machte sich ein Schneesturm im südlichen Alaska, der eine Hochdruckfront vor sich herschiebt, auf den Weg nach Süden. Die Kapriolen treffen der Reihe nach ein: Gestern Abend stieg die Temperatur bis auf 16° an und kräftiger Wind erhob sich. Heute Mittag schickt der Herbst schwere Sturmböen übers Land, Blätter und Büsche fliegen nur so durch die Gegend und alle paar Minuten auch Regenschauer. Gegen Abend wird das Ganze zu Schnee und unsere Welt wird weiß.

Canyonlands National Park, Utah – Land der tausend Schluchten – und des Verbrechens

Samstag, November 20th, 2010

Utah ist bekannt für seine Off-Road-Strecken, die nicht nur Spaß und fahrtechnische Herausforderung, sondern unglaubliche Landschaften und Aussichten bieten. Auf kleinen „Parkplätzen“ neben den Strecken darf man frei campen, sofern man eine (zumindest portable) Toilette mit sich führt. Für heute morgen haben wir uns nach Beratung mit einem Ranger für den Gemini Bridges Trail entschieden, nachdem wir gestern den Arches Nationalpark bereits auf einer Vierradstrecke verlassen hatten und der uns nun in den Canyonlands Nationalpark bringen wird. Die Strecke erfordert zwar Vierradantrieb und hohe Bodenfreiheit, ist aber sonst gut machbar. Es gibt Strecken mit Schwierigkeitsgraden von einfach über moderat bis schwierig. Jeder muss sorgfältig selbst entscheiden und Information einholen, welche Problematik er sich und seinem Fahrzeug, insbesondere mit Camperkabine darauf, zumuten möchte. Spaß haben wir, die Strecke ist steil, kurvig, abwechslungsreich, sandig, läuft teilweise auf einem steinernen Plateau und wirkt wie grob natursteingepflastert, und sie bietet tolle Aussichten.

Ein Abstecher führt uns in den Deadhorse State Park. (10 $ Eintritt pro Auto; in Utahs State Parks gelten die Jahrespässe nicht) Von den Steilwänden der Schlucht hat man unglaubliche Ausblicke auf den Meander Canyon des Colorado und die tief vernarbte, felsige Landschaft. Der grüne Coloradofluss mäandert in großen S-Kurven durch das marsrote Gestein wie z.B. am Horseshoe Bend, vom Deadhorse Point Overlook zu sehen. Vor dieser Kulisse droht der berühmte Grand Canyon zu verblassen.

Der benachbarte Canyonlands Nationalpark ist durch die sich vereinenden Flüsse Colorado und Green River in drei nicht verbundene Teile gespalten. Während der westliche Part zu den am schwersten zugänglichen Gebieten der Vereinigten Staaten gehört, ist der östliche Teil (Needles District) und die vor uns liegende nördliche Island in the Sky gut erreichbar. Nur über einen schmalen Felsrücken gelangt man auf das 800 m hohe Plateau, eine von Steilwänden begrenzte Mesa. Von den Rändern aus blickt man auf das 400 m tiefer gelegene White Rim Plateau und die weitere 200 m unten liegenden Flusscanyons. Auch hier wieder zerfressene, gespaltene, tiefrote Schluchtenlandschaft mit gigantischen Steilwänden und Felseninseln dazwischen. Zahlreiche Aussichtspunkte, kurze und lange Pfade laden zum Wandern, Verbleiben und Staunen ein. Einen Felsbogen gibt es auch, den Mesa Arch, auf dem man sogar raufklettern kann. Der Wind ist stark und empfindlich böig heute und die Schlucht darunter verdammt tief. Die Fotos werden auch ohne meine Anwesenheit auf dem Bogen hübsch.

Unser Plan war, einen 4-Rad-Trail aus dem Park heraus zu nehmen, der uns gen Moab, den nächsten Ort, führen sollte. Die Strecke gilt als besonders dramatisch, da sie vom Gipfel der Mesa bis hinunter in die Schlucht führt und dort entlang – eine recht seltene Gelegenheit. Doch der Schafer Trail, wo die Potash Road ihren Anfang nimmt, ist gesperrt. Das Gespräch mit einem Ranger bringt Klarheit in die unvollständigen Informationen, die heute Morgen im Radio ausgestrahlt worden waren. Auf der Potash Road war gestern Abend ein Ranger angeschossen aufgefunden worden. Der Parkangestellte wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Auf der Suche nach dem vermutlich ebenfalls verletzten Verbrecher hat die Polizei die Piste gesperrt. Klar, schade für uns, aber auch die Straße aus dem Canyonlands NP raus ist wunderschön im Schluchtenland angelegt. Viel wichtiger aber ist, dass der Ranger genest und der Schütze gefunden wird. Wir legen noch ein paar Kilometer zurück und bringen zum Schlafen etwas Distanz zwischen uns und den Tatort.

Arches National Park, Utah – Wandern mit unfreiwilligem Bad

Freitag, November 19th, 2010

Der Devils Garden ist die einzige längere gekennzeichnete Wanderung im Arches Park, auf der die meisten Steinbögen liegen. Läuft man den Hauptweg bis zum Ende und den Primitivpfad zurück mit sämtlichen Nebentrails zu den einzelnen Arches, muss man mit ein, zwei Pausen und genügend Zeit für Fotostopps für die gut 12 km fünf Stunden rechnen. Das liegt in erster Linie am schwierigen Gelände, auf dem man nur langsam vorwärts kommt. Läuft man den gesamten Rundweg, sind Schuhe mit haftfesten Sohlen, eine gute Portion Schwindelfreiheit und etwas Mut von erheblichem Vorteil.

Zunächst führt uns ein gut ausgebauter Wanderweg bis zum berühmten Landscape Arch. Dieses fragile Gebilde mit 93 m Spannweite hat nur noch eine dünne Brückendecke, vor allem seit 1991 eine große Platte von seiner Unterseite abgebrochen ist. Glücklicherweise hatte sich das Ereignis mit rieselnden kleinen Steinen angekündigt, sodass die Besucher in Sicherheit rennen konnten und niemandem Leid geschehen ist. Der Bereich unter der Brücke ist seitdem gesperrt. Den nächsten Bogen, Wall Arch, gibt es gar nicht mehr. Er ist 2008 zusammengebrochen, wiederum ohne Verletzte. Das Kommen und Gehen ist der normale Lauf der Dinge. Dafür schafft die Natur an anderen Stellen neue Brücken.

Ab hier bis zum Double-O-Arch erfordert der Weg schon etwas Kondition und Trittsicherheit. Teilweise führt der Pfad über eine schmale Felsfinne, von der man zu beiden Seiten hinunterfallen kann. Zugunsten der Natürlichkeit der Umgebung hat man auf sichernde Geländer und Ähnliches verzichtet. Nimmt man ab hier den sogenannten Primitive Loop, wird es richtig spannend. Der Hinweis auf schwieriges Terrain kommt mehrfach auf Schildern, aber man will ja nicht hören. Ein paar ordentliche Kletterpartien müssen bewältigt werden, man balanciert auf einem sehr schmalen und vor allem sehr abschüssigen Steig an einer noch abschüssigeren Steilwand entlang, alles ohne Sicherung. Die Natur aber entschädigt für alles. Man wandert zwischen den Felsskulpturen, stapft in schmalen Tälern durch puderig-weichen roten Sand. Dazwischen krallt sich Leben, wo es nur möglich ist. Widerstandsfähige Steinkiefern und Wacholderbäume behaupten sich neben exotischen Tamarisken. In der unteren Etage dieser Halbwüste gedeihen Kakteen, Yuccas und Wildblumen.

Ich fühle mich ein wenig wie während unserer Jahre in der Arabischen Wüste. Die Landschaft und die entspannende Einsamkeit sind ähnlich. Niemand kommt uns entgegen, niemand scheint vor oder hinter uns zu sein. Warum eigentlich? Das Wort „primitiv“ in Zusammenhang mit Straßen, Wegen oder Pfaden sollte in Zukunft Alarmglocken bei mir läuten lassen. Schon einmal, im Great Sand Dunes National Park, hat uns eine Primitive Road zur Umkehr gezwungen. Diesmal sind wir dazu nicht bereit, der Rückweg ist einfach zu weit und anstrengend.

Das vor uns liegende Problem ist aber weit schwieriger: Zwischen zwei Steilwänden hat sich in einer Senke ein Teich gebildet. Etwas Wasser steht hier wohl immer, aber jetzt ist der Teich tief. Zu tief. Mindestens schulterhoch, vielleicht noch tiefer. Die rechte senkrechte Wand ist keine Option. Bleibt links. Es sind vielleicht zwei Schritte auf einem sehr steilen Sandsteinhang bis zu einem wiederum ziemlich schrägen kleinen Absatz ein paar Meter über dem Wasser und danach habe ich keine Ahnung, wie es weitergehen könnte. Oft ist Sandstein recht griffig und scheinbar einfach zu klettern, manchmal aber sehr schlüpfrig. Im Englischen wird er unter anderem slick rock genannt, glatter rutschiger Stein. Nach nur wenigen absolut fruchtlosen Versuchen Halt zu finden zieht Jörg kurz entschlossen Schuhe, Strümpfe und Hose aus und läuft durchs Wasser. (Nein, davon gibt es keine Bilder!) Der Teich ist natürlich viel zu tief zum Durchlaufen, aber er findet am rasch abfallenden Ufer entlang Halt zum Gehen. Auf der Oberfläche befindet sich eine dünne Eisschicht. Jörg wälzt sich durch wie ein Eisbrecher und erreicht unfallfrei das andere Ufer. Da ich nach wie vor der Meinung bin den Weg über die Wand zu gehen, kommt Jörg freundlicherweise nochmals wieder und holt den zurückgelassenen Rucksack ab. Mein Vertrauen in die Haftkraft meiner Wanderschuhsohlen ist nahezu unendlich. War. Drei Mal versuche ich an der steilen glatten Wand Halt zu finden und gleite jedes Mal ziemlich hilflos bäuchlings wieder ab. Der schiefe Rettung verheißende Absatz scheint unerreichbar, wiewohl nur zwei Schritte entfernt. Es mag eine Lösung für dieses Problem zu geben, ich erkenne sie hingegen nicht. Vielleicht wäre die Stelle mit etwas mehr Freiklettererfahrung überwindbar, meine aber beschränkt sich auf ein Minimum, tendiert sozusagen gegen Null. Also was tun? Mit Fingerspitzen festkrallen will mir nicht gelingen. Ob es barfuß besser ginge? Oder vielleicht mir Geschwindigkeit? Leider habe ich nur einen Versuch. Wenn der Absatz dann nicht den erhofften Halt bietet, liege ich mitsamt meinen Klamotten in der eisigen Brühe. Mit nasser Kleidung mehrere Kilometer durch ein winterliches Utah zu wandern steht auf meiner Prioritätenliste nicht sehr weit oben. Von der anderen Seite scheint die Stelle eher machbar zu sein, denn dort ist der Steilhang geringfügig flacher, sodass man irgendwie hoch käme und auf der steilen Seite auf dem Hosenboden wieder runter. Das hilft nur jetzt nicht weiter. Mit einem tiefen Seufzer ziehe ich Schuhe und Hosen aus und stapfe im String durch den Teich. Zum Glück ist es, wie schon erwähnt, einsam hier. Was für ein Bild muss das geben. Die Hose habe ich mir um den Hals gewickelt, die Schuhe in der Hand. (Nochmals: keine Fotos!) Der Vorteil ist, dass der Schmerz im oberschenkeltiefen Eiswasser nicht sofort einsetzt, sondern erst, wenn man schon ein paar Meter gelaufen ist. Dann ist der Reiz weiterzugehen größer als umzukehren. Schließlich stehe auch ich mit krebsroten Beinen auf dem Trockenen, versuche den Sand von den Füßen zu streifen und mich wieder anzuziehen. Ein Schild verkündet Hoffnung gebietend, dass der Pfad den Wash, also das trockene Bachbett oder Wadi, wie wir im Arabischen sagen würden, verlässt. Der Rest des Weges ist bergauf im Sand allerhöchstens anstrengend, aber technisch nicht mehr anspruchsvoll.

Es war eine tolle Wanderstrecke in märchenhafter Landschaft. Kann ich jedem nur empfehlen. Vielleicht in umgekehrter Richtung? Oder im Sommer mit Badehosen?

Arches National Park, Utah – Felsenwunder der Natur

Donnerstag, November 18th, 2010

Der Arches Nationalpark gehört zum Pflichtprogramm der meisten USA-Besucher in dieser Gegend. Und das nicht ohne Grund: Das Hochplateau weist die weltgrößte Dichte an natürlichen Felsbögen (arches) auf. Die Steinbrücken dürften zu den am häufigsten fotografierten Objekten der Staaten gehören mit allerhöchstem Wiedererkennungswert. Wasser und Eis, extreme Temperaturen und eine dicke Salzschicht im Untergrund sind verantwortlich für die bildhauerische Leistung, die Mutter Natur hier geschaffen hat. Neben Felsbögen aus rotem Sandstein gibt es Säulen, Kuppeln, Wände, Zinnen und manchmal auch Felsbrocken, die völlig außerhalb des Gleichgewichts auf einem dürren Türmchen jeglicher Schwerkraft zu trotzen scheinen.

Die meisten dieser Felswunder wie die Windows, Balancing Rock, Park Avenue oder Sand Dune Arch liegen direkt an der Straße oder können mit kurzen Wanderungen erreicht werden. Die Kletterpartie im Fiery Furnace Irrgarten kann unter Rangerführung gebucht werden. Eine Genehmigung für einen individuellen Besuch zu erhalten ist schwierig, nachdem sich mehrfach Kletterer verirrt hatten und gerettet werden mussten. Obwohl auch der Delicate Arch von Aussichtspunkten an der Straße gesehen werden kann, lohnt sich die Mühe des Aufstiegs zu dem grazilen Bogen. Ab Wolfe Ranch sind es 2,5 km Aufstieg über 150 Höhenmeter, und das Ganze dann wieder zurück. Die – je nach Kondition – 30 bis 60 Minuten bergauf läuft man anfangs über einen angelegten Weg, später sehr hübsch über die großen Felsendomkuppeln einiger Berge. Ranger haben den Pfad mit kleinen Steintürmchen kenntlich gemacht. Die letzten 200 m geht man auf einem in den Stein gehauenen Pfad an einer Felskante entlang. Dann kommt man um die Ecke und ein umwerfender Blick öffnet sich auf den Delicate Arch und einen ausgewaschenen Felstrichter vor den zuckerweißen La Sal Mountains im Hintergrund. Das warme Abendlicht zaubert die schönsten Lichtspiele auf den Bogen. Selbst jetzt im Winter warten so einige Fotografen und Schaulustige, aufgereiht in diesem natürlichen Amphitheater, auf den perfekten Moment. Am besten macht man sich etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang auf den Weg, bewaffnet mit genügend Wasser und Taschenlampen für den Rückweg.

Da es jetzt schon dunkel ist und es im Arches Nationalpark noch viel zu sehen gibt, gönnen wir uns für 20 $ den Devils Garden Campground. Es ist einer der beliebtesten Campingplätze in ganz USA. Im Sommer geht hier ohne frühzeitige Online-Reservierung gar nichts. Jetzt aber haben wir freie Auswahl zwischen den oberen Stellplätzen mit freier Fernsicht oder den im Felsengarten versteckten, lauschigen Örtchen.

Colorado National Monument, Colorado – Ein letzter Blick zurück

Mittwoch, November 17th, 2010

Die Sonne Colorados tut das, was an 300 Tagen im Jahr von ihr erwartet wird: sie scheint. Ein guter letzter Tag in diesem Bundesstaat und ein guter Tag für das Colorado National Monument, das nur wenige Meilen von Grand Junction entfernt liegt. Die weite Schluchtenlandschaft mit hohen Steilwänden und kuriosen Felsskulpturen ragt mehr als 600 m über das Grand Valley des Colorado Rivers hinaus. Verschiedenfarbige Gesteinsschichten zeugen von vielen Millionen Jahren unterschiedlichster klimatischer Bedingungen. Leuchtende Rot-, Violett-, Orange- und Brauntöne entstehen durch Eisen und andere Mineralien im Gestein. Die Erosionskräfte von Wasser, Wind und Eis arbeiteten lange an den Sandstein-, Schiefer und anderen Sedimentschichten. Härtere Gesteinslagen halten der Erosion besser stand als weichere und bestimmen so, welche Formen die Felsen annehmen. Aus der Höhe dieser Halbwüste blicken wir noch einmal zurück in ein Colorado, das uns mit seiner schieren Vielfalt eingenommen hat. Bei extrem klarer Sicht entdecken wir die Stadt Grand Junction, das riesige Colorado Flusstal, die Grand Mesa und die Rocky Mountains.

Über die I 70 fahren wir nach Utah hinein und nehmen ab Cisco den Hwy # 128, der im jetzt engen Colorado-Canyon lang läuft. Die ausgewaschene tiefrote Schluchtenlandschaft ist so dramatisch, dass man sich den Besuch des Monument Valley fast sparen kann – und dabei noch eintrittsfrei ist. Eine besonders schöne Ecke sind die Fisher Towers genannten Felstürme auf halber Strecke zwischen der I 70 und dem Ort Moab, zu erreichen über eine kurze Schotterstraße. Phantastisch zackig ragen die roten Monolithen und Wände in den stahlblauen Himmel, von der Abendsonne mild angestrahlt.

Grand Junction, Colorado – Sprechende Zapfsäulen ohne Not-Aus

Dienstag, November 16th, 2010

Auch heute ist nochmals ein teils sonniger, teils aber hässlicher Tag. Wir nutzen ihn für Computerarbeiten, Wartung und immer wieder kleine Verbesserungen und Verschönerungen. So hängt unter unseren Oberschränken jetzt ein schon lange gewünschter kleiner Globus, erstanden im Souvenirshop im Denver Museum.

Zwischendurch fahren wir tanken. Meist läuft es hier so, dass man seine Kreditkarte in einen Schlitz an der Zapfsäule schiebt und alles Weitere über ein Tastenmenü steuert. Eigentlich ganz einfach. Absolut gewöhnungsbedürftig jedoch sind sprechende Zapfsäulen, die einen mit Reklamesprüchen voll blubbern. „Sparen Sie mit unserer Kreditkarte der ABC-Tankstelle.“ Nein, danke. „Müde und erschöpft? WX-Energydrink macht Sie wieder munter!“ Nein. „Hunger? YZ-Schokoriegel im Doppelpack sind ab jetzt im Angebot.“ NEEEIIIN!!! Verdammt, wo ist hier die NEIN-Taste? Wo ist der Not-Aus-Knopf? Doch gnadenlos rattert der Lautsprecher wieder von vorne los. „Sparen Sie mit unserer Kreditkarte…“ Wann ist der Tank endlich voll?

Grand Junction, Colorado – Wintereinbruch in Colorado

Montag, November 15th, 2010

Über Nacht hat es fast überall geschneit. Straßen waren gesperrt, ein paar Unfälle und eine Massenkarambolage sind passiert. Ein ganz normaler Wintereinbruch also. Bei 2°, Schnee und Regen in der Grosstadt Grand Junction auf relativ niedriger Höhe (1400 m) ein idealer Tag, Wäscherei und Einkäufe zu erledigen.

Die Chemieindustrie und in Folge die Pharmaindustrie in den Vereinigten Staaten müssen unendlich reich sein. Nicht nur Nahrungsmittel sind durchsetzt mit eigenartigen Zusätzen, die meiner Meinung nach da drin nichts zu suchen haben. Auch Produkte, die an sich schon in Chemiefirmen hergestellt werden, scheinen anders zusammengesetzt zu sein als gewohnt – den körperlichen Reaktionen nach zu schließen. Vom Duschgel bekommt man Ausschlag, das Haarshampoo verursacht Schuppen und nach Verwendung des feuchten Klopapiers – das führe ich lieber nicht weiter aus. Was also kann man tun? Marken verwenden, die es auch in Deutschland gibt? Hilft leider nicht, die Ingredienzien scheinen andere zu sein. Babyprodukte kaufen? Fehlanzeige. Da stecken genau so viele Allergene drin wie bei den Erwachsenen. Was bleibt dann noch? Nicht waschen? Wäre eine, wenn auch auf Dauer einsame, Option. Oder in die nächste Apotheke laufen (oder zu Costco), Allergiepillen in der Großpackung und Salbe kaufen. Das hält die amerikanische Wirtschaft in Schwung. Ich mache mich auf die Suche nach Natur- oder Bioprodukten. Mal sehen, ob das hilft.

Black Canyon of the Gunnison NP, Colorado – Schwarze Schluchten, weiße Berge

Sonntag, November 14th, 2010

Um an den Nordrand des Black Canyon zu gelangen, muss man zwei bis drei Stunden Fahrt in Kauf nehmen, da es keine direkte Verbindung gibt. Bei Zeitmangel würde ich sogar den North Rim bevorzugen. Hier ist, auch im Sommer, weit weniger los und die Ausblicke in die Schlucht sind dramatischer, da die Wände steiler sind und man so ungehindert bis zum Fluss hinuntergucken kann. Die letzten Kilometer der Zufahrt sind ungepflastert, aber gut gepflegt. Heute ist der erste überwiegend bewölkte Tag nach sechs Wochen Sonnenschein. Schnee krümelt nur leicht ohne sich ernsthaft irgendwo niederzulassen. Die Sonne ist so freundlich, uns ein paar Strahlen in den Canyon zu schicken, damit die Fotos im schwarzen Gestein besser werden.

Auf dem Highway # 65 überqueren wir die Grand Mesa, die größte Mesa der Welt. Über 300 Seen haben dort oben Platz und einige Skigebiete. Die Umgebung der Mesa liegt auf etwa 1.500 m Höhe, die Straße hat ihren höchsten Punkt auf 3.305 m. Die -7° C und die geschlossene Schneedecke laden nicht zum campen ein, und so fahren wir die 1.800 Höhenmeter auf der anderen Seite wieder runter – fast 30 km ohne Gas zu geben. Dann läuft die Straße nicht minder spektakulär und weiter sanft talwärts zunächst im Canyon des Plateau Creek und dann als I 70 im Colorado River Tal.

Silverton, Colorado – Wo das Gold auf der Straße lag

Samstag, November 13th, 2010

Zurück in Durango nehmen wir den Hwy # 550 von Süd nach Nord, der uns diesmal in Längsrichtung durch die San Juan Mountains führt. Diese Region hatte einst enorme Gold- und Silbervorkommen. Das Teilstück zwischen Silverton und Ouray heißt denn auch Million Dollar Highway. Ursprünglich soll die Straße mit goldhaltigem Erzgeröll gepflastert gewesen sein, heute ist davon leider nichts mehr zu sehen. Dafür ist der hochalpine Streckenverlauf atemberaubend zwischen hunderte Meter tiefen Schluchten (ohne Leitplanke natürlich) und Kilometer hohen schneebedeckten Bergen. Drei sich steigernde Pässe müssen wir überqueren, der höchste davon ist 3.360 m, der sich Red Mountain Pass, Roter Berg, nennt. Hier oben herrschen konstante Minustemperaturen und es liegt eine geschlossene Schneedecke, aber die Fahrbahn ist perfekt geräumt.

Bei Montrose fahren wir in den Black Canyon of the Gunnison Nationalpark ein. Die „schwarze Schlucht des Gunnison Flusses“ wird so wegen ihres dunklen bis schwarzen Gesteins genannt. Zudem ist die Schlucht so schmal und tief, dass kaum Licht hineinfällt und sich der düstere Effekt noch verstärkt. De facto handelt es sich um eine der engsten und tiefsten Schluchten überhaupt: bis zu 700 m tief und minimal 12 m breit. Doch wie konnte sich der Fluss so tief in das extrem harte Gestein einfräsen? Das erklärt sich durch die hohe Fließgeschwindigkeit. Auf einer 3-km-Strecke fällt der Fluss um etwa 145 m. Ursprünglich war die Schlucht 80 km lang, aber der Großteil ist unter mehreren hintereinander geschalteten Stauseen verschwunden. Die restlichen 20 km wurden durch die Einrichtung des Nationalparks geschützt.

Auf der Südseite gibt es eine 10 km lange Parkstraße mit mehreren Aussichtspunkten und kurzen Spaziergängen. Die Erkundung der Schlucht selbst bleibt Kletterern vorbehalten, auch wenn eine Versorgungsstraße (nur im Sommer) zum Fuß des Canyons an das Ende einer Staumauer führt. Der Eintritt in diesen Park ist im Winter, wie in vielen anderen, weniger populären Naturschutzgebieten, kostenlos, genau wie die Nutzung des (einfachen) Campingplatzes. Allerdings werden fast alle Wege um den Black Canyon mit Wintereinbruch geschlossen. Noch haben wir Glück, dass auf 2500 m Höhe die Temperaturen zwar eisig sind, aber nur wenig Schnee liegt.

Mesa Verde National Park, Colorado – Vom Wohnen im Berg und der Kunst, an vier Orten gleichzeitig zu sein

Freitag, November 12th, 2010

Mesa Verde ist der erste und einzige Nationalpark in den Vereinigten Staaten, der menschliches Kulturerbe bewahrt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die sogenannten cliff dwellings, Felswohnungen, entdeckt. Von ca. 600 bis 1300 n.Ch. lebten die Bewohner dieser Region in sesshaften Dorfgemeinschaften und bauten Steinhäuser zeitweise unter höhlenartigen Überhängen in den Fels. Gegen Ende des 13. Jhdts. haben die früher Anasazi, jetzt bevorzugt Pueblo-Indianer genannten Einwohner dieses Gebiet über eine Zeit von etwas zwei Generationen noch vor Ankunft der Weißen verlassen. Möglicherweise hat eine anhaltende Dürre die Ackerbau betreibenden Indianer zu diesem Schritt veranlasst. Ihre Nachkommen leben noch heute im Südwesten der USA. Der Nationalpark liegt auf einer dicht bewaldeten grünen Hochfläche (daher der spanische Name Mesa Verde) zwischen rund 2.100 und 2.600 m Höhe, die bis zu 600 m über die sie umgebende Ebene hinausragt – die schneebedeckten Berge der Rockies und den herannahenden Feind stets im Blick. Die archäologischen Funde gehören zu den wichtigsten und besterhaltenen der USA. Dazu zählen bis zu vierstöckige Wohn- und Speichertürme, verschiedene Ruinen vorangegangener primitiverer Behausungen, Tongeschirr, Waffen, Kleidung und vieles mehr. Neben den Klippendörfern und vielfältigen Ausgrabungen kann man im Museum etliche Kulturgegenstände besichtigen, die Einblick in das Leben der damaligen Bewohner gewähren.

Etwa 50 Meilen von Mesa Verde entfernt liegt das Four Corners National Monument. Das ist die einzige Stelle in den USA, wo vier Staaten in einer Ecke aufeinandertreffen. Für 3 $ Eintritt pro Person (Jahrespässe gelten nicht) ist das Ganze eher unspektakulär und von den das Monument betreibenden Navajo-Indianern recht kommerziell auf Souvenirverkauf angelegt. Aber irgendwie hat es auch was, wenn man sich auf alle Viere niederlassen und mit je einem Fuß und einer Hand in einem Staat sein kann, und damit in Colorado, Utah, Arizona und New Mexico gleichzeitig.

Durango, Colorado – Sonnenbrille statt Schneeketten

Donnerstag, November 11th, 2010

Auf dem Weg quer durch Colorado in den äußersten Süden des Staates überfahren wir – wieder einmal – die Rocky Mountains. Sobald wir den San Juan Mountains näher kommen, weisen uns LED-Leuchtanzeigen auf Schneekettenpflicht hin. Das, so haben wir gelernt, bezieht sich jedoch nur auf Fahrzeuge mit Sommerreifen. Trotzdem sind wir froh, dass noch vor Erreichen des Wolf Creek Passes auf 3.216 m die Kettenpflicht erlischt. Es geht über viele Kilometer erst eine steile Rampe hoch und dann wieder hinunter, doch die Fahrbahn ist fast frei, die Schneepflüge haben ihre Arbeit getan, und Schnee krümelt nur gelegentlich. Zu Abend finden wir am Fuß des Mesa Verde Nationalparks einen Rastplatz. Leider stehen Schilder, die Campen und Parken über Nacht verbieten. An der Zufahrt steht ein Polizeiwagen. Was ist einfacher, als den Officer zu fragen? Der Beamte sagt, im hinteren Bereich des Parkplatzes könnten wir in der Kabine schlafen, nur kein Camp aufbauen. Die State Patrol wird später noch öfter vorbeikommen, da sie auf dem Gelände eine Station unterhalten. Mit polizeilicher Genehmigung und Überwachung schläft es sich gleich noch mal so gut.

Great Sand Dunes National Park, Colorado – Sandkastenspiele

Mittwoch, November 10th, 2010

Dem Schnee sind wir vorerst entronnen, nicht aber dem Winter. – 10° C haben wir heute Nacht gemessen, und auch tagsüber geht es nicht weit über die 0°-Marke hinaus. Nur die Sonne bleibt uns hold. Am Fuße der Sangre des Christo Range, einer kleinen Bergkette im Süden Colorados, haben sich die größten Sanddünen Nordamerikas angesammelt. Ein Teil des Sandes wird von kleinen Bächen aus den Bergen hinabgespült, der Großteil wird von den San Juan Mountains im Westen, die Teil der Rockies sind, angeweht. Besondere Windkonstellationen sorgen dafür, dass sich die Körnchen genau hier ablagern. Schon von Weitem kann man die gelb-beigen Dünen sehen. Die höchste Erhebung im Great Sand Dunes Nationalpark ist 229 m hoch. Für Fahrzeuge ist das Sandfeld gesperrt, aber zu Fuß darf man sämtliche Dünen erkunden. Das ist nur nicht so einfach: Der Sockel liegt bereits auf 2500 m Höhe, dann geht es noch 200 m steil hinauf im weichen Sand: drei Schritt vor, zwei zurück. Das Mittagessen hat man sich jedenfalls schwer atmend verdient. Auf halber Höhe kommt ein junger Mann von unten mit eiligen Schritten näher. Wir staunen, aber als er uns laut schnaufend erreicht, erklärt er uns, dass nicht viele Leute ganz hoch gehen. Auch er sei sich nicht sicher gewesen. Aber in unserer Begleitung erhoffe er sich Motivation. Oben angekommen feiern wir den Geburtstag des Kanadiers mit Limonade und Crackern. Der Sand erwärmt sich in der Sonne schnell, aber im Schatten oder wenige Zentimeter unter der Oberfläche ist er tief gefroren. Braucht man für den Aufstieg rund eine Stunde, schafft man es bergab in wenigen Minuten. Mit Sieben-Meilen-Stiefeln rase ich gefahrlos den Hang hinunter und freue mich dabei wie ein Kind.

Hinter den Dünen führt eine 18 km lange Off-Road Piste, die Medano Pass Primitive Road, hinauf über die Sangre des Christo Range. Im Visitor Center holen wir uns eine Karte dazu und fragen, ob wir mit unserem Fahrzeug da durchkommen. An der Information steht eine ältere Dame. Das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Sie wirkt, ohne ihr zu nahe treten zu wollen, als ob sie schon drei Mal pensioniert worden und jedes Mal zurückgekehrt wäre. Sie fragt nach der Breite unseres Vehikels, aber die Höhe scheint sie nicht zu stören. Vielleicht sieht sie auch nicht mehr so gut. Der Trail ist nur mit Vierradantrieb und ausreichender Bodenfreiheit befahrbar. Er besteht teilweise aus weichem Sand und man muss mehrfach einen Bach durchqueren. Soweit ist es ganz lustig. Danach geht es durch peripheren Espenwald hinauf in die Berge. Die Bäume stehen immer enger, das Durchkommen wird immer problematischer, vor allem nach oben hin. Ich zerre ein paar Begrenzungspflöcke, die uns im Weg stehen, aus dem Sand und grabe sie anschließend wieder ein. Ich entaste einige Bäume und schließlich reiße ich zwei ganze Stämme, die mindestens doppelt so groß sind wie ich, samt Wurzeln aus der Erde und werfe sie anschließend wie Rübezahl in den Wald. Zugegeben, es handelt sich um Relikte eines vergangenen Waldbrandes, aber es war trotzdem nicht ganz einfach! Jörg schwingt seine Axt und versucht den Truck durch den Wald hindurchzuzirkeln. Nach der Hälfte der Strecke geben wir auf. Die oberen Äste drohen unser Solarpaneel oder die Dachluke zu beschädigen und wir kehren um. Mit ein paar kleinen Kratzern, aber ohne größere Blessuren.

Guffey, Colorado – Dem Schnee enteilen

Dienstag, November 9th, 2010

Der Wetterbericht sieht nicht gut aus. Gestern noch aßen wir bei 25° C Schattentemperatur draußen im T-Shirt zu Mittag, morgen soll es schneien. Wir wollen lieber weiter reisen. Noch eine kleine Quadfahrt durch den Wald auf die Bergspitze, um das ansehnliche Grundstück von Joyce und Dave zu überblicken. Ihre Tochter Debbie, die wunderschöne Miniaturvogelhäuschen dekoriert, schenkt uns eines davon. Wieder eine Herausforderung, etwas in unserer Kabine unterzubringen. Dann zeigt unser Kompass nach dem Durchqueren des schönen Arkansas River Canyons konstant auf Süd. Wir versuchen, den uns umzingelnden Schneewolken zu entkommen.

Colorado Springs, Colorado – Eisenbahntunnel, Göttergarten und Spielhölle

Montag, November 8th, 2010

Zwischen Victor, wenige Kilometer südlich von Cripple Creek, und Canon City läuft die 56 km lange Phantom Canyon Road. Die Schotterpiste ist ein Waschbrett und stellenweise richtig eng, aber wer die Möglichkeit hat, sollte sich dieses Erlebnis gönnen. Die zulässige Fahrzeuggröße beträgt 25 Fuß / 7,6 m Länge und 13 US t / 11,8 t Gewicht. In Südrichtung führt die Straße – mit Ausnahme der ersten Kilometer – kontinuierlich bergab von knapp 3000 m auf 1600 Höhe in die Prärie. Dabei folgt sie dem Verlauf einer ehemaligen Erzbahntrasse durch die Schlucht des Phantom Creek. Felswände ragen manchmal zu beiden Seiten der Straße hoch auf, dann wieder fällt der Hang steil ab zum Bach tief unten. In den Haarnadelkurven muss man recht viel kurbeln, dafür darf man durch zwei alte Eisenbahntunnel fahren. In tieferen Lagen wir das Klima deutlich milder, die Vegetation verändert sich und die Bäume werden grüner, weniger herbstlich. Feigenkakteen, Drachenbäumchen und Weiden ergeben eine eigenartige Mischung. In der Nähe der Stadt Canon City erreichen wir asphaltierten Highway. Eine alternative Off-Road Piste ab Cripple Creek könnte auch die noch engere Shelf Canyon Road sein.

Wir schlagen einen Rundkurs nach Colorado Springs ein, wo der Garden of the Gods auf dem Programm steht. Im „Garten der Götter“ stehen hübsche rote Sandsteinformationen, die der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich sind. Sie tragen fantasievolle, aber durchaus treffende Namen wie Sleeping Giant, „schlafender Riese“, oder Kissing Camels, ein Fels, der zwei sich küssenden Dromedaren ähnelt. Gegen Abend sind wir fast zurück am Startpunkt unserer heutigen Fahrt, nämlich im Dörfchen Guffey. Das Kuriose an dem Ort ist, dass er 26 Einwohner zählt, eine Bücherei, zwei Saloons und eine schwarze Katze als Bürgermeister hat. Da das Dorf rechtlich keinen formellen Bürgermeister benötigt, wurde jemand bestellt, der das verschlafene Nest am besten repräsentieren kann. Wir sind zu Gast bei Joyce und Dave, die in dieser Ecke ein Wochenendhaus besitzen. Bei einer zufälligen Begegnung auf einem Parkplatz im Rocky Mountain Nationalpark hatten sie uns eingeladen.

Beim Abendessen in Cripple Creek, um den Rundkurs zu beenden, lernen wir eine Menge über Spielcasinos. An der Bar einer der Spielhöllen erfahren wir, dass uns alle halbe Stunde ein kostenloser Drink zusteht – bei freier Auswahl, egal ob Bier, Longdrink oder „Kurzer“ – wenn man irgendwo spielt. Wir nicken eifrig mit dem Kopf, nehmen unser Bier und gehen ins hauseigene Restaurant. Das ist zwar so nicht vorgesehen, scheint aber niemanden wirklich zu stören. Hier kommen die Gutscheine zum Einsatz, die Joyce und Dave von einer befreundeten Viel-Spielerin bekommen haben. Für einen bestimmten Spieleinsatz (= verspieltes Geld) bekommt man Essensgutscheine. Pro Voucher kann man für maximal 10 $ eine Mahlzeit bestellen. Das teuerste Gericht, Fish & Chips, kostet 9,75 $. Es ist reichlich und nicht schlecht – für Fast Food jedenfalls. Danach geht die Lehrstunde weiter: Lässt man sich als Kunde im Casino registrieren, bekommt man eine Kundenkarte mit der man ungefähr eine Viertelstunde wie wild kostenlos an den einarmigen Banditen zocken kann. Hier wird wirklich alles dafür getan, Menschen zur Abhängigkeit zu verhelfen.

Cripple Creek, Colorado – Spielwahn statt Goldrausch

Sonntag, November 7th, 2010

Oben auf dem Lookout Mountain liegt William F. Cody alias Buffalo Bill begraben. Er wurde auf eigenen Wunsch an dieser Stelle bei Denver zur letzten Ruhe gebettet, auch wenn das in Cody, der von ihm mitbegründeten Stadt, auf Unverständnis, wenn nicht gar Ablehnung stieß. Neben der Grabstätte richtete sein Ziehsohn und lebenslanger Bewunderer ein kleines Museum zu Leben und Legende von Buffalo Bill ein, das man für 5 $ besichtigen kann. Cody hatte Johnny Baker an Stelle seines im Alter von fünf Jahren verstorbenen einzigen Sohnes aufgezogen. Dadurch war Baker im Besitz von zahlreichen persönlichen Gegenständen und Photos aus Codys Hinterlassenschaft, die heute Teil der Ausstellung sind. So erfährt man beispielsweise, dass der Sioux-Häuptling Sitting Bull, im Krieg erbitterter Feind von Cody, später als hoch respektierter Freund vier Monate lang auf Codys Showbühne mittourte.

Wir nehmen einen kleinen Umweg in Kauf, da wir unbedingt von Central City (was für ein erhabener Name für ein Dorf) nach Idaho Springs auf der Virginia Canyon Road, die in der Werbung auch als Oh-my-God Road propagiert wird, fahren wollen. Zunächst fängt es ganz harmlos an, als sich das asphaltierte Sträßchen in den Himmel schraubt. Aber dann „oh mein Gott, da unten geht die Straße lang“ wird es doch ziemlich spannend. Die Piste, jetzt nur noch Schotter und selbstredend ohne Leitplanke, wird so eng, dass man auf eine gegenverkehrfreie Phase hoff. Schließlich ist nicht ganz klar, wie weit außen man auf dem unbefestigten Bankett fahren kann, ohne in die Tiefe zu stürzen. Der Ausblick auf das Mount Evans Massiv entschädigt am Ende für so manches „oh mein Gott“. Zum Glück ist nicht viel los und bei Trockenheit macht die Straße, die jetzt wieder 500 m absteigt, keine Schwierigkeiten.

Von Idaho Springs geht es über die schöne Straßenkombination # 285 / 77 / 1 nach Cripple Creek. Am Kenosha Pass erreichen wir erstmals 10.000 Fuß (3050 m) Höhe, diesmal im Sonnenschein und ohne Schneesturm. Danach geht es nur wenige Meter tiefer in ein Hochtal auf knapp 3000 m Höhe. Der Ort Cripple Creek stand einmal im Zentrum Colorados Goldrauschs. Gefördert wir auch heute noch, wie die immensen Abraumhalden verdeutlichen, wenn auch mit geringerer Ausbeute. Das ganze Dorf wurde zum historischen Distrikt erklärt und in eine Spielhölle umgewandelt, nachdem Colorado hier und in Central City das Glücksspiel zugelassen hatte. Heute sind die historischen Fassaden restauriert und Hotels, Restaurants und Campingplätze scheinen für die Größe des Ortes überproportional. Aber erstaunlicherweise sind die Parkplätze belegt, Reisebusse karren ganze Ladungen spielwütiger amerikanischer Touristen an. Nur auf den hübsch hergerichteten Straßen ist keiner zu sehen. Dafür haben die einarmigen Banditen reichlich Gesellschaft.

Denver, Colorado – Kulturtag

Samstag, November 6th, 2010

Vielleicht ist Denver auch nur eine von diesen amerikanischen Großstädten. Ihre Lage aber am Rande der Rocky Mountains ist einfach gigantisch. Dazu kommt ein ausgeprägt sonniges, trockenes Kontinentalklima mit warmen Sommern und niederschlagsarmen Wintern im Schneeschatten der Rockies, aber zum Skifahren sind es dann nur ein paar Kilometer. Auch heute, am 6. November, haben wir strahlenden Sonnenschein bei 28° C – so war es den ganzen Sommer über in Kanada fast nicht. Harley Davidson Motorradfahrer düsen mit T-Shirts und helmfrei wehendem Haar umher. Die Metropole im Zentrum der Weststaaten hat knapp 600.000 Einwohner, mit Vorstädten 2,5 Millionen und liegt in der ebenen Prärie, die unmittelbar in das Vorgebirge der Rockies übergeht. Da das Plateau von Ost nach West kontinuierlich ansteigt, befindet sich Denver bereits auf 1600 m Höhe und wird daher auch gerne Mile High City, eine Meile hohe Stadt, genannt. Auf den Stufen zum Eingang des Capitols befindet sich eine Markierung, wo genau eine Höhenmeile gemessen wird. Im Anschluss schauen wir uns das Museum für Natur und Wissenschaft an, das zu den führenden für Flora und Fauna Nordamerikas gehören soll. Vor allem die Tierwelt ist recht anschaulich dargestellt. Den Eintrittspreis von 11 $ alleine wert ist schon die Aussichtsterrasse mit Blick auf den City Park, die angenehm übersichtliche Skyline sowie das dramatische Bergpanorama dahinter.

Zum Tagesabschluss nehmen wir aus der Stadt hinaus die Lookout Road, die sich in engen Serpentinen steil zum Lookout Mountain hoch windet, von wo aus wir wirklich einen wunderbaren Ausblick auf Denver im Sonnenuntergang genießen können.

Denver, Colorado – Die Klebebandnation

Freitag, November 5th, 2010

Wir entschließen uns zu ein paar kleinen Veränderungen und Verbesserungen im und am Camper und besuchen dazu einen Baumarkt. Manchmal ist es gar nicht so einfach, Befestigungsmittel wie einen bestimmten Klebstoff oder rostfreie Schrauben zu finden. Kein Wunder, hier scheint man alles mit diesem wunderbaren unzerreißbaren Gewebeklebeband zu fixen, mit dem man zur Not einen Transporter mittlerer Größe abschleppen könnte. Oder einen abgefallenen Außenspiegel für die nächsten 5000 km, siehe Gästebucheintrag # 41. Das Produkt ist unter verschiedenen Handelsnamen wie Duck Tape, Duct Tape oder anderen auch in Deutschland erhältlich, meist in schlichtem silbergrau, vielleicht noch in schwarz oder weiß. In den USA dagegen sind ganze Regalreihen mit dem Band gefüllt – sämtliche Varianten der Farbpalette sind abgedeckt von gelb über rot und blau bis grün. Und es gibt sogar Muster: Schottenkaro, Flammenmuster oder auch Tarnlook. Mein absoluter Liebling aber ist das Tape in schreiendem quietschrosa. Ich habe nur leider noch nichts farblich Passendes gefunden, wo ich das Band dran kleben könnte.

Denver, Colorado – Gesundheit aus der Pillendose

Donnerstag, November 4th, 2010

Am Peak-to-Peak Highway # 7 und 72 geht es der Rocky Mountain Bergkette entlang nach Süden in Richtung Denver. Die Straße hat ihren Namen verdient, sie verläuft tatsächlich von Gipfel zu Gipfel zwischen 2.500 und 2.800 m. Immer noch Sommersonne, kein Schnee – welch ein Glück. Für einen Einkaufsstopp kommt man nicht um die Großstadt Denver herum. Unsere übliche Runde führt uns zu Costco, der nicht nur Lebensmittel in großhandelsüblichen Mengen anbietet, sondern auch Spielzeuge, Bücher, eine begrenzte Auswahl saisonaler Kleidungsstücke und Elektronik. Besonderes Staunen erweckt bei mir die Drogerieabteilung. Seife gibt es im 20er-Pack. Schafft man es in einem Leben, 20 Stück Seife aufzubrauchen oder muss man die vererben? Seit Erfindung der Flüssigseife eine ernstzunehmende Frage. Völlig ratlos stehe ich vor den Regalen mit rezeptfreien Medikamenten, die auch in jedem Supermarkt verkauft werden. Allergien, Augentrockenheit, Erkältung und vor allem Schmerzen. Wie alles gibt es auch die Schmerzmittel bei Costco in der Großpackung. Die Pillen liegen in Plastikschraubbehältern, die kleineren mit 400, die großen mit unglaublichen 1200 Tabletten. Was macht man damit – einen illegalen Internethandel eröffnen? Mit dem Nachbarn teilen? Blumen düngen?

Wenn man ein bisschen tiefer in die amerikanische Gesellschaft hineinschaut, erklärt sich so manches. Schmerzpillen wirft man sich hier wie Drops ein. Viele Amerikaner nehmen jeden Morgen ein paar davon – nicht nur gegen vermeintliche Schmerzen, sondern um sich besser zu fühlen, leistungsfähiger zu sein, gut durch den Tag zu kommen, fit zu sein für den Job. Überschreitet man die empfohlene Tageshöchstdosis von acht Tabletten nicht, würde man die kleine Abpackung in weniger als zwei Monaten aufgebraucht haben, die große in fünf Monaten. Teilt man sich die Großpackung vielleicht mit dem Partner – „Schatz, möchtest du gerne ein Pillchen zu deinem Kaffee!“ – oder mischt den Kindern ein paar davon unter die Smarties, ist die Dose auch schon ratzfatz leer.

Der Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln ist übrigens nicht viel anders. Manche Amerikaner nehmen täglich dutzende von Vitaminen, Spurenelementen, Vitalstoffen und was auch immer in Form von Brausetabletten, Kapseln oder bunten Kugeln zu sich. Vielleicht braucht man das, wenn man sich mit Fastfood und Fertigprodukten ernährt? Auf jeden Fall ist der Glaube an die chemische Gesundheit weit höher ausgeprägt als der an eine gesunde, ausgewogene Ernährung.

Rocky Mountain National Park, Colorado – Hier fehlt nur Heidi

Mittwoch, November 3rd, 2010

Die Rocky Mountains sind mit über 4500 km Länge von Mexiko bis Alaska die längste Bergkette der Erde, wenn auch lange nicht ihre höchste. Dennoch finden sich im relativen Süden des Massivs, im Rocky Mountain Nationalpark in Colorado, über 40 Gipfel, die über die 12.000-Fuß-Marke hinausragen, das sind mehr als 3.650 m. Auch hier wurden bereits einige Parkwege aufgrund winterlicher Verhältnisse geschlossen, aber der schönste Bereich des Parks, die Baer Lake Area, ist zugänglich, zusammen mit ein paar weiteren Straßen. Der Bear Lake am Ende der Sackgasse liegt bereits auf knapp 3.000 m Höhe – selbst moderate Steigungen lassen einen da ganz schön schnaufen. Die Wege sind etwas vereist, wurden wir gewarnt, und so wollen wir es bei ein paar kürzeren Wanderungen belassen, um das Sturzrisiko zu minimieren. Der Pfad rund um den See ist an schattigen Stellen tatsächlich glatt. Vorangegangener Schneefall, Tauwetter am Tag mit Nachtfrösten haben schlüpfrige Stellen geschaffen. Der See ist absolut romantisch und postkartenkitschig zwischen den Bergen gelegen, aber irgendwie stören mich die kreischenden, schreienden, laut lachenden Amerikaner auf der anderen Seite, die deutlich zu hören sind. Ich bin regelrecht etwas pikiert, möchte ich doch lieber das Bergpanorama im Stillen genießen. Doch auf der Rückseite des Sees kommt es plötzlich anders. Zunächst bin ich ratlos, dann wütend, und am Ende lache ich genauso haltlos wie meine Vor-Gänger. Kleine Wasserfälle verbreiten tagsüber Tautropfen über die feste Schneefläche auf dem Weg und frieren nachts zu einer soliden Eisbahn. In diesem Bereich gibt es kleine Steigungen und Gefälle, die bei Eisglätte fast unüberwindlich werden. Anfangs komme ich überhaupt nicht vorwärts, dann versuche ich es mit Geschwindigkeit, aber es hilft alles nichts: Immer wieder rutsche ich rückwärts. Schließlich krabble ich auf allen Vieren, verzweifelt an kleinen Steinen, Erdklümpchen und winzigen Zweigen Halt suchend, den Hügel hoch. Besonders anmutig wirkt das Fernglas, das ich in einer Hand balancieren muss, da mir ausgerechnet zu Beginn der Wanderung der Trageriemen abgerissen ist. Ich sehe mich um: Keiner da, der ein Beweisfoto machen könnte. Jörg ist mit seinem eigenen Vorwärtskommen beschäftigt. Abwärts ist der geplante Hosenbodeneinsatz immer noch die ungefährlichste Methode. Es gibt so einige Wasserfälle und etliche Steigungen und Gefälle hier…

Der Sprague Lake liegt nur 400 m tiefer, aber damit klimatisch in einer ganz anderen Zone. Der sonnig gelegene Rundweg ist schon fast wieder abgetrocknet. Nur die Seeoberfläche ist noch zu großen Teilen gefroren, was die Forellen nicht daran hindert, in sonnigen Zonen Wärme zu tanken. Der Rocky Mountain Park greift heute ganz tief in seinen Farbtopf: Der Himmel ist kobaltblau, die Berghänge grauer Stein, die Gipfel schneeweiß. Die Nadelwälder sind tiefgrün, das Gras gelb, die Seen klar. Eigentlich müsste Heidi mit ihrer Geiß den nächsten Hang hinuntergetollt kommen. Der Wildbestand unterscheidet sich mächtig von den Alpen und ist vor allen Dingen reichlich sichtbar. Maultierhirsche und riesige Wapitiherden äsen auf den Lichtungen. Kojoten, Rotluchse und Dickhornschafe sind nur mit Glück zu sehen. Dafür schwirrt der prachtvoll kobaltblau und schwarz gefärbte Diademhäher überall herum. Schwarzbären sind schon in den Winterschlaf gegangen, genau wie Murmeltiere. Die Wiederansiedlung der ausgerotteten Grizzlys und Wölfe konnte bis heute nicht in Angriff genommen werden. Der Park ist nicht sonderlich groß, umherziehende Tiere könnten leicht über die Grenzen hinausgeraten und unerwünscht in von Menschen besiedelten Arealen landen. In der Tierwelt sind uns Europäern die Rockies wirklich überlegen, da können wir nicht mithalten. Ansonsten aber, ich habe es in Kanada schon einmal erwähnt, sieht es hier den Alpen äußerst ähnlich und unser Hausgebirge muss sich wahrlich nicht verstecken. Aber wer die Alpen liebt, Berge und schöne Landschaften, der wird auch die Rockies lieben!

Nebraska + Wyoming + Loveland, Colorado – Durch drei Staaten an einem Reisetag

Dienstag, November 2nd, 2010

Das National Monument Scotts Bluff bei der gleichnamigen Stadt ist die dritte Landmarke des Oregon Trail in dieser Gegend. Der kleine Sandstein-Höhenzug war anfangs ein unüberwindliches Hindernis, das weiträumig umgangen werden musste, denn im Norden schließen sich unüberwindbare Badlands an. Aber schon Mitte des 19. Jahrhunderts öffneten Soldaten einen Pass durch Scotts Bluff, um den Wagenzügen die Weiterreise zu erleichtern.

Unsere Reise führt weiter nach Süden. Schon haben wir Nebraska den Rücken gekehrt und mit einem Schlenker über die nette langweilige Hauptstadt Cheyenne in der Südostecke des Staates Wyoming geht es nach Colorado. Von Loveland aus nehmen wir den Hwy #34 in Richtung Rocky Mountain National Park, die wohl attraktivste Zufahrt, da sie über viele Kilometer in der Schlucht des Thompson River entlang führt. Kurz vor dem Park finden wir einen Platz, von dem aus wir morgen Früh in die Berge starten können.

Bridgeport, Nebraska – Primärer Feindkontakt

Montag, November 1st, 2010

Der Aufzug im Jewel Cave Monument ist kaputt. Es gibt keine Möglichkeit, uns in das rund 100 m tiefer liegende Tropfsteinhöhlensystem unter den Black Hills zu bringen, eines der großen dieser Welt. Zum Trost dürfen wir den informativen Film ansehen, bevor wir erneut in den Custer State Park fahren und nach Süden abbiegen. Die Route ist landschaftlich nicht mehr ganz so spannend, da sie in die Prärieebene übergeht, dafür gibt es eine reiche Tierwelt: Bisons, Hirsche, Gabelböcke, Präriehunde. Mit äußerstem Bedauern beäuge ich die sich träge bewegenden wilden Truthähne und denke an meine Pfeil-und-Bogen-Ausstattung, aber Jagen ist im Park nun man verboten. Im Süden angrenzend liegt der Wind Cave National Park, wo man komplett vertrocknete Tropfsteinhöhlen besuchen kann. Ein weiterer Traumtag mit 20° C – wir schreiben den 1. November! – lädt uns zum Weiterreisen nach Nebraska ein. Schnell vergessen wir Kanadas Manitoba und Saskatchewan, denn hier ist die Prärie unendlich, die Gräser unzählig, der Himmel groß und der Horizont weit.

Einst fuhren die Siedler in ihren Planwagen auf dem Oregon Trail Richtung Westen. Auf ihrem Zug durch die nicht enden wollende Ebene waren Landmarken nicht nur optische Abwechslung, sondern willkommene Navigationshilfe. Auch der Mormonentrail und der Pony Express Service nahmen diese Route. Gleich drei solcher Felsgebilde befinden sich in Nebraska kurz hintereinander. Die erste Courthouse & Jail Rocks – Gericht- und Gefängnisfelsen – genannte Formation liegt gleich hinter Bridgeport. Obwohl spätere Siedler zitiert werden, sie haben einen „Palast“ gesehen. So muss ihnen der Stein wohl erschienen sein nach so langer Grasödnis. Die zweite Landmarke einige Meilen weiter westlich heißt absolut passend Chimney Rock, Kaminfels: ein Schlot, ein dünner Finger, der die Richtung weist. Es steht kein Verbotsschild, also bleiben wir an seinem Fuß zur Nacht, um den penetrant hupenden Güterzügen so weit als möglich zu entfliehen.

Es ist halb zwölf, wir lesen im Bett. Plötzlich Stimmen, Licht, die Kabine wackelt – jemand klettert auf Arminius herum! Dann klopft es auch schon an die Tür: „Polizei! Ist jemand da drin?“ Es ist wohl besser, die Tür zu öffnen. Zwei Polizeibeamte mit zwei Fahrzeugen und erhellenden Taschenlampen erklären uns, sie wären von der allnächtlichen Kontrollpatrouille des Monuments verständigt worden: „Da oben steht das seltsamste Ding, das ich je gesehen habe!“ Die Officers sind sehr nett und mindestens so neugierig, aber das mit dem Fragen beantworten können wir ja schon. Und wir wollten auch nur eine Nacht hier schlafen. „Normalerweise erlauben wir niemandem, hier oben zu campen … wie viel verbraucht das Fahrzeug eigentlich?“ Sie überlegen hin und her, eigentlich sollten wir besser auf dem Campingplatz unten an der Straße parken, der zwar im Winter verwaist, aber nicht verschlossen ist (das ist da, wo die Züge nebenan fahren). Hier oben kämen die Kids hoch und machten ihre Kids-Sachen. Was auch immer das sein mag. Wir sollten vorsichtig sein. Und dann verständigen sich die beiden doch darauf, uns einfach hier stehen zu lassen und ziehen wieder ab. Sie sollten nicht mal einen Ausweis sehen.

Eine halbe Stunde später nähert sich ein anderes Fahrzeug – Kids, die ihre Kids-Sachen machen wollen? Unser Gefährt scheint nicht nur seltsam, sondern auch gefährlich auszusehen. Jedenfalls ist das Auto schneller verschwunden als es gekommen ist. Danach ist Ruhe.