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Arica, Chile – Keine Gurken für Chile

Donnerstag, April 5th, 2012

Fünf Minuten. Länger dauert es nicht, bis der Ausreisestempel und das Fahrzeugzollpapier abgestempelt sind. Ein peruanischer Beamter begleitet uns, damit wir uns zurechtfinden. Auch auf der chilenischen Seite überschlagen sie sich vor Freundlichkeit, fast wirkt es, als stehen sie in Konkurrenzkampf. Bei den Chilenen dauert es nur so lange, da wir an jeder Station ein Formular ausfüllen müssen: zunächst bei der Passbehörde, dann beim Hygieneamt. Nach Chile darf nichts auch nur ansatzweise Frisches oder Lebendes eingeführt werden. Die gemeine Fruchtfliege ist das Corpus Delicti, die Reblaus und ein paar andere Schädlinge und Krankheiten, die Chile nicht hat und vor allem nicht haben möchte. Das Ganze grenzt an Paranoia, andererseits ist es verständlich. Listen mit den erlaubten Lebensmitteln sowie eine Karte der Kontrollstellen innerhalb des Landes gibt es unter www.sag.cl (nur Spanisch, ich kann die Formulare auf E-Mailanfrage auch weiterleiten). Die Strafen für Schmuggel sind drastisch und betragen mindestens 150 bis 10.000 Euro.

Da man als Camper eigentlich immer etwas Verbotenes dabei hat, kreuzt man in jedem Fall „ja“ bei der entsprechenden Formularfrage an. Zwei Beamte kommen mit in die Kabine. Meine Gurke, die Limonen und die halbe Zwiebel biete ich freiwillig an, ja wir kauften sogar extra ein wenig mehr, damit wir etwas Billiges zum Abgeben haben und keinen Verdacht erwecken. Der Beamte braucht schließlich Erfolgserlebnisse. Der kleine Käserest und zwei Scheibchen Wurst müssen auch dran glauben, nur originalverschweißte Ware darf ins Land. Der Kühlschrank wird geöffnet: „Oh, Eier sind auch nicht erlaubt!“ Weiß ich doch, „die sind gekocht“. Die Eier dürfen im Fach bleiben, meine Behauptung wird nicht geprüft, genauso wenig wie der Rest des Kühlschranks, nicht einmal das Gefrierfach. Lediglich die Backofen- und die Badtür werden aufgemacht, doch sonst nicht ein einziger Schrank auf der Suche nach verbotenen Lebensmitteln. Andererseits, womit wir wieder beim Thema wären: Können diese Augen lügen?

Auch das letzte Zollformular wird korrekt, geordnet und höflich lächelnd abgearbeitet, freundlich werden wir darauf hingewiesen, dass wir samt Fahrzeug drei Monate in Chile bleiben dürfen, die Aufenthaltsdauer aber an jeder beliebigen Aduana-Station verlängern lassen können. Die beiden Grenzübergänge kosten uns weniger als eine Stunde, keinen Cent und keine einzige Kopie. Chile befindet sich in einer anderen Zeitzone, außerdem hat es (noch) Sommerzeit, sodass wir unsere Uhren zwei Stunden vorstellen müssen.

In der Grenzstadt Arica kaufen wir an der ersten COPEC-Tankstelle das sehr nützliche Set Chiletur COPEC 2012, bestehend aus drei Reiseführern für Nord-/Mittel-/Südchile, einem Camping- und Nationalparkführer sowie einem Heft mit Landkarten und Stadtplänen. Die Bücher sind auf Spanisch, mit sehr guten Detailkarten und alle auch einzeln zu erhalten. Kostenpunkt fürs Set: 13.990 chilenische Peso, wobei 1.000 CLP etwa 1,60 € entsprechen.

Der nächste Gang führt uns in einen Handyladen, wo ich eine entel SIM-Karte (7.000 CLP inkl. 10.000 CLP Gesprächsguthaben) sowie einen entel Internetstick (24.000 CLP inkl. 10.000 CLP Guthaben) erstehe. Die Aktivierung des Modems, so wird sich später herausstellen, ist etwas kompliziert, da man dazu das braucht, was man in den USA Sozialversicherungsnummer, in Peru DNI und in Chile RUT nennt. Doch die Dame vom technischen Callcenter ist hilfreich und gibt ihre eigene Nummer heraus. Als Adresse nehme ich die nächste, die das Navigationssystem anzeigt, und schon sind wir online. Für die 10.000 Peso können wir eine Woche unbegrenzt surfen, ein Monat ohne Datenlimit schlägt mit 35.000 Peso zu Buche.

Viel gibt es in Arica nicht zu sehen. Sowohl die Aduana, das ehemalige Zollgebäude, wie auch die Kirche San Marcos von 1875 (S 18°28’43.5’’ W 70°19’21.4’’) sind Eisenkonstruktionen des französischen Stararchitekten Gustave Eiffel, der 1889 den Eiffelturm schuf. Die Stadt hat einige Strände in der Nahzone nördlich und südlich aufzuweisen, an denen man campen kann. Sicherheitsprobleme gibt es in Chile kaum. Im Stadtbereich ist uns zu viel los, wir entscheiden uns für die Playa Corazones im äußersten Süden, wo es am Ende der Straße einen asphaltierten Parkplatz gibt (S 18°32’53.8’’ W 70°19’50.8’’). Leider schließen Gründonnerstagnacht die Diskotheken morgens um fünf, und die Jungs und Mädels müssen irgendwohin, bevorzugt an diesen Strand, aber das konnten wir nicht wissen.

Ilo, Peru – Der letzte Tag

Mittwoch, April 4th, 2012

Der Süden Perus ist so unterschiedlich wie das ganze Land. Während sich weiter östlich der Altiplano auf 3.800 m um den Titicacasee zieht, schwingt sich im Westen die Panamericana durch endlose Wüste hinab gen Meer und zum einzigen Grenzübergang mit Chile. Bei Moquegua, kurz vor der großen Kreuzung PanAm (Tacna, Chile) und PE 32 (Puno, Bolivien) gibt es eine Lebensmittelkontrolle. Die Einfuhr der allermeisten Früchte, Avocados, Tomaten und anderer Gemüsesorten ist wegen möglicher Fruchtfliegenübertragung verboten. Da der Import frischer Lebensmittel nach Chile sowieso so gut wie ausgeschlossen ist, haben wir fast nichts dabei. Unsere Limonen, Gurke und die halbe Zwiebel dürfen wir behalten. Die Beamtin bewundert zwar unsere Kabine, öffnet jedoch keine Türe, nicht einmal den Kühlschrank. Sie glaubt mir auch so.

Knapp 50 km weiter zweigt rechts eine Straße nach Ilo ab. Von da ziehen sich für die nächsten 130 km einsame Strände hin, die zum Campen einladen, bevor man die Panamericana wieder trifft, z.B. S 17°43’42.5’’ W 71°16’51.5’’.

Arequipa, Peru – Das Kloster Santa Catalina: Eine wahre Geschichte in mehreren Teilen

Dienstag, April 3rd, 2012

Nachdem sie unter dem Bogen durchgeschritten waren, mussten sie ihre Lippen verschließen und ein Leben in feierlichem Schweigen verbringen. Die Novizinnen des Klosters Santa Catalina verbrachten vier Jahre, bevor sie ihr Gelübde ablegen oder sich entscheiden konnten, zu ihren Familien zurückzukehren. Letzteres hätte jedoch ohne Zweifel Schande über die Familie gebracht. In spanischen Oberklassefamilien war es in kolonialen Zeiten üblich, dass der zweite Sohn oder die zweite Tochter in den kirchlichen Dienst eintrat. Das Kloster Santa Catalina wurde 1580 von einer reichen Witwe gegründet, die ihre Nonnen sorgfältig aussuchte. Sie kamen nur aus den besten spanischen Patrizierfamilien und mussten eine ansehnliche Mitgift und jährliche Alimente zahlen.

Hier beginnt der zweite Teil der Geschichte: Normalerweise bedeutete das zumindest für die Töchter ein Leben in der keuschen Armut eines Nonnenklosters. Nicht so in Santa Catalina. Nach Ablegen des Gelübdes wurde das Armuts- und Schweigegelöbnis nicht mehr so streng gehandhabt, auch Besucher durften empfangen werden, wenn auch getrennt durch Sprechgitter. Hinter den Klostermauern jedoch lebten die 150 privilegierten Frauen in Saus und Braus. Jede von ihnen hatte ein bis vier meist schwarze Dienerinnen oder Sklavinnen, lebte in verhältnismäßig großen, prachtvollen Räumen, ausgestattet mit Küchen und edelstem Porzellan, je nach Reichtung der jeweiligen Nonne. Sie luden Musiker ein, veranstalteten Partys und lebten ihr gewohntes reiches Leben weiter.

Part drei scheint unvermeidlich: Nach drei Jahrhunderten hedonistischen Ausschweifungen sandte Papst Pius IX Schwester Josefa, eine strenge Dominikanernonne, um die Dinge gerade zu rücken. Wie ein Tornado fegte sie 1871 durch das Kloster, schickte die Partynonnen nach Hause und befreite die Dienerinnen und Sklavinnen. Einige von ihnen verblieben als Nonnen. Die vierte Episode der Catalina-Saga bleibt dagegen ein Geheimnis der katholischen Kirche. Für 100 Jahre drang nicht ein Wort mehr nach außen, bis das Kloster 1970 – nicht zuletzt auf Drängen des Bürgermeisters von Arequipa – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde und damit die fünfte und bislang letzte Etappe begann.

Die 20.000 qm große Anlage ist eine Stadt in der Stadt, ein Fort mit Straßen und Plätzen, umgeben von einer imposanten Schutzmauer. Nach den verheerenden Erdbeben von 1958 und 60 wurden die Gebäude nicht vollständig restauriert, auf den Wiederaufbau der zweiten Stockwerke wurde verzichtet. Viele der recht komfortablen Zellen stehen frei zur Besichtigung, genau wie die Klosterküche und -bäckerei, die Badewanne der Nonnen, der Waschplatz, der untere Chor, wo die Nonnen ungesehen am Gottesdienst teilnehmen konnten, die Pinakothek mit zahlreichen Gemälden und der Kreuzgang.

In einem kleinen abgelegenen Teil modernerer Bauweise des Klosters leben die heute verbliebenen Nonnen. Wie Geister huschen sie manchmal durch die Gänge. Noch immer backen sie Süßigkeiten zum Verkauf und sündige süße fette Torten, die im hauseigenen Café angeboten werden. Jörg schafft zwei Stück, ich kämpfe schon mit dem einen und brauche später dringend einen Jägermeister, da die ungewohnte Eine-Million-Kalorienbombe meinem Magen zu schaffen macht.

Das Kloster Santa Catalina die die Attraktion Arequipas, wenn auch mit 35 PEN Eintritt  (10 €) nicht gerade günstig. Deshalb auf den Besuch zu verzichten wäre schade, denn die Stimmung ist mythisch, die Erinnerung an die verwegenen Nonnen lebendig und die Motive für Fotografen zahllos. Eine Führerin bekommt man für 20 PEN pro Gruppe (auch in Deutsch), die Tour dauert eine Stunde. Dabei werden viele Zellen ausgelassen, die man anschließend noch selbstständig aufsuchen kann. Wir gehen lieber alleine. Am Ticketschalter erhält man einen exakten Plan, auf dem jede einzelne Zelle eingezeichnet ist, die man besuchen kann, und mit dem man sich im Gassengewirr nicht verlaufen kann. Zwei bis drei Stunden Zeit sollte man sich mindestens gönnen. Dienstags und donnerstags hat das Kloster bis 20 Uhr geöffnet und wird dann von Laternen stimmungsvoll beleuchtet.

Arequipa, Peru – Start in die heilige Karwoche

Sonntag, April 1st, 2012

Klar und hell tönt die Stimme der jungen Frau, sie singt zum Herzerweichen schön. Leider kann man das über die nachfolgende Predigt des Bischofs nicht sagen. Lustlos leise leiert er seine Psalmen herunter. Dank eines hallenden Mirkofons verstehen wir nicht ein Wort. Als die ersten Gläubigen auf den Bänken neben uns einzunicken beginnen, verlassen wir die Kathedrale. Durch Zufall sind wir in die Heilige Messe geplatzt, angelockt von der Engelsstimme und der Langeweile der endlosen Verspätung des Umzugs. Um 16 Uhr sollte es losgehen, um 17 Uhr tut sich noch immer nichts, und endlich um 17 Uhr 30, als das Licht schon schwindet, zeigen sich erste Aktivitäten. Da sitzen wir schon längst beim Bier auf einem der Balkone rund um die Plaza mit Erste-Reihe-Blick auf das Geschehen.

In ganz Lateinamerika gilt die Semana Santa, die Karwoche, als das wichtigste Fest im ganzen Jahr. Je nach Region wird Urlaub gemacht, gefeiert, vor allem reichlich getrunken, oder auch ganz vorschriftsmäßig in die Kirche gegangen und Prozessionen gelaufen. In Arequipa gelten die Osterfeierlichkeiten als besonders festlich und nahe am spanischen Original aus Sevilla – heute vielleicht noch originaler als das Original. Bereits am Wochenende vor Ostern beginnen die Festumzüge. Der Bischof quält seine Schäfchen noch ein wenig länger als geplant, dann endlich darf das Soldatencorps in die Kathedrale. Schwankenden Ganges kommen die 28 Soldaten wieder heraus, auf den Schultern eine überlebensgroße, unendlich schwer scheinende Jesusstatue auf einem Holztableau, die selbst schwer an ihrem Kreuz zu tragen hat.

Danach trägt eine noch größere Gruppe Gläubiger die Heilige Jungfrau von Chapi, Schutzheilige der Stadt, auf einer ebensolchen Holzplattform aus der Kirche. Den Männern fehlen der Gleichschritt-Schliff und die regelmäßige körperliche Ertüchtigung der Soldaten, daher schwanken sie noch mehr und scheinen unter ihrer schweren Last fast zusammenzubrechen. Untermalt wird das ganze noch dramatisch von Musik aus dem Lautsprecher oder einer klagenden Sängerin. Mittlerweile ist es stockdunkel, zum Glück sind die beiden Statuen beleuchtet, als sie ihren langen Weg durch die Stadt und später zurück zur Kathedrale beginnen.

Arequipa ist mit einer knappen Million Einwohner die zweitgrößte Stadt Perus mit einem schönen, überschaubaren historischen Zentrum, das wie so vieles in den letzten Jahrzehnten zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. Die kolonialen Gebäude um die zentrale Plaza de Armas mit Springbrunnen und altem Palmenbestand und vieler angrenzender Straßen sind aus hellgrauem Sillar, einem Vulkanstein erbaut, was Arequipa den Beinamen „weiße Stadt“ eintrug. Eine Seite der Plaza wird komplett von der Kathedrale eingenommen, eine zweite von der Stadtverwaltung mit untervermieteten Räumen. Die beiden anderen gegenüberliegenden Seiten werden ebenfalls von Arkadengängen mit unzähligen Läden gesäumt, auf den Balkonen der ersten Stockwerke liegen die Restaurants.

Arequipa weist ein einmaliges Frühlingsklima auf: Auf 2.350 m üNN herrschen warme Tagestemperaturen von um die 25°, nachts angenehm kühle 15° C. Das Paradies wurde trotzdem noch nicht wiedergefunden. Zahlreiche Katastrophen zerstörten mehrfach Kathedrale und Stadt: Brände und immer wieder Erdbeben, das letzte 2001. Unermüdlich werden die historischen Gebäude nach jeder Naturkatastrophe wieder aufgebaut, und dank solider und vor allem flacher Bauweise bleibt das meiste erhalten. Überragt wird die Stadt von einigen mächtigen schneebedeckten Vulkanen: dem perfekt kegelförmigen El Misti, Arequipas 5.822 m hohes Wahrzeichen, dem höheren und zerklüfteteren Chachani (6.075 m) zur Linken und dem 5.571 m hohen Pichu Pichu auf der rechten Seite. Trotz blauen Himmels sind die Berge wegen des Smogs der Millionenstadt leider nur selten klar zu erkennen. Wer einen besseren Tag erwischt, fragt in der Stadtverwaltung, ob er vom Balkon im ersten Stock ein Foto machen darf. Dann erscheint El Misti genau zwischen den beiden Türmen der Kathedrale – das perfekte Postkartenmotiv.

Arequipa, Peru – Flamingos und Elefantenrennen

Freitag, März 30th, 2012

Peru ist nicht gerade gesegnet mit Wildtieren. Die Küste ist bewohnt oder mit Hühnerfarmen zugepflastert. Dei Anden sind leer gejagt und -gefressen. Umso mehr genießen wir unsere Fahrt durch die Berge. Immer wieder kreuzen scheue Vikunjas unseren Weg, drei Kondore kreisen ganz umsonst für uns. An einem roten Salzsee lebt eine kleine Kolonie Flamingos. Es ist schon seltsam, Vögel, die für uns (fälschlicherweise) Tropen und Hitze symbolisieren, auf kalten 4.200 m zu sehen. Die quietschrosa Wasservögel staksen durch die salzige Lagune, den Schlamm nach Plankton durchkämmend. Ein paar grau gefiederte Jungtiere sind auch dabei. Die poppige Gefiederfarbe erhalten sie erst im Laufe der Zeit durch Farbstoffe, die sie mit ihrer Nahrung, vor allem aus bestimmten Algensorten, zu sich nehmen.

Die 120 km Schotterstraße von Huambo zur Panamericana sind gut befahrbar. Mehrfach überqueren wir Pässe auf gut 5.000 m Höhe. Als sich die Piste endgültig von den fast vegetationslosen Höhen verabschiedet, durchqueren wir eine Vielzahl von Klimazonen: Auf Gras folgen Krüppelbäume, dann Kakteen, schließlich trockene oder auch bewässerte und landwirtschaftlich genutzte Wüste, durch die ein scharfer, doch warmer Pazifikwind pfeift. Die Temperatur steigt auf 29°. Sonne, Wärme und Sauerstoffüberschuss lassen uns übermütig werden. Mit 90 Sachen sausen wir über die breite Wellblechpiste hinweg. Auf der brettlebenen Panamericana angekommen, immerhin noch 1.500 m über dem Meeresspiegel, fordert uns der Fahrer eines leeren Lkw zum Rennen heraus, was wir mit 130 zu 120 km/h gewinnen – nach GPS, nicht nach Tacho! Die Crew auf der Ladefläche feuert uns begeistert an und winkt beim Überholen mit einer imaginären Zielflagge.

Für die Zweifler unter Euch: Wir werden ein Beweisfoto nachreichen, aber erst, wenn wir die neuen Reifen haben und in Meeresnähe sind, dann wird das Ergebnis dank größeren Abrollumfangs und höheren Sauerstoffgehalts noch spektakulärer ausfallen. Ansonsten aber müssen wir sagen, dass das Befahren enger, steiler, unbefestigter Bergstrecken trotz Steinschlag-, Erdrutsch- und Abbruchgefahr weit sicherer ist, als sich mit den Fahrern auf der PanAm und dem Highway nach Arequipa herumzuschlagen. Haarsträubende Überholmanöver und egozentrisches Kreuzung versperren begleiten uns in Perus zweitgrößte Stadt hinein.

Wir schaffen es unfallfrei bis ins Zentrum, wo das Hostal Las Mercedes Camping im Innenhof anbietet – Arequipas einzige Möglichkeit. Das Hostal liegt günstig zentrumsnah, zu unserem Leidwesen an einer vielbefahrenen Hauptstraße. Der Campingbereich auf Rasen liegt hinter einer Mauer direkt neben der lauten Straße, für uns Naturfreaks kaum mehr als eine Nacht ertragbar. Mittlerweile jedoch nutze ich südamerikanischen Machismo – das stolze Betonen vermeintlich männlicher Stärken – schamlos aus, macht er doch eine Hälfte der Bevölkerung leicht manipulierbar. Ich schließe schnell Freundschaft mit dem Rezeptionisten. Wir dürfen direkt neben dem Hotelgebäude hinter einer Art Wall parken. Das ist nicht nur weiter von der Straße entfernt, der Wall hält den Schall zusätzlich ab. Außerdem haben wir hier vollen WiFi-Empfang, der im Camperbereich auf Null sinkt. Der Einheitspreis inkl. Wasser, Strom, Toilette, heißer Dusche und Internet beträgt 22 PEN pro Person und Nacht. Das Personal ist freundlich, Camper werden wie Gäste behandelt. Hostal Las Mercedes, Arequipa: S 16°24’02.7’’ W 71°32’31.2’’.

Cañon de Colca, Peru – Der wahre König der Lüfte

Donnerstag, März 29th, 2012

Kondore halten sich nicht an Zeitpläne oder Reiseführer. Um 7 Uhr tut sich noch nichts, auch um 8 Uhr noch nicht. Erst um halb neun ist es warm genug, dass sich der erste langsam kreisend in die Luft schraubt. Die majestätischen Vögel benötigen Thermik, die jetzt in Form eines kräftigen Aufwinds vom Talboden her hoch bläst. Fliegen ist bei bis zu 3,20 m Flügelspannweite zu energieaufwändig. Elegant segelnd fast ohne Anstrengung lässt sich der Welt größter Greifvogel in Höhen über 5.000 m tragen, von wo aus er Ausschau nach Aas hält.

Trotzdem bleibt der Andenkondor ein Raubvogel und ist durchaus in der Lage, ein Schaf oder ein junges Kleinkamel zu reißen. Jahrhundertelang (insbesondere seit der spanischen Eroberung) wurde er dafür von den Bauern gejagt und fast ausgerottet. Dabei bevorzugt der Vogel Aas und räumt Kadaver weg. Der männliche Andenkondor wiegt bis zu 15 kg, Weibchen sind etwas leichter. Mit unseren Altweltgeiern ist er nicht verwandt, dafür mit den Störchen.

Die schwarz-grauen Vögel bleiben lange bei uns. Selbst um die Mittagszeit noch erheben sich Spätaufsteher in den blauen Himmel. Eine kleine pummelige falbfarbene Wildkatze versteht es bestens, von den staunenden Massen nicht gesehen und fotografiert zu werden. Am Canyonrand tummeln sich Viscachas. Viel zu spät können wir uns von den Luftgleitern trennen. Nur 60 km weit kommen wir an diesem Tag auf der Erdpiste weiter, vorbei an Hängen, die mit unzähligen Terrassenfeldern übersät sind, die seit der Inkazeit in Schuss gehalten werden. Kurz hinter Huambo gibt es eine alte unbenutzte Fluglandepiste, auf der wir es uns für die Nacht gemütlich machen.

Kaum zwei Stunden später klopft es dezent an Kabinenwand. „Polizei!“ ruft es, als ich das Fenster öffne. Die beiden armen Beamten müssen in ihren Capes im strömenden Regen Streife laufen. Ich weiß nicht, was sie gedacht haben, jedenfalls sind sie erleichtert, dass wir Touristen sind. Die Gegend sei gefährlich, Viehdiebstahl, Wilderei, Raub und sogar Mord gebe es hier. Ich vergesse zu fragen, wann das letzte Mal etwas passiert ist. Für Peruaner ist immer alles schrecklich gefährlich. Am liebsten hätte man uns stets auf der Plaza de Armas, dem zentralen Platz mitten im Ort. Bestimmt ein sicherer, wenn auch nicht unbedingt ruhiger Ort zum Übernachten. Ich glaube, das peruanische Volk ist noch immer traumatisiert von der Zeit, als Sendero Luminoso das Land mit Gewalt überzog. So gefährlich scheint die bewachsene Landebahn dann doch nicht zu sein, denn wir werden nicht vertrieben. Wir sollten vorsichtig sein und uns gut einschließen, werden wir gemahnt. Machen wir. Und jetzt, wo die beiden Streife laufen, können wir ja beruhigt schlafen. Wer sich’s auch traut: S 15°44’40.3’’ W 72°06’46.1’’.

Cañon de Colca, Peru – Bei Nacht und Nebel

Mittwoch, März 28th, 2012

Es gibt eine Abkürzung. Von der Straße PE 30A Juliaca-Arequipa in Richtung Colca Canyon geht von Imata eine kleine Schotterpiste nach Chucura, was die Kilometerzahl von hier halbieren würde. Zu zweit (mit dem schweizerischen MAN) ist man natürlich mutiger, trotzdem erkundige ich mich in Imata beim einzigen Mann, den ich finden kann, nach dem Straßenzustand. Der Mann sieht mich etwas verstört an, was schon Alarmglocken schrillen lässt, aber er meint, die Straße wäre „norrmall“ – ein hübscher peruanischer Ausdruck, den wir öfter zu hören bekommen, vor allem wenn es um Straßen geht. Also los geht’s. Nach nur wenigen Kilometern wirkt der Weg verdächtig unbefahren, wir müssen uns eine Furt durch einen Fluss suchen, da es auf Straßenhöhe nur eine Abbruchkante gibt. Wir kommen nicht weit, da endet die Piste in einer Wasserfläche: ein Stausee, der auf unseren Karten und Navigationssystemen nicht vermerkt ist.

Wir kehren zurück zur letzten Abzweigung, nehmen einen anderen Trail und finden schließlich hinter der Staumauer unsere alte Route wieder. Nach etlichen Kilometern versperrt uns eine Bake erneut den Weg – ein weiterer Stausee, wie wir erfahren. Was nun? Ein vorbeikommender Pick-up-Fahrer zeichnet uns den „einzigen Weg“, wie er versichert, in den Sand. Seine Angaben stellen sich als präzise heraus, allerdings fahren wir im Endeffekt genauso viele Kilometer Schotter, wie wir auf Asphalt gefahren wären, brauchen aber doppelt so lang.

Zumindest die Landschaft war es wert: hoher weiter Altiplano, riesige Ebene mit hohen Bergen und Gletschern an den Horizonten, endlose Lama- und Alpakaherden vermischt mit wilden Vikunjas und zahllose Flussdurchfahrten. Die Route ist kompliziert und wegen der Kilometerzahl nicht unbedingt sinnvoll, aber eben off-road bzw. bei Imata könnte man in der Nähe des ersten Stausees nicht allzu weit von der Straße entfernt einen ruhigen Übernachtungsplatz finden (in der Gegend von S 15°49’17.8’’ W 71°08°52.6’’). Zurück auf der Straße finden wir Diana und Rüdiger aus Weiden mit ihrem Landrover am Wegesrand, die später den Nachtplatz mit uns teilen werden. Kurz darauf kommen uns Alexandra und Markus entgegen, die beiden Radfahrer, die wir bereits auf einem Campingplatz in einem Weinort südlich von Lima getroffen haben.

Bei Yanque fahren wir in den Cañon de Colca ein, hier befindet sich die Kontrollstation, wo der Eintritt entrichtet werden muss. Auch hier muss man ein Boleto Turistico lösen, das mittlerweile unglaubliche 70 Nuevo Soles (knapp 20 €) pro Person kostet. Die spinnen, die Peruaner! Nicht mit mir. Den Latino-Tarif gibt es schon für 40 PEN (11 €). Dass in dem Fall Blondhaar und blaue Augen nicht gerade förderlich sind, dürfte klar sein. Doch die Dackelblick-Nummer zieht auch bei den hiesigen Machos. Eine gute Begründung, warum man den Ausländertarif nicht bezahlen möchte, muss sich schon jeder selbst suchen. Die Eintrittskarte gilt theoretisch für eine unbedeutende Ruine, das Valle de los Volcanes, wo man bei gutem Wetter mehrere Vulkane sehen kann, sowie den Cañon de Colca, in den man hinabsteigen kann.

Der Colca Canyon galt mit 3.191 m Tiefe eine Zeit lang als tiefste Schlucht der Erde, zumindest aber der westlichen Hemisphäre. Diesen Rang hat ihm der 150 m tiefere benachbarte Cañon del Cotohuasi abgelaufen. Der 100 km lange Colca Canyon ist zwar immer noch doppelt so tief wie der Grand Canyon in den Vereinigten Staaten, dennoch kein Vergleich mit dem. In Arizona schnitt sich der Colorado River von einer Ebene aus beeindruckende1.500 m in die Tiefe. In Peru schaut man rund 1.000 m zum Rio Colca hinunter, der sich ein V-förmiges Tal schuf, darüber ragen die Berge 2.000 m hoch. Trotzdem ist der Cañon de Colca ein schöner Anblick.

Hauptattraktion jedoch ist der Aussichtspunkt Cruz del Condor, wo man Kondore beobachten kann. Auf der Zufahrt von Süden gibt es keinen Kontrollposten doch werden am Miradór häufig die Eintrittskarten kontrolliert. Auf dem großen Asphaltparkplatz daneben soll Campen angeblich nicht erlaubt sein. Als wir hier eintreffen, ist die Dunkelheit bereits eingebrochen und dichter Nebel mit Sichtweiten unter 20 m hüllt uns ein. Schon aus Sicherheitsgründen würden wir keinen Meter weiter fahren, doch niemand vertreibt uns hier: S 15°36’45.0’’ W 71°54’14.5’’.

Sillustani, Peru – Die Begräbnistürme von Sillustani

Dienstag, März 27th, 2012

Sie waren ein kriegerisches Volk, das seinen Adel so verehrte, dass es ihm Türme für die letzte Reise baute. Die Colla dominierten einst den Titicacasee, nach ihrer „Eingliederung“ wurden sie die südöstlichste Gruppe der Inka und führten die Tradition der Begräbnistürme auf höherem bautechnischem Niveau fort. Solche runden Türme finden sich überall in der Gegend. Die größten und am besten erhaltenen sog. Chullpas befinden sich in Sillustani auf einer hügeligen Halbinsel im Umayo-See. Je höher die Position eines Adeligen gewesen war, desto größer war der Turm, in dem er beigesetzt wurde. Ganze Familien fanden samt Hab und Gut und sogar Nahrungsmitteln in dem Bauwerk ihre letzte Ruhestätte.

Die älteren Grabtürme sind niedriger und aus unbehauenen Steinen recht grob zusammengezimmert. Die Inka-Baukünstler dagegen verwendeten passgenaue Blöcke, die sie bis zu 12 m hoch und sich nach oben verbreiternd aufmauerten und die sie teilweise mit erhabenen Steinreliefs aus Tiermotiven wie Eidechse oder Schlange verzierten. Die Grabbeigaben fielen lange vor Ankunft der Wissenschaft und des Tourismus Grabräubern zum Opfer. Der Eintrittspreis zu den Begräbnistürmen von Sillustani ist auf 10 PEN gestiegen. Dafür kann man auf dem Parkplatz hinter der Schranke (S 15°43’26.2’’ W 70°09’03.4’’) kostenlos campen, wenn man das Eintrittsticket vorher löst, wie wir es gestern Abend taten.

Auf dem Parkplatz treffen wir heute Silvia und Diego mit ihren beiden jungendlichen Kindern und ihrem MAN-Lkw auf Ein-Jahres-Südamerikareise. Die schweizerische Familie und wir beschließen, ein Stück gemeinsam zu reisen. Vorher aber besuchen wir eines der Häuser im Pukara-Stil am Weg zurück zur Hauptstraße. Die Ortsansässigen öffnen ihre Heime dem ausländischen Besucher und wissen genau, was der gemeine Tourist benötigt. Ein paar Lamas und Alpakas zum Fotografieren, dazu ein armes Baby-Guanako, das die nach uns eintreffende asiatische Busgruppe gar nicht erbaulich findet.

Wir konzentrieren uns aufs Innere: Eine Mauer mit einem kleinen Rundtor umschließt einen quadratischen Hof, der an drei Ecken kleine Adobe-Einraumhäuser beherbergt, die als Wohn- oder Lagerstatt dienen. In einer Ecke, die vielleicht sonst Gemüsegarten wäre, führt man uns den Gebrauch der traditionellen Feldwerkzeuge vor. Hier werden auch die Meerschweinchen unter freiem Himmel gezüchtet, allerdings besitzen sie ein eigenes kleines Haus als Unterstand. Das Bett im Wohnhaus besteht aus einem Gestell, einer Schilfgrasmatratze mit Lamafellauflagen und bunten selbstgewebten Decken, die man selbstverständlich kaufen kann. Genau wie die selbstgeknüpften Lamateppiche, deren Herstellungstechnik man uns prompt vorführt.

Die Kochstelle befindet sich im Freien, und zur touristischen Erbauung hat man die Früchte der lokalen Agrarprodukte ausgestellt: Quinoa, diverse, zum Teil spiralförmige Kartoffelsorten, Oca, eine ebenfalls stärkehaltige Knollenfrucht, und Chuño, eine Bitterkartoffel, die bis 4.500 m angebaut und im indigenen Gefriertrocknungsverfahren haltbar gemacht wird. Die Kartoffel wird nachts Frost ausgesetzt und am Tag in der warmen Sonne wieder getrocknet. So wird sie extrem leicht zu transportieren und jahrelang haltbar. Appetitlich sieht die schmutzige Schrumpfknolle allerdings nicht aus. Ein weiteres Kuriosum ist Arcilla, essbarer Lehm, der als Soße zu gekochten Kartoffeln serviert wird. Eintritt wird nicht verlangt, allerdings eine freiwillige Spende oder der Kauf eines Souvenirs erwartet. Wir entscheiden uns für letzteres, davon haben wenigstens auch wir etwas.

Auf dem Weg über das Altiplano Richtung Arequipa / Colca Canyon besorgen wir den Schweizern noch einen Internetstick, dessen Kauf man ihnen verwehrt hat. Auf dem Weg zu unserem vor ausgewählten Übernachtungsplatz an der Laguna Saralocha bei Santa Lucia (S 15°48’47.8’’ W 70°37’18.7’’) passieren wir die staatliche Forschungsstation für biotechnologische Kamelzucht. Was auch immer die da genau machen, die Anzahl der umherlaufenden Lamas und Alpakas lässt auf ein erfolgreiches Programm schließen.

Juli / Titicacasee, Peru – Von der Unmöglichkeit des Reifenimports nach Peru

Montag, März 26th, 2012

Ein lautes tiefes Tuten reißt mich aus dem Schlaf. Ein Zug rattert zwei Meter neben unserer Kabine vorbei. Es ist 6 Uhr 30 und die Nacht war viel zu kurz oder der Abend mit Ela und Stefan viel zu lang, doch die Diskussionen interessant. Parken mit Weck-Zug für 15 $ finde ich unerhört, aber da wir schon mal wach sind, können wir ebenso gut aufstehen, zumal die Züge jetzt in regelmäßigen Abständen fahren und hupen. Wir wollen noch ein Stück auf der peruanischen Seite des Titicacasees entlangfahren, bevor wir umdrehen. Unser ursprünglicher Plan lautete, von hier nach Bolivien einzureisen und später nach Chile zu fahren. Wir mussten unseren Plan ändern.

Der Grund ist: Wir brauchen nach zwei Jahren und 100.000 Kilometern einen Satz neuer Reifen – nicht allzu verwunderlich. Dass unser Reifentyp in Südamerika nicht erhältlich ist, wussten wir. Doch wozu gibt es Speditionen und Schiffe? So dachten wir, ohne mit Perus Sturheit gerechnet zu haben. Vor mehr als zwei Monaten begannen wir unsere Recherchen. Ein peruanischer Minenunternehmer zeigte sich spontan bereit, die Reifen für uns zu importieren. Auf mehrfache Nachfrage stellte sich heraus, dass er das selbst nicht kann und er vermittelte uns zu seiner Importfirma, die sich als außergewöhnlich schnell, hilfsbereit und zuverlässig herausstellt. Dennoch dauert natürlich alles seine Zeit: Kostenvoranschlag für See- oder Lufttransport der Pneus erstellen, Zollkosten eruieren.

Parallel arbeitet auf der anderen Seite der Welt die Firma Hellgeth, die unseren Unimog technisch umgerüstet hat, die uns die neuen Reifen schicken will und die uns in beispielloser Weise unterstützt, mit Hochdruck daran, uns ebenfalls mit Kostenvoranschlägen, mit Adressen und Alternativmöglichkeiten zu versorgen. Dann die große Überraschung: Man kann sich Reifen nicht einfach nach Peru schicken lassen, zum Import braucht man eine Ausnahmegenehmigung des Produktionsministeriums. Wir stellen den Antrag, zahlen 30 € Gebühr und sollen eine Woche auf das Ergebnis warten. Mittlerweile sind mehr als vier Wochen vergangen und das Ministerium hüllt sich weiter in Schweigen.

Natürlich sind wir in dieser Zeit nicht untätig. Sowohl die Mercedes- als auch die Michelinvertretungen in Peru sind zwar willig, können uns aber im Endeffekt wenig helfen. Es gibt einen Satz Michelinreifen im Land, der uns eine Nummer zu groß und vor allem nicht für unsere Geschwindigkeit ausgelegt ist, den wir für 7.000 US$ kaufen könnten. Unsere Reifen aus Deutschland könne man nicht importieren, da man dafür keine Genehmigung habe, die Prozedur vier Monate dauere und sich der Aufwand für vier Stück nicht lohne. Plausibel. Eine Anfrage bei der deutschen Botschaft ergibt zumindest die freundliche Empfehlung, wir sollten uns an die von ihnen genutzte Spedition wenden. Der dortige deutschstämmige Manager kennt die aussichtslose Rechtslage Perus sehr genau, verspricht dennoch, sich zu kümmern. Wir hören nicht wieder von ihm.

Die Firma Mercedes Kaufmann in Chile sieht sich ebenfalls außer Stande, uns zu helfen, aber da haben wir uns wohl unglücklich im Netz der Telefonzentrale eines großen Unternehmens verfangen. Bald zeigt sich ein Lichtblick: Der Schweizer Philip Maltry, der in Iquique / Chile eine Gleitschirmschule, eine Pension und einen Campingplatz betreibt (www.altazor.cl) offeriert uns seine Adresse und seinen Importeur, der keinerlei Probleme sieht, etwas nach Chile einzuführen. Da sich die Zollgebühren für Normalimport oder in die Freihandelszone erheblich unterscheiden, ist die Entscheidung schnell gefällt. Der nachfolgende Schock lässt nicht lange auf sich warten: Das nächste Schiff nach Chile fährt erst in ein paar Wochen, sodass wir über zwei Monate auf unsere Reifen warten müssten. Das lässt sich schlecht mit unseren Reiseplänen und der verbliebenen Profiltiefe vereinbaren. Der Lufttransport nach Chile kostet mit 2.500 € doppelt so viel wie nach Peru und ist damit indiskutabel.

Bevor sich völlige Ratlosigkeit breitmachen kann, kommt uns der Zufall zu Hilfe. Die Firma Hellgeth erhält Besuch von einem Teilnehmer des BMW-Teams der Dakar Rallye. Als im vergangenen Jahr einer ihrer Unimog einen Schaden erlitt, erwies sich der Manager der Mercedes-Kaufmann-Filiale in Copiapó / Chile als sehr hilfreich. Ich begebe mich auf die Suche nach dem Mann, finde sowohl in als auch die Empfehlung bestätigt und meine Erwartungen übertroffen. Señor Michel findet passende Reifen zu einem Preis unter dem europäischen und schickt sie an jede beliebige Kaufmann-Vertretung, in unserem Fall nach Iquique. Es handelt sich zwar nicht um Markenpneus, doch in Anbetracht unserer Notlage werden es die tschechischen Mitas-Gummis (vormals Barum), die in vielen südamerikanischen Ländern erhältlich sind (natürlich nicht in Peru), ihren Dienst erst einmal tun. Señor Michel Gazabatt spricht Spanisch sowie etwas Englisch und Französisch, kann aber den Google-Übersetzer betätigen. (Fa. Mercedes Kaufmann, Filiale Copiapó, Tel. +56-52-218870, mgazabatt@kaufmann.cl, www.kaufmann.cl)

So fahren wir mit unseren profilarmen Reifen bis Juli. Ein paar gegensätzliche Besonderheiten kennzeichnen die 8000-Seelen-Gemeinde: ein postmoderner, völlig überdimensionierter Hafen am Titicacasee, der zudem ungenutzt scheint. Der Titicacasee ist der Welt höchster schiffbarer See, sogar etwas größer als der Nicaraguasee, liegt auf gut 3.800 m Höhe und ist bis zu 274 m tief. Auch die Anzahl an ungewöhnlich heruntergekommenen oder verfallenen Kolonialkirchen steht in überproportionalem Verhältnis zur Einwohnerzahl des Dorfes. Juli war jedoch im 16. und 17. Jahrhundert Stütz- und Ausgangspunkt für die Christianisierung der Inka- und Aymaravölker am Titicacasee. Hier wurden die Jesuitenmönche auf ihre künftige Aufgabe vorbereitet. Die Kirchen werden langsam restauriert, doch nur wenige sind zugänglich.

Eine der Ausnahmen bildet die einstmals pfirsichfarbene San Juan de Letrán, heute als Museum für 6 PEN zugänglich. Die Kirche ist ein koloniales Kleinod. Riesige Gemälde im Stile der sogenannten Cusco-Schule über das Leben und Sterben des Hl. Johannes des Täufers und der Hl. Teresa pflastern die Wände. Die dicken Rahmen aus fein geschnitztem Holz sind vergoldet, ihr Muster setzt sich darunter in Stein gemeißelt fort. Auch der Hauptaltar und die beiden Seitenkapellen wurden aus feinst behauenem Stein gefertigt. Alabasterfenster mit ebenfalls üppigen Goldrahmen tauchen das Kirchenschiff in sanftes Licht. Fotografieren ist verboten, aber es gibt ja nur einen Wächter. Hier ist der Punkt umzukehren und zurückzufahren, um unsere letzten zwei Peruwochen anzugehen.

Puno / Titicacasee, Peru – Schockierender Kommerz: die schwimmenden Inseln der Uros

Sonntag, März 25th, 2012

Eines darf man nicht erwarten: Authentizität. Wenn man aufs Schlimmste, ja aufs Allerschlimmste gefasst ist, dann kann man dem Ganzen mit einer guten Prise Humor und Verständnis für das Bestreben der Menschen, Geld zu verdienen und ein vermeintlich besseres Leben zu führen, wie für das, was Tourismus anrichten kann, etwas abgewinnen. Nämlich, dass man die schwimmenden Inseln der Uros einmal gesehen und vor allem betreten hat. Was einst als bitterer Ernst begann, ist heute Show und Kommerz. Das kleine Volk der Uro lebte ursprünglich an den Ufern des Titicacasees. Auf der Flucht vor den aggressiven Collas, den Inkas und schließlich den Spaniern flüchteten sie zunächst mit Booten und bauten sich dann schwimmende Inseln im See, um ihre Kultur zu schützen und ihr eigenes Leben zu leben (das Ziel scheinen sie etwas aus den Augen verloren zu haben).

Die Inseln bestehen aus Totora-Schilf, das in den flachen Zonen des Sees bis 15 m Tiefe in rauen Mengen wächst. Jede Insel besteht aus vielen Schichten, die von unten wegfaulen und von oben immer wieder ersetzt werden müssen. Auch die traditionellen Boote sind dicht aus Reet geflochten und überdauern nur einige Monate. Schilf wird ebenfalls verwendet für den Hausbau – die traditionelle Tipi-Form wie das moderne Rechteckhaus mit einem Dach aus Plastikfolie – die handgefertigten Souvenirs, die Touristen zum Kauf angeboten werden und ist sogar teilweise essbar.

Puno ist der Ausgangspunkt für Ausflüge zu den Uro-Inseln. Im Hafen erhaschen wir ein Boot, das nur wenige Minuten später abfährt. Die Hin- und Rückfahrt kostet 10 PEN plus 5 PEN Eintritt auf eine Insel, dauert 30 Minuten und geht stündlich oder öfter. Eine ganze Ansammlung von Inseln liegt im Kreis in einer „Lichtung“ des Schilfgrases. Alle ähneln sich, wirken wie Uro-Modellinseln für Touristen (was sie wohl auch sind) und werden abwechselnd angefahren. Zum Glück ist heute nicht viel los.

Auf der Insel betreten wir erstmals den schwankenden Boden, der bei jedem Schritt nachgibt – es läuft sich schon sehr komisch. Eine der jungen Frauen in Uro-Tracht mit lustigen schwarzen Bommeln an den Zopfenden erklärt sich zu unserem Guide und mit Hilfe eines modernen Digitaldruckplakats den Titicacasee. Mit kleinen Modellen veranschaulicht sie uns den Aufbau der Inseln, wie sie fest gepflockt werden, um nicht wegzuschwimmen, und erzählt lediglich die halbe Geschichte der Uros – gejammert wird nur über die Spanier. Das verdächtig unbenutzt aussehende Häuschen enthält ein Bett, auf dem angeblich die Kinder schlafen (die Eltern auf dem Boden), ein paar Kleidungsstücke, ein Solarpaneel, eine Autobatterie und einen uralten kaputten Fernseher, den nicht einmal mehr ein Uro-Indianer benutzen würde. Alles darf kostenlos fotografiert werden.

Die Bewohner Punos behaupten, die Uro würden gar nicht mehr auf den Inseln leben, sondern auf dem Festland schlafen. Möglich ist das, andererseits stehen am äußeren Rand des Inselkreises richtige Häuser auf Pontons, die aussehen, als ob sie bewohnbar wären. Nach der Hausbesichtigung werden wir zum Verkaufsstand geführt, wo man das Kunsthandwerk der Uros erstehen kann. Wir hörten sogar schon, dass die Damen durchaus verärgert reagieren können, wenn man nichts kauft. Wir lassen es nicht so weit kommen, sind doch die Miniaturschilfboote recht niedlich. Für weitere 5 PEN kann man sich mit einem kunstvoll gefertigten Reetboot auf die Hauptinsel fahren lassen, oder man fährt mit dem Ausflugsboot hinüber, wo man noch mehr Souvenirstände und ein Restaurant besuchen kann.

Zur Verabschiedung des Schilfboots liefern die beiden Hauptakteurinnen eine perfekte Touristenshow: Erst singen sie mit hohen Sopranstimmen ein Aymara-Lied, denn durch vielfache Heiraten mit Aymara-Indianern gibt es keine reinblütigen Uro mehr und haben sie deren Sprache angenommen. Anschließend tragen sie in synchroner Choreographie den spanischen Hit „Vamos a la playa, oh-oho-oho“ vor. Das wäre der richtige Zeitpunkt, einen Schreikrampf zu bekommen. Wenn man aber aufs Schlimmste, ja aufs Allerschlimmste gefasst ist, erträgt man auch das mit einem nachsichtigen Lächeln. Gesamtdauer der Unternehmung: 2,5 Stunden. Mit einem Privatboot kann man sich auf weitere entfernte und weniger touristische Inseln fahren lassen – zum entsprechenden Preis.

Die einzige Übernachtungsmöglichkeit für Wohnmobilreisende in Puno ist das Sonesta-Hotel Posadas del Inca. Das bekanntere El Libertador akzeptiert keine Camper mehr. Eventuell könnte man den Hafenparkplatz nutzen, wie es allerdings um die Sicherheit bestellt ist, wissen wir nicht – der peruanische Titicacasee genießt in der Beziehung nicht den besten Ruf. Das Posadas del Inca verlangt für eine Nacht auf dem Hotelparkplatz stramme 15 US$ (auf Nachfrage dürfen Dusche und Toilette benutzt werden), mit Strom 20 US$. Das nach uns eintreffende deutsche Paar Ela und Stefan, das wir unterwegs trafen und mit dem wir uns hier verabredeten, sollen sogar 20 $ fürs „trockene“ Campen zahlen, doch das lässt sich schnell klären. (S 15°49’26.2’’ W 70°00’19.6’’)

Cusco, Peru – Praktisches

Samstag, März 24th, 2012

Zwei praktische Nachträge zu Cusco:

Gas füllen kann man bei Llamagas an der Ausfallstraße nach Puno (Verlängerung der Av. de la Cultura) außerhalb der Stadt bei S 13°33’29.7’’ W 71°51’04.6’’ – nicht von der vor gehängten Kette abschrecken lassen.

Der beste und größte Supermarkt bei dennoch beschränkter Auswahl ist Mega: S 13°31’24.5’’ W 71°58’38.9’’

Tipón + Santa Rosa, Peru – Unterwegs ins Altiplano

Samstag, März 24th, 2012

Dunkelrot erstrahlen die Felder, sanft wiegen sich die Halme. Das Getreide ähnelt unserer Hirse, hat aber weit puscheligere Ähren, die bei einem bestimmten Reifestand die intensive Farbe annehmen. „Kiwicha für die Welt“ verkündet ein Banner das Motto des Agrarprodukts. Ich sehe das etwas kritischer. Ich kann nichts bio-, öko- oder sonst wie logisches daran entdecken, im Reformhaus Getreide zu kaufen, das über tausende von Kilometern Entfernung mit dem Schiff oder Flugzeug die Erdatmosphäre belastend herangekarrt wurde. Kiwicha ist der Quechua-Ausdruck für Quinoa bzw. Amarant, wie er auch genannt wird. Vor Ort aber finde ich die Quinoa-Kekse ausgesprochen lecker.

Wir lassen Urubamba und Pisac hinter uns und fahren in Richtung Titicacasee. Im Gepäck haben wir ein paar Souvenirs, die wir in Munaychay erstanden haben. Immer samstags können sich Kinder wie Tias künstlerisch betätigen – es kommt sogar eigens eine Kunstlehrerin. Die Werke werden dann verkauft, die Erlöse kommen dem Kinderdorf zugute. Eine Gruppe töpfert feine Keramikwaren, ohne Drehscheibe und in dennoch perfekt runder Form. Andere glasieren und bemalen das Steingut. Eine weitere Gruppe fertigt die niedlichen Grußkarten aus Blütenblättern, die Vögel, Schmetterlinge, Blumen und Menschen darstellen. Viele der Kinder zeigen erstaunliches kreatives Geschick und malen Wandbilder, die man Erwachsenen zuschreiben würde. Handarbeitsbegeisterte stricken Schals oder, besonders attraktiv und auch bei den Jungs sehr beliebt, weben kleine Wandteppiche.

Inzwischen haben wir Cusco umfahren und Tipón auf seiner Süd-Ost-Seite erreicht. Hier befinden sich ausnehmend schöne Inka-Terrassierungen. Das Besondere hier ist, dass es sich nicht um Hangterrassen handelt, sondern dass ein ansteigendes Tal bebaut und kultiviert wurde, was größere Ackerflächen erlaubt. Die Stützmauern jeder Ebene wie auch die ausgeklügelten, teils unterirdischen Bewässerungskanäle wurden im Hinblick auf Haltbarkeit, Perfektion und Schönheit angelegt. Die Arbeiterunterkünfte an den Rändern dagegen, deren Ruinen noch stehen, sind eher mit Pragmatismus denn mit Detailliebe gebaut.

Der aufwändige Terrassenbau schaffte nicht nur große Anbauflächen, er wirkte auch der Bodenerosion entgegen. Heutiger Feldbau an den Schräghängen begünstigt Erdrutsche und liefert wegen mangelnder Kontrolle über Be- und Entwässerung schlechtere Erträge. Eines muss man den Inka lassen: Sie scheinen mir die einzigen gewesen zu sein, die es schafften, südamerikanische Schlampigkeit in geordnete Bahnen zu lenken, jedenfalls noch weit besser, als die Spanier nach ihnen. Eintritt zur archäologischen Stätte Tipón mit Boleto Turistico oder für 10 PEN pP (S 13°34’17.9’’ W 71°47’03.6’’).

Während der Ort Tipón als Geheimtipp für gutes und günstiges Cuy-Essen gilt (mein Meerschweinbedarf ist gedeckt), bezeichnet sich das nächste Dorf als Hauptstadt des Brotes. Kaum halten wir am Fahrbahnrand an, klettert schon ein Junge die Trittstufen hoch und knallt mir durch die offene Scheibe eine Packung Brot auf den Schoß. Zwei wagenradgroße süßliche Fladenbrote und ein Extra-Teilchen dazu für 5 Nuevo Soles, 1,50 €. Dafür muss ich nicht einmal aussteigen – der schnellste macht das Geschäft.

Einem sanften Tal folgend klettern wir fast unmerklich ohne Serpentinen und größere Steigungen in die Höhe. Endlich weitet sich der Blick, nachdem wir Wochen in dem engen Chicón-Tal oberhalb von Urubamba eingezwängt zwischen den Andenwänden lebten. Der 5.443 m hohe Cerro Cunurana ragt schroff und schneebedeckt in den Himmel. Der Abra La Raya, 4.360 m hohe Passüberquerung, markiert nicht nur die höchste Stelle dieser Strecke und die Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik, sondern auch den Beginn des Altiplano, dem ausgedehnten, abflusslosen Hochplateau zwischen zwei Andenketten auf durchschnittlich 3.600 m Höhe, das sich bis weit nach Bolivien hineinzieht.

Ein Stück weiter, südlich der Ortschaft Santa Rosa, finden wir in einem Schotterweg, der sich praktischerweise als Sackgasse herausstellt, einen äußerst friedlichen Stellplatz am rauschenden Fluss: S 14°46’44.5’’ W 70°43’51.0’’.

Munaychay, Peru – Abschied vom Herzensprojekt

Freitag, März 23rd, 2012

Wir räumen. Alles muss so langsam wieder an seinen Platz, wenn wir wieder fahren wollen. Alle Erkenntnisse bezüglich des Fahrzeugparks des Kinderdorfs müssen noch einmal in ausführlichen Analysen zusammengefasst werden. Der Fahrer des Kinderdorfes erhält eine Werkzeugausstattung für seine Werkstatt, die wir ihm in Cusco besorgt haben. Das Landwirtschaftszentrum Santa Rosa versorgt uns ein letztes Mal mit Bioeiern und -gemüse für die Fahrt. Wir verabschieden und vom liebenswürdigen Schreiner Teofilo mit zwei Paar Arbeitshandschuhen, mit denen er sein Moped fahren möchte – sicher besser als ganz ohne Handschutz. Der Eiermann bekommt meine alten Sportschuhe, die ihm mit Größe 40 vermutlich immer noch zu groß sind, selbst die Männer reichen uns ja nur bis zur Schulter.

Wir sagen Lebewohl zur resoluten Köchin Señora Martina, die ein echtes Musterbeispiel einer Quechua-Indianerin abgibt: zwei taillenlange schwarze Zöpfe, die am Rücken zusammengebunden werden, damit sie nicht ins Feuer oder den Kochtopf fallen. Die kugelrunde Indígena trägt die typischen pastellbunten knielangen in der Taille gerafften mehrfachen Glockenröcke, die immer ein wenig zu kurz wirken – im Rücken wegen des ausladenden Hinterteils noch kürzer als vorne. Ihre außergewöhnlich strammen Waden stecken zum Schutz vor Kälte in handgestrickten Zopfmusterstulpen, die Füße meist barfuß in Halbschuhen oder bei der ganz einfachen Landbevölkerung in Sandalen aus Altreifen. Über einem Pullover oder einer Bluse wärmt die unvermeidliche Strickjacke, und über allem prangt eine glänzende rosafarbene Schürze.

Señora Martina schafft es in dieser Woche, meine Aussage, „ich esse alles“ auf „fast alles“ zu revidieren, als sie nämlich Reis mit Kartoffel-Gemüse-Gulasch serviert, das verdächtige, entfernt an Baumpilze erinnernde Stückchen enthält: Kutteln aus Pansenmagen. Während der Geschmack sich neutral verhält, ist die gummiartige Konsistenz mit den bürstenartigen Auswüchsen völlig inakzeptabel. Der Haus- und Hofhund freut sich jedenfalls.

Dann ist es Freitagabend und Herzen für eine neue Welt lädt uns zu einem Abschiedsessen in die Pizzeria in Urubamba ein. Doch die festangestellten Deutschen des Hilfsprojekts haben noch eine weitere Überraschung für uns: ein paar entzückende Abschiedsgeschenke. Eine Danksagungskarte, handgefertigt aus Blütenblättern in Munaychay. Ein Schnappschuss von Jörg, als er den Straßenschlamm wegschaufelt. Und ein Notizbuch, dessen Einband von den Kindern des Kinderdorfes handbemalt wurde – in erstaunlicher künstlerischer Qualität. Danke an alle!

Munaychay, Peru – Die Machu-Picchu-Frage

Mittwoch, März 21st, 2012

Machu Picchu ist die größte Sehenswürdigkeit Perus und die berühmteste Ruine Südamerikas. Es ist das bekannteste Bauwerk der Inka – nie entdeckt von den Spaniern wurde es nie zerstört und geriet bis zu seiner „Wiederentdeckung“ Anfang des 20. Jh. in Vergessenheit. Der Zweck des Bauwerks liegt bis heute im Dunkeln. Theorien sprechen von einem königlichen Rückzugsort oder einer Landresidenz in der Nähe Cuscos, andere reden von einem politischen, religiösen und administrativen Zentrum. Erbaut wurde Machu Picchu um die Mitte des 15. Jh. gegen Ende der Inkaherrschaft.

Heute steht die archäologische Fundstätte im Mittelpunkt des peruanischen Tourismus. Täglich dürfen maximal 2.500 Personen die Inkaruine besuchen, und sie tun es auch. Dabei hat Peru ein wenig die Relation verloren – Angebot und Nachfrage bestimmen eben den Preis, wie bei Cuscos Attraktionen und dem bereits beschriebenen Boleto Turistico auch. Da bis heute keine Straße nach Machu Picchu führt, wurde eine Bahnlinie erbaut, deren Benutzung sich die Regierung von Besuchern teuer bezahlen lässt. Alleine der Eintrittspreis schlägt mit satten 60 US$ zu Buche, dazu kommen die hochpreisige Bahnfahrt und eine Busfahrt. Günstigere Bahntickets bedingen eine Übernachtung im letzten Ort vor Machu Picchu, Aguas Calientes, was finanziell dann so ziemlich aufs Gleiche hinausläuft.

Für uns beide würde der Besuch insgesamt um die 400 $ kosten – ziemlich viel für ein paar alte Steine. Zumal die Ruine selbst von Besuchern als sicherlich nicht der Welt beste bezeichnet wird, obwohl die Lage stets als außergewöhnlich schön beschrieben wird. Schließlich tun wir es so vielen anderen Weltreisenden nach, verzichten auf den Besuch von Machu Picchu und boykottieren die unverschämten Preise, möchten aber anderen Reisenden unsere gesammelten Informationen nicht vorenthalten. Viele Wege führen nach Machu Picchu:

1. Mit der Bahn: Der Zug fährt von Cusco, Urubamba oder Ollantaytambo (mit geringerer Entfernung günstiger werdend) nach Aguas Calientes. Unterschiedlich komfortable Züge sind zu unterschiedlichen Preisen buchbar. Von dort aus geht es mit dem Bus (oder zu Fuß) nach Machu Picchu weiter. Bahnfahrkarten und Infos unter www.perurail.com. Vorbestellung dringend erforderlich. Ticketbuchungen an den Bahnhöfen oder in Cusco möglich.
Fahrzeugabstellmöglichkeiten:
Cusco: Camping Quinta Lala, S 13°30’20.8’’ W 71°59’06.3’’, Info siehe 09.02.2012
Urubamba: Camping Los Cedros, www.campingloscedros.com
Ollantaytambo: Busparkplatz, S 13°15’32.6’’ W 72°15’57.5’’, bewacht, 5 PEN/24 Stunden

2. Mit eigenem Fahrzeug: Von Cusco über Urubamba, Ollantaytambo und Chaullay nach Santa Teresa. Campen / Fahrzeug abstellen am Campingplatz von Genaro Moscoso Laforre, S 13°07’55.4’’ W 72°35’46.9’’. Die Strecke ist einfach ca. 250 km lang und führt ab Chaullay über eine Erdpiste – Allradantrieb empfohlen, in der Regenzeit ist die Route häufig durch Erdrutsche verschüttet. Rechnet man die Kraftstoffkosten für 500 km gegen, kommt man vermutlich auf einen ähnlichen Betrag wie mit dem Zug. Ab Santa Teresa fährt man weiter mit dem Zug nach Aguas Calientes – oder läuft entlang der Bahnschienen. Dann geht es wie oben mit Bus oder zu Fuß weiter bis Machu Picchu.

3. Mit dem Bus: Ab Cusco mit dem Bus Richtung Quillabamba, in Santa María umsteigen in ein Collectivo nach Santa Teresa. Von dort weiter wie oben. Das ist die ökonomischste Lösung.

4. Zu Fuß über den Inka Trail: Der hoch gelobte Inka Trail ist nur einer von mittlerweile 12 entdeckten Inkawegen nach Machu Picchu, jedoch der berühmteste und damit wieder Einnahmequelle für die peruanische Regierung. Der Inka Trail darf nur mit einer lizenzierten Agentur begangen werden, das kostet pro Person schon einmal 350 bis 500 $. Da die nur 43 km sehr steil über drei Pässe führen, kommt man außer bei interstellarer Fitness ohne Träger kaum aus, was zusätzlich kostet. Guides, Köche und Träger müssen Trinkgelder erhalten etc. Selbst der berühmte budgetfreundliche Reiseführer Lonely Planet beziffert die Kosten für den Inka Trail pro Person auf rund 1.300 US$. Dazu kommt, dass täglich 500 Personen auf dem Pfad zugelassen sind. Ob man die Landschaft mit 499 anderen Personen um sich herum wirklich genießen kann, ist dahingestellt. Außerdem muss man Toiletten benutzen, die in wenigen vorangegangenen Tagen mehrere Tausend Personen besuchten. Auch die mangelhafte Müllentsorgung bereitet zunehmend – nicht nur optische – Probleme.

5. Zu Fuß über alternative Inka Trails: Es gibt diverse Anbieter, die verschiedene Wege laufen, alle sind mit nicht geringen Kosten verbunden. Beispiele sind der 2-Tages-Inka-Trail, der Lares Valley Trek, der Salkantay Trek, der Inca Jungle Trail sowie der alternative Inka Trail ab Mollepata.

Noch ein Wort zum Thema Wayna Picchu: Will man den Berg bei Machu Picchu bei besteigen, kommt man um eine Vorreservierung des Machu Picchu Eintrittstickets zusammen mit Wayna Picchu Ticket kaum herum. Die Wandererzahl ist täglich auf 400 begrenzt – 200 um 7 Uhr und weitere 200 um 10 Uhr, und somit sind die Plätze rar. Wer wenig Lust verspürt, die steilen Treppen mit so vielen anderen Touristen gleichzeitig zu erklimmen, dem sei der unverständlicherweise wenig bekannte Aufstieg auf den Cerro Machu Picchu empfohlen. Das dauert zwar etwas länger, ist unbeschränkt, dennoch einsamer und soll sogar noch die bessere Aussicht auf Machu Picchu zusammen mit dem Wayna Picchu bieten. Eine genaue Wegbeschreibung findet sich beispielsweise im Lonely Planet Reiseführer „Peru“.

Munaychay, Peru – Überstanden

Sonntag, März 18th, 2012

Wir haben es so gut wie überstanden. Nein, nicht die Zeit im Kinderdorf, wir hängen sogar noch eine Woche dran. Wir sprechen von der Regenzeit. Die ist fast vorüber. Der Himmel präsentiert sich mehr und mehr in tiefem, fast nachtdunklem Blau, durchsetzt mit hübschen weißen Wölkchen, Regen gibt es nur noch alle paar Nächte. Dafür zeigt sich, dass es hier nur zwei verschiedene „Wetterarten“ gibt: graue, regnerische Kühle zum einen oder unangenehm stechende, heiße Sonne, bei der nicht einmal Sonnenschutzmittel richtig hilft.

Unsere Erdhubarbeiten sind ebenfalls beendet. Die Garagenzufahrt erhielt noch einen Feinschotterbelag, einige weitere Entwässerungskanäle wurden angelegt, damit das Regenwasser ablaufen kann und der Weg nicht wieder verschlammt, dann wenden wir uns Tischlerarbeiten zu. Der Weiler Huilloc oberhalb des Ortes Ollantaytambo wird ebenfalls von Herzen für eine neue Welt e.V. unterstützt. Die Schule erhält Mittel, ein eigener Gesundheitsstützpunkt wurde eingerichtet und eine Forellenzucht gebaut. Bald soll hier ein Fischrestaurant entstehen, das Arbeitsplätze schaffen und Touristen in diese abgelegene Ecke bringen soll. Aktuell wird ein Computerschulungsraum eingerichtet. 11 neue PCs wurden schon gekauft, und heute sollen die Tische dafür zusammengebaut werden, die in der hauseigenen Schreinerei in Santa Rosa entstanden sind.

Der Tischler, Jörg und ich schrauben zusammen und lackieren anschließend auf peruanische Weise: Eine Art Riesenwattebausch aus Baumwollfasern wird mit der Hand in die Lasur getaucht (die Chirurgenhandschuhe lösen sich nach ein paar Mal Tauchen in Wohlgefallen auf). Nach einigen Versuchen haben wir den Bogen raus, wie die einzelnen Fasern nicht auf der Tischfläche kleben, sondern am Bausch bleiben. Bei dieser Technik ist man dem Tisch und der Farbe so nahe, dass man vom Lack auf Nitrobasis jedes Mal einen ordentlichen Atemzug nehmen kann. Ich muss zwischendurch an die frische Luft. Am nächsten Tag fühle ich mich, als ob ich einen Kater hätte. Schnüffeln ist also nicht so meines.

Als nächstes sollen wir uns um den Fuhrpark des Kinderdorfes kümmern. In einer Besprechung werden die Eckdaten abgeklärt, dann machen wir uns auf den Weg: An einem Tag besuchen wir die Autohäuser Cuscos zum Preis- und Leistungsvergleich neuer Pick-ups, am nächsten Tag besuchen wir den Gebrauchtwagenmarkt. Wie in wohl allen Entwicklungs- (oder fast noch Entwicklungs-) Ländern mit starken Importbeschränkungen sind Gebrauchtwagen begehrt und für europäisches Verständnis unverhältnismäßig teuer, dabei meist von Minengesellschaften abgewirtschaftet. Tachometer werden rechtzeitig zwischen 40.000 und 70.000 km abgeklemmt, damit niemand die genaue Kilometerlaufleistung ersehen kann.

Am Sonntag schließlich – ein Wochenende haben wir nicht immer – erhält der Fahrer des Kinderdorfes noch eine Fahrstunde. Fahren kann er sehr wohl, aber er weiß z.B. nicht, wozu die Untersetzung des Allradgetriebes da ist. Dabei ist diese doch ideal auf den steilen Bergstrecken in diesen sauerstoffarmen Höhenlagen, und bergab schont sie die Bremsen. Jörg erstellt einen Wartungsplan der Fahrzeuge für den Fahrer, das muss auch noch durchgesprochen und erklärt werden. Schon wieder ist eine Woche wie im Fluge vorüber, und wir müssen uns Gedanken machen, wie und wann wir Peru verlassen, da die drei Monate maximale Aufenthaltserlaubnis für unseren Unimog bald ablaufen.

Munaychay, Peru – Der peruanische Gulag

Sonntag, März 11th, 2012

Schrill tönt die Pfeife. Nicht schon wieder. Cusco ist übervoll mit Polizeibeamten, die den Touristen Sicherheit vermitteln sollen. Sie pfeifen und winken völlig sinnlos bei grünen Verkehrsampeln und heben die stoppend die Hand bei Rot. Reicht die Ampel nicht oder hätte man sich die stattdessen sparen können? Manchmal aber pfeifen die Polizisten auch Fahrern hinterher, die etwas falsch gemacht haben, und dann gibt es einen Strafzettel. So wie jetzt. Wir wendeten in einer ruhigen Seitenstraße. Der Beamte kommt angelaufen und rügt uns sofort: Das ist verboten! Wir gefährdeten oder behinderten niemand, lächerlich ist es dazu, Wenden zu verbieten, aber das ist egal, ein peruanischer Polizist hat immer Recht. Ich steige aus dem Auto: Blonde Frau, Dackelblick. „Oh, das tut uns Leid, das wussten wir nicht. Wir sind Volontäre und müssen in diesem Geschäft Lebensmittel abholen für die armen Kinder Perus im Kinderdorf Munaychay.“ „Von welcher Organisation seid Ihr?“ „Corazones para Perú.“ „Na, ist schon gut.“

Puh, das ging schneller als erwartet. Schneller auch als gestern, als wir auf einer vierspurigen Straße mit Fahrbahnteiler an einer grünen Ampel wendeten. Gleiches Problem: Das ist verboten. Das kann doch kein Mensch wissen! Da hatten wir noch einen Peruaner im Auto, den Zahnarzt der Organisation, der mit dem Polizisten fünf Minuten diskutieren und buckeln musste, bis der Beamte auf einen Strafzettel verzichtete. Wir mussten sogar sämtliche Wagenpapiere und den Internationalen Führerschein rausholen. Nun, dem Peruaner fehlten die blonden Haare, Dackelblick und … lassen wir das.

Schon am vergangenen Wochenende fuhren wir zwei Mal einen der regelmäßigen Personentransporte von Munaychay nach Urubamba und zurück, und Montag und Dienstag nach Cusco, um Lebensmittel und Computer für Computerschulungen im Dorf Huilloc in einem anderen Tal bei Ollantaytambo zu holen. Und um mal wieder ein Paket auf der Post abzuholen mit kleinen Ersatzteilen, neuen Reiseführern und Wörterbüchern, und natürlich sehnlichst vermisster deutscher Schokolade. Am Montag erhielt ich das Paket nach zwei Stunden Wartezeit nicht, da mir eine notwendige Vollmacht fehlte. „Wir sind ein geordnetes Postamt, auf dem es geordnet zugeht“, erhielt ich als Antwort auf meine Frage, ob ich denn gar nichts tun könne. Nein, bestechlich sind die Peruaner eher nicht.

Dafür wurde mein Paket am Dienstag nur zur Hälfte ausgepackt und die angegebenen Warenbeträge nicht so genau unter die Lupe genommen. Der Zollbeamte hatte wenigstens ein geringfügig schlechtes Gewissen, da er mir zusätzliche 120 Fahrkilometer auferlegt hat. In Peru muss man Pakete, die Geschenke bis zu einem Wert von 100 US$ enthalten, nicht verzollen, wohl aber bei höheren Beträgen bzw. wenn es sich nicht um Geschenke handelt. Und dienstags ist der Andrang auf dem Postamt geringer.

Am Mittwoch können wir uns dann nicht länger vor der gefürchtete Aufgabe drücken: Die matschige Zufahrt zu den Carports muss entschlammt werden. Zweiradgetriebene Fahrzeuge kommen nur noch mit Anlauf durch. Straßenbau von Hand mit einem Vier-Mann/Frau-Team auf dreieinhalbtausend Meter ist Schwerstarbeit. Wir fühlen uns ein wenig wie versetzt in den russischen Gulag, nur in Peru. Trotzdem ist Handarbeit wesentlich schneller als erwartet, nicht unbedingt langsamer als mit Maschinen, wenn man genügend Personal hat, wir sind es nur nicht mehr gewohnt.

Der kräftige Nachtwächter pickt mit der Spitzhacke Rasen, Schlamm, die obere Erdschicht und kleinere Steine lose, bis er auf festeres, steiniges Erdreich trifft. Ich steche eine saubere Rasenkante, was auch nicht so einfach ist wie zu Hause im Garten. Das Gras hat dutzende Zentimeter lange, bis zu einem halben Zentimeter dicke Wurzelgeflechte, die sich nicht so einfach durchtrennen lassen, die Erde ist nasser schwerer Lehm, durchsetzt mit Steinen und Flusskieseln, was unserem Spaten auch nicht so gut tut. Am Abend sind meine Hände geschwollen vom Hämmern auf den Spaten und voller Blasen. Jörg schaufelt die schwere Ladung auf den Pick-up. Der Vierte im Bunde schnippelt derweil mit einer Gartenschere das Gras kurz. Wie gesagt, in Peru stört sich kaum einer an schwer arbeitenden Frauen. Ich will jedoch nicht ungerecht sein, der Rasenschneider und der Nachtwächter schippen den Schlamm, der in der landwirtschaftlichen Basis Santa Rosa nebenan benötigt wird, anschließend von der Ladefläche des Pick-ups.

Am nächsten Tag füllen wir die Zufahrt mit grobem Kies auf, den wir mit einer Schubkarre heranholen und breit rechen. Ein paar Entwässerungskanäle müssen an den tiefsten Stellen gegraben werden, dann walzt Jörg mit einem der Busse den Schotter ein wenig platt. Die feinere Schotterschicht muss bis nächste Woche warten, wenn sich das Grobgestein gesetzt hat. Am Freitag schottert Jörg noch den Werkstattboden, ich erstelle ein paar Problemanalysen bezüglich des Fahrzeugparks und recherchiere im Internet, dann ist auch schon Wochenende, das wir uns – zumindest gefühlt – verdient haben.

Munaychay, Peru – Woche zwei im Kindercamp

Sonntag, März 4th, 2012

Die restlichen der 70 Kinder sind eingetroffen, denn am morgigen Montag beginnt die Schule. 70 Schulkinder zwischen sechs und 17 Jahren leben hier im Kinderdorf Munaychay, je zehn Kinder und Jugendliche in sieben Häusern, mit je einer „Mutter“ oder Tia, Tante, wie sie hier genannt werden, und ein paar Ersatztanten. Die Kinder sind Waisen, Halbwaisen oder aus anderen Gründen vom Sozialamt oder Gericht zugewiesene Fälle. Die Kinder erhalten hier ein Heim, Essen, Kleidung, Erziehung, Bildung und alles, was für eine Zukunft nötig ist. Manche der Kinder fahren während der Schulferien zu Verwandten nach Hause, andere haben kein zu Hause mehr oder keines, wo sie hin könnten oder sollten. Es gibt ein weiteres separates Heim für Kleinkinder und eines für über 18jährige, die noch in Ausbildung sind. Die öffentlichen Schulen, die die Kinder besuchen, werden durch den deutschen Projektträger Herzen für eine neue Welt e.V. finanziell für Essen, materiell z.B. mit Möbeln und personell mit Lehrern und Psychologen unterstützt.

Die Hälfte der Tanten sind Krankenschwestern, die andere Lehrerinnen. Kein einfacher Job, denn sie müssen drei Wochen lang 24 Stunden täglich mit den Kindern zubringen, und haben dann eine Woche frei. Die meisten von ihnen haben eigene Kinder, die schon groß genug sind oder auf die der Mann oder vielleicht die Oma aufpasst. Und natürlich sind die Heimkinder nicht automatisch artig, schon gar nicht, wenn sie aus teils schwierigen sozialen Verhältnissen kommen. Da wird hier mal das Zähneputzen ausgelassen oder da mal das Nägelschneiden umgangen. Der Fernsehraum wird nur samstags geöffnet; aber wenn man doch gerne auch mal zwischendurch in die Glotze schauen möchte, tut man nicht alles dafür, da ran zu kommen? Die Kids sind extrem neugierig und wenn etwas herumliegt, können sie es vielleicht selbst brauchen. Auch wir sollen immer alles absperren. Kinder eben, ganz normal. Aber zehn davon, fremde dazu, und das 24 Stunden am Tag. Respekt, und ganz ehrlich, Tia sein wäre nicht gerade mein Traumberuf. Unterstützt werden die Tias von deutschen Volontären, jungen Menschen meist zwischen Abitur und Studium oder Wehrersatzdienstleistenden und einigen fest angestellten deutschen und peruanischen Mitarbeitern.

Die Werkstatt haben wir inzwischen fertig gestellt, auch wenn in Südamerika eben alles einen Gang langsamer geht als in Mitteleuropa. Fast fertig jedenfalls, denn der Schotter für den Fußboden fehlte. Der ist gestern eingetroffen, und es ist genug, die gesamte verschlammte Zufahrt zu den Garagen zu schottern. Nun müssen wir uns noch um die Ausstattung der Werkstatt mit Werkzeugen und Ersatzteilen kümmern. In der Zwischenzeit haben wir auch begonnen, den Fahrzeugpark des Kinderdorfes unter die Lupe zu nehmen, hie und da mal eine Wartung oder kleine Reparatur selbst durchzuführen, eine Mängelliste zu erstellen und zu evaluieren, ob das Fahrzeug gehalten oder verkauft werden soll. Und so geht es weiter, wir könnten hier sicher Wochen und Monate zubringen – Arbeit gäbe es genug.

Munaychay, Peru – Meerschwein-Nachtrag

Donnerstag, März 1st, 2012

Meine Freundin Patricia aus Ecuador hat zwei Schwächen: Eine Leidenschaft für Meerschweinchen und eine panische Angst vor Mäusen und Ratten. Eines Jahres im Dezember besuchte sie die Familie ihres deutschen Mannes in Berlin. Weihnachten ohne Cuy-Braten war schlicht undenkbar für sie. Doch wie groß muss die Enttäuschung gewesen sein, als sie erfuhr, dass man in Deutschland keine Meerschweine isst und diese nicht mal kaufen kann. Patricia, wild entschlossen und kreativ, ging in eine Zoohandlung. Den Rest der Geschichte erspare ich Euch. Sie hatte auf jeden Fall ein schönes, adäquates Weihnachten. Die Reaktionen der Berliner Familie sind uns unbekannt.

Zu Hause hört man Patricia manchmal entsetzt kreischen und sieht sie in Panikstarre verfallen. Man nimmt es gelassen, ihr ist dann nur eine Maus oder eine Ratte über den Weg gelaufen. Eines Tages erzählte Patricias deutscher Mann ihr, dass Meerschweine, Ratten und Mäuse derselben Familie angehören (das ist natürlich nicht ganz wahr, aber unwahr eben auch nicht). Heute isst Patricia keine Meerschweinchen mehr.

Munaychay, Peru – Sonntagsbraten aus dem Kinderzimmer

Mittwoch, Februar 29th, 2012

Das Thema verfolgt mich schon lange, bereits seit Monaten, doch wollte ich es Euch, meiner zartbesaiteten Leserschaft nicht zumuten, solange es sich vermeiden lässt. Jetzt ist es nicht länger zu verhindern. Denn wir essen Meerschweinchen: die kleinen putzigen Säugetiere, einsame Gesellschafter noch einsamerer Menschen, Spielgefährten von Einzelkindern, fiepende Wollschweinchen. Fast jeder hat wohl schon von der exotischen peruanischen Gepflogenheit gehört, unsere lebendigen Spielzeuge zu verspeisen. Wie weit verbreitet diese Sitte wirklich ist, dringt kaum nach Europa vor. Und wie barbarisch das ist, wie hinterwäldlerisch, wie rückständig, wie grausam!

Ich muss Euch enttäuschen: Wir alle aßen Meerschweinchen. Vielleicht nicht wir persönlich, aber möglicherweise unsere Großeltern. Meerschweinchen wurden im 16. Jh. von Südamerika nach Europa gebracht und bis zum Zweiten Weltkrieg durchaus zu kulinarischen Zwecken gehalten und gezüchtet. Es konnte sich jedoch nie gegenüber traditionellen Schlachttieren durchsetzen und verlor daher an Bedeutung. In einigen Ländern ist der Konsum von Meerschweinchen mittlerweile gänzlich verpönt. In Südamerika dagegen (in Afrika übrigens auch) werden sie in Peru und den angrenzenden Ländern, darunter vor allem in Ecuador und im südlichen Kolumbien, gerne gegessen.

Waren sie früher billiger und oft einziger Proteinlieferant der armen andinen Bevölkerung, haben sich Cuys, so der spanische Name, unter dem sie zum Teil auch in Deutschland bekannt sind, inzwischen zur Delikatesse entwickelt. Am Spieß gebraten sieht man sie oft an Straßenimbissständen, Restaurants bieten sie auch aus dem Ofen an. Das Speisetier ist mittlerweile so teuer geworden (um die 15 US$ für eines in Ecuador und Kolumbien, etwas günstiger in Peru), dass die Bergbevölkerung, die die Meerschweinchen züchtet, sie mittlerweile eher als gute Einnahmequelle ansieht.

Die Tiere werden meist, wie Hühner auch, auf dem Lehmboden in der Küche gehalten. Da dem Hausmeerschwein im Gegensatz zur Wildform das Sprungverhalten abhanden gekommen ist, genügt eine niedrige Barriere, um sie an der Flucht zu hindern. Praktisch ist es zudem. Kommt Besuch, hat man das Frischfleisch gleich parat – auch ohne Kühlschrank. Niedlich sind die Tiere mitnichten: Wie sie in Massenhaltung stinkend in ihren Ställen am Boden hocken, erweckt das kaum mehr Mitleid als ein Huhn oder Schwein im Stall. Und essen wir nicht auch eigentlich putzige Kaninchen? Was ist mit süßen Lämmern? Und überhaupt, hat ein glupschäugiger Fisch weniger Lebensrecht, nur weil er nicht so ganz in unser Kindchenschema passt?

Das Hilfsprojekt Corazones para Perú, Herzen für eine neue Welt, hat eine Hühner- und Meerschweinchenzucht in der landwirtschaftlichen Anlage Santa Rosa gleich neben dem Kinderdorf Munaychay zum Teil für Eigenbedarf und vor allem zum Verkauf. Mitarbeiter können sich ein Meerschwein für 30 Nuevo Soles (ca. 8,25 Euro) mit Beilagen zubereiten lassen. Wir haben uns zwei für heute Abend bestellt und teilen schon bald die enttäuschte Ansicht der meisten anderen europäischen Cuy-Esser: Es ist nichts Besonderes. Es schmeckt nicht nach Huhn, wie manche behaupten, das Fleisch ist dunkler und etwas intensiver, eher wie Fasan oder Wildhase, allerdings ohne den feinen Wildgeschmack.

Die Haut ist dick und zäh wie Leder, eigentlich nicht essbar. Fleisch ist an dem pummeligen Nager kaum dran. Das Tier besteht wohl mehr aus Pelz und Innereien, um das viele Gras verdauen zu können. Daher werden die Innereien stets mitserviert, damit man satt wird. Die Zubereitung ist wohl auch ein wenig Schuld an unserer mangelnden Begeisterung: Der Braten war zu lange im Ofen, sodass das Fleisch vertrocknet ist, und außerdem ist es versalzen. Nun gut, wir haben es probiert, für essbar, aber nicht erstrebenswert befunden. Der Haus- und Hofhund Meilo, der mehr als der Rest des Kinderdorfes unter Proteinmangel leidet, wird sich morgen an den Resten erfreuen. Und zum Glück haben wir stets einen Jägermeister im Kühlschrank.

Munaychay, Peru – Die erste Woche im Kinderdorf

Sonntag, Februar 26th, 2012

Am siebten Tage sollst Du ruhen, sprach der Herr. Das haben wir auch nötig. Schwere körperliche Arbeit ist auf dreieinhalbtausend Meter Höhe noch mal so schwer. Mein Post-Inka schleppt Steine und schaufelt, was das Zeug hält, schläft dafür aber schon um sechs. Unser erstes Projekt ist eine Werkstatt für den Fuhrpark des Kinderdorfes. Mauern und Dach stehen bereits, aber der Erdboden und die Mauern sind feucht von einlaufendem Wasser. Zunächst schachten wir den Boden aus, um den Wasserabfluss zu finden. Wir bauen eine Form aus Holz, um einen Kanalschacht herzustellen, mischen Beton mit der Hand in einer Schubkarre, schleppen ihn in Eimern eine Treppe hinab, und gießen den Kanal.

Am nächsten Tag mischen wir erneut Beton, legen ein Abwasserrohr, gießen mehr Beton, um den Eingangsbereich wasserdicht zu bekommen und einen Deckel für den Abwasserschacht zu formen. Mit einem Zwei-Mann/Frau-Team, bestehend aus Jörg und mir, ist man dabei gut und gerne ein paar Tage beschäftigt. Zumal wir für jedes Werkzeug herumrennen, den Verantwortlichen suchen müssen, der meist gerade nicht in Sicht ist, und sich das Werkzeug dann sowieso an einer völlig anderen Stelle befindet als gedacht. Wie die Maurerkelle, die im Fenster des Hühnerstalls liegt, weil sie zum Abkratzen des Hühnerkots benutzt wird. Wir bauen nächste Woche weiter.

Die Kinder indessen können immer noch nicht genug bekommen von unserer Kabine. Bett-Küche-Bad-Dusche, das sind die Prioritäten. Wobei wir zugeben müssen, dass die Kinder sehr gut erzogen sind, immer höflich fragen, ein Nein zur Besichtigung widerspruchslos akzeptieren und selbst bei einem Ja nur ein paar Minuten bleiben, obwohl sie bereits auf der Treppe noch mindestens zweimal kehrt machen, der Abschied fällt so schwer. Vor allem die größeren Mädchen übernehmen Verantwortung und ordern die Jüngeren: „Wir gehen jetzt!“ Überhaupt sind das Verantwortungsbewusstsein und die Verantwortungsbereiche der Kinder erstaunlich: Sie putzen, kochen, waschen ihre Wäsche selbst. Mit der Hand, und mit kaltem Wasser, versteht sich. (Etwas Ermunterung werden sie vielleicht schon brauchen.) Es gibt auch Vorschüler und Erstklässler hier.

Mit riesigen Heckenscheren schneiden die Kleinsten das Gras kurz. Jede deutsche Mutter würde vor Entsetzen aufschreien. Mit Bestimmtheit hat auch hier jemand die Kinder auf die Gefahren einer großen Schwere hingewiesen, aber sie schneiden sich nicht. Sie springen zwei Meter hohe Mauern hinunter und klettern sie wieder hoch. Trotz Schule und Haushaltspflichten bleibt ihnen genügend Zeit für Spaß und Spiel. An einem sonnigen Tag – schließlich ist Karneval – begeben sie sich mit Eimern bewaffnet in den Springbrunnen und spritzen oder vielmehr schütten sich voll. Immer mehr Kinder kommen mit noch mehr Eimern zum Mitmachen. Sie sind klitschnass und kreischen vor Freude. Niemand maßregelt sie. Aller Wahrscheinlichkeit nach ziehen sie sich anschließend selbstständig trockene Kleidung an und waschen die nasse womöglich gleich.

Mit Kinderarbeit hat das Ganze nichts zu tun, nur mit Vorbereitung auf das wahre Leben. Bei uns werden Kleinkinder bis zum Alter von 31 in Watte gepackt, im Hotel Mama versorgt, von wo aus sie sich einen weiblichen oder männlichen Mamaersatz suchen, heiraten, enttäuscht feststellen, dass es eben doch nicht Mama ist, und sich wieder scheiden lassen.

Wir bitten um Verständnis, dass es aus dem Kinderdorf vielleicht nicht so viele Fotos gibt wie erhofft. Fotografieren ist hier eingeschränkt, da unter den Kinderdorfbewohnern auch Gewaltopfer sind, deren Identität geschützt werden soll.

Munaychay, Peru – Steine schleppen und Kartoffelnudeln

Dienstag, Februar 21st, 2012

Jörg pickt, hackt, stemmt. Ich schaufle, schleppe kleine Steine und rolle die großen, soweit es meine Kräfte zulassen. Aus ausgegrabenen Steinen und Grasteppichen bauen wir eine Rampe für Arminius. Das ist unsere erste Aufgabe im Kinderdorf Munaychay. Als wir gestern Nachmittag ankamen, erhielten wir einen Stellplatz unter einem Dach bei den Bussen. Gut gemeint, aber hier ist es schlammig, dunkel, und das Solarpaneel funktioniert natürlich nicht. Auf einem ungenutzten Wiesenstück haben wir die perfekte Aussicht: auf die schneebedeckten Gipfel der Cordillera Urubamba auf der einen und die grüne Cordillera Vilcabamba auf der anderen Seite.

Leider versperrt uns eine Mauer nach dörflicher Inkabauart mit teils zentnerschweren Blöcken den Weg. Niemand hat etwas dagegen, dass wir ein Stück des Walls entfernen, um eine Zufahrt zu schaffen. Nur haben wir während der Arbeiten verdächtig wenige Zuschauer. Zum Glück stört es in Peru niemanden, wenn Frauen Steine schleppen. Erst als wir nach wenigen Stunden fertig sind, kommen sie nickend hinter den Ecken hervor: „Gute Arbeit!“ Als wir dann in gemeinschaftlicher Arbeit den Unimog rückwärts durch das enge Zaunloch und über die Rampe bugsieren – in unserem bewährten System, ich am Steuer, Jörg weist ein – hat sich das gesamte Dorf zum Zuschauen versammelt. Als ich hinterher aussteige, wissen die Jungs überhaupt nicht, wo sie hinsehen sollen. Das ist irgendwie zuviel Neues auf einmal.

Wir haben uns verpflichtet, im Kinderdorf Munaychay für ein paar Wochen ehrenamtlich mitzuarbeiten. Das Dorf befindet sich in der Nähe von Cusco, in einem Seitental bei Urubamba und gehört zum privaten Hilfsprojekt www.herzenhelfen.de. Es widmet sich in erster Linie der Bildung und Ausbildung von Kindern, der Schaffung von Arbeitsplätzen zur Eindämmung der Landflucht und der Selbstversorgung. Im Freien und in Gewächshäusern werden Kartoffeln und Gemüse gezüchtet, Hühner und Eier werden sogar auf dem Markt verkauft.

Im Laufe der Reise stellten wir fest, dass wir extrem privilegiert sind. Damit meine ich nicht ausschließlich uns Weltreisende, sondern alle Menschen in Deutschland, in Mitteleuropa. Was uns betrifft wollen wir einen Teil unserer Reisezeit und unsere Arbeitskraft guten Zwecken widmen und wählten dieses kleine, unbürokratische Projekt. Wie stets werden wir auch hier mit einem amüsierten und einem kritischen Auge hinter die Kulissen blicken. Natürlich sind wir nicht böse, die Regenzeit in den Bergen auf diese Weise überstehen zu können und die Wartezeit für unsere neuen Reifen zu überbrücken, die noch nicht einmal unterwegs sind, da wir die bürokratischen Importhürden Perus noch nicht überwunden haben.

Als es endlich ein Uhr ist und uns von der schweren körperlichen Arbeit auf 3.400 m Höhe der Magen knurrt, suche ich mit meinem Topf die Küche auf. Das scheinen hier viele so zu machen, obwohl wir auch in den Kinderhäusern essen könnten. Ich halte der Köchin den Pott hin und sage: „Für zwei Personen bitte.“ Wieder dieser Blick. Mondkalb. „Essen???“ fragt sie schließlich. Nein, Klopapier, Haarshampoo, Flohpuder. „Ja, essen für zwei Personen bitte.“ Sie zweifelt immer noch, hebt den Deckel. „Wir haben aber nur das.“ Sie deutet auf Bandnudeln, gemischt mit im Ganzen gekochten Salzkartoffeln. Sehe ich mit meinen wirren, hochgesteckten Haaren, den schlammigen Schuhen und den von der Arbeit dreckigen Jeans aus, als ob ich etwas Besseres wäre? „Das ist prima“, versichere ich, woraufhin ich eine Portion für eine vierköpfige Familie erhalte. Recht so, wir sind hungrig. Die Nudel-Kartoffel-Mischung ist geschmacklich nicht einmal schlecht, sie enthält sogar Spurenelemente von Zwiebeln, Möhren, Erbsen und Fleisch, und reichlich Öl, damit es rutscht und sättigt.

Später schneide ich Jörg die Haare mit dem Haarschneidegerät. Schon ist das minderjährige Publikum wieder da. „Whow, die haben einfach alles.“ Ein paar von den Jungs nutzen die Gelegenheit, um Fragen zu stellen, vor allem zum Auto. Aber da sind auch die anderen. 150 cm Abstand und penetrantes, stummes Starren. Zum Glück wird auch Haare schneiden irgendwann uninteressant.

Am Abend halten es die Kinder nicht mehr aus, vor allem die Mädchen. Allzu viele Kinder sind momentan nicht da, in Peru herrschen im Januar und Februar Schulferien. Die Horde vor dem Fenster hat eine Sprecherin auserkoren, die höflich fragt, ob sie bei uns rein dürfen. Wird wohl auf Dauer nicht zu verhindern sein, also ja. Die Kinder brechen in Entzückensschreie aus. Es gibt ganz klare Prioritäten: Wo ist das Bett? Küche? Herd, klar, Backofen, super, und schau, ein Kühlschrank! Der muss auf und untersucht werden. Ein Waschbecken – kuck da kommt sogar Wasser raus. Toilette? Hier. Dusche auch? Whow. Und wo sind die Klamotten? Schon befindet sich der Kleiderschrank unter Investigation. Wo sind die Schuhe? An der Tür. Alles ist zufriedenstellend, die Kinder hüpfen dreimal raus und wieder rein, alles muss erneut untersucht werden.

Die Kinder sind invasiv, aber ich würde sagen, es ist ungebremste kindliche Neugier. So wie alle Kinder wären, wenn sie nicht wie bei uns umerzogen würden: Schau da nicht so hin! Nicht anfassen! Das tut man nicht! Frag nicht so viel! Die Fragen dieser Kinder sind erstaunlich intelligent, sie machen sich Gedanken über Dinge, über die die meisten Erwachsenen nicht einmal nachdenken. „Habt ihr auch Strom? Wo kommt das Wasser her? Ist es nur kalt oder auch warm? Und wo geht das Wasser aus der Dusche hin? Respekt, Mädels. Ein Junge will wissen: „Habt ihr auch einen Fernseher?“ „Nein, wir haben Bücher. Zum Lesen.“ „Oh…“

Cusco, Peru – Unfreiwilliger Kartoffelbrei und Gefrierbeutelproblematik

Sonntag, Februar 19th, 2012

„Welche Kartoffelsorte eignet sich am besten für Kartoffelsalat?“ Dieser Blick. Also ob ich ein Mondkalb wäre. In solchen Momenten komme ich mir unendlich dumm vor. Ich denke, irgendetwas Falsches, etwas völlig Unverständliches gesagt zu haben. Doch nein, die Frage war richtig, verständlich formuliert. Ich versuche es noch einmal, erklärend, ausschweifend. Die beiden Verkäuferinnen an der Gemüsewaage lassen erneut Sekunden verstreichen, bis schlussendlich eine antwortet: „Das weiß ich nicht.“ Gütiger Himmel, wer soll es denn sonst wissen? Aber wer soll sich bei 3000 Kartoffelsorten auch noch auskennen.

In jedem Supermarkt Perus ist eine Ganze Reihe des Gemüseregals den verschiedenen Kartoffelsorten gewidmet. Leider verhalten sich die meisten Sorten ausgesprochen eigenwillig beim Kochen. Die Salzkartoffeln sind fast gar, man gibt noch zwei, drei Minuten dazu, sie sehen perfekt aus, die Messerstichprobe ergibt: perfekte Konsistenz. Ich gieße das Wasser ab, sehe in den Topf, und habe Kartoffelbrei. Die meisten Sorten hier sind nicht nur mehlig kochend, sondern mehlig zerfallend. Die gibt es in Deutschland gar nicht. Entsprechend viele Rezepte für derartige Anwendungsgebiete weist die peruanische Küche auf: Aufläufe mit Kartoffenpüree oder Kartoffencremesuppen. Ich greife mir die Kartoffeln, die denen am ähnlichsten sehen, mit denen ich bereits gute Erfahrungen machte.

Als nächstes brauche ich Gefrierbeutel. Die finde ich in einem deutschen Supermarkt schon nicht. Mal sind sie hinterm Geschenkpapier, mal in einem Eck der Gemüseabteilung, mal bei der Schuhcreme. Ich frage einen Verkäufer nach Alu- und Frischhaltefolie (das klappt besser, und da sind auch stets die Beutel), da niemand in diesem Land weiß, was Gefrierbeutel sind – obwohl so gut wie jeder Supermarkt sie führt. Der Verkäufer wiegt den Kopf. „Nein, so etwas führen wir nicht…glaube ich.“ Danke fürs Gespräch, ich versuche es beim nächsten. „Bitte fragen Sie die Damen da drüben.“ Mach ich, aber die beiden Verkäuferinnen, deren Unterhaltung ich gerade störe, antworten: „Der Herr da vorne, der weiß das“, und deuten zurück. Als direkt hilfsbereit, engagiert und gut ausgebildet kann man das Personal – vor allem in den Bergregionen – nicht bezeichnen. Nicht einmal als besonders freundlich.

Aber wer will’s ihnen verdenken: Über Jahrhunderte wurden sie unterdrückt und misshandelt: von den Inka, von den Spaniern, von Sendero Luminoso und wer weiß wem sonst noch. Besondere Fremdenfreundlichkeit zu erwarten wäre wohl schlicht zuviel. Ich begebe mich selbst auf die Suche, durchkämme die Regale nochmals sorgfältig, finde meine Beutel. Soll ich damit nochmals zu den Verkäufern zurückgehen? Verschwendete Energie. Ich gehe zur Kasse.

Wer in Cusco aufstocken muss: Es gibt zwei Mega Supermärkte, die nichts Besonderes haben, aber man verhungert nicht. Der in der Avenida Centenario (zwischen C. Quera und C. Ayacucho) ist stadtnäher, der größere in der Avenida de la Cultura hat geringfügig mehr Auswahl und etwas weniger schlaffes braunes Gemüse, das man grundsätzlich auf dem Mercado Central (San Pedro) frischer kauft.

Moray + Salinas, Peru – Inkaterrassen, Salinen und Karneval

Samstag, Februar 18th, 2012

Versuchsanstalt, Open-Air-Laboratorium oder schlicht Acker? In Moray befinden sich einige der berühmten Inka-Terrassierungen, allerdings in einer ganz besonderen Form. Wie in einem Amphitheater sind perfekte konzentrische Kreise (ein paar nicht weiniger perfekte Ellipsen gibt es auch) in einer Art natürlicher „Schüssel“ angeordnet. Die einzelnen Terrassen sind mit Mauern abgestützt und verjüngen sich nach unten hin. Um von einer Ebene in die nächste zu gelangen, wurden in die Mauern versetzt ein paar herausragende Steine eingelassen, die als Treppe dienen. Eine Be- und Entwässerung haben die Terrassen auch.

Mein Agraringenieur widerspricht der Theorie, dass es sich um ein Versuchslabor handelte, wo die Inka herausfinden wollten, auf welcher Höhe welche Frucht am besten wächst. Die Höhenunterschiede in den Pflanzkesseln wären zu gering. Allerdings muss man zugeben, dass in den Senken ein besonders mildes Mikroklima herrscht. Für eine Höhe von knapp 3.600 m ist es hier extrem mild. Wir gehen schon eher mit der Theorie konform, dass hier Wildpflanzen domestiziert, Hybride gezüchtet oder Pflanzen aus wärmeren Klimazonen akklimatisiert wurden. Oder es wurden gar Pflanzen angebaut, die sonst in diesen Höhenlagen nicht gedeihen würden.

Die Rundterrassen von Moray sind mit dem kompletten Boleto turistico, dem Teilboleto fürs Heilige Tal oder für 10 PEN Einzeleintritt zugänglich. So viele Touristen hat Moray sicher schon lange nicht mehr gesehen. Viele enttäuschte Pauschalreisende werden heute hierher gebracht, als Alternativprogramm für das unzugängliche Machu Picchu. Zum Glück können wir mit der Besichtigung vor dem Ansturm starten, da wir hier übernachtet haben.

Von Moray erreicht man über das Dorf Maras die sogenannten Salinas – alles auf guten Erdstraßen. An einem Hang wurden von den Inkas tausende von Salinen zur Salzgewinnung angelegt. Eine heiße, ausgesprochen salzhaltige Quelle entspringt einem Berg, wird in die flachen Becken geleitet und verdunstet. Das Salz wurde ursprünglich für Tierlecken verwendet, man kann es heute aber abgepackt kaufen, 350 g für 2 Nuevo Soles –teurer als im Supermarkt, dafür ohne rieselverbessernde Chemikalien. Eintritt zu den Salinen, die heute ebenfalls gut besucht sind, beträgt 5 PEN (S 13°18’14.9’’W 72°09’14.4’’). Die sorgfältig gemauerten Becken mit den schmalen Stegen zum Balancieren und den engen Kanälen für das Thermalwasser gehören zu den schönsten Anblicken im Heiligen Tal.

Auf dem Rückweg nach Cusco biegen wir an der Laguna Piuray ab zum Dorf Umaspampa. Hier soll es Webvorführungen geben und (Wand-) Teppiche und Wollwaren zu kaufen sein. Heute allerdings hat die Dorfbevölkerung anderes zu tun. An allen Februarwochenenden wird Karneval gefeiert, fast überall im Land, und hier auf dem Kirchhof. Die Kirche ist so ziemlich das heruntergekommenste Gebäude, das wir seit langem gesehen haben, aber das tut der Begeisterung der Dorfbewohner und er betrunkenen Akteure keinen Abbruch. Meist wird ein Baum aufgestellt, behängt mit Plastikdekoration und -waren. Ist er schließlich gefällt, reißen sich vor allem die Kinder um den Tand.

Eine Kapelle mit Schlag-, Blasinstrumenten und Flötisten spielt auf, soweit sie noch in der Lage ist. Dazu tanzen zwei Männer in Frauenkleidern. Sie legen tanzend einen Rock nach dem anderen ab (die Frauen hier tragen ja recht viele Röcke übereinander), dann den Hut, und schließlich müssen sie alles wieder anziehen. Niemanden kümmern die beiden Touristen, die zusehen, außer dem spanisch sprechenden Mann, der bemüht ist, mir ihre Karnevalstraditionen zu erläutern. Die Qualität der Vorstellung mag etwas unter dem Alkoholkonsum der Akteure leiden, steigert aber deren Begeisterung. In größeren Städten wirft man gerne „Bomben“ auf unachtsame Passanten, mit Wasser oder Mehl gefüllte Luftballons – besonders gerne natürlich auf „Weißhäutige“.

Nach beendeter Rundfahrt zurück in Cusco begeben wir uns zum geschlossenen Quinta Lala Campingplatz, wo Verwalterin Milagros uns schon erwartet. Nach der Bergungsaktion von neulich haben wir ungehinderten Zugang auf den Platz.

Ollantaytambo + Moray, Peru – Kein Weg nach Machu Picchu und Wasserfahrt

Freitag, Februar 17th, 2012

Heute Morgen heißt es Abschied nehmen von Ray und Jo, zumindest für einige Monate. Sie fahren weiter Richtung Süden, werden den Sommer in Deutschland verbringen und erst im Herbst nach Südamerika zurückkehren, während wir noch einige Wochen in der Nähe Cuscos bleiben.

Der Rio Urubamba, der Fluss, der uns durchs Heilige Tal begleitet, ist bedenklich angeschwollen. Es gibt zwar keinen Dauerregen, nur stundeweise, aber die Berge sammeln das Wasser und leiten es ins Tal. Die Ruine Ollantaytambo steht auf zwei Hügeln mit Speichern auf der einen und Terrassen auf der anderen Seite. Spannender finde ich das Dorf, das seit 1300 bewohnt wird und aus der Inkazeit stammt: mit Flusskieseln gepflasterte Straßen, Entwässerungskanäle in der Mitte des Weges oder an den Seiten – es muss damals schon so viel geregnet haben. Die Mauerarbeiten fürs gemeine Volk im Dorf – Bauern, Handwerker, Arbeiter – fielen nicht so fein aus wie für Tempelanlagen und hohe Herren: ein paar grobe Steine, mit Lehm zusammengeschmiert, Strohdächer drauf, fertig.

Es ist ein hübsches interessantes Dorf, aus dem heute die Camper fliehen und die Rucksacktouristen kopflos umherlaufen. Was ist los? Alle Wege nach Machu Picchu sind gesperrt. Die wohl meistbesuchte Ruine der Welt, Aushängestück der Inkakultur, ist unzugänglich. Die Autopiste nach Santa Teresa, von wo aus man zu Fuß / mit dem Bus nach Machu Picchu gelangt, ist schon seit Tagen von einem massiven Erdrutsch versperrt. Nun fährt auch der Zug nicht mehr, meistbenutztes Verkehrsmittel für Touristen auf dem Weg ins Heiligtum, dessen letzte Zusteigestation Ollantaytambo ist, und bald werden wir am eigenen Leib erfahren, warum. Der Inka-Trail, indiskutabel teurer mehrtägiger Fußmarsch zur Festung ist wegen Rutschgefahr und für Wartungsarbeiten im Februar stets gesperrt. Kein Weg führt also mehr zum peruanischen Touristenziel Nummer eins. Wie ruhig muss es jetzt dort sein, wo sonst die Besucherzahl auf stattliche 2500 pro Tag beschränkt ist.

Wir wollten unseren Besuch sowieso auf später verschieben und fahren stattdessen nach Moray weiter. Natürlich können wir nicht auf der normalen Straße fahren, sondern müssen wieder auf so einer Piste durch die Berge schleichen – wenn wir nur schon in den Bergen wären. Vier Kilometer östlich von Ollantaytambo führt eine orangefarbene 15-Tonnen-Brücke über den Rio Urubamba, Danach hält man sich links, überquert die Schienen und fährt sofort wieder die kleine Erdstraße links über die Schienen, sodass man jetzt den Fluss links und die Schienen rechts hat. Es dauert nicht lang, bis wir unsere Befürchtungen übertroffen sehen: Der Fluss rast überfüllt in seinem Bett hangabwärts, gezähmt nur von aufgeschütteten Dämmen. Trotzdem ist er teils über die Ufer getreten bzw. drückt von unten übers Grundwasser hoch. Der Schotterweg existiert nicht mehr, er hat sich ebenfalls in einen Fluss verwandelt. Das Gleisbett ist total unterspült – wann wird wohl wieder ein Zug nach Machu Picchu fahren können?

Zunächst durchqueren wir Unter-Wasser-Strecken von einigen Dutzend Metern mit trockenen Inseln zwischendurch. Dann kommen wir an eine Stelle, wo wir kein Ende des Straßen-Flusses mehr ausmachen können. Nun, wozu hat man einen Unimog, Jörg fährt einfach los. Dumm ist nur, dass man nicht weiß und in der roten Schlammbrühe nicht sehen kann, wie es unter der Oberfläche aussieht. Nur einmal sacken wir in einem großen Loch in der Straße bis zu den Einstiegen ein (65 cm), schlimmer wird es nicht. Nach mehreren Kilometern Wasserfahrt stoßen wir auf eine weitere Flussbrücke, eine schmale Hängebrücke, geeignet für kleine Fahrzeuge, dann überqueren wir die Bahn erneut und schon geht’s in Serpentinen hoch in die Berge, von 2.800 auf 3.600 m. Es beginnt erneut zu regnen und wir sind froh, den Fluss und die teils unter Flussniveau befindliche Straße verlassen zu können. Allerdings wird jetzt auch die an sich gute Bergpiste glitschig. Andenfahrer wissen: Das rote Zeug ist am schlimmsten, das ist wie Schmierseife.

In den flachen Hochtälern wird seit Inkazeiten Ackerbau betrieben. Ein ungewöhnlich mildes Mikroklima gestattet hier Weizen- und Rapsanbau. Nur 20 km nach Ollantaytambo erreichen wir Moray, eine weitere Inkaattraktion. Wir fragen die Wächter, ob wir auf dem Parkplatz übernachten können – kein Problem. Inkastätte Moray: S 13°19’48.2’’ W 72°11’39.2’’, kostenlos, kein Service.

Cusco + Pisac, Peru – Der Unimog, das Bergefahrzeug

Donnerstag, Februar 16th, 2012

Die deutschsprachige Kolonie löst sich auf. Sie versucht es jedenfalls, und die Schwierigkeiten, die das bereitet, sind eingeplant. Die sieben Fahrzeuge mit drei Schweizern, drei in Deutschland lebenden Holländern, vier Österreichern und vier Deutschen stimmen ihren Abfahrtstermin aufeinander ab, sprich, sie fahren ab, wenn Arminius abfährt, und das ist heute. Es sind erstaunlich viele Fahrzeuge für Nebensaison auf diesem Campingplatz, auf dem mittlerweise Land unter herrscht. Die einzige andere nennenswerte Gruppe Welt- und Amerikareisender sind Franzosen, aber da die bevorzugt mit Straßenwohnmobilen (möglichst groß) unterwegs sind, stehen sie draußen auf der Straße vor der Tür. Sie wären nicht einmal mehr auf den Platz gekommen.

Es handelt sich um eine sechsköpfige Familie (in Frankreich ist Heimschulung erlaubt, mit guten Programmen unterstützt und von reisenden Familien gerne genutzt), und ein älteres Paar, das außer Französisch nichts spricht. Wir hatten sie bereits in Nasca getroffen. Obwohl ich die bei unseren westlichen Nachbarn häufiger gesehene Verhaltensweise, nicht ein Wort Englisch, Spanisch, oder eine andere Sprache zu sprechen oder zu lernen, nicht gerade als weltoffen gutheißen kann, bewundere ich doch den Mut, derart unbedarft durch fremde Länder zu reisen.

Den schweizerischen Landrover bekamen wir schon gestern mit Sandbrettern und Schieben heraus, genau wie heute das österreichische Wohnmobil, das auf halbwegs festem Grund steht. Mit unseren sechs und zwei weiteren Glasfibersandboards, die wir immer wieder vorlegen, geht das hervorragend. Sie sind flach, leicht, damit gut zu stauen, extrem biegsam, unzerstörbar und springen stets wieder in die ursprüngliche horizontale Form zurück (unsere sind von sandbleche.de). Leider klappt das System bei den beiden Campern, die ganz hinten in der Ecke im weichen Matsch stehen, nicht mehr. Wir müssen sie heraus winschen. Dazu aber muss erst Arminius seinen Platz verlassen und sich in Position bringen. Ob wir wohl durch den Schlamm kommen?

Wir reduzieren den Reifendruck, der Unimog setzt sich in Bewegung und schwebt geradezu über die nasse Wiese. Mit Winschseil und Bergegurt ziehen wir die anderen beiden aus 50 m Entfernung, ohne den Campingplatz komplett umzupflügen. Die Verwalterin ist erleichtert. Der Mercedes-Bus mit Vierradantrieb steht günstig und schafft es mit den Sandblechen alleine. Zurück bleibt nur ein weiterer Landrover, aber der befindet sich auf trockenem Grund. Geschafft! Nicht nur die Bergeaktion, sondern auch wir. In über 3.600 m Höhe immer wieder Seil abrollen, aufrollen, Bretter vorlegen ist kein Pappenstiel – danke an unsere aktiven Helfer. Die kritischen Stimmen der letzten Tage über Unimogs sind restlos verstummt, daher trifft sich das Bergungsteam einträchtig zu einem Abschiedsfoto.

Nach unserer gemeinschaftlichen Abreise schließt der Campingplatz Quinta Lala. Eine einfache Drainage in den Rasen zu legen würde helfen, auch bei Regen operieren zu können, aber das ist eben Südamerika. Danke auch an Ray und Jo für das Beisteuern einiger Bilder, wir selbst waren teils zu beschäftigt gewesen. Zusammen mit den beiden starten wir eine Rundfahrt um Cusco durchs sogenannte Heilige Tal, das die Inka bewohnten und wo es zahlreiche Ruinen gibt – leider alle geschleift von den Spaniern, sodass nicht allzu viel davon übrig blieb.

Ein weiteres Problem kommt hinzu: Peru versucht – zu Recht oder nicht – möglichst viel Geld mit den hochstilisierten Ruinen zu verdienen. Es ist nicht möglich, sich eine oder einige davon auszusuchen und zu besichtigen. Das Zauberwort heißt Boleto turistico. Für 130 Nuevo Soles (36 €) pro Person erkauft man sich das Recht, innerhalb von zehn Tagen die wichtigen und unwichtigen Sehenswürdigkeiten der Umgebung zu besuchen, Cuscos Museen sowie eine folkloristische Tanzveranstaltung. Wem das zu viel ist, der kann zwischen drei verschiedenen Teil-Boletos für je 70 PEN (gut 19 €) wählen: eines für die Museen, eines für die archäologischen Stätten im Heiligen Tal (Pisac, Ollantaytambo, Chinchero und Moray) und ein anderes für die Ruinen direkt an der Stadt (Sacsaywamán, Q’enqo, Pukapukara, Tambomachay). Teil-Boletos sind zwei Tage gültig.

Mit Überredungskunst gelingt es manchmal, eine einzelne Ruine für 35 bis 40 PEN (10 – 11 €) zu besuchen, das ist jedoch inoffiziell. Um es vorweg zu nehmen: Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hier aus den Fugen geraten. Ich hasse dieses (Un-)Wort, dennoch schleicht es sich in mein Hirn: Abzocke? Leider gibt es nur die Wahl: Boleto oder keine Ruine. Gerüchte gehen, dass man zeitig vor 7:00 Uhr (wenn die Wächter eintreffen) kostenlos rein kann.

Auf unserer Rundfahrt entgegen dem Uhrzeigersinn passieren wir zunächst Sacsaywamán. Man kommt zwar ohne Boleto nicht in die Anlage hinein, aber ein paar aus erstaunlich großen Blöcken zusammengesetzte Mauern kann man von außen sehen und mit einem Teleobjektiv fotografieren. Das gleiche gilt für die Zick-Zack-Mauern der kleinen Ruine Q’enqo. Die nächsten beiden sind relativ unspektakulär. Dazwischen kann man, vor allem in Yuncaypata, Häuser mit tierischen Stuckdekorationen und Keramikkühen auf den Strohdächern sehen. Pisac gehört wieder zu den interessanteren Inkastätten, die Größe und die Lage auf einem Berg machen es aus.

Die Sicht ist heute nicht gut, daher begeben wir und schnurstracks zum Club Royal Inka. Das ist ein Hotel mit riesiger Anlage, wo man im Garten für 20 PEN pP campen kann. Im Preis inbegriffen ist die Nutzung sämtlicher Einrichtungen: olympisches 50-m-Hallenbad (schließt um 16:00 Uhr), Teiche, Sport-, Picknick- und Grillplätze. Die grütze-graue Kühle lotst uns ins Schwimmbad, eine nette Abwechslung, obwohl Bahnenschwimmen auf 3.000 m Höhe recht Atmung anregend ist. Toiletten und warme Außenduschen sind weit weg vom Campingplatz, mit einem langen Kabel ergattert man Strom. Die Anlage ist mit den Jahren lateinamerikanisch heruntergekommen und wird ihrem hervorragenden Ruf nicht mehr gerecht, ist aber trotzdem besser als das meiste, was dieses Land zum Campen bietet. Club Royal Inka, Pisac, S 13°25’21.6’’ W 71°50’29.6’’

Cusco, Peru – Stadtrundgang: „Leute bin ich denn ein Kiosk…“

Dienstag, Februar 14th, 2012

„…oder bin ich etwa ’ne Bank, oder seh’ ich aus wie ein Hotel, oder wie ein Kassenschrank?“ Was der einzige schwyzerdütsche Hit ist, der je die eidgenössischen Grenzen übersprang (soweit ich es erinnere), könnte als perfekte Beschreibung eines Gangs über die Plaza de Armas in Cusco gelten. Hier will jeder nur unser Bestes: unser Geld. Indígenas verkaufen Souvenirs und Cucso-Drucke, Restaurants winken mit ihren Speisekarten und an jeder Ecke will man mich massieren. Fliegende Händler offerieren Regenschirme oder Regenponchos, nicht dumm in dieser Jahreszeit. Falls man sich je sein Schicksal aus Cocablättern lesen lassen wollte, ist man hier richtig. Jeder Schuhputzer Cuscos bietet mir heute mindestens einmal an, meine schlammverkrusteten Wanderstiefel zu reinigen, was völlig sinnlos ist, wenn ich nach unserm Stadtrundgang auf dem mittlerweile unter Wasser stehenden Campingplatz durch zentimetertiefen Matsch zum Camper waten muss. Am dreistesten finde ich die anhänglichen Bettler, die unser Geld ohne Gegenleistung wollen, einfach aufgrund der Tatsache, dass wir mehr davon haben als sie. Was korrekt ist, und so wie sie aussehen, könnten sie es wohl wirklich brauchen.

Die Plaza de Armas, der zentrale Platz Cuscos, ist ein Spießrutenlauf für die Weichherzigen, aber ein pulsierend lebendiges Stück Jahrtausende alter Geschichte. Die unvermeidliche Kathedrale steht hier, deren kunstvolles Innere man für 25 PEN pro Person, satte 7 €, besichtigen kann. Es hätte mich interessiert, aber nachdem die katholische Kirche die Reichtümer der Inkas geraubt hat, braucht sie mein Geld nicht auch noch. An der angrenzenden Plazaseite steht La Iglesia de la Compañía de Jesús. Die Kirche von 1572 sollte nach dem Erdbeben von 1650 auf Wunsch der Jesuiten zur prunkvollsten Kirche der Stadt werden. Zwar beschwerte sich der Bischof beim Papst, dass doch die Kathedrale das glorioseste sakrale Bauwerk bleiben müsse. Bis jedoch die Entscheidung des Papstes zugunsten der Kathedrale Cusco erreichte, war es bereits zu spät. La Compañía de Jesús war fast fertig, und so stiehlt ihre barocke Fassade auch heute noch der Kathedrale die Schau.

Säulenarkaden und weitere Kirchen säumen die Plaza de Armas, und es gibt noch weitere Plazas mit weiteren Kirchen und weiteren Arkaden. Dazwischen wuseln Menschen und drängen sich zu viele Autos durch die engen Gassen, hie und da klebt eine Markthalle dazwischen, wo von harmlosen gewebten Armbändern und Schlüsselanhängern über Ziegenhufe bis Stierhoden so ziemlich alles feilgeboten wird. Cusco ist eine durchaus schöne und vor allem interessante Stadt, auch wenn man wohl an wenigen Plätzen auf diesem Kontinent Tourismus so in seiner Reinform erleben kann. Trotz Nebensaison scheint mancherorts die Anzahl der Besucher die der Einheimischen zu übersteigen.

Das Besondere an einem Cusco-Rundgang sind die alten Inkamauern, die überall, vor allem in den engen Fußgängergassen meterhoch reichen, bis sie weiter oben von Kolonialmauerwerk abgelöst werden. Ein sehr schönes Beispiel ist die Calle Hatunrumiyoc, wo man sogar einen zwölfeckigen Stein bewundern kann, der perfekt zwischen die umgebenden Steine eingepasst wurde. Biegt man am Ende dieser Gasse rechts ab findet man nach wenigen Häusern auf der rechten Seite das winzige gemütliche Familienrestaurant Manaq Pacha – ein Tipp von anderen Reisenden, abseits der Reiseführerempfehlungen, den wir gerne weitergeben. Hier kann man ein Almuerzo – Mittagsmenü – für nur 10 PEN bekommen, dazu in sehr guter Qualität und mit reichlich Auswahl bei Vor- und Hauptspeise.

In einer Stadt mit derart ausgeprägtem Tourismus ist auch Anbetung nicht kostenlos. Die meisten Kirchen verlangen Eintritt um die 10 PEN, nur die Kathedrale ist teurer, was sich schnell summiert. Alternativ kann man das Boleto Religioso für 50 PEN (14 €) erstehen, das die Tore aller Kirchen öffnet. Zur Messe wird zwar kein Eintritt verlangt, aber dafür verwehrt man Touristen den Zutritt, es sei denn sie mischen sich unauffällig unter die Menge und verzichten auf touristische Verhaltensweisen wie Fotografieren. Würde ich nicht schon seit vielen Jahren keine Kirchensteuer mehr bezahlen, ich müsste mich glatt beim Papst beschweren.

Cusco, Peru – Die fugenlose Steinmetzkunst der Inka

Montag, Februar 13th, 2012

700 Platten massiven Golds zu je zwei Kilogramm sollen die Wände bedeckt haben. Im Garten standen lebensgroße Maispflanzen, Lamas mit Hirten, Babys, Altäre, eine Sonne, Bäume und Sträucher, Vögel, Schlangen und Schmetterlinge – alles aus purem, massivem Gold und Silber, verziert mit Edelsteinen. Qorikancha mit all seinen Kunstschätzen war der reichste Tempel im ganzen Inkaimperium gewesen. Dann kamen die Spanier, raubten die Schätze, schmolzen sie ein und schleiften die Mauern, soweit es ihnen gelang. Den Steinbruch benutzten sie, um auf den Tempelmauern Kirche und Kloster Santo Domingo zu bauen und verputzen alles unauffällig. Der Tempel geriet in Vergessenheit und bis 1950 war Santo Domingo eine ganz normale Kirche und Konvent. Dann erschütterte ein gewaltiges Erdbeben Cusco, und Santo Domingo stürzte in sich zusammen. Einige Mauern blieben jedoch stehen, und die beschämende Erkenntnis lautete: Es handelte sich um die Inkamauern, die man damals nicht hatte niederreißen können.

Heute ist Santo Domingo / Qorikancha – auf Quechua „Goldener Hof“ – ein Museum, eine eigenartige Kombination aus Inkabaukunst, Kolonialkirche, sakralem Museum, Kunstausstellung und Blumengarten. Die Inkamauern wurden vom Putz befreit und sind in ihrer ganzen Perfektion zu bestaunen. Die Steinblöcke sind so haargenau gearbeitet, dass sie völlig ohne Mörtel zusammengesetzt werden konnten. Nicht ein Blatt Papier kann man zwischen die Fugen schieben. Sämtliche Linien haben Sturz. Fenster und Türen verjüngen sich nach oben, selbst die Mauern als solches streben aufeinander zu. Zusätzlich sind einzelne Böcke ausgestellt, die die höchst komplizierte Verzahnung der Steine darstellen. Mit der Vernichtung der Inkakultur ist auch das Wissen über derart erdbebensichere Bauweise verloren gegangen. Bei dem Erdbeben von 1950 verschob sich lediglich ein Stein in den Restinkamauren um einige Millimeter.

Zehn absolut lohnenswerte Nuevo Soles bringen uns in diese bizarre Tempel-Kirche. Die ausgestellten kolonialen Ölgemälde und klerikalen Gewänder darf man nicht fotografieren. Aber wen stört das schon angesichts der zum Staunen mit offenem Mund verleitenden präkolumbischen Steinmetzkunst?

Cusco, Peru – Der Nabel der Welt

Sonntag, Februar 12th, 2012

Der Sonnengott Inti sah auf die Erde und beschloss, dass die Menschen etwas Organisation gebrauchen könnten. So schuf er im 12 Jh. den ersten Inka, Manco Cápac, und seine Schwester-Ehefrau Mama Ocllo auf der Isla de Sol im Titicacasee. Manco erhielt einen goldenen Stab mit dem Auftrag, sich dort niederzulassen, wo er sich mit einem Schlag im fruchtbaren Boden versenken ließ. Dies würde der Nabel der Welt werden, auf Quechua qosq’o, oder eben Cusco, wie die Spanier es nannten. Zunächst aber mussten Manco Cápac und Mama Ocllo weit laufen, bis sie den richtigen Platz fanden, unterwarfen gleich mal die Ureinwohner und gründeten nach der Legende das erste Inkareich. Bewohnt ist Cusco, auf 3.400 m Höhe gelegen, schon seit mindestens 2.000 Jahren, nimmt man an. Damit gilt sie als älteste kontinuierlich besiedelte Stadt Amerikas.

Bis zum achten Inka – nur der König durfte sich ursprünglich Inka nennen – beherrschten sie ein eher kleines Areal rund um Cusco und lieferten sich hin und wieder kleine Schlachten mit anderen Hochlandvölkern. 1438 gab es wieder so ein Gefecht, das der König verloren glaubte und die Flucht ergriff. Sein Sohn weigerte sich aufzugeben und mit Hilfe einiger erfahrener Generäle schlug er seine Gegner in einem verzweifelten letzten Vorstoß zurück. Derart Blut geleckt begann Pachacutec, der neunte Inka, gefolgt von seinem Sohn und seinem Enkel, ihr Reich systematisch auszuweiten, Völker kriegerisch zu erobern, zu unterwerfen, ihnen ihre Sprache, Kultur und Götter aufzuzwängen. (Ganz anders als die Spanier, nicht?) Dabei legten sie erstaunliches strategisches Geschick an den Tag, indem sie z.B. ganze Völker zwangsumsiedelten, um die so Entwurzelten gefügig zu machen.

Es bedurfte nur 100 Jahre und das Inkareich erstreckte sich von der heutigen Grenze Kolumbien-Ecuador im Norden bis südlich von Santiago de Chile. Dann war es auch schon wieder vorbei mit der Macht. Wie berichtet teilte der 11. Inka das Reich unter seinen beiden Söhnen auf, die sich bekriegten. Der Sieger Atahualpa wurde von den inzwischen auf dem Kontinent eingetroffenen Spaniern festgenommen und später umgebracht.

Der spanische Eroberer Francisco Pizarro erreichte Cusco im November 1533. Er ernannte Manco, einen weiteren Halbbruder Atahualpas, zum Marionettenkönig. Das ging ein paar Jahre gut, während derer Pizarro in unendlichem Zerstörungswahn die wunderschöne reiche Stadt Cusco – erbaut von den Inka im Grundriss eines Pumas – einreißen und durch koloniale Gebäude ersetzen ließ. Das gelang ihm nur bis zu einem gewissen Grad, da ihn die berühmte fugelose Bauweise der Inka mit ineinander verzahnten Blöcken einen Strich durch die Rechnung machte. So stehen heute noch zahlreiche der Kolonialgebäude und selbst Kirchen auf originalen Inkafundamenten. Sämtliches Gold und Silber ließ Pizarro einschmelzen und größtenteils ins Mutterland schaffen.

1536 rebellierte der Marionettenkönig dann doch, um die Spanier mit einer Armee von rund 100.000 Soldaten aus seinem Reich zu vertreiben. Doch es wurde nur ein verzweifelter letzter Ausbruch, in einer gewalttätigen Schlacht bei Sacsaywamán von den Spaniern niedergeschlagen. Manco Inka musste fliehen, zunächst nach Ollantaytambo und schließlich in die Dschungelfestung Vilcabamba (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Ort in Ecuador). Nachdem Cusco sicher zurückerobert war, wandten die Spanier ihr Interesse der von ihnen neugegründeten Hauptstadt Lima zu und Cusco verschwand vom Radar des Weltinteresses – bis 1911 Machu Picchu „wiederentdeckt“ wurde und Cusco von der ruhigen Provinzstadt zum Angelpunkt peruanischen Tourismus’ katapultierte.

Cusco, Peru – Heute koche ich…Alpaka

Freitag, Februar 10th, 2012

Jawohl, ich brate kleine süße Lamas. Na, so klein war es wohl nicht mehr, der Größe des Filets nach zu schließen. Der Campingplatz Quinta Lala besorgt feinstes Rind oder Alpakafleisch bei einem Spezialmetzger, allerdings nur kiloweise. Die Filets sind zu fast unglaublichen 29 PEN (8 €) das Rind und 20,90 Pen (5,75 €) das Alpaka pro Kilo zu erhalten. Geliefert wird es auch noch. Wer schon einmal die Freude hatte, Kamel in Arabien zu essen, der weiß vielleicht, dass Dromedarfleisch von Rind kaum zu unterscheiden ist, aber extrem lange Kochzeiten benötigt, sprich so zäh ist wie eben ein Kamel in der Wüste sein muss. Damit hat Alpaka zum Glück nichts zu tun. Es ist zart, schmeckt ebenfalls wie Rind, und hat nur halb soviel Fett.

Cusco, Peru – Campen in Cusco

Donnerstag, Februar 9th, 2012

Über 500 km sind es bis nach Cusco, behauptet Mandy, unser Garmin-GPS mit begrenzter Intelligenz. 500 km hoch auf 4.300 m, runter auf 1.800, hoch auf 4.550, runter auf 1.700, hoch… Dass diese Straße mehr Kurven als Geraden aufweist, kann man sich denken. Wir möchten trotzdem nach Cusco, wo wir heute Morgen doch schon so früh aufstanden, nachdem uns eines der Schwertransport-Begleitfahrzeuge um 4:45 Uhr freundlicherweise weckte, indem es seine Musik per offenem Fenster mit uns teilte. Auch später wollen wir immer noch nach Cusco, trotz des Fünf-Minuten-Kraftstoffvorfilterwechsels und Ina und Karl, zwei entgegenkommenden deutschen Reisenden mit einem VW-Bus, mit denen wir uns eine Stunde verquatschen.

Zumindest nehmen wir die Warnung mit, uns auf der Suche nach dem einzigen Campingplatz in Cusco (oder Cuzco) nicht vom GPS irreleiten zu lassen. Das gelingt uns nicht ganz, wir fahren trotzdem komisch, doch da wartet schon ein Motorradpolizist. Er bietet sich an, ein Stück vorweg zu fahren. Er kann nicht fahren, strauchelt immer wieder, biegt links ab, wo es verboten ist, fährt über rote Ampeln und schafft es schließlich, uns abzuhängen, bevor es richtig kompliziert wird. Nicht schlimm, wir fragen uns durch, und bevor wir uns vom Navi noch einmal fehlleiten lassen, wartet unser Freund und Helfer bei Kollegen am Straßenrand und bedeutet uns, dass es jetzt nur noch geradeaus geht. Na ja, fast. Den Campingplatz Quinta Lala zu finden ist nochmals ein Akt für sich. Er befindet sich draußen bei den Ruinen Sacsaywamán, ist nicht beschildert, und das GPS will mal wieder einen Feldweg nehmen. Da es seit Cusco Zentrum schon stockfinster ist, finden wir auch die Einfahrt zum Campground nicht, ein unscheinbares Holztor. Doch da deuten schon helfende Hände, rufen helfende Münder, rennt eine helfende Mutter, und schon stehen wir auf dem etwas schiefen Rasenplatz.

Auch wenn hier einiges etwas rustikal wirkt, es stellt sich als einer der bestorganisierten Campingplätze – nicht nur Perus – heraus. Eine vierseitige Anleitung in Englisch informiert nicht nur über Preise des Campings (pro Nacht 10 PEN je Person und Auto = 30 PEN, Strom 3, Internet 5), sondern auch Services: z.B. zwei Bioeier von den frei herumlaufenden Hühnern für 1 Sol, 1 große Flasche Bier 6, eine Waschmaschine 5-6 kg 10 PEN etc. Wo finde ich in der Stadt den Supermarkt, die besten Restaurants, dunkles Brot oder holländischen Käse? Wo kann man seinen Overland-Truck oder Fahrzeuge diverser Marken reparieren und seinen Gastank füllen lassen? Wie finde ich deutsch oder englisch sprechende Ärzte? Und auf welchen Wegen erreicht man Machu Picchu? All das und mehr beantwortet das Manual.

Der Campingplatz Hotel Quinta Lala hat normalerweise während der Nebensaison (Regenzeit) geschlossen, da der Rasen dann unbefahrbar ist. In diesem Jahr regnet es viel weniger als sonst, aber zweiradgetriebene Mobile pflügen die Wiese trotzdem um. Niemand in Cusco kennt Quinta Lala. Man fragt nach den Ruinen Sacsaywamán und biegt noch vor denselben in einer Rechtskurve nach links ab, dem Schild Hotel Inca Tambo folgend – falls Euer GPS auch spinnt (S 13°30’20.8’’ W 71°59’06.3’’, 3.619 m).Die Strecke Nasca – Cusco wird von den meisten Reisenden in drei Tagen gefahren, auch wenn man es offensichtlich in eineinhalb langen Fahrtagen und mit einem auch in größeren Höhen flotten Fahrzeug schafft.