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Lagos de Colón, Chiapas – Abschied von Mexiko

Samstag, Juli 23rd, 2011

Der Fluss ist herrlich zum Schwimmen, wenn man gegen die Strömung beginnt und sich einfach zurücktreiben lässt. Kleine Fische zupfen an uns herum, wenn wir uns ruhig verhalten, doch sie werden schnell zudringlich und zerren so intensiv an den aufgekratzten Mückenstichen, dass man vor Schmerz zusammenzuckt. Da nehmen plötzlich all Reißaus und das Spiel beginnt von Neuem. Der Fluss dient als Wasserreservoir für die gesamte Gegend, daher sollte man sich beim Wäschewaschen und Duschen im Fluss mit Shampoo etwas zurückhalten. Über den Dschungelwaldboden kreucht und fleucht es. Beeindruckend große Spinnen und schillernde Eidechsen huschen umher. Blattstückchen laufen über den Boden mit einer Ameise unten dran: Blattschneiderameisen. Eine mexikanische Großfamilie badet in ihrer Straßenkleidung – die Frauen in Röcken mit Unterröcken – kreischend im Wasser. Sie schenken uns noch ein paar Avocados, dann steigen sie pitschnass in ihren Pick-up. Die Männer vorne, Frauen und Kinder hinten auf die Ladefläche. Es ist unser letzter Tag in Mexiko.

Lagos de Colón, Chiapas – Wasser hie und da

Donnerstag, Juli 21st, 2011

Die Cascadas El Chiflón sind eine erstaunliche Serie aus etlichen Wasserfällen, die aus großer Höhe ins Tal stürzen. Alleine fünf davon sind über 25 m hoch, der größte sogar 120 m. Neben dem Fluss läuft ein Wanderpfad, dem man bis auf das Bergplateau folgen kann. Eine paar strömungsarme Bereiche wurden zum Baden abgesteckt. Entgegenkommende Besucher tropfen vor Nässe. Ob die wohl baden waren? Eher nicht. Der obere große Wasserfall verbreitet einen Sprühnebel, der einer Dusche gleichkommt. In wenigen Minuten sind wir klitschnass und müssen bald umdrehen, damit unser Rucksack nicht völlig durchweicht und die Kameras Schaden nehmen. Ein Bad im während der Regenzeit braunen Fluss brauchen wir jetzt nicht mehr. Die komplette Wanderung ist in einer Stunde zu schaffen. An ihrem Beginn bzw. Ende gibt es eine Futterstation für Leguane. Die imponierenden Burschen sind über einen Meter lang in tarn-grün oder auffallend bunt gefärbt und so selbstbewusst, dass sie durchaus für ein paar Fotos posieren.

Am Nachmittag fahren wir zu den Lagos de Colón weiter. Die liegen so dicht an der guatemaltekischen Grenze, dass mein Handy ins Roaming wechselt. Das private Schutzgebiet ist ein guter Ausgangspunkt für Reisen nach oder auch von Guatemala, da der Grenzübergang der Panamericana nur 45 min entfernt liegt. Der Eintritt beträgt 10 Peso pro Person, fürs Campen am See können Extragebühren anfallen. Man kann aber einem Flusslauf mehrere Kilometer durch Waldstücke und über Freiflächen in Richtung einer kleinen archäologischen Ausgrabung folgen, wo sich immer wieder schöne Stellen zum kostenfreien Campen anbieten. Dabei muss man mehrfach den Fluss durchqueren, der einen regelrecht reißenden Eindruck macht. Wenn man aber die Mexicanos mit ihren tiefer gelegten Flitzern durchfahren sieht, kann alles gar nicht so schlimm sein. Der Fluss ist klar und erfrischend und eignet sich prima zum Baden oder Schwimmen. Wir bleiben mit Petra und Klaus ein paar Tage hier, bevor wir ein neues Land erobern werden: Guatemala.

Cascadas El Chiflón, Chiapas – Frühes Wiedersehen

Mittwoch, Juli 20th, 2011

Seen in den schillerndsten Farben soll der Nationalpark Lagos de Montebello besitzen. Eintritt verlangt man nicht von uns, doch sofort werden wir belagert von Bootstourenanbietern und Führern sämtlicher Altersklassen, die uns die Seen zeigen wollen. Zugegeben, von der Straße aus sieht man nicht allzu viel, doch das Bergwetter ist heute sowieso nicht allzu einladend. Aus Reiseführern und Berichten anderer Reisender hörten wir bereits von der starken Kommerzialisierung des Naturparks und können das nur bestätigen. Auch uns werden das aggressive Geschrei und der Verkaufsdruck zu hoch und wir verziehen uns lieber. Die Parkplätze hätten sowieso kein angenehm ruhiges Nachtlager abgegeben.

Eigentlich sind wir mit Petra und Klaus, die wir in San Cristóbal kennenlernten, erst für morgen verabredet. Wir entschließen uns jedoch zu einem Abstecher nach Comitán de Dominguez, um vor dem Grenzübertritt nach Guatemala eine leere Gasflasche aufzufüllen und Vorräte aufzustocken. Kaum stehen wir auf dem Supermarktparkplatz, als die beiden gefahren kommen. Sie wollen heute noch zu den Cascadas El Chiflón. Wir folgen etwas später und müssen das Eintrittsgeld von 20 Peso pP nicht mehr bezahlen, da es für den Besuch der Wasserfälle heute zu spät wäre, und so entrichten wir lediglich die 25 MXN pP Campinggebühr für einen ruhigen Parkplatz mit Flussblick.

Lagos de Montebello, Chiapas – Ungleiche Verteilung

Dienstag, Juli 19th, 2011

Chiapas ist einer der ärmsten Bundesstaaten, hier leben mehr Indígenas als andernorts. Viele Mexikaner empfinden die „Rückständigkeit“ als peinlich. Dabei besitzt Chiapas natürlichen Reichtum, von dem leider nur wenige profitieren: Bananen-, Kakao- und Kaffeeplantagen, Erdöl, Edelsteinminen und Tropenhölzer. Der Staat produziert mit seinen Staudämmen mehr Elektrizität, als er selbst verbrauchen kann. Wie auch, wo viele Dörfer nicht ans Stromnetz angeschlossen sind. Fließend Wasser gibt es sowieso nicht – außer im Fluss, wo die Wäsche gewaschen wird und Frauen nackt sitzen und baden. Vor allem die Bewohner des Tieflands sind sichtbar bitterarm. Zumeist Frauen und Mädchen schleppen an Stirngurten hängende schwere Lasten von Brennholz auf dem Rücken an. Das Leben der Indígenas besteht aus knochenharter Arbeit. An den Ortsrändern wird leider oft der Müll schlicht neben der Straße abgeladen. Die Ursachen hierfür sind oft Armut, die für andere Probleme als das tägliche Überleben keinen Raum lässt, sowie schlicht Unwissenheit.

Und trotzdem sind die Leute freundlich hier. Nach anfänglichem abweisendem Blick lächeln und winken sie, und manchmal kommt man sogar mit ihnen ins Gespräch. Vielleicht nicht mit den Ärmsten und Ungebildetsten, die andere Probleme haben, aber zumindest mit der Mittelklasse. Für eine tiefgehende Kommunikation reicht mein Spanisch nach wie vor nicht aus, aber schon kleine Plaudereien ermutigen. Trifft man Mexikaner mehr als einmal an unterschiedlichen Plätzen, wird man mit Küsschen wie alte Bekannte begrüßt. Wir finden den Süden des Landes nach wie vor ausgesprochen sympathisch.

Obwohl wir heute von Bonampak aus 300 km dicht an der guatemaltekischen Grenze zurücklegen in einem Gebiet, das vielleicht nicht als eines der sichersten gilt, fühlen wir uns keinesfalls bedroht. Lediglich die Militärkontrollen weisen auf mögliche Probleme hin. Die ersten zwei nehmen wir hin, bei der dritten „beschwere“ ich mich freundlich, sodass diese recht kurz und oberflächlich ausfällt, bei der vierten kommen wir mit verbalen Erklärungen davon. Erfahrungsaustausch mit anderen Reisenden ergibt, je schmutziger und unordentlicher ein Fahrzeug wirkt, desto gründlicher wird es durchsucht. Je sauberer und ordentlicher es ist, umso weniger trauen sich die Soldaten, etwas anzufassen und belassen es meist beim Öffnen einiger Schranktüren oder Schubladen.

Als wir an den Lagos de Montebello ankommen, sind wir die letzten 50 km stramm bergauf bis auf 1500 m Höhe gefahren, wo es recht kühl ist. Dieses Gebiet ist von 52 größeren und kleineren Seen durchzogen, die im Sonnenschein in den unterschiedlichsten Farben leuchten. Der Großteil wurde zum Nationalpark erklärt, ein Teil aber ist in kooperativer Hand. Die Ejido Lagos de Tziscao nimmt pro Person 15 Peso Eintritt und gestattet das Campen an allen Parkplätzen an sämtlichen Seen in ihrem Besitz, zudem an Plätzen am See innerhalb des Ortes Tziscao. Wir investieren weitere 80 Peso fürs Campen auf einem besonders ruhigen Gelände am Ortsende, das zu einem Hotel gehört und das guten Seezugang hat. Zum Baden ist es uns jedoch zu frisch. Die letzten beiden ungewöhnlich intensiven Regenzeiten ließen den Wasserspiegel um vier Meter ansteigen, und der ist nicht wieder gesunken. Ein Teil des Geländes ist verschwunden, Bäume stehen im und manche Häuser recht nahe am Wasser. Nun fürchten die Bewohner weitere Überschwemmungen durch die laufende Regenzeit. In anderen Ecken Mexikos trocknen Seen unaufhaltsam aus, während man hier um den Verlust von Häusern bangt. Wieder einmal der Klimawandel?

Bonampak, Chiapas – Der Mayas’ bunte Bilder

Montag, Juli 18th, 2011

Eine weitere, weniger bekannte Mayastadt liegt 140 km südöstlich von Palenque an der guatemaltekischen Grenze. Bonampak ist eine kleine Anlage und wahrscheinlich nur ein sekundäres Fürstentum gewesen. Und doch hat sich hier im feucht-heißen Regenwald etwas erhalten, das an den anderen Stätten längst von der Zeit eingeholt wurde. In drei Räumen eines Tempels finden sich bis zu 3 m hohe gut erhaltene Wandmalereien, die als die kunstvollsten ganz Mexikos gelten. Die farbvollen Kunstwerke zeigen Szenen aus dem höfischen Leben wie auch Kriegshandlungen. Damit wurde erstmalig bewiesen, dass die als friedfertig verklärten Maya durchaus auf Feldzüge gingen und Feinde töteten. Der Zugang zu den kostbaren Wandbildern ist restriktiv und streng bewacht.

An der Zufahrt zur Zona Arceológica Bonampak wird man etwa neuneinhalb Kilometer vor dem Ziel gestoppt. Hier muss man sein Auto abstellen und 70 Peso pro Person (inkl. kleines Museum und Toiletten) für den Bustransport zur Ausgrabung an den ortsansässigen Stamm bezahlen, bevor man für 41 MXN die Pyramidenstätte betreten darf. Wie an vielen anderen Stellen auch (z.B. Agua Azul) bezahlt man Eintrittsgeld an den Staat, der ein Naturschutzgebiet oder eine Ausgrabung unterhält, und einen Obolus für den Zutritt über das Privatgelände der Ejido (Kooperative) oder des Stammes. Ähnlich ist der Zugang zur Mayastadt Yaxchilán ganz in der Nähe geregelt, die man nur mit Boot oder Kleinflugzeug erreicht.

In Bonampak sieht man, häufiger noch als in Palenque, Vertreter der Lacadonen. Die kleinste Ethnie Mexikos umfasst lediglich noch etwa 700 Individuen. Man zählt sie zu den Maya, doch sind es unterschiedliche Völker, die einen großen Lebensraum, -gewohnheiten und kulturelle Eigenheiten gemeinsam haben. Der Begriff Maya wurde erst im 19. Jahrhundert von einem europäischen Forscher geprägt. Die Lacadones nennen sich „echte Menschen“ und zogen sich vor Jahrhunderten in den Regenwald zurück, wo sie von den Spaniern unbehelligt ihre Traditionen pflegen konnten. Heute schrumpft ihr Lebensraum durch Abholzung, Landwirtschaft, Minentätigkeit und Bevölkerungsdruck aus dem Hochland. Die Lacadonen sind leicht an ihren meist weißen wallenden Gewändern zu erkennen, wenn sie Souvenirs, oft Imitationen ihrer früheren Jagdpfeile, verkaufen. Aber auch modern gekleidet sieht man sie als Touristen an anderen Stellen. Sie haben hübsche weiche Gesichtszüge, nur schulterlanges schwarzes Haar mit einem kurz und gerade geschnittenen Stirnpony.

Zur Unterstützung des kleinen Volkes entscheiden wir uns zur Übernachtung im Campamento Lacadones, einem kleinen Ökotourismusprojekt, wo es einfache Zimmer und Hängematten gibt und man auf dem Rasenparkplatz campen kann – für 35 Peso pP kaum zu viel verlangt. Baden kann man im kühlen Fluss auf dem Gelände, doch ist das Wasser in der Regenzeit braun.

Palenque, Chiapas – Exotische Mayastadt

Sonntag, Juli 17th, 2011

Palenque wurde von den Mayas erbaut. Erste Hinweise auf Besiedlung stammen von 100 v. Chr., ihren Höhepunkt erreichte die Stadt von 600 bis 800 AD. Zwar ist Palenque weder die älteste noch die größte aller Mayastätten, doch eine der schönsten. Von tropischem Wald umgeben fließt ein kleiner Fluss durch die antike Stadt und ergießt sich über kleine Wasserfälle in schöne Badepools, die sicher damals schon beliebt waren. Gebäude und Pyramiden liegen verstreut über das Gelände, sodass man eifrig Stufen klettern kann. Besonderheiten sind ein vierstöckiger Turm auf der Palastanlage, der vermutlich als Observatorium und Wachposten diente, die Dschungelatmosphäre und die Brüllaffen.

Vom Maya Bell Campingplatz aus läuft man etwa zweieinhalb Kilometer steil den Berg hoch zum Hautpeingang der Anlage, nach dem Besuch kann man den Dschungelpfad zum Museum hinunterlaufen, von wo aus es nur ein knapper Kilometer zurück ist. Der Eintritt kostet 51 MXN pP.

Palenque, Chiapas – Ein Fall zum Baden

Samstag, Juli 16th, 2011

La Cascada de Misol-Ha wird ebenfalls von mexikanischen Bustouren heimgesucht. Nicht ganz so spektakulär und bekannt gibt es an diesem Wasserfall weniger Ess- und Andenkenbuden. Ein mächtiger breiter Wasserstrahl klatscht aus rund 35 m Höhe in einen turbulenten Pool. Ein glitschiger Pfad führt hinter dem Wasservorhang entlang, wo sich angenehm frischer Sprühnebel ausbreitet. Der Pool ist selbst in der Regenzeit relativ klar und lädt uns zum Baden ein. Da er recht tief und wegen des engen Abflusses strömungsreich ist, traut sich fast keiner rein und wir sind so gut wie alleine. Über das ganze Becken wurden sternförmig Seile gespannt, sodass man nicht abtreiben kann, doch viele Mexikaner können nicht schwimmen. Für die 20 Peso Eintritt pro Person dürfte man auch hier campen.

Doch wir fahren weiter nach Palenque, wo wir nach Längerem auf intensiven – auch deutschen – Tourismus treffen. Entsprechend groß ist die Auswahl an Unterkünften. Campingplätze sind seltener und meist auf mexikanische Zeltende ausgerichtet. Der Maya Bell Campground ist eine Ausnahme. Wer möchte, kann sogar Full Hook-up haben. Für den Platz sprechen seine Nähe zur archäologischen Stätte, der Pool, der vom aufgestauten Dschungelfluss gespeist wird und die Brüllaffen, die in respektvoller Entfernung ihrer lautstarken Haupttätigkeit nachgehen. Es gibt Zimmer, ein Baumhaus und Hängematten zu mieten, doch die zahlreichen Hippies kommen auch heute noch teilweise in alten VW Bullys. Wir treffen Deutsche, Schweizer, Belgier und Mexikaner. Am Abend lockt uns die tägliche Lifemusik in die Bar und lässt zusammen mit den günstigen, großzügig frei Hand gemixten Cocktails zum ersten Mal seit 15 Monaten so etwas wie Urlaubsstimmung aufkommen. Eines der Bandmitglieder kann richtig melodiös singen und versöhnt uns mit der mexikanischen Musik.

Agua Azul, Chiapas – Fast blaues Wasser

Freitag, Juli 15th, 2011

Las Cascadas de Agua Azul bedeutet „die Kaskaden des blauen Wassers“, sind die bekanntesten Wasserfälle Mexikos und vielleicht auch die schönsten. Der Rio Yax stürzt in mehreren Stufen über breite Felstreppen hinunter. Natürlich ist das Wasser in der Regenzeit nicht mehr ganz blau, eher grün-bräunlich. Dennoch haben die Wasserfälle in der Dschungelatmosphäre ihren Reiz. Allerdings verzichten wir aufs Baden, was in abgesteckten, strömungsarmen Bereichen des Flusses möglich wäre. Nicht verschweigen darf man die vielen Souvenir- und Imbissstände, Restaurants und „fliegende“ Snackhändler, die vollständig auf mexikanischen Tourismus eingestellt sind und das pure Naturvergnügen vereiteln. Ein freundliches „no gracias“ anstelle ignoranten Vorbeigehens wird oft mit einem Lächeln gewürdigt.

Die 35 Peso Eintritt pP erlauben zudem das Campen auf dem großen Parkplatz, der nach Abfahrt der zahlreichen Ausflugsbusse völlig ruhig wird. Ein paar Indígenafrauen rufen schüchtern „amiga, amiga“, „Freundin, Freundin“, zum Fenster hinein und fragen, ob wir zum Frühstück Milchreis möchten. Die einzige Störung besteht aus einer mexikanischen Familie, die mit voll aufgedrehtem Autoradio morgens um vier Uhr ankommt und in aller Ruhe ihre Zelte aufbaut. Doch zum Glück müssen auch Eltern und Kinder irgendwann schlafen und dann ist das Radio aus.

San Cristóbal de las Casas, Chiapas – Schluchtenschauer

Donnerstag, Juli 14th, 2011

Die Schlucht des Rio Grijalva ist bis zu 1000 m tief. 1527 stürzten sich hier 2000 Chiapa-Maya von den steilen Felswänden in den freiwilligen Tod, um der Versklavung durch die Spanier zu entgehen. Die hatten zuvor deren Anführer verbrannt. Im Cañon de Sumidero gibt es Schildkröten, Flusskrokodile und zahlreiche Wasservögel. Man nimmt entweder ein Boot ab Chiapa de Corzo für 180 Peso pro Person für zweieinhalb Stunden Fahrt oder man fährt von Tuxtla Gutierrez auf die Panoramastraße am oberen Schluchtrand entlang, wo man von mehreren Aussichtspunkten in den Canyon und den Fluss hinunterschauen kann. Die 25 MXN Eintritt in den Nationalpark sind in jedem Fall zu entrichten und gelten an einem Tag für beide Zugänge. Die Schlucht ist dschungelartig bewachsen und bietet wiederum ganz andere Ausblicke als der Grand Canyon oder die Kupferschlucht.

Von Tuxtla fahren wir über die MEX 190 libre, die sich schnell zu einer unserer Lieblingsstrecken entwickelt. Sie ist nicht einfach nur kurvige Bergstrecke, sondern bietet mangels Bäumen in der Höhe wunderbare Ausblicke auf die üppig-grünen Täler und die Stadt Tuxtla Gutierrez. In San Cristóbal de las Casas angekommen, einem recht beliebten Touristenort mit der üblichen Kathedrale, Kirchen, hübschen Kunsthandwerksgeschäften und Cafés, hat der Campingplatz am Bonampak Express Hotel geschlossen. Das Hotel wird komplett umgebaut. Wir müssen mitten durch die enge Stadt zur Rancho San Nicolás fahren, der einzigen Alternative. Da die GPS-Abweichung hier heute recht hoch ist, die Straßen dicht zusammen liegen und ein paar davon aufgegraben sind, verliert unser Navigationsgerät die Orientierung und wir drehen etwa drei unfreiwillige Runden durch den Ort. Mit Fahrzeugen, die länger als sieben oder acht Meter und vor allem breiter als 2,30 m sind, möchte man vermutlich nur ungern durch die Stadt fahren. Im Trailerpark freuen wir uns, als wir nach Langem mal wieder ein deutsches Auto sehen. Petra und Klaus sind mit ihrem Pick-up Camper schon seit einem halben Jahr in Mexiko und wir verbringen einen ausgesprochen netten Abend zusammen.

Tuxtla Gutierrez, Chiapas – Auf hohen Hacken

Mittwoch, Juli 13th, 2011

Tuxtla Gutierrez ist die Hauptstadt von Chiapas und bietet wenig Sehenswertes, außer dass es eine der letzten Bastionen der Zivilisation vor der guatemaltekischen Grenze ist. Auf unserem Programm stehen ein Großeinkauf und ein paar Besorgungen, darunter auch ein zweites Warndreieck, das in manchen Ländern Mittel- und Südamerikas vorgeschrieben sein soll. Leider sind die in Mexiko kaum zu bekommen, da nicht vorgeschrieben. Im Falle einer Panne legt man einfach ein paar Steine auf die Straße. Gebrauchtwagenhändler scheinen die einzigen Besitzer von Warndreiecken zu sein, die sie auf die Dächer der angebotenen Autos stellen für mehr Aufmerksamkeit. Ich einige mich mit einem der Händler über den Preis und kaufe ihm eines ab.

Mittlerweile gießt es in Strömen. Die Regenzeit ist in vollem Gange, und es regnet jeden Tag. Die Frage ist nur, wann es beginnt zu regnen. Der Vormittag ist oft schön, und die Niederschläge setzen meist am Nachmittag oder Abend ein. Heute werden die Schleusentore am Himmel frühzeitig und weit geöffnet. Vor allem die Mexikanerinnen haben damit so ihre Schwierigkeiten in ihren Highheels. Manche ziehen sogar ihre Pumps aus und laufen barfuß. Noch in keinem anderen Land der Welt habe ich so viele Frauen mit hochhackigen Schuhen gesehen. Mexiko muss DER Weltabsatzmarkt für Highheels sein. In manchen Dörfern staksen selbst moderne Indígenas, die ihre Tracht abgelegt haben, statt in praktischen Ballerinas in Pumps durch den Straßendreck.

Ist das ein Indikator des Frauenbilds? Ein wenig schon. Obwohl es viele berufstätige und durchaus erfolgreiche Frauen gibt, verdient der weibliche Bevölkerungsteil bei gleicher Bildung und Position weniger Geld. Das Idealbild der Mittelklassefamilie besteht aus einem Mann, der die Familie ernährt und Entscheidungen trifft und der Frau, die sich alleine um Haushalt und Kinder kümmert. Viele Kinder sind erwünscht. Gewalt in der Familie ist eines der Problemthemen. Im Fernsehen verkörpern hellhäutige Moderatorinnen und Seifenopernstars das Schönheitsideal: auffällig geschminkt, sexy gekleidet mit den unverzichtbaren Highheels, die möglichst langen Haare in perfekte Wellen gelegt und mit ausreichend Haarspray fixiert. „Tussig“ ist das Wort, das mir als erstes in den Sinn kommt. Aber das ist wohl der Gegenpol zum „Macho“. Keine Spur von natürlicher Schönheit, wie sie Brigitte Bardot in den 50ern und 60ern in Europa hoffähig machte.

Ein wenig übernatürlich dagegen scheinen mir die Preise des hiesigen Campgrounds. Eigentlich besitzt Tuxtla keinen Campingplatz, sondern das motelartige La Hacienda Hotel stellt seinen Parkplatz auch zum Campen zur Verfügung. Auf das Parken dicht an der Straße für 300 Peso verzichten wir gerne, zurück nach Ocozocoautla wollen wir auch nicht. Aber auf dem Weg dahin gibt es auf jeder Seite eine PEMEX-Tankstelle mit reichlich Platz abseits der Straße, wo man Toiletten und sogar Duschen kostenlos nutzen kann.

Ocozocoautla, Chiapas – Erdbeben und Campen im Kinderheim

Samstag, Juli 9th, 2011

Die Erde bebt. Und zwar ordentlich. Selbst Arminius’ gefederte Kabine schüttelt sich. Jörg steht gerade draußen und spürt es noch mehr. Die Bäume auf dem Parkplatz biegen sich kräftig hin und her und nun wird klar, wieso man besser nicht unter einer Früchte tragenden Kokospalme stehen sollte. Nach wenigen Sekunden legt sich das beeindruckende Zittern. Wir recherchieren später, dass es sich um ein Erdbeben der Stärke 4,9 handelte, dessen Epizentrum gar nicht weit von uns weg lag. Es soll keine Verletzten oder nennenswerte Schäden gegeben haben. Dass wir gleich heute Morgen weiterfahren, hat seinen Grund jedoch mehr in der schwülen, lähmenden Hitze. Im Hochland ist das Klima angenehmer.

Am Abend kommen wir im Hogar Infantil in Ocozocoautla in der Nähe von Tuxtla Gutierrez an, der Hauptstadt von Chiapas. Das Kinderheim wurde von amerikanischen Residenten gegründet und beherbergt verwaiste, verarmte, missbrauchte oder Straßenkinder und -jugendliche, gibt ihn Essen, Liebe, Erziehung, Bildung und Chancen für ihre Zukunft. Auf dem großen Gelände wurden vier Camperstellplätze mit Strom- und Wasseranschluss eingerichtet. Eine Bezahlung dafür wird weder erwartet noch akzeptiert. Es gibt lediglich die Möglichkeit, über die amerikanische Website zu spenden (www.hogarinfantil.com). Der Direktor heißt uns herzlich willkommen, die Kinder halten gebührenden Abstand, lediglich die Schafe, die das Gras kurz halten und zum landwirtschaftlichen Einkommen des Heims beitragen, umringen uns. Wie immer sind wir alleine. Es ist eine großartige Idee für Reisende, hier einen Zwischenstopp einlegen zu können, es ist friedlich, ruhig und sicher auf dem nachts abgesperrten Gelände: N 16°46’33,7’’ W 93°23’02,8’’.

Huatulco, Oaxaca – Vom Nebelwald in den Dschungel

Freitag, Juli 8th, 2011

Die Gegend ist irgendwie eigenartig. In den meisten Dörfern hier leben die Indigenas in äußerst primitiven Hütten. Ein nicht zu unterschätzender Prozentsatz der männlichen Bevölkerung stolpert am Straßenrand entlang, liegt schlafend im Graben oder sitzt mit leerem Blick herum. Ich habe das Gefühl, dass man mit den hiesigen Männern nicht viel anfangen kann und dass die Hauptlast der Arbeit auf den Frauen liegt. Ausgelöst wird dieser deliriumartige Zustand von Alkohol oder anderen Rauschmitteln. Es ist wochentags kurz nach dem Frühstück. Einige noch nicht ganz so Betrunkene prosten uns mit ihren Bierflaschen zu und winken uns heran, wir sollen mit ihnen trinken. Gerne doch, vielleicht ein andermal. Ein „Restaurant“ am Wege wirbt mit der Abbildung seiner Gründerin. Die äußerst betagte Dame raucht mit typischer Fingerhaltung etwas, das ganz gewiss nicht wie eine gewöhnliche Zigarette aussieht.

Die ungewöhnlich starke Militärpräsenz bestätigt unser Gefühl, dass hier Geld nicht immer mit legalen Mitteln verdient wird. Zwei Mal geraten wir an einen Kontrollposten, der ein derartiges Fahrzeug nicht ungeprüft durchfahren lassen kann – aus Pflichtgefühl und aus Neugier. Die Soldaten fragen mit ausgesuchter Höflichkeit, ob wir ihnen die Überprüfung des Fahrzeugs erlauben würden (tun wir) und bedanken sich anschließend ganz brav. Bereits gestern Abend suchten wir zum Schlafen den Schutz einer PEMEX-Tankstelle auf. Wir fühlen uns nicht im Mindesten bedroht, aber man muss sein Glück nicht herausfordern.

Von Oaxaca aus gibt es keine direkte Verbindung ins östlich gelegene Chiapas. Man fährt entweder über die Golfküste im Norden oder den Pazifik. Wir entscheiden uns für die kürzere südliche Route und kämpfen uns durch eines der vielen Gebirge Mexikos, die Sierra Madre del Sur. Diese Straße hat noch mehr Kurven als alles bisher Dagewesene. Sie trägt uns in die neblige, verregnete, mit Erdrutschen übersäte Kühle auf 2.800 m. Bei der Abfahrt weichen Agaven und Nadelbäume bald üppiger Tropenvegetation mit riesigen Bananenstauden, Mangobäumen, Palmen, Bambusrohr, Farnen und Bromelien. Unser erster bunter Papagei der Reise fliegt über die Straße hinweg. Die sonnige Schwüle der Tropen greift nach uns.

Am Nachmittag erreichen wir Huatulco. Wo vor einigen Jahren lediglich ein Fischerdorf stand und Gestrüpp sich am Strand breitmachte, soll nach dem Willen der Regierung ein Megatourismusprojekt entstehen, das selbst Cancun in den Schatten stellt. Zumindest wurde der Dschungel drum herum zum Nationalpark erklärt und hässliche Hochhäuser sind unerwünscht. Wie dem auch sei, allzu viele Hotels stehen noch nicht und ob es jemals soweit kommt, ist fraglich, da die Zubringerinfrastruktur fehlt. Der einzige Campingplatz der Gegend wird gleichzeitig als Strandparkplatz genutzt, gecampt scheint hier nicht zu werden, denn Toiletten und Duschen sind abgeschlossen. Beim Parken ist unbedingt darauf zu achten, nicht unter einer Kokospalme mit Früchten zu stehen, die beim Herabfallen große Schäden am Dach oder Solarpaneel anrichten können. Dafür kostet es derzeit nichts.

Zum Strand geht es durch ein Stück Dschungel, der in der Regenzeit überschwemmt ist. Einige Trittsteine und halbverrottete Holzpaletten stellen einen abenteuerlichen Weg durch den Sumpf dar. Den Strand teilt man sich mit ein paar Hotels, aber viel ist nicht los. Trotz der geschützten Lage der Bucht laufen beeindruckende Pazifikwellen ein. Richtig Abkühlung von der Tropenhitze gibt es nicht: Das Meer hat gute 30° und das Baden gleicht einer Sporteinlage. Ein paar kleinere Wellen abwarten, ins Wasser sausen, eintauchen und sofort wieder hinausrennen, bevor die nächste größere Welle sich überschlägt und einen mit ihrer mächtigen Unterströmung ins Meer hinauszieht. Die Nacht bleibt heiß und unruhig mit ihren ungewohnten Dschungelgeräuschen. Der Stellplatz ist prima und würde 50 MXN pP kosten, wenn er in Betrieb wäre: Club de Playa Tangolunda, Bahías de Huatulco, N 15°46’23,0’’ W 96°05’59,1’’.

Monte Alban, Oaxaca – Stadt in den Wolken

Donnerstag, Juli 7th, 2011

Die Azteken und die Maya kennt jeder. Dass es in Mexiko zahlreiche weitere Hochkulturen vor Ankunft Christoph Columbus’ gab, ist weniger bekannt. Die antike Stadt Monte Alban beispielsweise wurde ca. 500 v. Chr. von den Olmeken gegründet. Im weiteren Verlauf kamen die Maya zu gewissem Einfluss. Doch erst die Zapoteken vollbrachten die architektonische Meisterleistung und führten die Stadt zwischen 250 und 750 n. Chr. zur Blüte. Die „Menschen der Wolken“, wie sie sich nannten, ebneten einen Berg ein und füllten Senken auf, um die Stadt zu errichten. Die Gebäude des urbanen und religiösen Zentrums, die heute zu sehen sind, kommen von ihnen. Danach verließen die Zapoteken Monte Alban und siedelten sich woanders an. Die Mixteken nutzen ab 800 die im Verfall begriffene Stadt zeitweise, um ihre Toten reich mit Gold ausgestattet zu begraben.

Monte Alban liegt spektakulär auf einem Berg hoch über Oaxaca Stadt mit grandiosem Blick auf die Gebirge der Umgebung. Zwar ist es lange nicht so groß wie Teotihuacán, die üblichen Pyramiden stehen jedoch auch hier. Dafür strahlt dieser Ort Freundlichkeit und Atmosphäre aus, hier gefällt es uns bei weitem besser. Einige Besonderheiten gibt es auch wie Steintafeln mit unidentifizierten Hieroglyphen oder nackten Tänzern, deren Bedeutung ebenfalls unklar ist.

Ein Zeitzeuge der zapotekischen Blüteära steht im Dörfchen Santa Maria del Tule. Der über 2000 Jahre alte Baum mit 58 m Umfang gilt als einer der größten der Welt. Die Zypresse steht im Kirchhof, den man für 5 Peso pP betreten darf. Das Geld dient dem Erhalt des Baumes. El Arból del Tule hat einen Durchmesser von 14 m, ist 42 m hoch und über 636 t schwer – ein wahrer Gigant.

Puebla, Puebla + Oaxaca, Oaxaca – Una mordida por favor! Polizei und Korruption

Mittwoch, Juli 6th, 2011

Mordida bedeutet „kleiner Biss“, ein „Bisschen“ und bezeichnet in Mexiko und weiter südlich das Häppchen, das mancher Polizeibeamter vom vermeintlichen Reichtum anderer Bürger, gerne auch Touristen, für sich persönlich abhaben möchte. Besonders verschrien sind die Motorradfahrer der Policia Municipal, der jeweiligen Stadtpolizei. Es wird unsere erste Begegnung mit einem korrupten Polizisten.

Doch selbst der Beginn des Tages verläuft nicht konfliktfrei. Ich bin nicht bereit, den vereinbarten Preis für den Campground zu zahlen, da wir bei zwei von drei Übernachtungen nur kaltes Wasser zum Duschen hatten (in der Regenzeit mit den kühlen Abenden nicht sehr angenehm). Das findet die Campingplatzbesitzerin gar nicht gut. Außerdem hat die alte Dame ein paar Schwierigkeiten beim Rechnen. Sie möchte mir das Geld für vier statt drei Nächte abkassieren. Was wiederum ich nicht gut finde. Die Señora echauffiert sich etwas, muss dann aber doch einsehen, dass drei Tage nicht vier Nächte sind, und schließlich einigen wir uns.

Für die 60 km von Cholula, praktisch Vorstadt von Puebla, und durch die Millionenstadt hindurch, viertgrößte in Mexiko, benötigen wir ganze drei Stunden. Ein paar Straßen sind gesperrt, und schon bricht der Verkehr zusammen. In Puebla steht übrigens das VW-Werk, das noch bis 2003 den Käfer produzierte. Wir haben es fast aus der Stadt geschafft, als uns ein Motorradpolizist überholt und Halt gebietet. Ich lächle ihn an, doch sein arroganter Blick und seine trotzig vorgeschobene Unterlippe verheißen nichts Gutes. Wir haben unseren großzügigen Tag und sprechen sogar Englisch, was der Beamte leider nicht beherrscht. Unglücklicherweise verstehen wir heute kein Wort Spanisch. So ein Pech! Die Kommunikation stockt. Der Schmollmund quasselt dauernd von „ticket“, also einem Strafzettel. Er wirft Jörg „falta en el precautión“ vor, einen Mangel an Vorsicht. So etwas Dummes habe ich auf unserer ganzen Reise noch nicht gehört. Für Fantasielosigkeit gibt’s Punkteabzug. Wir schlagen ihm vor, er solle seinen Capitano holen und jemanden, der Englisch spricht. Das ist nicht genau das, was er wollte. Er kommt zu dem Schluss, wir seien der Mühe nicht wert, wünscht uns missmutig „buen viaje“, gute Fahrt, und düst ab. Das Ganze dauerte nur wenige Minuten. Ein paar Leute am Straßenrand, die das Geschehen beobachteten, recken den Daumen hoch und freuen sich, dass wir den Bestechungsangriff erfolgreich abgewehrt haben.

Auf der libre, der mautfreien Straße, fahren wir noch weitere 50 km bis in die nächste größere Stadt, bis wir aufgeben. In der dicht besiedelten Gegend reiht sich Dorf an Dorf, was die Maximalgeschwindigkeit schon von vornherein auf 40 km/h begrenzt, aber schlimmer, tope reiht sich an tope. Das sind die in Mexiko so verhassten, doch exzessiv hinbetonierten speed bumps, für die wir im Deutschen nur das schnöde Wort Bodenschwellen haben. Runterbremsen bis in den vierten Gang (das ist bei einem Unimog langsam), hoppel-hoppel, wieder Gas geben bis zum siebten, bremsen, Gas geben, bremsen. Der Spritverbrauch verdoppelt sich, die Bremsbeläge schleifen sich ab. Wir wechseln auf die cuota, die Mautstraße, die wir sonst vermeiden. Meist werden wir in den Tarif 1 für Pkw und Kleinfahrzeuge eingestuft, aber zwei Mal im Bereicht von Mexiko ließen die Kassierer nicht mit sich diskutieren und berechneten den Lkw-Tarif, der das Doppelte beträgt. Am einfachsten ist es, den Mautbetrag, sofern bekannt, passend zu reichen, das vereinfacht die Sachlage.

Die kostenpflichtige Straße hat den Vorteil, dass sie durch unbewohntes Gebiet führt, und so können wir die schöne, mit Kakteen und Büschen bestandene Bergwelt des Tehuacán-Cuacutlán Biosphärenreservats richtig genießen. In Oaxaca / Oaxaca angekommen, entscheiden wir uns für den ruhigeren der beiden Campingplätze, San Felipe Campground etwas nördlich der Stadt. Hier parkt man etwas unkonventionell zwischen Agavenfeldern auf einem Berg mit toller Aussicht auf Oaxaca. Toiletten- bzw. Duschenreinigung ist den Campern überlassen, dafür kostet die Nacht nur 90 Peso. Der amerikanische Besitzer und seine mexikanische Frau brauen Mezcal, den „anderen“ Agavenschnaps, und verkaufen ihn auch direkt an die (momentan rar gesäten) Camper. Das teuerste am Schnaps ist die Glasflasche und der eingelegte Skorpion (der manchmal statt der Agavenraupe genommen wird). Aus Fässern abgefüllt und ohne tierische Einlage kostet der Schnaps weniger als die Hälfte. Für die mittelalte Variante zahlen wir gerade 60 Peso (3,65 Euro) pro Liter. Natürlich nicht, ohne vorher von allen drei Sorten je ein ordentliches Glas probiert zu haben. Auf nüchternen Magen, vor dem Abendessen. Hui, die Welt ist schön.

Cholula, Puebla – Kirche auf Pyramide

Dienstag, Juli 5th, 2011

Als „schönste Stadt außerhalb Spaniens“ bezeichnete Schlächter Hernán Cortés Cholula. Anschließend richtete er ein Blutbad an, bei dem 3.000 Menschen zu Tode gekommen sein sollen und zog über den Paso de Cortés weiter, um die Azteken niederzumähen, wo das heutige Mexico City steht. Doch gilt Cholula nicht nur als eine der attraktivsten, sondern auch ältesten Städte. Seit 5 v. Chr. ist sie durchgehend besiedelt. Hier wurde die flächenmäßig größte Pyramide Mesoamerikas erbaut. Auf ihrer 65 m hohen Spitze errichteten die Spanier eine Kirche. Zunächst sieht es aus, als ob Nuestra Señora de los Remedios auf einem Grashügel steht, doch beim Näherkommen erkennt man, dass es sich um eine mit Erde bedeckte und mit Gras und Bäumen überwachsene Pyramide handelt. Die katholische Kirche behauptet heute, das Gotteshaus hier gebaut zu haben, da der Platz schon immer heilig war. Doch war es nicht vielmehr der Wunsch zu unterwerfen, zu demütigen, zu zeigen, unser Gott ist größer und stärker als Eurer?

Die Originalkirche steht nicht mehr, sie wurde im 19. Jahrhundert ersetzt. Der steile Aufstieg zum Atrium lohnt sich auf jeden Fall. Nicht nur, um den mit reichlich Gold verzierten Altar zu bewundern, sondern um die grandiose Aussicht zu den Schwestervulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl zu genießen. Das Wetter zeigt sich äußerst gnädig. Izta bleibt zwar verborgen, doch die Sonne löst den Wolkenring um Popos Gipfel auf, und auch der ständige Smog um den Fuß des Berges lichtet sich, sodass wir fast freie Sicht auf den legendären Vulkan haben, der kontinuierlich Rauchwölkchen verpufft.

Wissenschaftler gruben fünf Kilometer Tunnel durch die Pyramide, von denen ein Teil begehbar ist, außerdem gibt es ein Museum und einige Ausgrabungen von Pyramidenteilen. Die Tunnel sind leider wegen Wartungsarbeiten geschlossen. Stattdessen unternehmen wir mit dem Turibus eine Rundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Kirchen der Stadt – heute im Angebot für 50 statt 58 Peso. Man könnte sich die berechtigte Frage stellen, gibt es denn in Mexiko nur Kirchen? Nun ja, nicht nur, aber doch recht viele und vor allem architektonisch interessante. Cholula zum Beispiel besitzt rund 130.000 Einwohner und 49 Kirchen – nur katholische, wohlgemerkt. Obwohl die Cholulanos gerne das Gerücht verbreiten, sie hätten 365 Kirchen, für jeden Tag eine – was nicht stimmt – bleiben noch genug. Bei zweien davon hält die Tour sogar an, um das Innere besichtigen zu können.

San Francisco de Asis hat eine spektakuläre Fassade aus gelben und weißen Kacheln mit Blumenmustern, die einer Moschee nachgebildet ist. Das Kirchengewölbe ist unglaublich prunkvoller Barock in purem Gold. Die Außenmauern von Santa Maria de Tonantzintla sind zwar etwas schlichter aus dunkelroten Ziegeln mit Intarsien aus weiß-blauen Fliesen. Protzte San Francisco schon mit seinem Gold, bei Santa Maria verschlägt es einem den Atem. Sämtliche Wände und Decken sind übersät mit weißen, grünen und goldenen Stuckornamenten sowie Kinderkörpern und -köpfen dicht an dicht, die hier die sonst üblichen Engel ersetzen. Das Ganze ist so kostbar, dass weder Fotos noch Filmaufnahmen gemacht werden dürfen, aber man darf sich natürlich Ansichtskarten kaufen. Die exzessive Zurschaustellung von Reichtum und Macht hat gewirkt: fast 90 % der Mexikaner sind katholisch, obwohl die evangelische Kirche in starkem Wachstum begriffen ist.

Popocatépetl, México – Der Raucher und die Schläferin: Mexikos Schwestervulkane

Sonntag, Juli 3rd, 2011

Im Dezember 2000 hatte der Popocatépetl seine größte Eruption seit 500 Jahren. Ein Teil des Kraterdeckels explodierte und der Vulkan sprengte Steine, Asche und Rauch in die Luft. Nur einen Monat später ereignete sich ein ähnlicher Ausbruch. Einige weniger schwere Explosionen folgten in den nächsten Jahren, doch im Januar 2008 meldete sich der 5.452 m hohe Popocatépetl mit neuer Stärke zurück und spie eine acht Kilometer hohe Aschewolke in die Luft. Immer wieder wurden Dörfer evakuiert, seit 1994 gibt es eine Sperrzone im Umkreis von 12 km um den Krater, die es auf absehbare Zeit unmöglich macht, den Krater zu ersteigen oder ihm auch nur näher zu kommen.

Gleich nebenan steht der 5.286 m hohe Schwestervulkan Iztaccíhuatl, der als schlafend gilt. Wie Popo auch besitzt der Izta eine Gletscherkuppe, die mit technischer Kletterausrüstung und entsprechender Erfahrung bestiegen werden kann. Zwischen den beiden Kegeln gibt es einen Sattel, über den eine Straße führt. Sie heißt Paso de Cortés, da der spanische Eroberer von Puebla und Cholula aus über diesen Pass nach Tenochtitlán, dem heutigen Mexico City, eindrang. Von Mexico aus, das auf rund 2.250 m liegt, fahren wir über Amecameca bis in eine Höhe von 3.700 m, wo das Büro des Nationalparks liegt. Die Gipfel des zweit- und dritthöchsten Vulkans Mexikos sind fast immer in Wolken eingehüllt, Smog aus Mexico verschleiert die Sockel. Hier oben hat es tagsüber gerade mal 8° C, und dichte Wolken verkünden schlechtes Wetter. Doch wir haben Glück: Nach einer Kaffeepause lichten sich die Wolken und für Sekunden können wir den Gipfel des Popocatépetl sehen, der kontinuierlich Rauch ausstößt.

Als wir uns weiter auf den in Richtung Osten machen, staunen wir nicht schlecht: Die Asphaltstraße wird ersetzt von einer Schotterpiste, die seit Beginn der Regenzeit erhebliche Schäden erlitten hat. Sowohl Nachfrage als auch entgegenkommende Pick-ups lassen uns nicht an der Befahrbarkeit zweifeln, aber für normale Pkw oder Wohnmobile wäre die Strecke kaum mehr machbar – das ist mal wieder keiner Karte zu entnehmen. Die Piste zeigt zum Teil stärkere Auswaschungen und von den letzten Erdrutschen liegen noch große Steinbrocken herum. Als es anfängt zu regnen geben wir Gas um wegzukommen aus dieser instabilen Zone. Im Tal, wieder auf Asphalt, sammelt sich das Wasser mangels Kanalisation auf der Straße und bildet Flüsse und Seen. Wir landen auf dem Campground in Cholula, der teuer ist und verfallen, aber günstig liegt und ohne Alternative ist.

Coyoacán, México – Abschiedsessen

Samstag, Juli 2nd, 2011

Zum Abschluss schmeißt Bernardo eine Party. Er lädt seine komplette Familie ein, zumindest den Teil, der sich gerade in Mexiko Stadt aufhält: Seine Mutter, seine Geschwister mit Familien und einige Freunde. Gerade als wir uns mit gegrillten Schweinerippchen, Würstchen, Käse und pikantem Salat aus geräuchertem Marlin satt gegessen haben, kommen die Steaks auf den Grill und das Essen geht erst richtig los. Wir essen über stunden und wundern uns, warum nicht mehr wohlsituierte Mexikaner übergewichtig sind.

Ciudad de México, D.F., México – Exzessiver Katholizismus: die schiefe Monsterkathedrale

Freitag, Juli 1st, 2011

Monströs, gigantisch, protzig: Die größte Kathedrale Amerikas steht in Mexiko Stadt und ist gleichzeitig das Herz der größten katholischen Diözese der Welt. Fast drei Jahrhunderte, von 1525 bis 1813, nahm ihre Fertigstellung in Anspruch. Das spiegelt sich in ihren verschiedenen Baustilen von Klassik über Barock, Churriguerismus bis Neuklassik wider. Sie beinhaltet fünf Hauptaltäre und 16 Seitenkapellen. Gebaut war das Monster zwar für die Ewigkeit, dennoch scheint es auf längere Sicht dem Untergang geweiht. Die Catedral Metropolitana sinkt langsam, wie der Rest der Innenstadt, in den weichen Lehm des Bodens des ehemaligen Sees Texco ein, der heute bis auf einen kleinen Teich verschwunden ist.

Bereits die Azteken hatten ihre Hauptstadt Tenochtitlán auf der Insel im See errichtet. Unter dem Herrscher Moctezuma und seinen Nachfolgern entstand ab 1440 ein Riesenreich, das im 16. Jahrhundert große Teile des heutigen Mexikos umfasste. Die geforderten Tributzahlungen der unterworfenen Völker in Form von Gold, Silber, Fellen, Honig, Kakao und anderem brachten den Azteken Reichtum und so großen Hass ein, dass sich zwei Völker mit den eindringenden Spaniern verbündeten und Tenochtitlán damit rascher zu Fall brachten als dies ohne Hilfe möglich gewesen wäre. Der spanische Eroberer Hernán Cortés machte das Zentrum des Aztekenreichs anschließend dem Erdboden gleich und errichtete seine eigene Hauptstadt auf ihren Trümmern und dem langsam vertrocknenden See.

Zur Erhaltung der Kathedrale waren aufwändige, meist unterirdische Restaurierungsarbeiten notwendig. Steht man im Inneren der Kirche, stolpert man teils fast, so stark fällt der Fußboden in unterschiedliche Richtungen ab. Kirchtürme kippen, Altäre stehen schief und ein vor Jahrzehnten im Mittelpunkt der Kirche angebrachtes Lot zeigt die Pendelbewegungen des Gebäudes. Selbst jetzt steht das Pendel nicht still, es zittert fast unmerklich, aber kontinuierlich. Auch der Nationalpalast steht, wie die Großkirche, am Zócalo, dem großen Platz Mexico Citys. Er wurde auf dem niedergerissenen Palast von Moctezuma II errichtet. Später regierten alle 62 Vizekönige an dieser Stelle, und auch der heutige mexikanische Präsident hat seine Amtsräume hier.

Im Eck zwischen Kathedrale und Palacio Nacionál machte man bei Ausgrabungsarbeiten zum Metrobau 1978 eine spektakuläre Entdeckung. Der zerstört und überbaut geglaubte Haupttempel der Azteken, errichtet im 14. und 15. Jahrhundert, kam zum Vorschein. Heute sind nur die kläglichen Reste des einst prächtigen Bauwerks zu besichtigen. Einige der Ausgrabungsfunde sind im anschließenden Museum ausgestellt (Eintritt 51 MXN pP).

Um die Kathedrale herum kann man oft Muscheltänzer beobachten. Die in prähispanische Kostüme gekleideten Männer tragen kaum mehr als eine Unterhose, einen Federkopfputz und rasselnde Muschelbänder an den Fußgelenken. Obwohl sie, wie die meisten Mexikaner, Mestizen sind, haben sie sich Náhuatl, die Sprache der Azteken und ihre Gebräuche angeeignet und verklären ihre nicht immer fleckenfreie Vergangenheit. Auch Wunderheiler sind zuhauf zu finden, meist indigene Frauen in traditioneller Verkleidung, die mit Weihrauch, Steinen und Kräutern Leiden kurieren. Sie finden regen Zulauf.

Von der schönen historischen Innenstadt Coyoacáns aus, einem Stadtteil von Mexico, der bei vielen Touristen beliebt ist, nahmen wir heute Morgen den Turibus, einen doppelstöckigen Bus mit offenem Oberdeck nach Londoner Vorbild, der Rundfahrten durch die Stadt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten anbietet. Für 125 Peso pro Person können wir zwei Linien benutzen, deren komplette Rundfahrt jeweils dreieinhalb Stunden dauern würde, man kann aber den ganzen Tag damit fahren und beliebig oft umsteigen. Die Busfahrt führte uns unter anderem an die lange Straße Paseo de la Reforma mit ihren zahlreichen Monumenten und Hochhäusern, die mehr das moderne Mexico City verkörpern. Jetzt steigen wir in die U-Bahn und anschließend in den Metrobus, ein schnelles Verkehrsmittel mit komplett eigener Fahrspur.

Unser Bekannte Adriana, die wir während ihres Kanadaurlaubs kennengelernt haben, hält sich zufällig in Mexico City auf und hat uns in das Restaurant 100 % Natural eingeladen. Das Essen ist sehr lecker, die Philosophie der Restaurantkette ist, mexikanische Küche auf etwas gesündere, fettfreiere Art anzubieten. Wir sind überrascht zu erfahren, dass Adriana Gründerin in Inhaberin des Franchisingunternehmens ist, auch wenn sie das Management mittlerweile ihrem Bruder übertragen hat. 100 % Natural hat 45 Restaurants in ganz Mexiko und gehört damit zu den großen Ketten des Landes.

Ciudad de México, D.F., México – Die lange Geschichte Mexikos

Mittwoch, Juni 29th, 2011

Das anthropologische Nationalmuseum in Mexiko Stadt ist ein Juwel – selbst für Museumsmuffel ist es ein muss, will man ein wenig Licht ins Gewirr der vielfältigen mesoamerikanischen Kulturen bringen. Das Museum ist riesig und fast zu viel für einen Tag. Das Erdgeschoss des u-förmigen Gebäudes beherbergt neben einer Einführung in die Anthropologie, also die Wissenschaft vom Menschen und seiner Entwicklung, zwölf Galerien, die sich mit den unterschiedlichen Hochkulturen Mexikos beschäftigen, darunter die Tolteken, die Maya, die Azteken, Teotihuacán, Oaxaca und anderen Regionen. Das Obergeschoss birgt Sammlungen von Kleidern, Häusern, Kunstgegenständen, religiösen Artefakten sowie Informationen über Festivitäten und soziale Organisation der 56 überlebenden indigenen Nationen Mexikos. Im Innenhof des Museo Nacionál de Antropología steht eine elf Meter hohe Säule, umgeben von einem Wasservorhang, auf der eine 84 m lange Überdachung ruht. Man nimmt an, dass dies die größte Betonstruktur der Welt ist, die auf einer einzelnen Säule ruht. Eine Sonderausstellung informiert derzeit über die fünf großen Pyramidenstätten Mexikos (Museumseintritt 51 Peso pP).

Ein hervorragend ausgebautes und relativ sicheres Verkehrsmittel in Mexiko ist die Metro. Für nur 3 Peso pro Fahrt kann man beliebig oft umsteigen. Mit einem Metroplan ist es ganz einfach. Während der Stoßzeiten ist die U-Bahn, die teils überirdisch fährt, krachend voll. Zwischendurch aber ist es recht unterhaltsam. Geduldete Verkäufer streifen durch die Waggons und versuchen, Taschenlampen, Scheren, Süßigkeiten, Kaugummis, Spielzeug, Einreibemittel oder Tabletten zu verkaufen – meist für einen Einheitspreis von 5 Peso. Bettler gibt es auch, meist jedoch versuchen selbst Blinde oder Taubstumme etwas zu verkaufen oder zumindest zu singen oder zu musizieren.

Coyoacán, México – Werkstattwesen

Dienstag, Juni 28th, 2011

In einer von Bernardos drei wollen wir einiges am Unimog erledigen. Obwohl es sich nur um Wartungsarbeiten handelt, die Jörg sonst selbst erledigen kann – Ölwechsel, Öl- und Kraftstofffilter austauschen und die vorderen Bremsbeläge erneuern, die wir bislang noch nicht gewechselt haben – springen fünf Mechaniker eilfertig und hilfsbereit um uns herum. Bernardos Werkstätten reparieren nicht nur Unimogs, sonders alles vom Pkw bis zum Lkw, was den Mechanikern ein enormes Wissen abverlangt. Bernardo hat einen Vertrag mit der Policia Federal, der Staatspolizei, alle ihre Fahrzeuge instand zu halten. Außerdem tauschen wir unsere Heizung, deren Boiler ja vor einigen Wochen undicht geworden ist und den wir schweißen lassen mussten. Bernardo weigert sich, Geld für die Mechanikerstunden zu annehmen.

Coyoacán, México – Gehobene Gastfreundschaft

Montag, Juni 27th, 2011

Gastfreundschaft ist in vielen Ländern ein hohes Gut. Eigentlich hielt ich uns Deutsche für nicht ausgesprochen vorbildlich, das scheint aber in der Fremde anders gesehen zu werden: Alle Ausländer, die wir bislang trafen und die bereits in Deutschland waren, bereichten einhellig über die hohe Gastfreundschaft, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gegenüber Fremden – auch und gerade im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Wie erfreulich – also bitte: weiter so! Derweil beschämen uns unser mexikanischer Freund Bernardo und seine Freundin Alma mit ihrer Freigiebigkeit und ihrem Vertrauen. Als erstes erhalten wir einen Schlüssel zu ihrem wunderschönen Stadthaus und dürfen alles benutzen. Am Abend lädt uns Bernardo in ein sehr gutes Restaurant in Coyoacán ein, um uns gehobene, doch traditionelle mexikanische Küche zu zeigen. Wir versichern, alles zu essen, und so bestellt er eine Auswahl verschiedener Gerichte zum Probieren, die uns schlicht umwerfen. Alles ist köstlich.

Es gibt eine schmackhafte Suppe aus gerösteten und zusammen mit Chilis pürierten Schweinehäuten (die gibt es sonst als Knabberei zu kaufen, bislang machten wir jedoch angewidert einen großen Bogen darum), eine andere mildere Suppe aus pürierten schwarzen Bohnen. Wir bekommen Tacos mit Entenfleisch und Avocados sowie Tortillas mit gekochter Zunge in Essigsud mit Zwiebeln und Möhren. Dann probieren wir zwei verschiedene Fischgerichte mit Weißfisch unter Zwiebel-Habanerohaube und Tunfisch in Bohnensoße sowie drei verschiedene Desserts: Ein selbstgemachtes Fruchteis, ein herbes Schokoladensoufflee und eine Art Strudel – eine Pastete mit eingebackenen Früchten und einem wenig gesalzenen Frischkäse, der Panela heißt und dem italienischen Mozarella etwas ähnelt (eine verlockende Kombination!). Wir lernen, dass Mezcal, ein Agavenschnaps wie Tequila, nicht wie Tequila schmecken muss, sondern wie Grappa (und aus verschiedenen Agavensorten besteht). Die knusprig gerösteten Grashüpfer hätte es auch gegeben, aber die probiere ich beim nächsten Mal…

Coyoacán, México – Das Land des Lärms

Sonntag, Juni 26th, 2011

Mexiko ist laut. Das ist eine unserer Grunderkenntnisse über dieses schöne Land. Überall wird möglichst viel Lärm gemacht, um – ja, um was? Um aufzufallen, um sich aus der Masse herauszuheben? Musik dröhnt, Menschen schreien, Autos hupen, Lautsprecher kreischen. Vor vielen Läden werden Musikboxen aufgestellt, die Passanten bis zur Taubheit berieseln und sie in das Geschäft locken sollen, weil es dort vielleicht leiser ist? Junge Menschen sitzen mit heruntergekurbeltem Fenster und lässig heraushängendem Ellbogen in ihren Autos, das Radio auf volle Lautstärke gedreht und hören – völlig uncoole – Mariachi-Musik, die auch ihren Urgroßeltern gefallen würde. (Ich gebe zu, dass ich mit meinem eingeschränkten westlichen Musikverständnis wohl nie ein Fan des unrhythmischen und unmelodiösen Mariachi werde, wo Sänger einfach nur laut quäken, selbst wenn es sich um ein Liebeslied handelt.)

Egal ob am Strand oder auf dem Campingplatz: Autotüren werden aufgerissen, Musik rücksichtslos aufgedreht in dem Versuch, den Nachbarn zu übertönen, und das bis in die frühen Morgenstunden. Souvenirhändler in Teotihuacán verkaufen eine Art Pfeifen, die schreckliche laute Geräusche erzeugen, die wohl einen Jaguar oder andere Tiere nachahmen sollen, und die überall auf dem Gelände zu hören sind. Irgendwo in der Stadt wurde heute Nacht eine auch auf dem Campingplatz hörbare Open-Air-Technoparty gefeiert, was mir zwar den Glauben an die junge mexikanische Generation wiedergibt, mir dann aber doch wieder Sorgen über möglichen Drogenmissbrauch bereitet, da die Feier auch um 10 Uhr des nächsten Vormittags nicht beendet ist. Selbst die Kirche macht mit: Zu ehren des Namenspatrons der Stadt reisten Pilger aus dem kompletten Land an, um die ganze Nacht in der Kathedrale zu beten. Das wird untermalt einem stündlichen (!) Glockenläuten, unterbrochen von Böllerschüssen, die die Nacht zerfetzen wie Kanonenkugeln. Die Kathedrale steht neben dem Campingplatz.

Das ist eben Brauch und Mentalität der Leute. Trotzdem sind wir nicht übermäßig traurig weiterzuziehen. Unser nächstes Ziel liegt in Mexico City und heißt Coyoacán, wo wir erwartet werden. Wir fahren tatsächlich mitten durch die Stadt, allerdings auf der „normalen“ Straße und vorsichtshalber nicht auf der Periférico. Der Verkehr ist dicht, aber nicht undiszipliniert, an jeder Kreuzung steht ein Polizeifahrzeug. Niemand hält uns an oder interessiert sich auch nur für uns. Mexico City mag zwar die größte Stadt der Welt sein, aber problemlos fahrbar – kein Vergleich zum anarchischen, chaotischen, nicht gekennzeichneten und völlig überlasteten Kairo. Vor dem Haus unserer Freunde parkend patrouillieren Polizeifahrzeuge und Fußstreifen, doch immer wieder stoßen wir nur auf Neugier und Interesse, das der Portier der Wohnanlage mit seinem neuerworbenen Wissen bestens zu stillen weiß.

Teotihuacán, México – Die geheimnisvolle Pyramidenstadt

Samstag, Juni 25th, 2011

Wer waren sie? Woher kamen sie? Wie lebten sie? Und warum gingen sie? Bis heute weiß man sehr wenig über die Schöpfer der Stadt Teotihuacán, selbst ihr ursprünglicher Name ist unbekannt. Erbaut wurde sie um 200 vor Christus, ihre Blütezeit erlebte sie zwischen 200 und 500 n.Ch. mit geschätzten 85.000 Bewohnern und einer Ausdehnung von über 20 km2. Als die Azteken 1250 hier ankamen, war die Pyramidenstätte bereits seit hunderten von Jahren verlassen und teilweise zerstört. Sie nahmen an, überwältigt von der Anlage, dass hier die Götter selbst entstammten und alles seinen Anfang nahm. Teotihuacán, Heimat der Götter, nannten sie den Ort. Die beiden größten Pyramiden tauften sie nach Sonne und Mond, die 40 m breite und zwei Kilometer lange Hauptstraße Calzada de los Muertos, Straße der Toten, in der Annahme, die Pyramidenstümpfe entlang der Hauptachse seien Begräbnisstätten.

Damit und in fast allem anderen irrten die Azteken. Menschen – wenn auch mit enormen mathematischen und astronomischen Kenntnissen – waren die Erbauer der Stadt. Man nimmt an, dass sie die Anlage teils selbst zerstörten, als sie sie verließen. Vielleicht wegen Ressourcenmangel infolge Überbevölkerung? Dass die Pyramidensockel keine Gräber sind, weiß man heute. Ihr Zweck liegt jedoch nach wie vor im Dunkeln. Sicher ist dagegen, dass es Wohneinheiten und spezielle Viertel für Berufsgruppen wie Webern, Färber, Töpfer, Bauern und Händler gab. Außerdem war ihr kunsthandwerkliches Können so weit entwickelt, dass ihre kreativen Schöpfungen von Vögeln und der gefiederten Schlange ganze Völkergruppen ihrer Zeit bis nach Guatemala beeinflussten.

Bis heute halten die Ausgrabungen an, nur etwa 15 % wurden bislang freigelegt. Das Gebiet, das bereits besichtigt werden kann, ist riesig. Bequeme Schuhe, Sonnen- und Regenschutz sowie Proviant sind dringend angesagt. Auf dem Gelände selbst gibt es zwar jede Menge Souvenirverkäufer (ein oder zwei freundliche „gracias“ genügen meist, sie zu vertreiben), aber es gibt nur wenige Verpflegungsmöglichkeiten. Die Sonnen- und Mondpyramide können bestiegen werden und bieten hervorragende Übersicht über die Stadt. Erstere gilt als drittgrößte Pyramide der Welt – nach Ägypten. Sie hat fast die gleiche Grundfläche wie die Cheopspyramide in Gizeh, ist mit 66 m aber nur halb so hoch. Es ist übrigens einfacher, die überhöhten Stufen schräg hinauf und hinunter zu gehen. Der Eintritt beträgt 51 Peso pP, Parken extra. Busse verkehren ständig vom Campingplatz und zurück, man kann aber auch laufen (Entfernung ca. 3 km).

San Juan Teotihuacán, México – Hoy no circula? Ich versteh’ nur Spanisch!

Freitag, Juni 24th, 2011

In Mexico City gibt es viele undurchsichtige und zum Teil unverständliche Verkehrsvorschriften. Wir wollen ein paar dieser Gerüchte aufklären, um anderen Reisenden die Fahrt zu erleichtern:

1. Der äußere Nordring um Mexico City ist fertig gestellt. Er heißt Arco Norte und trägt die Bezeichnung MEX 40D. Die Straße ist kostenpflichtig, aber eine gute Einfallroute von Norden kommend, und bei weitem nicht so teuer und nicht so befahren wie die Autobahnen weiter in der Stadt. Achtung: Es gibt an der 40D keine Tankstellen, Parkplätze, Toiletten oder Verpflegung zwischen Tula und der MEX 132D.

2. Es gibt zwei hinlänglich bekannte Campingplätze am Rande Mexikos, Pepe’s Hotel Posada in Tepotzotlán und Teotihuacán Trailer Park in San Juan Teotihuacán. Beide haben gute Busanbindung für Besuche der Innenstadt, doch letzterer wird von vielen Reisenden bevorzugt, da die weltbekannte Pyramidenstätte Teotihuacán nur wenige Kilometer entfernt liegt. Der einzig vernünftige Weg der Annäherung ist die MEX 132, die auch Anbindung and die MEX 40D hat. Der Campground liegt NICHT in der hoy no circula Zone (dazu mehr später) versichert die Besitzerin, auch wenn das manchmal behauptet wird, selbst in der „Bibel“ Mexican Camping von Church & Church. Die im gleichen Werk erwähnte Einbahnstraßenregelung bei Anfahrt des Campgrounds existiert bei unserem Besuch nicht, man fährt einfach zum Eingangstor.

3. Hoy no circula bedeutet soviel wie „heute nicht fahren“ und ist eine Regelung Mexikos zur Eindämmung der Abgasbelastung. An jedem Wochentag sowie an jedem Samstag des Monats dürfen zwei Fahrzeugkennzeichen-Endziffern nicht im Stadtgebiet fahren, als da wären: 5 und 6 Montag (und 1. Samstag im Monat), 7 und 8 Dienstag (und 2. Samstag im Monat), 3 und 4 Mittwoch (und 3. Samstag im Monat), 1 und 2 Donnerstag (und 4. Samstag im Monat), 9 und 0 Freitag (und 5. Samstag im Monat, wenn zutreffend). Diese Regelung gilt NICHT für Fahrzeuge, die jünger als acht Jahre alt sind. Ausländische Fahrzeuge sind den gleichen Bestimmungen unterworfen. Berichte, sie gelten nicht für Ausländer, treffen nicht zu. Man kann natürlich Glück haben und auf einen verständnisvollen, unwissenden oder keinen Polizeibeamten treffen. Die Chancen hierfür in Mexico City, dessen Polizisten für ihre Unnachgiebigkeit und Korruption verschrien sind, stehen nicht allzu gut. Zudem dürfen Fahrzeuge, die kein Kennzeichen von Mexico City (Distrito Federal) bzw. des Bundesstaates México besitzen, an Wochentagen von 5 bis 11 Uhr morgens nicht verkehren. All diese Regelungen können bei Smog erweitert werden. Genaue Auskünfte gibt es an den PEMEX-Tankstellen um México.

4. Ob die Periférico von Campingfahrzeugen wie dem unseren oder größeren befahren werden darf, konnten wir nicht mit Sicherheit herausfinden. Die Periférico ist eine zum Teil auf Stelzen gebaute, kreuzungs- und ampelfreie Autobahn durch Mexico City. Sie darf nicht von Liefer-Lkw benutzt werden. Ob sich die Regelung lediglich auf Fahrzeuge mit „Truck“-Kennzeichnung oder auf die Fahrzeuggröße bezieht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Weitere Erkenntnisse, sofern vorhanden, werden wir nachreichen.

5. Die Strafen für Zuwiderhandlungen sind drastisch. Polizeibeamte haben das Recht, Fahrzeuge zu konfiszieren. Sie stehen dann für einen Tag auf einem abgesperrten Gelände und können nur gegen hohe Gebühr ausgelöst werden. Kein Wunder, dass viele Fahrer die Zahlung eines niedrigeren Bestechungsgeldes vorziehen. Als Ausländer sollen Freundlichkeit, Bestimmtheit und die Androhung eines Anrufs bei der eigenen Botschaft manchmal helfen.

Jalpan, Querétaro – Durch alle Klimazonen Mexikos

Donnerstag, Juni 23rd, 2011

Das Rückgrat des Teufels ist hier. Vergesst Espinoza del Diablo von Mazatlán nach Durango. Das hier ist um Vieles besser. Die MEX 120 von Xilatla nach San Juan del Rio hat nicht nur viel mehr Kurven als die MEX 40. Es sind weit mehr Höhenmeter auf und ab zu bewältigen und die landschaftliche Vielfalt ist enorm. Wir beginnen im tropischen Regenwald der Huasteca Potosina, schrauben uns hoch ins Biosphärenreservat Sierra Gorda mit dichter grüner, alpin wirkender Nadelwaldflora auf über 2500 m Höhe und fahren nur ein paar hundert Meter wieder hinab in die mit Büschen und Kakteen bestandene Halbwüste des zentralen Hochlands.

Dazwischen gibt es noch feine barocke Architektur. Die „fünf Missionen“ im Nordosten des Staates Querétaro sind nicht allzu bekannt. Alle wurden vom gleichen Pater um die Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, um die ansässigen Indigenas zu missionieren. Zwei der Kirchen liegen direkt an der MEX 120, Landa de Matamoros und Jalpan. Sie wurden sorgfältig konserviert, sodass ihre farbigen dekorierten Fassaden mit den eindeutig indianischen Elementen gut zur Geltung kommen. Ob Kirchenfreund oder nicht – man sollte sich in Mittelamerika nicht allzu früh daran satt sehen, denn das sind nun mal die architektonischen Highlights.

Xilatla, San Luis Potosí – Kultur im Dschungel

Mittwoch, Juni 22nd, 2011

Bei wieder erträglich-tropischen Temperaturen finden wir uns auf Anhieb zur Cascada de Tamul. Von Flüssen und Wasserfällen wimmelt es hier nur so. Dieser angeblich beeindruckendste Fall dieser Gegend ergießt sich aus über 100 m Höhe in einen Fluss und ist nur auf einer vier Kilometer langen Fahrt mit dem Boot zu erreichen. Leider nerven uns die Schlepper bei Annäherung an die Attraktion dermaßen und verschrecken uns mit ihrer Forderung von fast 50 US$, dass uns die Lust aufs Verhandeln und den Wasserfall vergehen. Stattdessen fahren wir durchs Herzland der Huasteca Potosina, genießen tropische Palmen, Bananenstauden, Bambusstängel und Orchideen. Die Huastecen leben hier in Holzhütten mit Stroh- oder Blechdach, ein Ein-Zimmer-Haus aus Ziegeln ist schon Luxus. Fließendes Wasser gibt es nicht, aber Strom. Feuerholz und Wasser werden meist von jungen Frauen herangeschafft. Wäsche und Geschirr werden in Becken oder Schüsseln vor der Hütte gewaschen.

Erst kurz vor Xilatla legen wir wieder einen Stopp ein. Las Pozas ist eine einmalige Schrägheit im Tropendschungel. Der aus einer äußerst reichen britischen Familie stammende und mittlerweile verstorbene Edward James hatte sich hier im 20. Jahrhundert einen Lebenstraum verwirklicht. Er verschmolz den riesigen exotischen Garten mit einer Unzahl von Kunstobjekten aus Beton und Metall. Edward James war selbst nur ein mäßig erfolgreicher Poet und Künstler gewesen, jedoch einer der größten Kunstmäzene seiner Zeit. Zu seinem engen Freundeskreis zählten Salvador Dalí, Pablo Picasso und René Magritte. Dalí sagte einst über den Exzentriker, er sei „verrückter als alle Surrealisten zusammen genommen“.

Das zeigt sich auch auf seinem Grundstück, das James zunächst zum Orchideenzüchten, später als Zoo und schließlich zur Verwirklichung seiner architektonischen Fantasien nutzte. Mit zeitweise bis zu 150 lokalen Arbeitern baute er 30 Jahre lang an diesem Projekt, das allerdings nie richtig fertig gestellt wurde. Unzählige von ihm geschaffene Kunstobjekte, seltsame sinnentfremdete Gebäude, Wasserfälle, Becken und Bäche wurden in ein unüberschaubares riesiges Labyrinth am Hang integriert. Den Führer lehnten wir, nachdem wir unsere 50 Pesos Eintritt pro Person entrichtet hatten, freundlich ab. Wenn man so lange im Tourismus arbeitete wie wir, entwickelt man zwangsläufig eine Schlepper- und Guideallergie. Einen Orientierungsplan für das Gelände gibt es nicht, dann würde man ja keinen Führer benötigen.

Konsequenz ist, dass wir nach wenigen hundert Metern vor einem Teich stehen und uns nicht klar ist, wie wir dieses Hindernis überwinden, das tief und glitschig ist. Jörg beschließt, seine Shorts auszuziehen, das T-Shirt zu raffen und mit den Kameras über dem Kopf durch den Teich zu waten. Ich wähle den Weg über die wasserüberspülte glitschige Mauereinfriedung des Pools, auf der einen Seite Wasser, auf der anderen mehrere Meter nichts. Der Engländer hatte einen echt schrägen Humor. Jörg läuft fortan völlig surreal im klitschnassen Slip durch den Kunstpark, die Shorts in der Hand, bei mir sind nur die Schuhe nass. Edward James hätte seine Freude an uns gehabt. Zum Glück sind wir die einzigen Besucher.

Der Park verfällt heute zusehends. Der Millionär hatte ihn den Kindern seines mexikanischen Angestellten und Vertrauten vererbt, da er selbst keine Nachkommen hatte. Seine einzige Heirat mit einer ungarischen Balletttänzerin endete in einer skandalösen Scheidung. Ein von James inspiriertes Grundstück steht nur ein paar Meter weiter. Eine Art moderne Hippiekolonie, bestehend aus einigen jungen Mexikanern, einem nicht mehr so jungen Amerikaner und einer vor vier Tagen angereisten sehr jungen Deutschen, betreibt ein esoterisches Hostel. Der Platz ist gut gewählt, hier gibt es wirklich „Spirit“. Trotz Einladung entscheiden wir uns für die Weiterfahrt, denn wir haben bald eine Verabredung in Mexico City.

Micos, San Luis Potosí – Im Dschungel

Dienstag, Juni 21st, 2011

Der Abschied fiel schwer und war nur nach einigen Badegängen möglich, aber wir wollen noch zu den Wasserfällen von Micos. Wir verfahren uns höchstens drei- oder viermal, da Micos weder unseren Karten, noch unseren Navigationssystemen bekannt ist und die Angaben befragter Personen zwar grundsätzlich richtig, aber nicht immer präzise sind. Endlich am Ziel haben wir das Bad dringend nötig. 42° Schattentemperatur sind im feuchten Dschungelklima schon ungewöhnlich. Die 70 Peso Eintritt mit Campen gehen in Ordnung, aber der Platz enttäuscht uns. Die Wasserfälle sind größtenteils kleine Stromschnellen, es gibt Schlamm und algenbewachsene Steine, und das Wasser ist nur wenig klar. Theoretisch dürften wir über Nacht zum Fluss hinunterfahren und irgendwo zwischen Snack- und Souvenirbuden parken. Das ist so wenig einladend, dass wir lieber auf dem Tagesparkplatz bleiben und den Sturm dort abwettern. Es blitzt, donnert und windet, das Gewitter hat sich im Tal zwischen den Bergen verfangen, doch der Regen hält sich in Grenzen. Trotzdem: die Regenzeit hat begonnnen.

Auch wenn der Platz nicht ganz so überzeugend war, Abkühlung verheißen die Cascadas de Micos allemal: N22°05’57’’ W99°08’52’’.

Tomasopo, San Luis Potosí – Das Paradies auf Erden?

Montag, Juni 20th, 2011

Das Paradies auf Erden – gibt es das? Vielleicht nicht ganz. Aber die Cascadas de Tomasopo kommen dem schon ziemlich nahe. Eine ganze Reihe von Wasserfällen ergießt sich in natürliche Pools, von knöcheltief bis mehrere Meter messend, in die man sich von Fall aus hineinstürzen oder darunter duschen kann. Die Pools fließen in Flüsse ab, in die wiederum weitere Wasserfälle rinnen. Das türkisfarbene Wasser ist gerade so kühl, dass man es als erfrischend empfindet, aber so warm, dass man sich gut und gerne eine Stunde oder länger darin aalen kann. Umgeben ist das Ganze von einem tropischen Garten aus Grünpflanzen, exotischen Blumen, bunten Vögeln, großen Schmetterlingen und Libellen. Ob wir noch in Mexiko sind? Oh ja, natürlich, Mexiko besteht nicht nur aus vertrockneten Hügeln und Kakteen.

Wir befinden uns in der Huasteca Potosina, einem dschungelartigen Gebiet im zentralen Osten Mexikos, dem nördlichsten Regenwald der Welt, der in den meisten Reiseführern unverständlicherweise stiefmütterlich behandelt wird. Dementsprechend schwierig war es, Informationen über dieses Gebiet zu bekommen, doch den Tipp hierherzukommen hatten wir von verschiedenen Mexikanern erhalten. Seinen Namen hat das Areal von den Huastecen, dem indigenen Volk, das hier lebt, und San Luis Potosí, Bundesstaat und gleichnamige Hauptstadt. An den Wasserfällen von Tomasopo dürfen wir sogar auf den Rasenflächen vor den Fällen campen – und das Ganze für je 20 Peso pro Person und Auto (macht also 60). Immer wieder tauchen wir ins kristallklare Nass mit den vielen kleinen Fischen und wähnen uns im Paradies – egal wie die Antwort auf Frage eins lautete.

Wer auch ins Paradies möchte: Es befindet sich nördlich von Tomasopo bei GPS N21°56’21’’ W99°23’46’’.

San Miguel de Allende, Guanajuato – Der Zug der Narren

Sonntag, Juni 19th, 2011

Tausende von Teilnehmern – Kinder, Erwachsene und Tiere – bereiten sich monatelang auf diesen Tag vor. Verkleidet in die fantasievollsten Kostüme, hüpfend und tanzend Musikwagen folgend, zieht der Zug der Narren am dia de los locos durch die Stadt. Alljährlich am Sonntag, der dem Namenstag des St. Anton am nächsten liegt, gerät die ganze Stadt in Aufruhr. Wer nicht am Umzug teilnimmt, strömt in die Stadt, um zuzusehen und mitzufeiern. Wir suchen uns einen Platz zu Beginn des Umzugs. Das hat nicht nur den Vorteil, dass es hier mehr Platz gibt zum Fotografieren, sondern auch dass die Teilnehmer in der brütenden Hitze noch fröhlich und energiegeladen genug zum Tanzen und Posieren sind. Nachdem wir jeweils hunderte von Piraten, Hexen, Schlümpfen, SpongeBobs, Greisen, Felltieren und Supermen gesehen haben und ich mich von einem abgrundtief hässlichen Teufel mit schrecklich schiefen Zähnen küssen lassen musste, sind wir froh, als der Umzug zu Ende ist und wir aus der Sonne können.

Mineral de Pozos, Guanajuato – Eine echte Geisterstadt

Freitag, Juni 17th, 2011

Einst eines der wichtigsten Bergbauzentren Mexikos, heute Geisterstadt; einst prosperierende Silbermine, heute historisches Kulturgut; einst lebhafte Großstadt mit 80.000 Einwohnern, heute ruhiges Dorf mit 2.000 Verbliebenen: Mineral de Pozos wurde 1576 gegründet und in den Revolutionsjahren verlassen. Die französischen und spanischen Minenbesitzer fuhren nach Hause, die Arbeiter wanderten nach Mexico City ab.

Der Großteil der ehemaligen Stadt kann wegen Einsturzgefahr nur von außen besichtigt werden, doch einige der Minen sind zugänglich. Es gibt keinerlei Kennzeichnung, also muss man sich durchfragen. Ohne Eintritt zu zahlen oder anderweitig belästigt zu werden, kann man zwischen den Ruinen umherstreunen und sich das Leben einer ungleichen Zweiklassengesellschaft aus reichsten Besitzern und ärmsten Arbeitern vorstellen.

Heute Abend besuchen wir die frühere Lehrerin Marjorie, während wir morgen Barbaras Ehemann, den Archäologieprofessor, und deren Freunde kennenlernen.