Archive for the ‘USA’ Category

Grand Junction, Colorado – Die eigenwillige Vorfahrtregel

Montag, Januar 10th, 2011

Die Vorbereitungen für unsere Abreise bedeuten auch, dass wir in Grand Junction noch einmal Einkaufen gehen. Eine der Verkehrsregelungen, die ich in den USA wirklich mag, und die selbst auf Supermarktparkplätzen angewandt wird, ist die Stoppschildervorfahrtsregelung. Nicht dass ich das Anhalten am Stoppschild für Europas dichten Verkehr besonders praktikabel halte. Aber die Regelung gibt allen Fahrern eine gleichmäßige und faire Chance weiterzufahren. Europas kompliziertes „rechts vor links“ gibt es hier nicht. An einem 4-way-stop zum Beispiel haben alle vier Einmündungen ein Stoppschild. Jeder hält kurz an der Haltlinie an, und wer als erster an der Linie war, fährt auch als erster weiter. Immer schön der Reihe nach. Egal wohin man fährt. Man muss also als Linksabbieger nicht stundenlang warten, bis man womöglich mal weiterfahren kann. Gibt es eine Vorfahrtstraße und zwei gegenüberliegende untergeordnete Straßen mit Stoppschild, gilt dort ebenfalls, wer zuerst kommt, fährt zuerst, egal in welche Richtung man will. Auf diese Art und Weise wird der Verkehr aus allen Richtungen gleichmäßig flüssig gehalten. Eine kluge Idee.

Palisade, Colorado – Abschied der Vierte

Sonntag, Januar 9th, 2011

Ein letztes Mal fahren wir zu Pam und Malcolm nach Palisade und holen unser lang erwartetes Paket ab, das wir hierher haben schicken lassen. Noch einmal verbringen wir einen gemeinsamen Kinoabend. Und wir verabschieden uns, ein letztes Mal. Für wie lange? Wer weiß das schon.

Fruita, Colorado – Die Winsch winscht

Samstag, Januar 8th, 2011

Das bestellte Zubehör zur Seilwinde ist angekommen. Dazu gehören ein Baumstammschützer und eine große Umlenkrolle, um die Zugkraft der Winsch zu verdoppeln. Die Winsch ist versuchshalber angebaut und wir probieren sie aus. Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Seilwinde zerrt Arminius mit angezogener Feststellbremse und stehenden Reifen über den Asphalt. Dabei haben wir die Umlenkrolle noch nicht einmal zum Einsatz gebracht. Das lässt hoffen. Aber noch ist nicht alle Arbeit erledigt.

Fruita, Colorado – Das faszinierende Plasmaschneidgerät

Mittwoch, Januar 5th, 2011

Die Seilwinde benötigt eine Montageplatte, auf der sie befestigt wird und die sie gleichzeitig schützt, sollte man irgendwo gegen fahren, denn sie ragt über die Stoßstange hinaus. Ein Plasmaschneidgerät ist schon eine faszinierende Erfindung. Der Lichtbogen gleitet durch unser 12 mm dickes Metall wie durch Butter, Pressluft bläst das geschmolzene Metall weg. Bald hat unsere Platte die Form, die sie bekommen soll.

Fruita, Colorado – Die Seilwinde trifft ein

Dienstag, Januar 4th, 2011

Die Seilwinde ist angekommen. Endlich! Am Nachmittag toben wir los um Metall, Schrauben und Kabel zu besorgen, um die Winsch anbauen zu können.

Fruita, Colorado – Jäger in den Bücherklippen

Sonntag, Januar 2nd, 2011

Im Norden Fruitas befinden sich die Bookcliff Mountains. Die kleine Hügelkette besteht aus ganz vielen dünnen Gesteinsschichten, die den Bergen das Aussehen von liegenden Buchseiten verleihen. Hier gibt es eine Unzahl von Wegen durchs Hinterland, einigen Wanderwegen und staatlichen Einfach-Campingplätzen. Abgesehen von ein paar Jägern, die wilden Gänsen und Hirschen nachstellen, sind wir hier alleine. Die Wege sind verschneit und gefroren, aber zum Glück nicht sonderlich steil. Die Winterlandschaft ist traumhaft, das Wetter nicht weniger, und wir haben einen weiteren Tag des Wartens überstanden.

Fruita, Colorado – Europäischer Sozialismus?

Samstag, Januar 1st, 2011

Zwar müssen wir keinen Rausch ausschlafen oder Kater vertreiben, aber wir lassen es trotzdem langsam angehen an diesem ersten Tag des Jahres. Ich mache es mir gemütlich und lese ein Buch, den ein Kriminalroman eines amerikanischen Autors. Es geht um Europa und Deutschland. Es ist die Originalausgabe, also konnte kein Übersetzer eventuelle Sachfehler ausgleichen. Meine Nackenhaare stellen sich gerade auf. Bereits zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit höre – oder in diesem Fall lese ich – dass die in Europa vorherrschende Regierungsform der Sozialismus sei. Dabei handelt es sich um durchweg intelligente und gebildete Menschen, die diese Äußerungen von sich geben. Die anderen haben möglicherweise gar keine Vorstellung, was in Europa vor sich geht.

Es ist wohl weniger so, dass diese Amerikaner annehmen, Europa sei kommunistisch-sozialistisch regiert. (Den Unterschied zwischen Kommunismus und Sozialismus kennt hier sowieso niemand.) Vielmehr weiß offensichtlich keiner, was Sozialismus eigentlich ist, was der Unterschied zwischen sozial und sozialistisch ist und nimmt an, es sei auf jeden Fall etwas Schlechtes, zumindest Anrüchiges. Präsident Obama zum Beispiel wirft man sozialistische Tendenzen vor aufgrund seines Gesetzes zur Einführung einer Krankenversicherung für jedermann. Obwohl mein Wörterbuch probehalber auf Anhieb eine Übersetzung für „soziale Marktwirtschaft“ ausspuckt, scheint dieser Begriff im Amerikanischen völlig undenkbar zu sein.

Colorado National Monument, Colorado – Die kälteste Silvesterfeier

Freitag, Dezember 31st, 2010

Das Colorado National Monument bei Grand Junction, das wir vor einigen Wochen im November besucht hatten, feiert seinen 100. Geburtstag. Und das am Silvesterabend mit einer großen Feier, zu der alle Bürger eingeladen sind. Nix wie hin. Trotz oder gerade wegen -20° C und 20 cm Schnee wird es eine ganz spezielle Party, und es kommen viele Leute. Die Ranger entzünden Feuer, an denen man kostenlos verteilte Marshmallows am Stock rösten kann. Ich hasse Marshmallows, aber das ist momentan egal. Bei der Kälte ist Energieaufnahme am wichtigsten. Die Feuer wärmen nicht sonderlich, die Hitze verpufft einfach im All. Es gibt heiße Schokolade und Cider (naturtrüben Apfelsaft mit Zucker, Zimt und anderen Gewürzen) und als Höhepunkt ein aufwändiges Feuerwerk vor steinerner Kulisse. Happy New Year!

Fruita, Colorado – Schnee horizontal

Donnerstag, Dezember 30th, 2010

Zum ersten Mal nach gut zweieinhalb Monaten USA ist es richtig Winter. Es ist bitterkalt und der Wind schleudert den Schnee horizontal über die Erde. Die Schneedecke wächst. Mit gemischten Gefühlen betrachten wir das Foto, das uns andere weltreisende Bekannte vom Strand in Belize geschickt haben: Palmen, Sonne, Hängematte. Sie hatten auf Nordkanada und Alaska verzichtet und die USA rasch durchquert. Doch nein, ich möchte weder den wunderschönen Norden des Kontinents noch das ereignisreiche Colorado und Utah missen. Unsere Heizung funktioniert, die Kabinenisolierung ist hervorragend, der Motor springt an. Und eines schönen Tages werde auch ich Euch ein Bild mit Strand, Meer und Palmen schicken können.

Grand Junction, Colorado – Schnelligkeit versus Qualität

Mittwoch, Dezember 29th, 2010

Stöbern durch ausländische Supermärkte finde ich ausnehmend spannend. Was es wohl so alles gibt? Wir sind einmal wieder in Grand Junction zum Einkaufen, aber das Angebot in amerikanischen Supermärkten unterscheidet sich nicht gravierend von dem deutscher. Nur die Variationen sind geringer. Es gibt fast überall das gleiche, und die Lebensmittelauswahl ist recht eingeschränkt. Weißer Pfeffer kann schon zum Problem werden; frischer Basilikum, überhaupt frische Kräuter sind wohl wenig gefragt. Auf den ersten Blick wirkt das oft anders. Riesige Regalreihen sind bepackt mit einer Unzahl von Flaschen, Kartons, Packungen. Aber es ist dutzendmal das gleiche Produkt, nur von einer anderen Firma hergestellt. Nehmen wir Kaffee: helle Röstung, dunkle Röstung, entkoffeiniert, Ende. Tomatenketchup gibt es von x verschiedenen Herstellern, doch Geschmacksvarianten gibt es kaum. Chiliketchup? Manchmal. Curryketchup? Fehlanzeige. Käse, Schinken, Joghurt gleichen sich ebenfalls. Reich hingegen ist die Auswahl an Dosensuppen, Dosennudelgerichten und Tiefkühlfertiggerichten.

Wir hatten mit Malcolm über die Schwierigkeit gesprochen, die Zutaten für unsere Plätzchen zu finden. Als ich den Verdacht äußere, in den USA würden die Rezepte andere Ingredienzien erfordern, schüttelte er den Kopf. Nein, in den Staaten verwende man schlicht Backmischungen. Egal in welchem Lebensbereich, wichtig sei, dass der Job irgendwie erledigt werde. Und das möglichst schnell. Qualität sei nachrangig. Das komme noch aus der Zeit der frühen Siedler, als es nichts gab in diesem Land und man zusehen musste, wie man überlebt und wie man die Arbeit irgendwie macht. Das, meint Malcolm, macht die USA schnell und innovativ. Wenn auch nicht qualitativ hochwertig. Das sei eher Europas Stärke. Da ist was dran, oder?

Fruita, Colorado – Positionswechsel

Dienstag, Dezember 28th, 2010

Weiterreisen wäre schön, aber wir wechseln unseren Standort nur zu Joshua nach Fruita, einige Meilen weiter westlich. Wir hatten den deutschstämmigen Josh und seinen Freund Cullen am Tag der offenen Tür in Palisade kennengelernt. Cullen bezeichnet sich als Handwerker, er entwirft und baut z.B. Möbel auf Bestellung. Er liebt Naturmaterialien und näht seine Wollhemden und Lederhosen selbst, genau wie er seine Wollmützen strickt. Er baute vor einigen Jahren schon einmal eine Unimog-Camperkabine aus und ist entsprechend fasziniert von Arminius. Joshua dagegen arbeitet vorrangig mit Metall. Er kauft ältere Fahrzeuge – Fahrräder, Motorräder, Autos – und baut sie um oder restauriert sie. Er stellt auch neue Sachen her wie Elektrofahrräder, Lastenfahrräder mit verlängerten Rahmen, GPS-gesteuerte Modellflugzeuge für Filmaufnahmen zum Beispiel von Fahrradrennen oder Mini-Gasballons für lautlose Videoaufnahmen von Bergsteigern.

Nach unseren Gänsehauterfahrungen auf Utahs Off-Road-Trails, wo wir zwei Mal fast stecken geblieben wären, sind wir zu dem Schluss gekommen, eine Winsch wäre ein wünschenswertes und nützliches Accessoire. Im Internet haben wir eine qualitativ hochwertige Winsch aus einem Liquidationsverkauf zu gutem Preis gefunden, aber damit ist es noch nicht getan. Joshua hat sich spontan angeboten, mit uns die Winsch an unseren Unimog anzubauen. Seine Werkstatt ist eine Fundgrube endlos vieler Spezialwerkzeuge. Sein Grundstück mit Teich ist riesig und bietet alles, was ein Full-Hook-up-Campingplatz offerieren würde. Allerdings bedeutet das für uns eine Verzögerung der Weiterreise. Erst mal müssen wir auf das Eintreffen der Winsch warten, dann muss die Arbeit getan werden. Aber wir scheinen unser Herz in Grand Junction verloren zu haben, schließlich sind wir schon zum dritten Mal hier und in der Umgebung.

Palisade, Colorado – Ein Glühwürmchen im Weltall

Montag, Dezember 27th, 2010

Am Abend sind wir – mittlerweile zum dritten Mal – bei Jerry und Donna zum Filmkucken in ihrem eindrucksvollen Heimkino eingeladen. Die Nachbarn von Pam und Malcolm sind wie wir alle Fans von Firefly – „Glühwürmchen“. Die Science-Fiction-Serie über ein Raumschiff namens Firefly, dessen Crew und deren Abenteuer im All wurde eingestellt, bevor alle abgedrehten Folgen ausgestrahlt worden waren. Die Gags und Pointen stellten sich als zu intelligent und anspruchsvoll für das 18- bis 36-jährige männliche Zielpublikum des amerikanischen Privatsenders heraus. Der Firefly-Produzent wollte sein Publikum nicht enttäuschen und drehte einen Kinofilm, um seiner Idee einen Abschluss zu verleihen. Bei Jerry und Donna mit ihren – sichtbaren – deutschen und holländischen Wurzeln sehen wir uns heute Abend den Abschlussfilm an, der sich nicht auf der DVD mit den Serienfolgen befindet, die Malcolm uns vermacht hat. Schade, dass es diese Science-Fiction-Serie nicht ins deutsche Fernsehen geschafft hat.

Palisade, Colorado – Tag der offenen Tür

Sonntag, Dezember 26th, 2010

Wie in Europa auch ist der zweite Weihnachtsfeiertag nicht immer streng der Familie vorbehalten, sondern durchaus auch Freunden und Bekannten. Pam und Malcolm veranstalten einen Tag der offenen Tür. Den ganzen Nachmittag gehen Nachbarn und Freunde aus der Umgebung ein und aus, es gibt Getränke, Snacks und Plätzchen, viele neue Bekanntschaften und Gespräche.

Palisade, Colorado – Der erste Weihnachtsfeiertag

Samstag, Dezember 25th, 2010

Nach einem leichten Frühstücksimbiss packen alle ihre Geschenke aus. Was auffällt ist, dass Schenken eine höhere Wichtigkeit zu besitzen scheint als bei uns. Weihnachtskarten aus ganz USA von Freunden, ehemaligen Nachbarn oder Arbeitskollegen sind eingetroffen. Ganz oft werden auch Geschenke im ganzen Land umher gesandt. Selbst Nachbarn bringen Präsente. Dann gibt es ein Brunch, und am Abend schließlich einen Braten. Auch hier entscheiden regionale Gewohnheiten oder familiäre Bräuche. Bei uns gibt es Roastbeef, üblich sind aber auch, so habe ich mir sagen lassen, Pute, während Gänse und Enten eher seltener gegessen werden.

Palisade, Colorado – Weihnachten auf amerikanisch

Freitag, Dezember 24th, 2010

Amerikanische Weihnachten unterscheiden sich gar nicht so sehr von europäischen. Wir erleben natürlich kein Fest mit kleinen Kindern, aber im Kreis der Familie. Der Kitsch drum herum ist auch nicht schlimmer als bei uns. Was ich hingegen sehr schön finde, ist, dass viele Menschen ihre Gärten mit Lichterketten dekoriert haben, ganz so wie es bei uns früher der Fall war. In Deutschland ist dieser Brauch mit den gestiegenen Energiepreisen weit zurückgegangen. Aus umwelttechnischen Gesichtspunkten ist es natürlich besser, auf den beleuchteten Weihnachtsschmuck zu verzichten – aber schön ist es trotzdem.

Pam und Malcolm haben Pams Eltern zu Gast und uns zwei. Es gibt einen Weihnachtsbaum und weitere Dekorationen und ein festliches Abendessen (in diesem Fall Fisch). Ein traditionelles Essen am Weihnachtsabend gibt es nicht, habe ich mir sagen lassen, es ist regional sehr unterschiedlich. Sehr viele Familien haben ihre Bräuche aus ihren Heimatländern mitgebracht und servieren das, was bei ihren Vorfahren Brauch war.

Nur Geschenke gibt es am Heiligen Abend noch nicht. Darauf werden wir bis morgen Vormittag warten müssen. Aber auch das ist in einigen evangelischen Bereichen Deutschlands und in anderen Gegenden Europas durchaus üblich.

Grand Junction, Colorado – Brot und Besuch

Donnerstag, Dezember 23rd, 2010

Heute backen wir noch ein riesiges Kartoffelbrot. Schließlich geht nichts über deutsches Brot. Das finden die Amis übrigens auch. Wir teilen ja gerne. Dann bekommen wir Besuch. Von einer Nachbarin von Pam und Malcolm, die gar nicht genau wissen, wo wir stehen. Aber ein anderer Nachbar hat Arminius vor dem Baumarkt fasziniert entdeckt, fotografiert und auf Facebook gestellt – mit Angabe des Stellplatzes. Ohne uns zu kennen oder getroffen zu haben. Die Dame wiederum meinte lapidar, sie kenne uns bereits und könnte ihm (dem anderen Nachbarn) ein Treffen vermitteln, wenn er möchte. Sie kenne uns schon von unserem letzten Besuch zu Thanksgiving. Sie klopft an unsere Türe und lädt sich ein zum Plaudern. Na dann bis zum Wiedersehen am Sonntag, da gibt es ein großes Treffen bei Pam und Malcolm mit ganz vielen Leuten.

Grand Junction, Colorado – Plätzchenbacken im Amerika

Mittwoch, Dezember 22nd, 2010

Weihnachten ist Plätzchenbacken. Und natürlich braucht man Mitbringsel, wenn man eingeladen ist. Ich habe mich für zwei ganz traditionelle deutsche Backrezepte entschieden, um ein Stückchen deutscher Weihnachtskultur nach Amerika zu bringen: Vanillekipferl und Einäuglein – Ihr wisst schon, zwei Butterplätzchen mit Marmelade zusammengeklebt, das obere hat ein Loch. Da geht es aber schon los, denn offensichtlich haben die Amis andere Rezepte als wir uns brauchen andere Zutaten. Für die Butterkekse benötige ich Zitronenschale. Obwohl ich Biozitronen zu unverschämten Preisen finde, scheint die Schale trotzdem nicht genießbar zu sein. Ersatzweise kaufe ich natürliches Aroma aus Zitronenöl. Das wird gehen. Schwieriger ist das mit den Kipferln. Bei den Backzutaten gibt es ganze, gehobelte oder gestiftelte Mandeln, aber keine gemahlenen. In der Reformabteilung sichte ich weißes glutenfreies Mandelmehl für einen indiskutablen Kaufbetrag. Wir nehmen die gehobelten und mahlen sie selbst, was gar nicht so einfach ist, da Mandeln wörtlich eine harte Nuss sind. Das nächste Problem ist Vanille. Es gibt sie lediglich als künstliches Aroma in flüssiger Form. Keinen Vanillezucker und kein Puder. Ich brauche das aber zum Bestäuben. Was will ich mit Essenz? Alternative ist, Vanillezucker aus Puderzucker und Vanilleschoten selbst herzustellen. Schmeckt eh am besten. Nur leider ist das fast unerschwinglich. Eine einzige Schote kostet bis zu 15 $! Die spinnen ja wohl. Selbst im Wal-Mart. In einem meiner Kundenkarten-Supermärkte finde ich das Angebot: zwei Schoten für acht statt 16 $, wenn man die Kundenkarte besitzt. Ich greife zu.

Stellt Euch vor, ihr stellt Euch mit einem Camper auf dem Parkplatz vom Praktiker Baumarkt, schmeißt euren Generator an und beginnt, Plätzchen zu backen. Welche Reaktionen würde das wohl hervorrufen? Hier stört sich niemand daran. Nur die Angestellten, die anscheinend alle schon unsere Website durchgepflügt haben, schauen von Zeit zu Zeit vorbei. Oder ein paar der Kunden.

Die ganze Bude ist voll mit Keksen. Sie sind köstlich.

Grand Junction, Colorado – Wie bei alten Bekannten

Dienstag, Dezember 21st, 2010

Am Walt-Mart Parkplatz stoppt mich ein junger Mann. Er habe uns vor einigen Wochen schon einmal gesehen, als wir vom Parkplatz in Fruita, Colorado (nur ein paar Meilen von Grand Junction entfernt) in Richtung Grand Junction gefahren seien. Er konnte sich nicht mehr mit uns unterhalten, aber er habe sich unsere Web-Adresse notiert und auf der Interstate gestaunt, wie zügig wir unterwegs seien. Es stellt sich heraus, dass er den gleichen Unimog U 1300L gleichen Baujahres erst kürzlich von der belgischen Armee gekauft hat. Natürlich hat er tausend Fragen.

Gegen Abend stellen wir uns auf unseren altbewährten ruhigen Stellplatz am Baumarkt. Schon seit Alaska haben wir die Erfahrung gemacht, dass man da gut steht. Es ist ruhiger als auf Supermarktplätzen, da weniger Kundenverkehr und nachts geschlossen ist. Niemand hat etwas dagegen, wenn wir über Nacht parken und freien Wi-Fi-Zugang gibt es fast immer. Einer der Angestellten macht Feierabend. Wir kennen ihn nicht, aber er begrüßt uns wie alte Bekannte. „Mensch, wo wart ihr denn so lange? Was habt ihr in der Zwischenzeit gesehen? Ihr wart doch vor einem Monat schon mal hier!“ Stimmt.

Ein anderer Mann versichert uns, dass er uns schon den ganzen Tag verfolgt. Auf sämtlichen Einkaufsmarktparkplätzen seien wir aufgetaucht, und endlich treffe er uns persönlich an, um zu fragen, was dieses „Biest“, mit dem wir rum fahren, eigentlich so sei. Stimmt alles. Weihnachtseinkäufe macht man auch mit einem Camper.

Grand Junction, Colorado – Ausgerechnet Colorado

Montag, Dezember 20th, 2010

Es hätte so schön werden können – altes Ziel, neue Strecke. Nach vielen rotsteinigen Wochen mal wieder durch die Berge fahren mit hübschen Tannenbäumchen. Aber weder Wetter- noch Straßenzustandsbericht lassen erkennen, dass das eine gute Idee ist. Es liegt schon Schnee und Eis, im Hochland schneit es weiter, hier im Tiefland regnet es wenigstens nur. Stattdessen fahren wir zum x-ten Mal über Monticello und Moab auf die # 128 und die I 70 nach Grand Junction, Colorado. Wo wir auch schon zum dritten Mal landen. Das hat natürlich seinen Grund: Bald ist Weihnachten. Pam und Malcolm aus Palisade haben uns noch einmal eingeladen. Und was sind schon 300, 400 Meilen? Auf geht’s!

Lake Powell, Utah – Leere Fähre

Sonntag, Dezember 19th, 2010

Diesmal fahren wir den Burr Trail Richtung Süden zum Ende am Lake Powell, während die Franzosen nach Norden auf die Nottom Road einbiegen, wo wir vor zehnTagen hergekommen sind. Der Regen von heute Nacht hat den Lehm, mit dem der Straßenschotter vermischt ist, feucht und glatt werden lassen. Wir sind froh, nicht dem Off-Road-Trail vom Kodachrome Basin gefolgt zu sein. Ansonsten ist auch dieses Stück Straße absolut einen Besuch wert, auch wenn die buntgestreiften Berge und der rote Long Canyon ohne Sonne nicht so recht leuchten wollen. Am späten Mittag erreichen wir den Powell See. Weder an der Fähre noch im Visitor Center ist jemand, es sind nicht einmal Fahrzeiten angeschlagen. Leider war ich vom Kodachrome Park aus auch telefonisch nicht zur Fähre durchgedrungen. Zum Glück ist die Tankstelle in der Bullfrog Marina besetzt und wir erfahren, dass die zweite und letzte Fähre des Tages um 15:30 Uhr geht.

Wir sind die einzigen Fährpassagiere und erfahren, dass wir in fünf Tagen das dritte Fahrzeug sind, das übergesetzt wird. Dafür berechnet man uns freundlicherweise nur den Pkw-Tarif von 25 $. Zwei Tage pro Woche steht die Fähre still und ab Ende des Monats wird sie für zwei Monate außer Betrieb genommen. Wieder einmal Glück gehabt. Von Halls Crossing aus folgen wir Hwy # 276 den Redhouse Cliffs entlang, dunkelroten Klippen mit grauen und violetten Schattierungen. Die Landschaft ist so rot, dass das sogar auf die Wolken abfärbt. Durch Reflektion der Umgebung wirken die grauen Wolken von unten rot. Dann nehmen wir den ebenfalls empfehlenswerten Hwy # 95 und landen wieder in Blanding.

Kodachrome Basin State Park, Utah – Ein Farbfilmpark im Dämmerlicht

Samstag, Dezember 18th, 2010

Umschlungen vom Grand Staircase – Escalante liegt das Kodachrome Basin am Rande des Ortes Cannonville. Eine National Geographic Expedition hatte 1949 diesem Gebiet den plakativen Namen des bekannten Kodak Diafilms verliehen – mit Genehmigung der Firma Kodak natürlich. Grund dafür waren die intensiven Farben der in verschiedenen Rottönen leuchtenden Steine, der gelben Wildblumen und grünen Büsche vor stahlblauem Himmel. Davon ist heute leider nichts zu sehen. Nach langen Wochen Sonnenscheins ist es trübe und von Zeit zu Zeit nieselt es etwas. Wir haben trotzdem 6 $ investiert, um uns im State Park umzusehen, denn hier gibt es eine geologische Besonderheit, die nirgendwo sonst auf der Welt zu finden ist. Fast 70 monolithische Turmspitzen ragen zwischen zwei und 52 Meter in den Himmel. Sie scheinen aus dem Talboden oder dem Sandstein zu wachsen. Der Ursprung dieser Sand Pipes, Sandpfeifen, ist nicht völlig geklärt. Wissenschaftler glauben, dass die Türme vor 65 Mio. Jahren unterirdische Quellen oder Geysire darstellten, ähnlich wie im Yellowstone Park. Mit der Zeit füllten sich die Geysirkanäle mit kalzithaltigem Sediment, das die Öffnungen zuzementierte. Während der umgebende weichere Sandstein erodierte, blieben die Kaminfelsen stehen.

Das feuchte Wetter ändert unsere Reisepläne. Zum einen möchten wir bei dem bedeckten Himmel ungern die schönsten Naturparks besuchen. Zum anderen macht die Feuchtigkeit die unbefestigten Wege schlüpfrig. Eigentlich hatten wir vor, vom Kodachrome Basin aus die Skutumpah und Johnson Canyon Road # 500 durch Grand Staircase – Escalante National Monument nach Süden zu nehmen und in der Gegend von Page/Arizona die nächsten Unternehmungen zu tätigen. Der Ranger im Kodachrome Park scheint unsicher zu sein, was er uns raten soll, aber er lässt uns telefonieren und die Straßenzustände abfragen. Er klärt uns auf, dass die # 500 eine reine „Schmutzstraße“ ist und aus Lehm besteht, der bei geringer Feuchtigkeit schmierig wird. Zudem ist der Weg seitlich abschüssig in eine Schlucht hinein, wir könnten ohne Zutun abrutschen. Mit Bergungsfahrzeugen sei bei dem Wetter nicht zu rechnen, die würden das Risiko nicht eingehen. Aber wir könnten es ja versuchen… Uns steht der Sinn nicht nach Risiko und wir entschließen uns spontan für eine Fährfahrt auf dem Lake Powell. Über Escalante Town und Boulder fahren wir zurück auf den ach so dramatischen Burr Trail. Im Long Canyon gibt es noch einen kurzen, vielleicht 100 m langen und nicht sehr engen Slot Canyon, dafür mit extrem hohen Wänden. Wir brauchen anhand der Beschreibung vom Visitor Center Escalante gar nicht zu suchen, denn auf dem Seitenstreifen bei der Schlucht steht der MAN der Franzosenfamilie. Gemeinsam fahren wir mit vertauschten Beifahrern die atemberaubenden Serpentinen des Burr Trail hinab und suchen uns einen Platz, wo wir den Abend und die Nacht gemeinsam verbringen können.

Bryce Canyon National Park, Utah – Das elegante Steinchaos in orange und weiß

Freitag, Dezember 17th, 2010

Die Steinwunder Utahs finden kein Ende und sehen an jeder Ecke, in jedem Park wieder anders aus. Im Bryce Canyon National Park hat Wettererosion eine bizarre Welt voller Nadeln, Säulen, Zinnen und Türmchen geschaffen. Die meisten von Ihnen sind am Fuß apricotfarben und verlaufen nach oben hin zu weiß. Kommt man den Hoodoos näher, erkennt man sämtliche Gelb-, Rot- und Purpurschattierungen. Möglich wird dies durch eisenhaltige Sedimente. Der Name Bryce Canyon indessen ist irreführend. Bryce war der Familienname eines Mormonenpionierpaares, das für einige Jahre hier eine Ranch besessen hatte. Ein Canyon ist der Park eigentlich auch nicht. Zwischen der Abbruchkante des Paunsaugunt Plateaus und dem östlich mehrere hundert Meter tiefer gelegenen Tropic Valley erstreckt sich auf 40 km Länge ein Streifen skurriler Sandsteinfelsreste.

Auf der 18 km langen Panoramastraße auf winterlich-kalten 2500 bis 2800 m Höhe kann man von etlichen Aussichtspunkten ins Märchental hineinschauen und -fotografieren. Wie fast immer erschließt sich die wahre Schönheit nur dem Fleißigen. Die Rangerin rät uns sogar, die Wanderung am Morgen der Rundfahrt vorzuziehen, bevor Eis und Schnee auf den Wegen antauen und Matsch den Pfad noch glitschiger macht als die gefrorene Variante. Diese Befürchtung bewahrheitet sich heute nicht, denn es bleibt unter dem Gefrierpunkt. Wir wählen die Route vom Sunset Point entlang der Abbruchkante zum Sunrise Point, dann der kombinierte Queens Garden und Navajo Loop. Hier kann man noch den Peek-A-Boo Loop anschließen, was die 5-km-Wanderung verdoppelt. Den Navajo Loop können wir wegen Steinschlag nicht vollenden und müssen zurück zu Queens Garden, um die 200 Höhenmeter, die wir vorher hinuntergewandert sind, an anderer Stelle wieder hoch zu schnaufen. Der Blick von unten auf die Hoodoos ist ein völlig anderer als nur von den Aussichtspunkten – eine wunderbare Erfahrung, die man nicht verpassen sollte.

Am Sunset Point angekommen ziehen sich die Wolken immer weiter zusammen und es beginnt zu schneien. Entlang der Panoramastraße wollen uns keine rechten Fotos mehr gelingen, so dicht ist das Schneetreiben mittlerweile. Wir verlassen Bryce Canyon und begeben uns in etwas tiefere Lagen in der Hoffnung auf mildere Nachttemperaturen.

Escalante, Utah – Amerikanische „Eisenfrauen“ und eine französische Weltreisefamilie

Donnerstag, Dezember 16th, 2010

Bei Escalante Outfitters bekommt man so ziemlich alles, was man braucht: Internet, Kaffee, Bier, Kleidung, Ausrüstung und einen Führer, wenn man sich irgendwohin nicht alleine traut oder an eine Stelle möchte, die man selbst nicht finden würde. Hier treffen wir noch einmal Camille aus Kalifornien und Theresa aus Illinois, die beiden Wandersfrauen von gestern und erhalten gleich Einladungen zu ihnen nach Hause. Wir hatten recht: Sie laufen Triathlon und haben schon an vielen Iron-Man-Veranstaltungen teilgenommen. Dass die beiden in wenigen Jahren in Rente gehen wollen, also nicht mehr ganz so jung sind, flößt umso mehr Respekt ein.

Wir verlassen Escalante und den Park vorerst auf Hwy # 12 West zum Bryce Canyon National Park, werden aber noch einmal zum Escalante Park zurückkehren. Schon jetzt steht für uns fest, dass Grand Staircase – Escalante National Monument eine der grandiosesten Landschaften Nordamerikas ist. Gerade die Vielfalt, die Unberührtheit und Unentwickeltheit machen für uns den Reiz aus. Hier könnten wir Wochen verbringen. Wir werden zu einer anderen Jahreszeit hierhin zurückkehren.

Unterwegs treffen wir Tembo. Das ist der Allrad-MAN-Truck einer französischen Familie, die schon seit über sieben Jahren in Afrika, Asien und Amerika umherreisen. Allerdings kommen sie nur langsam voran, da die beiden Teenager mindestens je einen halben Tag unterrichtet werden müssen. Die Tochter soll im nächsten Jahr in Frankreich ihr Abitur ablegen und anschließend zur Universität gehen. Wir tauschen Tipps, Informationen und Adressen aus, dann geht es weiter.

Grand Staircase – Escalante NM, Utah – Zum Gruseln schön – die engen Schlitzschluchten

Mittwoch, Dezember 15th, 2010

Eines der ganz dramatischen Naturschauspiele, die Wasser im Grand Staircase – Escalante National Monument geschaffen hat, sind die Slot Canyons, Schlitzschluchten. Das sind ganz enge Einschnitte in den Sandstein mit hohen Wänden, von ständig oder auch nur gelegentlich fließenden Bächen mehrere Meter tief eingekerbt. Derer gibt es einige im Park, aber zwischen uns und ihnen steht der eisige Fluss. Die vier Slot Canyons des Dry Fork Coyote Gulch gelten, jedenfalls momentan, als trocken. Vor dem Vergnügen, vor allem wenn es so etwas Spezielles ist, steht meist die Arbeit. Vom Parkplatz am Beginn des Wanderweges klettert man über eine Kante ungesichert am schrägen Fels und über große Brocken in ein kleines Seitental, das schließlich im Haupttal, dem Dry Fork Coyote Gulch endet. An dieser Stelle enden auch die Steinmännchen der Ranger, sogenannte Cairns, die den 100 Höhenmeter absteigenden Pfad kennzeichnen. Den Rest des Weges muss man anhand der Beschreibungen, die man im Visitor Center erhält, oder aus anderen Wanderführern finden. Und noch eine Erfahrung macht man bereits auf den ersten Metern: Entweder klettert man über Steine, oder man läuft im weichen Sand.

Unten angekommen befindet sich gleich links die erste, Dry Fork Narrows genannte Schlucht. Das ist kein besonders enger Slot Canyon, aber prima zur Einstimmung. Die etliche Meter hohen Wände stehen anfangs drei Meter auseinander, rücken dann allmählich näher zusammen und werden am Ende niedriger. Dieser auf einfachem Sandboden zu begehenden Schlucht kann man mehrere Kilometer folgen, muss aber wieder zurücklaufen. Selbst Menschen mit Platzangst sollten hier keine Probleme haben.

Ganz anders verhält es sich mit Peek-A-Boo, der nächsten Schlucht „stromabwärts“. Es geht schon einmal damit los, dass das ovale Einstiegsloch vier Meter über dem Boden hängt. Wohlmeinende Ranger haben winzige Vertiefungen in die senkrechte Wand gekerbt, deren Sinn sich mir nicht völlig erschließt. Sie bieten weder Händen noch Füßen genügend Halt zum Aufstieg. Womit wir wieder bei meiner mangelnden Freiklettererfahrung wären. Man kann auch über eine Sanddüne steigen, 800 m außen herum laufen und von der Seite in den Canyon einsteigen. Dazu habe ich schon gar keine Lust. Wozu sind wir zu zweit? Mit eleganten (Räuberleiter), weniger eleganten (am Hintern hochschieben) und schlicht notwendigen (den anderen am Arm hoch zerren) Techniken rangeln wir uns hoch. Als wir feststellen, dass das lange nicht das Ende der Fahnenstange ist, ist es zu spät zum Umkehren. Wir robben, krabbeln, stemmen uns hoch durch Löcher, über Felsen und durch Spalten. Da das nicht ganz einfach ist und nicht immer auf Anhieb klappt, ist die Aktion von viel Gelächter begleitet. Zwei sehr sportlich wirkende Amerikanerinnen, die wir in den letzten Tagen schon ein paar Mal beim Wandern getroffen haben, lassen uns ein wenig Vorsprung. Nach ein paar Minuten erschallt auch ihr Lachen. Später versichern sie uns, dass sie diese Kletteraktion „totally crazy“, total verrückt, fanden. Dieser anspruchsvollste der Canyons endet nach etwa 400 m und wir klettern hinaus, um über den Seitenweg zurückzukehren. Ich habe mir gerade mein zweites Bienchen im Selbstlern-Kletterkurs verdient.

Über einen Kilometer weiter in einem Seitental des Coyote Gulch startet der Spooky Gulch. Dieser Albtraum für klaustrophobisch Veranlagte verengt sich rasch. Den Rucksack haben wir diesmal draußen gelassen. Die Wände stehen so eng zusammen, dass man sich seitwärts durchzwängen muss, wobei Brust und Rücken gleichzeitig an den Wänden entlang schleifen – eine Tortur für Jacke und Hosen. Nur geeignet für Bauchumfang unter 130 cm. Dann steht man vor einer Wand und denkt, dass Schluss ist. Wer hinaufklettert und weiterläuft, ist selbst Schuld. Ab hier wird es lustig, denn jetzt klettert man auf engstem Raum. Wohin mit den Knien? Wichtig ist, sich zu überlegen, wie man die Füße setzt, denn über viele Meter kann man sie nicht mehr drehen, nur Stück für Stück vorwärts schieben, so schmal ist die Passage. Nach gut 500 m ist wirklich Ende und wir quetschen uns wieder zum Eingang vor.

Es gibt noch einen vierten Slot Canyon in der Nähe mit dem Namen Brimstone. Die meisten Wanderer, so auch wir, verzichten auf dessen Besuch. Die Gefahr bei der Schlucht ist, dass man irgendwo hinunter klettert oder springt, wo man nicht wieder hochkommt. Vor wenigen Jahren war ein junger Mann dort hinuntergesprungen und nicht wieder rausgekommen. Erst nach acht Tagen fand man ihn. Zum Glück lebte er noch. Diese Schlucht sollte Leuten vorbehalten bleiben, die wirklich Erfahrung im Freiklettern haben. Kletterausrüstung kann man wegen des Platzmangels kaum mitnehmen.

Mit der Erkundung aller drei Slot Canyons bis zum jeweiligen Ende benötigen wir insgesamt vier Stunden – wie die sportlichen Damen auch. Wenn man den Anfangsabstieg hinter sich gebracht hat, sind Dry Fork Narrows und Spooky Gulch bis zu einem gewissen Punkt einfach zu erkunden und ein großer Spaß für Kinder. Peek-A-Boo erfordert klettern und stemmen an aalglatten Sandsteinwänden, ist aber die schönste und abenteuerlichste Schlucht mit ihren Verwindungen, Löchern und Brücken.

Grand Staircase – Escalante NM, Utah –Teufelsgarten, Tanzhausfelsen und Loch im Stein

Dienstag, Dezember 14th, 2010

Devils Garden ist eine Ansammlung außergewöhnlicher Steinformationen wie Säulen, Zinnen, Arches und Goblins, also Hoodoos, die wie Mützenzwerge aussehen (kein Eintritt!). Die drei verschiedenen Gesteinsschichten erodieren unterschiedlich und verstärken den Männchen-Effekt noch: Kopf, Körper, Füße. Die unterste Schicht ist hell, fast weiß, die mittlere rot und die obere gelb. Nachdem wir gestern Abend schon einmal herumgestreunt sind und einen Sonnenuntergang mit dramatisch angeleuchteten Wolken erlebt haben, nehmen wir heute Morgen die Kamera mit. Kurz nach dem Picknickplatz hört die frisch planierte Schotterstraße auf. Die außergewöhnlichen Herbstgewitter haben auch hier Narben hinterlassen. Die Straße ist noch auf etliche Kilometer mit einem höheren Pkw befahrbar, doch je weiter man auf der 100 km langen Piste fährt, desto nötiger wird 4-Rad-Antrieb. (Der Grader ist bislang noch nicht weiter gekommen.)

Einen kurzen Zwischenstopp machen wir am Dance Hall Rock, dem Tanzhausfelsen. Der riesige Fels ist halbkugelförmig ausgewaschen mit einer beeindruckenden Akustik und bietet stellenweise einen relativ ebenen Steinboden. Der Zug der Mormonen von 1880, dem wir schon einmal am San Juan Hill begegneten, war in Escalante gestartet und auf der Hole-in-the-Rock Road weitergezogen, die damals natürlich noch nicht existiert hatte. Die Gläubigen waren durch eine afrikanisch anmutende Savannenlandschaft mit rotem Sand und rauem Buschwerk gezogen. Im Westen ragen die Kliffs der Fifty Mile Mountains hoch, im Osten ist die Waterpocket Fold zu erkennen. Am Dance Hall Rock rasteten sie, musizierten und tanzten. Im Gegensatz zu vielen gläubigen Zeitgenossen hielten die Mormonen Musik und Tanz nicht für Teufelswerk, sondern, im Gegenteil, für einen Ausdruck ihres Glaubens und der Anbetung und Lobpreisung Gottes. Wenige Kilometer weiter wechseln wir übergangslos vom Grand Staircase – Escalante National Monument in die Glen Canyon National Recreational Area. Die verbleibenden 18 km Off-Road-Weg sind rau, die letzten zehn Kilometer bis Straßenende haben sogar einen etwas gesteigerten Schwierigkeitsgrad mit ein paar höheren Felsstufen.

Das Hole in the Rock ist ein weiterer Beweis der Willenskraft und Zähigkeit der Mormonen. Sie sprengten sich eine Passage durch die Felswand zum mehrere hundert Meter tiefer liegenden Colorado River und ließen ihre 26 Planwagen nacheinander gesichert mit Seilen und jeweils zehn Männern die Spalte hinunter. Unten angekommen setzten sie über den Fluss und anschließend ihre Reise fort. Heute ist dort Lake Powell angestaut und der Wasserstand weit höher. Die Stelle heißt bis heute passender Weise „Loch im Fels“. Ich habe die glorreiche Idee, zum Lake Powell hinunterzuklettern. Was die Mormonen mit all ihrem Hab und Gut geschafft haben, sollte für uns kein Problem sein. Nicht eine meiner besten Ideen. Erfahrungsgemäß ist es mit Fahrzeugen aller Art oft einfacher, bergauf zu fahren, aber schwieriger, hinunter zu gelangen. Zu Fuß ist es häufig umgekehrt. Runter geht schon irgendwie. Doch wie kommt man wieder hoch? Auf einmal sind die Stufen riesig, die Schuhe zu klobig um Halt zu finden. Später erfahren wir, dass die Mormonen den Hang weit besser präpariert und aufgefüllt hatten, als es heute der Fall ist. Oben angekommen verleihe ich mir selbst das erste Bienchen im Anfängerkurs Klettern. Dann folgen wir der ursprünglichen, zahmeren Idee, den Felsen hochzuklettern und eine gute Aussicht zu haben.

Grand Staircase – Escalante NM, Utah – Korn im Berg, Wasser aus Wand

Montag, Dezember 13th, 2010

Nach drei Tagen Schrauben, Waschen und Computerarbeiten reicht es einfach: Die Füße müssen bewegt werden. Die Wanderung zu den Lower Calf Creek Falls startet am Campingplatz Calf Creek 25 km östlich vom Escalante Visitor Center an der # 12. Durch einen dicht bewachsenen Canyon mit hohen steilen Wänden geht es am Calf Creek entlang. Sogar Mitte Dezember blühen hier noch Wildblumen. Der „Kalbsbach“ erhielt seinen Namen von den frühen Siedlern, die hier Kälber mästeten. Hoch oben in den Steilwänden entdeckt man – am besten mit einem Fernglas – Getreidespeicher der Ureinwohner, sogenannte granaries. Die Fremont-Indianer hatten in abenteuerlichen Höhen kleine Grotten zugemauert, um ihre Lebensmittelvorräte zu schützen. An einer glatten Steilwand sind drei große Figuren sichtbar, mit roter Pigmentfarbe aufgemalt. Diese Piktopgraphien sind ca. 1000 Jahre alt, doch der Zweck und wen sie darstellen ist unbekannt. Piktopgraphien sind mit Farbe gemalte Bilder, während Petroglyphen in den Stein geritzt oder gepickt werden.

Am Ende des viereinhalb Kilometer langen Weges überrascht der schön gelegene Wasserfall. Der Bach stürzt von der Steilwand 40 m tief in ein flaches Becken mit Sandstrand drum herum. Im Sommer ein sicher erfrischendes Badevergnügen. Auf dem Rückweg begleiten wir eine Zeitlang eine Herde weidender wilder Truthähne. Zurück auf dem Campingplatz lassen wir uns einen Kaffee in der Sonne schmecken. Der 13. Dezember hat uns 15° C im Schatten beschert, aber die Nächte sind frostig. Der Calf Creek Trail beinhaltet kurze steile Anstiege und Sektionen mit weichem Sand, aber trockene Füße. Drei Stunden sollte man einplanen für die mäßig anstrengende Wanderung.

Wir fahren ein paar Meilen zurück in Richtung Westen und biegen dann in die Hole-in-the-Rock Road nach Süden ein. Nach 20 km halten wir am Devils Garden an, wo wir mit unserer Genehmigung campen dürfen.

Escalante, Utah –Radiomusik: Kirche, Country oder Weihnachten?

Sonntag, Dezember 12th, 2010

Radiosender sind so eine Sache in den USA. Die Stationen sind fast ausschließlich lokal, selten regional und haben oft einen Sponsor. Das ist häufig die Kirche, und so kann man sich den ganzen Tag von (moderner) erbaulicher christlicher Musik erfrischen lassen. In jedem zweiten Lied wird nicht vergessen, God bless America – Gott segne Amerika – unterzubringen. Wenn man Glück hat, strahlt der Sender stattdessen Countrymusic aus. Leider bin ich auch davon kein Fan, aber vielleicht werde ich es gezwungenermaßen. Seit Samstag nach Thanksgiving – da war es noch nicht einmal erster Advent – bedudeln einen die Radiostationen erbarmungslos mit Weihnachtsmusik. Ich habe bereits eine persönliche Hitliste aufgestellt. Ganz vorne liegen Frosty the snowman und natürlich Rudolph the red-nosed reindeer. Doch absolut herzerweichend ist es, wenn Nat King Cole „Oh Täännenbaaum, oh Täännenbaaum, du käänst mirr serr gefollen“ schmettert – huh.

Am Abend gehen wir noch einmal im Cowboy Blues essen. Wir waren vor zwei Tagen schon einmal hier gewesen, zusammen mit John und Nancy aus Michigan, die jedes Jahr auf eine sechs- bis achtwöchige Reise gehen. Wir hatten den Fotografen (was sonst, Fotografen scheinen abenteuerlustige, reise- und kontaktfreudige Menschen zu sein) und seine Frau in der Wäscherei kennengelernt. Das Cowboy Blues reklamiert für sich, die besten Margaritas im Ort zu haben. Das ist im Prinzip korrekt. Zumal es die einzigen Margaritas im Ort sind.

Escalante, Utah – Der hilfsbereite König der Kühe

Samstag, Dezember 11th, 2010

Ein Farmer, der „Kuh-König von Escalante“, wie sie ihn nennen, hat uns angeboten, auf seinem Grundstück zu stehen. Wir können in seine riesige Maschinenwerkstatt einfahren und seine Ausrüstung benutzen. So lassen sich notwendige Kontroll- und Wartungsarbeiten natürlich leichter erledigen.

Escalante, Utah – Ein Naturpark in seinen Anfängen

Freitag, Dezember 10th, 2010

Grand Staircase – Escalante National Monument ist einer der jüngsten und gleichzeitig größten Naturschutzgebiete der USA. Mit etwa einem Dritte der Größe Hessens schützt es nicht eine spezielle Naturerscheinung, sondern eine riesige, unberührte und unzugängliche Fläche mit einer Vielzahl von Klimazonen und Naturwundern. Zwischen Wüste und Hochgebirge finden sich Canyons, Steinbögen, natürliche Brücken, Petroglyphen, Anasazi-Ruinen, Wasserfälle und Slot-Canyons, extrem enge, höhlenartige, unterirdische Felsspalten. Seinen Namen hat das Monument zum einen von Grand Staircase, große Treppe, einer stufenförmigen farbigen Klippenlandschaft im Südwesten und anderseits dem Fluss Escalante, der auch der ehemaligen Mormonensiedlung ihren Namen verlieh. Die Region ist eine der letzten der USA, die kartografiert, und Escalante River einer der letzten bedeutenden Flüsse, die entdeckt wurden. Eine der letzten wichtigen Amtshandlungen von Präsident Bill Clinton war 1996 die Unterzeichnung des Gesetzes, das dieses Gebiet unter Naturschutz stellte. Zum ersten Mal wurde das BLM (Bureau of Land Management) anstelle des National Park Service mit der Verwaltung eines Parks beauftragt. Bis heute gibt es keine durchgehend befestigten Straßen, keinen Scenic Drive, keine Campingplätze im Parkinneren, und keine Toiletten in Grand Staircase – Escalante. Was gleichzeitig den besonderen Reiz dieses eintrittsfreien Areals ausmacht. Vielleicht hat es so eine Chance, nicht wie die anderen Parks „zu Tode geliebt“ zu werden.

Die Infrastruktur beschränkt sich auf den Ort Escalante und Umgebung, wo auch das wichtigste Visitor Center steht. Hier bekommen wir Kartenmaterial, Beschreibungen zu den größtenteils nicht gekennzeichneten (!) Wandermöglichkeiten, die Genehmigung für freies Campen im Hinterland (backcountry permit, ebenfalls kostenlos), sowie alle anderen essentiellen Informationen: Die meisten Wanderwege empfehlen sich nicht, da sie teils lange (bis zu einer Meile) Passagen durch Flüsse erfordern. Auch wenn uns niemand davon abhält – mein Bedarf an Eiswasserdurchquerungen ist seit Arches National Park vorerst gedeckt. Einige der besten Plätze sind zum Glück ohne nasse Füße erreichbar. Die bekannte Hole-in-the-Rock Road (# 200) im Osten des Parks, wo viele der Attraktionen liegen, ist passierbar. Die schweren Regenfälle und Springfluten im September und Oktober haben auch hier große Schäden angerichtet: sämtliche Pisten im Zentrum wie die ebenfalls beliebte Cottonwood Road (# 400) oder die Alvey Wash Road / Smoky Mountain Road (# 300) sind seither nicht befahrbar und konnten wegen der anhaltenden Bodenfeuchtigkeit nicht wieder hergerichtet werden. Eine Wiedereröffnung vor Frühjahr 2011 ist ausgeschlossen. Wir könnten die Skutumpah Road / Johnson Canyon Road (# 500 / 501) versuchen, aber schon länger wäre kein Ranger mehr durchgefahren (immer diese Experimente).

Zunächst aber müssen wir in Escalante ein paar essentielle Dinge erledigen wie Tanken, Lebensmittel einkaufen, Motoröl wechseln, Wäscherei besuchen, Internetempfang herstellen. Das Städtchen ist ausgesprochen niedlich weihnachtlich geschmückt, wirkt proper, und die Menschen sind sehr sympathisch. Der sich erst langsam entwickelnde Tourismus hat noch keine negativen Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen im Ort gehabt.

Burr Trail, Utah – Überirdische Schönheit in Stein

Donnerstag, Dezember 9th, 2010

Der Capitol Reef National Park bietet zahlreiche Wandermöglichkeiten zu seinen unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten wie Goosenecks, Steinmonolithen, Kaminfelsen, Schluchten, natürlichen Brücken oder dem Cassidy Arch, wo sich einst der Bankräuber Butch Cassidy versteckt gehalten haben soll. Der Park schützt das Gebirge der Waterpocket Fold, was soviel heißt wie Wassertaschen-Falte. In den zahlreichen, meist kreisrunden Auswaschungen des stark verwitterten Faltengebirges sammelt sich nur saisonal fallender Regen und bildet so die Lebensgrundlage für viele Tier- und Pflanzenarten. Möchte man die Wassertaschen in Augenschein nehmen, wandert man durch die sich bis auf fünf Meter verengende Schlucht Capitol Gorge auf ebenem Boden (hin und zurück ca. 5 km). Zu den tanks genannten Reservoirs muss man dann doch eine kleine Kletterei in Kauf nehmen, die sich aber lohnt.

Die Einmaligkeit und Exklusivität der Waterpocket Fold erschließt sich eigentlich nicht vom Scenic Drive. Unmittelbar hinter der östlichen Parkgrenze zweigt die Notom Road ab, die später in den südlichen Teil von Capitol Reef führt und auf den Burr Trail stößt, der zum einen nach Süden zum Lake Powell führt bzw. nach Westen in das sich dort anschließende Grand Staircase – Escalante National Monument bis Boulder. Der Anfang und das Ende sind asphaltiert, in der Mitte ist Schotter – bei Trockenheit kein Problem für Personenwagen, bei etwas Regen braucht man 4-Rad-Antrieb und bei mehr Wasser geht wegen der mehrfachen Furtdurchquerung gar nichts mehr. Die Notom Road führt durch in eine Welt surrealer Schönheit. Auf der einen Seite befindet sich die Waterpocket Fold mit ihren krass-farbigen Sandsteinschichten, die Auffaltung des Colorado Plateaus, die Geologen vor Freude im Kreis springen lässt. Gegenüber liegen weiche runde Hügel angewehten Sands – in umgekehrter Farbreihenfolge. Die Wölbungen haben sich bereits verdichtet zu ’t’snot-stone bzw. Dannicht-Stein.

Der Burr Trail West klettert in atemberaubenden Serpentinen die Waterpocket Fold hinauf – mit Ausblicken bis zu den Henry Mountains. Danach landen wir in einer Wüste von Sandsteinbergen, bei denen die Farben nacheinander folgen statt alle auf einmal gestreift: erst burgunder, dann orange, schließlich weiß. Der Long Canyon macht seinem Namen alle Ehre – über viele Kilometer folgen wir der Schlucht. Bei Boulder biegen wir auf den Highway # 12 West ein in Richtung der Stadt Escalante. Es ist schwer, weitere Superlative zu finden obwohl Hwy # 12 es verdient hätte; er steht dem Burr Trail fast nicht nach. Die Straße führt magengrummelnd auf einem nur dünnen Kamm entlang – hogback, Schweinerücken nennt man das – mit ausreichender Fallhöhe zu beiden Seiten. Dann nähert sich von rechts eine massive Schlucht, die bald so nah an der Straße entlangläuft, dass man ausnahmsweise doch mal eine Betonbarriere spendiert hat. Hinter jeder Kurve lauert eine neue optische Überraschung, eine weitere Aussicht, ein neues Aha-Erlebnis. Notom Road / Burr Trail und Highway # 12 gehen auf jeden Fall in die Liste unserer Lieblingsstraßen ein.